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Full text of "Palaeontographica"

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EIARVZARDIZUNIDVEIRS TIUNZGE 


LIBRARY 


OF THE 


MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. 


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PALAEONTOGRAPHICA. 


BEIERLEGE 


ZUR 


BF ERCGESELRICHTE DER VORZEIT. 


Herausgegeben 


von 


KARL A. v. ZITTEL, 


Professor in MĂŒnchen. 


Unter Mitwirkung von 


Freih. von Fritsch, W. Waagen und W. Branco 


als Vertretern der Deutschen Geologischen Gesellschaft. 


Vierundvierzigster Band. 


Mit 27 Tafeln und zahlreichen Figuren im Text. 


Stuttgart. 
E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (E. Koch). 
1 1897. 1898. 


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Erste und zweite Lieferung. 
Juni 1897. 


Philippi, E. Ueber Ischyodus suevicus nov. spec. (Mit Taf. I—-I). 
Leonhard, R. Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. (Mit Taf. III—VI An 12 Fig. ): 


Dritte und vierte Lieferung, 
Dezember 1897. 
Blanckenhorn, M. Zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. (Mit 
Taf. VO—X und S Fig.) 


Böse, E. Die mittelliasische Brachiopodenfauna der ercnen Norlahren Nebst einem Anhange 
ĂŒber die Fauna des unteren Dogger im bayrischen Innthale. (Mit Taf. XI—-XV). 


FĂŒnfte und sechste Lieferung. 


Mai 1898. 


Schellwien, E. Die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. Teil II. (Mit Taf. XVU—XXIV). 
Bauer, Fr. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. (Mit Taf. XXV—XXVD). 


Seite 
1—10 
11—70 


71—144 


145—236 


237—282 
2835—328 


Ueber Isehyodus sueviecus nov. sp. 


Ein Beitrag zur Kenntniss der fossilen Holocephalen 


von 


E. Philippi in TĂŒbingen. 


Mit Tafel I, II. 


In den mesozoischen Formationen sind Ueberreste der merkwĂŒrdigen Selachierfamilie der ChimĂ€ren 
nicht all zu selten. Zumeist sind es allerdings isolirte und teilweise recht fragmentÀre ZÀhne, nach denen 
die Aufstellung der zahlreichen Genera und Arten erfolgt ist; zusammenhÀngende Gebisse sind selten, noch 
seltener Ueberreste des Knorpelskeletes. Das erste vollstÀndige Skelet, dessen Erhaltungszustand allerdings 
recht mangelhaft ist, entdeckte Quenstepr ' auf einer Solenhofener Platte in der Sammlung des Landarztes 
HÄBERLEIN in Pappenheim; dasselbe gelangte spĂ€ter in die MĂŒnchner palĂ€ontologische Sammlung und wurde 
von WAGNER und eingehender von RızssŸ beschrieben. Ausser dem vollstÀndiger erhaltenen Gebiss und 
dem RĂŒckenstachel zeigt. dieses Exemplar nur den Verlauf der RĂŒckenflosse und der SchleimkanĂ€le im 
Körper mit einiger Deutlichkeit. Im Jahre 1862 beschrieb Hermann v. Meyer‘ ein bedeutend besser er- 
haltenes Skelet, ebenfalls aus Solenhofen stammend, das die ungefÀhren GrössenverhÀltnisse und die Lage 
der einzelnen Skeletelemente gegeneinander deutlich erkennen lÀsst, ohne jedoch einen detaillirten Vergleich 
mit recenten ChimĂ€ren zu gestatten. Theile eines ChimĂ€renschĂ€dels bildete ferner EGERToN’ aus dem Lias 
von Lime Regis ab; besonders der Stachel der RĂŒckenflosse und der Stirnstachel sind an seinem Exemplar 
vorzĂŒglich erhalten. Endlich erwĂ€hnt Rızss in der bereits eitirten Arbeit, abgesehen von einigen Platten 
mit Fragmenten der Chagrinhaut und der WirbelsÀule, ein weiteres, vollstÀndiges Skelet aus dem Platten- 
kalke von EichstĂ€tt, das nach seiner Beschreibung allerdings mindestens ebenso fragmentĂ€r sein dĂŒrfte, wie 


! Quenscepr. Petrefactenkunde. 1. Aufl. S. 185. 
? Abhandlungen der mathematisch-physikalischen Klasse der Kgl. Bayerischen Academie der Wissenschaften. IV. Bd. 
2. Abtheilung. S. 286 ff. 
3 Palaeontographica XXXIV. S. 1ff. Daselbst auch Uebersicht der Litteratur ĂŒber fossile Chimaeren. 
* Palaeontographica VII. S. 14—18. 
5 Quarterly Journal of the Geological Society of London 1871. Vol. XXVIL, 1, S. 275—279. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 1 


E. Philippi, ĂŒber Ischyodus suevicus. 


D 


das Exemplar der HĂ€gervei’schen Sammlung. Dies ist meines Wissens alles, was ĂŒber das Knorpelskelet 
fossiler ChimÀren bisher bekannt geworden ist. 

Bei einer Durchsicht des umfangreichen Materials, welches die TĂŒbinger UniversitĂ€ts-Sammlung 
aus den Plattenkalken von Nusplingen aufbewahrt, fanden sich einige Ueberreste, welche als der Familie 
der ChimÀren angehörig bereits von QuEssteor erkannt worden waren, ohne jedoch einer eingehenden Be- 
arbeitung unterzogen worden zu sein‘, und welche sowohl Theile des Knorpelskeletes, wie ZĂ€hne in einem 
ganz vorzĂŒglichem Erhaltungszustande aufweisen. Eine genauere Untersuchung dieser Platten, die mir Herr 
Professor Kokex freundlichst zur Bearbeitung ĂŒberliess, und einiger StĂŒcke des Stuttgarter Kgl. Naturalien- 
cabinets bildet den Inhalt der vorliegenden Arbeit. Es ist mir eine angenehme Pflicht, hier Herrn Professor 
E. Fraas in Stuttgart und Herrn Professor Eımer in TĂŒbingen fĂŒr Ueberlassung von fossilem und recentem 
Material meinem besten Dank auszusprechen. 

Zur Untersuchung gelangten im ganzen 5 Platten, ausserdem 3 isolirte ZĂ€hne und ein RĂŒcken- 
stachel. Platte I zeigt einen vollstÀndig erhaltenen SchÀdel von der Unterseite, Platte II einen solchen 
noch in Verbindung mit dem Unterkiefer von der Seite, daneben den zum grössten Teil erhaltenen 
SchultergĂŒrtel mit den Brustflossen und ein BruchstĂŒck des RĂŒckenstachels. Platte III giebt das Bild eines 
sehr grossen Exemplares von der Bauchseite, von dem besonders schön das Gebiss und Reste des Unter 
kiefers erhalten sind; man gewahrt ferner Theile des Kiemenapparates, der Brustflossen und der RĂŒcken- 
flosse samt dem Stachel. Platte IV stellt ein ebenfalls vorzĂŒglich erhaltenes Gebiss von der Seite dar, 
ausserdem Theile des SchĂ€dels, der RĂŒckenflosse und des Stachels. Auf den Platten II und IV ist das 
Gebiss beiderseitig herausprĂ€parirt. Platte V weist ein im VerhĂ€ltniss zu den ĂŒbrigen sehr kleines Exemplar 
auf; vom SchĂ€del ist nur wenig erhalten, dagegen ein grosser Teil der WirbelsĂ€ule, die RĂŒckenflosse samt 
Stachel, das Becken und Theile des SchultergĂŒrtels und des Kiemenapparates. 

Die Platten I—IV gehören der TĂŒbinger UniversitĂ€tssammlung, Platte V dem Stuttgarter Kgl. 
Naturaliencabinet an. Auf sĂ€mmtlichen StĂŒcken mit Ausnahme von IV ist der Knorpel durch Brauneisen 
imprÀgnirt; er hebt sich dadurch sehr schön von der umgebenden hellgelben Gesteinsmasse ab und ge- 
stattet vermöge seiner grösseren HÀrte ein sehr vollstÀndiges PrÀpariren. Nur auf Platte IV hat der Knorpel 
nahezu Farbe und HĂ€rte des Gesteins und unterscheidet sich von diesem nur durch einen matteren, wachs- 
Ă€hnlichen Ton. 


Der SchÀdel. 
Unterseite. Taf. I, Fig. 1. 


Die Unterseite des SchÀdels bildet eine zusammenhÀngende Knorpelmasse von pentagonalem Umriss, 
an der uns die Austrittsöffuung der Chorda dorsalis (70.) und die beiden tiefen Gelenkgruben fĂŒr den 
Unterkiefer (@.) leicht orientiren. Die Verbindungslinie der Unterkiefergelenke teilt den SchÀdel in eine 
vordere und hintere Partie, deren LÀnge sich beim fossilen SchÀdel fast genau wie 3:2 verhÀlt, wÀhrend 
sich dieses VerhÀltnis bei der lebenden Ohimaera monstrosa auf 3:5 stellt. Dies bedeutet also eine starke 
VerlÀngerung der Ethmoidalregion beim fossilen, eine Erscheinung, welche wohl mit der ungleich mÀch- 
tigeren Bezahnung in Verbindung zu setzen ist. 


1! Quessteorn erwĂ€hnt diese Funde nur flĂŒchtig in der Petrefactenkunde, 3. Aufl., $. 293 und bildet ebenda, Taf. 23 
zwei (zu Platte III gehörige) vordere OberzÀhne ab. 


Der SchÀdel. 


o 


Im vordersten Theile des SchÀdels wird man die nahezu rechteckigen Gruben (Vd. Zg.) zur Auf- 
nahme der vorderen OberzÀhne gewahr; sie sind im vorderen Theile tief ausgehöhlt und in der Symphysal- 
gegend durch eine Leiste getrennt; der hintere Theil verflacht sich, die erwÀhnte Symphysalleiste kommt 
in Weefall und macht einer medianen Vertiefung Platz, Durch einen ziemlich breiten Zwischenraum von 
den vorderen Zahngruben getrennt liegen die etwas weniger scharfen EindrĂŒcke der hinteren OberzĂ€hne 
(H. Zg.), die wie bei der lebenden Ohimaera bis in die Gegend des Unterkiefergelenkes reichen; sie be- 
sitzen ungefÀhr den Umriss eines rechteckigen Dreiecks, dessen Hypotenuse die Àussere Umgrenzung bildet. 
In der Symphysalgegend verlÀuft eine besonders im vorderen Theile stark vertiefte Furche, die beiderseitig 
von zwei breiten WĂŒlsten begrenzt wird. Die Form der hinteren VorderzĂ€hne weist, wie spĂ€ter zu be- 
sprechen sein wird, darauf hin, dass diese Erhöhungen nicht die ZÀhne von einander abgrenzten, sondern 
von ihnen umfasst wurden und wesentlich dazu dienten, dieselben stÀrker zu befestigen. Sehr mÀchtig sind 
die Gelenkgruben fĂŒr den Unterkiefer, denn sie besitzen denselben Durchmesser wie das Oceipitalloch, ein 
VerhÀltnis, das bei Chimaera sich ungefÀhr wie 2:1 stellt. Im hinteren Theile des SchÀdels hebt sich eine 
mittlere Partie von ovalem Umriss heraus, die hinten bis an das Occipitalloch reicht; rechts und links 
legen sich an diese in einem Winkel von ca. 70° nach vorn zwei lÀngliche, höckerige Erhebungen an. Ich 
glaube, dass die mittlere Aufwölbung, welche in der Mitte eine flache Furche besitzt, dem Hirn entspricht, 
wĂ€hrend in den seitlichen FlĂŒgeln wohl das Labyrinth zu suchen ist. Letzterer Auffassung entspricht auch 
die Seitenansicht auf Platte II, wo sich, in gleichem Abstande vom Hinterrand, ebenfalls eine starke, 
höckerige Aufwölbung erkennen lĂ€sst, ĂŒber deren Deutung als Labyrinth hier kaum ein Zweifel entstehen 
kann. Auf beiden Seiten der mittleren, als Hirnkapsel gedeuteten Region sind zwei ovale Löcher zu er- 
kennen, ein grösseres in dem Winkel zwischen Labyrinth und Hirnkapsel und ein kleineres vor dem vorderen 
Ende derselben. Mögiicherweise hat man es hier mit Nervenaustritten zu thun. 


Seitenansicht des SchÀdels. Taf. I, Fig. 2. 


Wesentlich ergÀnzt wird das Bild, das wir durch die Unteransicht vom SchÀdel gewonnen haben, 
durch die Seitenansicht auf Platte II, auf welcher derselbe bis auf ein kleines StĂŒck am oberen Hinter- 
rande vollstÀndig erhalten ist. In seinen Umrissen entspricht der fossile SchÀdel im allgemeinen dem der 
lebenden ChimÀren, doch ist die Ethmoidalregion etwas niedriger, die hinteren Theile dagegen sind etwas 
höher, so dass eine AnnÀherung an ein Rechteck entsteht. Den vordersten Theil des SchÀdels nimmt, wie 
bei den recenten Formen, die Nasenregion ein; man glaubt hier, verschiedene KnorpelstĂŒcke unterscheiden 
zu können, ohne dass es jedoch möglich wÀre, ihre Begrenzung gegen einander genau festzustellen. Ich 
muss mich deswegen darauf beschrÀnken, in einem am Àussersten Vorderrande des SchÀdels gelegenem 
KnorpelstĂŒcke von dreieckigem Umriss, das von anderen Knorpeltheilen ĂŒberlagert zu werden scheint, den 
inneren NasenflĂŒgelknorpel (f. bei Jos. MĂŒLzeEr ]. c.) sehen zu wollen. Ueber der Nasenregion bildet der 
Vorderrand zwei VorsprĂŒnge, die vielleicht mit den Schnauzenknorpeln (h. h. ©. MÜLLER) zusammen zu 
bringen sind, welche bei Callorhynchus eine so bedeutende Entwicklung erfahren haben. Die Ethmoidal- 
region ist den recenten ChimĂ€ren gegenĂŒber erheblich verbreitert; wĂ€hrend nĂ€mlich der Abstand des Vorder- 
randes vom vorderen Orbitalrand (oberhalb der Nase gemessen) zur Höhe (an der Ecke gemessen, an der 
der nahezu horizontale Scheitelrand in den schrĂ€g nach vorn abfallenden Stirnrand ĂŒbergeht), sich wie 


4 E. Philippi, ĂŒber Ischyodus suevicus, 


33:47 verhĂ€lt, ist dieses VerhĂ€ltniss beim fossilen Cranium wie 83—63. Der obere Rand der Ethmoidal- 
region wölbt sich von der Stirnecke an auf und scheint in der NĂ€he der Orbitalregion flĂŒgelartige Quer- 
fortsÀtze zu erhalten, wie sie auch bei der lebenden Ohimaera zu beobachten der nach unten gerichtete 
Fortsatz, der wohl theilweise dem Hyomandibulare der ĂŒbrigen Selachier entspricht und der die Gelenk- 
grube fĂŒr den Unterkiefer trĂ€gt, ist am fossilen SchĂ€del viel stĂ€rker entwickelt wie bei den recenten Formen. 
Gegen den Mundrand setzt dieser Fortsatz scharf im rechten Winkel ab, wÀhrend er bei Chimaera ganz all- 
mĂ€hlich in diesen ĂŒbergeht. Die halbkreisförmige Gelenkgrube fĂŒr den Unterkiefer (G.), die auf Platte I 
so plastisch hervortritt, ist auch hier gut zu beobachten. Besonders tiefgreifend sind die Unterschiede, die 
unsern fossilen SchÀdel von dem der lebenden ChimÀren entfernen, in der Orbitalregion. WÀhrend nÀmlich 
beim recenten die kreisrunde Augenhöhle fast die ganze Höhe des SchÀdels einnimmt, so dass die Ver- 
bindung zwischen der Ethmoidal- und Labyrinthregion nur durch schmale KnorpelbrĂŒcken bewerkstelligt 
wird, betrĂ€gt beim fossilen Cranium die Höhe der mandelförmigen Augengrube nur ungefĂ€hr ‘/s der ge- 
sammten Höhe des SchÀdels an dieser Stelle. Nach hinten wird sie durch eine hohe Leiste abgeschlossen, 
die aber nicht wie bei Ohimaera in den Oberrand des SchĂ€dels ĂŒbergeht, sondern sich in der oberen und 
unteren Ecke der Augengrube stark verflacht. Die Labyrinth- und Oceipialregion beim fossilen SchÀdel sind 
entsprechend der VerkĂŒrzung der Orbitalregion stark verlĂ€ngert; sehr plastisch tritt namentlich die Auf- 
wölbung hervor, die bei Chimaera. die Lage der Gehörorgane bezeichnet. Am Hinterende des SchÀdels 
deutet ein kurzer Fortsatz (P. c.) die Gelenkverbindung mit der WirbelsÀule an: es ist der Fortsatz, den 
J. MĂŒLter mit dem processus condyloideus der höheren Wirbeltiere vergleicht. 


Unterkiefer. Mad. 


Der Unterkiefer ist auf Platte II noch in Verbindung mit dem cranium erhalten; er weicht, wenn 
man von der VerstÀrkung des Gelenkes absieht, nicht wesentlich von dem der recenten ChimÀren ab. Die 
starken Gelenkknöpfe (@%.) des Unterkiefers kommen auch auf Platte III, Hinteransicht, zum Vorschein. 


Gebiss. 


Der Zahnbau der fossilen ChimÀren ist bereits so hÀufig Gegenstand eingehender Untersuchungen 
gewesen, dass ich von einer genaueren Besprechung desselben an dem Nusplinger Material absehen könnte; 
allein die Notwendigkeit, diese StĂŒcke behufs specifischer Bestimmung mit den ausschliesslich auf Grund 
der Bezahnung aufgestellten Arten zu vergleichen, zwingt mich auch in diesem Punkte auf ein genaueres 
Eingehen. Allerdings ist das Nusplinger Material auch im Punkte der Bezahnung so vollstÀndig erhalten, 
dass es im Stande ist, die bisherigen Kenntnisse in mancher Hinsicht zu ergÀnzen. 


Unterkieferzahn. 


Platte III zeigt die beiden UnterkieferzÀhne von der Unterseite noch nahezu in der Lage, die sie 
bei Lebzeiten des Thieres besassen. Beide ZÀhne sind bis auf die Àusserste Spitze erhalten; ihre Gestalt 
- ist ungefÀhr die eines Rhombus. Von den vier Seiten dieses Rhombus besitzt die Oralseite einen wellen- 


Unterkieferzahn. 5 


förmigen Verlauf durch das Hervortreten zweier schwacher Erhöhungen, denen auf der InnenflÀche des 
Zahnes ReibhĂŒgel entsprechen. Auf der AussenflĂ€che bezeichnet eine scharf abgegrenzte Linie die Stelle, 
bis zu welcher der Zahn von Weichteilen begrenzt war, sie verlÀuft ungefÀhr von der Mitte des Symphysal- 
randes schrÀg gegen das erste obere Drittel des dem Oralrande sich anschliessenden Aussenrandes. Unter- 
halb derselben ist die AussenflÀche stumpf und die Haversischen KanÀle treten deutlich hervor, wÀhrend 
sie oberhalb der Linie von einer ziemlich dicken, stark glÀnzenden Schicht (Schicht s. bei Rızss) bedeckt werden. 


Auf der Innenseite treten drei ReibhĂŒgel sehr deutlich hervor, ein grosser ovaler, etwas vom Oral- 
rande entfernt, und zwei kleinere, nahe dem oberen und unteren Ende des grossen, unmittelbar am Oral- 
rande gelegen. Von diesen beiden ReibhĂŒgeln ĂŒbertrifft der hintere den vorderen bedeutend an Grösse; 
ihre vordere Grenze wird durch die bereits erwĂ€hnten VorsprĂŒnge des Oralrandes bezeichnet. Ein vierter 
ReibhĂŒgel, von abweichender Structur, unmittelbar am Vorderrande des Zahnens gelegen, ist auf Platte III 
nur angedeutet, tritt jedoch bei einem isolirten Zahne von Schnaitheim Taf. I, Fig. 3 und dem von 
QuEnstEDT als Chimaera SchĂŒbleri beschriebenen Zahnfragment sehr deutlich hervor; er soll bei Besprechung 
der Zahnstructur eingehender behandelt werden. 


Da sowohl die generische wie die specifische Bestimmung fossiler ChimÀren sich vorwiegend auf 
die Form des Unterkieferzahnes stĂŒtzt, so thut man gut daran, diesbezĂŒgliche Betrachtungen an dieser 
Stelle auszuschliessen. Was die generische Stellung der untersuchten StĂŒcke anbelangt, so gehören die 
UnterkieferzÀhne sÀmmtlich auf Grund der Beschaffenheit ihrer SymphysalflÀche und der Form der Reib- 
hĂŒgel der Gattung Ischyodus an. Etwas schwieriger gestaltet sich die Stellungnahme zu den bisher be- 
kannten Arten, da dieselben nicht selten auf Grund von recht ungenĂŒgendem Material aufgestellt worden sind. 


Die bisher bekannten oberjurassischen Ischyodus-Arten lassen sich nach der Form des Unterkiefers 
im allgemeinen in zwei Formengruppen unterbringen. Die eine Gruppe enthÀlt die Arten mit stark hervor- 
tretenden OralhĂŒgeln (so nenne ich der KĂŒrze wegen die beiden Erhebungen auf dem Oralrande) und weit 
nach vorn vorspringenden scharfen Schnabel. Der extremste Vertreter dieser Abtheilung ist Ischyodus 
SchĂŒbleri, den Rızss wohl mit vollem Recht mit Ischyodus rostratus H. v. Mey. vereinigt. Die andere 
Formenreihe umfasst UnterkieferzÀhne mit nur schwach wellenförmiger Orallinie und breitem, wenig hervor- 
tretendem Schnabel; ihr typischer Vertreter ist Ischyodus Townsendii Buckt. mit dem Ischyodus Quenstedti 
Wagn. sp. wohl ident sein dĂŒrfte; ebenfalls hierher gehört Ischyodus avitus H, v. Mey. sp., der möglicher- 
weise nur ein junges Exemplar von Ischyodus Townsendii Buck. ist. 


Drei von den mir zur Untersuchung vorliegenden ZĂ€hnen (die auf Platte III, IV, und ein isolirter 
Zahn von Schnaitheim) nehmen im allgemeinen eine Mittelstellung zwischen diesen beiden Gruppen ein; 
OralhĂŒgel und Schnabel springen nicht so weit vor, als dies bei Ischyodus SchĂŒbleri Qu. sp., dessen Original 
mir vorliegt, der Fall ist; im allgemeinen schliesen sich aber unsere Exemplare viel enger an diese Gruppe 
als an die des Ischyodus Townsendii BuckL. an. Untereinander variiren diese ZĂ€hne etwas; das kleinste 
Exemplar auf Platte III zeigt den am stÀrksten gewellten Oralrand, wÀhrend bei dem grossten, dem isolirten 
Zahn von Schnaitheim, die OralhĂŒgel fast verschwunden sind; der Unterkieferzahn auf Platte IV nimmt 
sowohl seiner Grösse wie der Form seiner OralhĂŒgel nach eine Mittelstellung ein. Ich möchte diese Unter- 
schiede, da die Form der ZĂ€hne in allen ĂŒbrigen Punkten durchaus mit einander ĂŒbereinstimmt, fĂŒr Alters- 
verschiedenheiten ansehen, im Gegensatz zu Rıess. Dieser Forscher nimmt zwar auch ah, dass der Oralrand 


E. Philippi, ĂŒber Ischyodus suevicus. 


{or} 


des Unterkieferzahns sich mit dem Alter verÀndert, aber in entgegengesetzter Richtung, so dass aus Formen 
mit schwachwelliger Oralkante sich solche mit deutlich vorspringenden OralhĂŒgeln entwickeln. ' 


Solange nicht gegenteilige Beobachtungen an recentem Material vorliegen, glaube ich, bei der Be- 
schaffenheit der vorliegenden StĂŒcke fĂŒr meine Ansicht die grössere Wahrscheinlichkeit in Anspruch nehmen 
zu dĂŒrfen und bin daher wohl berechtigt, die in Frage kommenden drei ZĂ€hne in einer Species zu ver- 
einigen, fĂŒr die ich den Namen Ischyodus suevicus vorschlage. 


Ein kleines Fragment eines Unterkieferzahnes, ebenfalls von Schnaitheim, mit stark vorspringendem 
Schnabel dĂŒrfte wohl zu Ischyodus SchĂŒbleri Qu. sp. zu stellen sein. 


Hinterer Oberzahn. 


Auf Platte III, Taf. II, Fig. 2 ist der hintere Oberzahn ebenfalls nahezu vollstÀndig erhalten und macht 
es möglich, die eingehende Darstellung von Rızss in einigen Punkten zu ergÀnzen. Der hintere Oberzahn be- 
sitzt einen fĂŒnfeckigen Umriss; der innere oder Symphysalrand ist gerade oder schwach nach aussen gebogen, 
der Hinterrand, der ungefÀhr in der Verbindungslinie der beiden Unterkiefergelenke liegt, biegt sich in der 
Mitte etwas nach vorn ein und springt gegen den Aussenrand vor, in derselben Art und Weise, wie dies 
Newron: bei Edaphodon ReediĂŒi Nzwr. auf Taf. 6, Fig. 3 dargestellt hat. Der Aussenrand verlĂ€uft unge- 
fÀhr auf ein Drittel der LÀnge des ganzen Zahnes dem Symphysalrande parallel (bis Punkt g bei NEwToN) 
dann biegt er im stumpfen Winkel nach vorn um. Auf diesem Theile des Aussenrandes, ungefÀhr in ?/s 
seiner LĂ€nge von der Umbiegungsstelle an gerechnet, macht sich der Vorsprung bemerkbar, an den sich 
auf der Innenseite der Ă€ussere ReibhĂŒgel anlehnt (dieser Vorsprung ist bei Zdaphodon nur sehr schwach 
entwickelt und fehlt bei manchen Arten, z. B. der oben citirten, ganz). Die an unserem Exemplar etwas 
beschÀdigte Vorderkante bildet mit der Innenkante einen stumpfen Winkel von ca. 120°. Parallel dem 
Innenrande verlauft auf der AussenflÀche des Zahnes eine tiefe, sich nach hinten verbreiternde Rinne. 
Wenn Rısss (l. c. S. 8) meint, dass diese Vertiefung bei Lebzeiten des Thieres von Weichteilen ausgefĂŒllt 
war, so möchte ich dieselbe lieber mit den leistenförmigen Erhöhungen in Zusammenhang bringen, die auf 
der Unterseite des SchÀdels zu bemerken sind; es ist darnach sehr wahrscheinlich, dass diese Apparate zur 
‚stĂ€rkeren Befestigung des Zahnes dienten. Auf der der Symphysalkante zugewendeten Seite der Rinne 
beobachtete Rızss Austrittsstellen von GefÀssen etc.; letztere gelang es mir nicht aufzufinden, wohl aber 
ist eine Verbreiterung der Haversischen KanÀle an dieser Stelle deutlich wahrnehmbar. Die Grenze der 
glÀnzenden Schicht s fÀllt zuerst mit der oberen Grenze der Rinne zusammen und verlÀuft dann parallel 
mit dem vorderen Theile des Aussenrandes nach der Mitte des hinteren, der Symphysalkante parallelen Theils. 
Von den am hinteren Oberzahn beachteten ReibhĂŒgeln sind auf Platte III nur der vorderste und ein Theil 
des Àusseren, an dem erwÀhnten Vorsprunge gelegenen, zu bemerken. 


i Rızss 1. c. 8.16 bringt infolgedessen den auf Taf. I, Fig. 6 dargestellten Unterkieferzahn mit stark welligem Oral- 
rande in Verbindung mit dem etwas kleineren Unterkieferzahn von Ischyodus avitus H. v. Mey. sp., Palaeontographica X, T. 12, 
der eine fast glatte Oralkante zeigt. Nach meiner Anschauung dĂŒrfte man ZĂ€hne wie den von Rızss abgebildeten viel eher 
als Jugendformen etwa der zu dem Nusplinger Material gehörigen ZÀhne oder nahe verwandter Arten ansehen. 

2 Newron, The chimaeroid fishes of the British eretaceous rocks. Memoirs of the geological survy of the united 
Kingdom, Monograph IV. 


Kiemenapparat. 


-1 


Vorderer Oberzahn. 


Die vorderen OberzÀhne besitzen, wie WAGnEr treffend bemerkt, die Form eines halbirten Hufes 
und greifen wie bei Chimaera etwas ĂŒber die hinteren ĂŒber. Die Grenze der Schicht s lĂ€uft dem Oralrande 
(ab bei Rızss) ungefÀhr parallel und halbirt den Symphysalrand. Dadurch, dass die SymphysenflÀche weit 
in das Innere des Zahnes herabreicht, entsteht zwischen ihr und der Aussenwand eine nach innen sich 
öffnende Ausbuchtung. ReibflÀchen konnten nicht beobachtet werden. 


Structur der ZĂ€hne. 


Ueber die Structur der ZÀhne liegen einige Beobachtungen nicht vor, ich beschrÀnke mich infolge- 
dessen darauf, das Resultat der sorgfÀltigen Untersuchungen von Rızss kurz zu recapituliren. Die Haupt- 
masse der ZÀhne besteht aus Vasodentin, dessen ziemlich weite, anastomosirende CanÀle in jedem Zahne 
dem Symphysenrande parallel verlaufen; im Innern des Zahnes und dort, wo er bei Lebzeiten des Thieres 
von Weichtheilen und Knorpel bedeckt war, sind diese CanÀle mit blossem Auge bereits deutlich wahrnehm- 
bar. Gegen die Schicht s und die ReibflÀchen zu werden sie schmÀler und die Zahnmasse erscheint noch 
unter der Lupe homogen. Die OberflÀche der bei Lebzeiten des Thieres freien Theile bedeckt die stark 
glÀnzende Schicht s; sie ist ziemlich complieirt zusammengesetzt und besteht aus echtem Dentin und Vaso- 
dentin, dem sich nach aussen eine unter dem Mikroskop homogen erscheinende, schmelzartige Schicht auf- 
lagert. Die ReibflÀchen bestehen ebenfalls aus Vasodentin, dessen CanÀle sehr eng sind und senkrecht 
gegen die OberflÀche verlaufen; eine Ausnahme macht nur die SchnabelreibfllÀche des Unterkieferzahnes; 
diese wird nĂ€mlich, wie an dem Original von Ischyodus SchĂŒbleri Qu. sp. vorzĂŒglich zu beobachten ist, von 
einer Anzahl ziemlich weit auseinanderstehender Lamellen (ich zÀhlte 24) gebildet, die am Hinterrande der 
ReibflĂ€che allmĂ€hlich in die Structur der ĂŒbrigen ReibflĂ€chen ĂŒberzugehen scheinen. 


Kiemenapparat. 


Der Kiemenapparat ist auf Platte III zum grossen Theil erhalten, nur der Zungenbeinbogen, von 
dem bei der Lage des Thieres auf Platte III normal der grösste Theil vom Unterkiefer bedeckt sein muss, 
ist durch ganz geringe Fragmente angedeutet. Von den Kiemenbögen fallen am meisten die breiten, kurzen 
unteren Endglieder (Hypobranchialia) Ayp. auf, welche die Copula-Platten der ersten Kiemenbögen theilweise 
verdecken. In einem schmĂ€leren und lĂ€ngeren KnorpelstĂŒcke glaube ich das untere Mittelglied cer des 
vierten Bogens zu erkennen. Mit grösserer Sicherheit sind drei lange KnorpelstĂŒcke bas von ansehnlicher 
Breite zu identificiren, die auf Platte III den untersten Theil des ganzen Kiemenapparates bilden; man hat 
in ihnen wohl die drei oberen Endglieder (basalia) zu erblicken, die bei O’himaera (noch mehr bei Callorhynchus) 
gegenĂŒber den ĂŒbrigen Theilen der Kiemenbögen ebenfalls verbreitert sind. Da dieselben nach hinten ge- 
richtet sind, mĂŒssen sie, wie dies auf Platte III deutlich zu beobachten ist, bei der RĂŒckenlage des Thieres 
am unteren Ende des ganzen Kiemenapparates unter den unteren Endgliedern zum Vorschein kommen. 
Das mittlere dieser Basalia, das bei Chimaera mit dem RĂŒckgrat durch BĂ€nder verbunden ist, ist wie dort 
zweiköpfig. Zwischen den Basalia liegt die lange, bei Ohimaera in einer scharfen Spitze endigende letzte 
Copulaplatte, die bei unserem StĂŒck etwas beschĂ€digt ist. 

Auf Platte V sind auf der rechten Seite der WirbelsÀule Theile der Kiemenbögen ebenfalls vor- 
handen, ohne uns ĂŒber Details derselben besonders AufschlĂŒsse zu geben. 


s E. Philippi, ĂŒber Ischyodus sueviecus. 


RĂŒckenflosse. 


Bei dem kleinen Exemplar des Stuttgarter Naturaliencabinets auf Platte V ist die RĂŒckenflosse im 
Zusammenhang mit dem ĂŒbrigen Skelet sehr gut erhalten. Wir begegnen hier denselben VerhĂ€ltnissen wie 
bei der lebenden Chimaera: der RĂŒckenstachel und die (hier nicht erhaltenen) Flossenstrahlen sitzen einem 
FlossentrÀger von erheblicher Grösse auf, der seinerseits durch ein starkes Gelenk mit einem massiven 
KnorpelstĂŒck verbunden ist, das mit dem Vorderende der WirbelsĂ€ule fest verwachsen ist. 

In ihren Einzelheiten lĂ€sst sich die RĂŒckenflosse noch besser an dem grossen Exemplar auf Tafel IV 
studiren. Der FlossentrÀger besitzt eine keilförmige Gestalt; auf der Seite, die nach oben gekehrt ist, 
verlÀuft eine starke LÀngsleiste, die wie bei Ohimaera zur Befestigung des Flossenstachels diente. Besonders 
deutlich tritt das Gelenk hervor, das den FlossentrÀger mit dem der WirbelsÀule aufsitzenden Theil der- 
Flosse verband. 

Auf Platte III ist der durch die eben erwÀhnte Leiste leicht kenntliche FlossentrÀger grossenteils 
durch andere KnorpelstĂŒcke verdeckt. 


RĂŒckenstachel. 


RĂŒckenstachel finden sich auf den Platten II, II, IV und V, auf letzterer noch in der ursprĂŒng- 
lichen Lage dem FlossentrĂ€ger aufsitzend; bezĂŒglich dieses Organes kann ich den AusfĂŒhrungen von Rızss 
nichts hinzufĂŒgen. 


SchultergĂŒrtel. 


Die beiden symmetrischen Knorpelspangen, welche auf Platte II sehr deutlich hervortreten, sind 
wohl mit Sicherheit als Theile des SchultergĂŒrtels aufzufassen. Wenn, was nicht sehr wahrscheinlich ist, 
das obere, verschmÀlerte Ende nicht weggebrochen ist, so ist die im VerhÀltnis zur LÀnge bedeutende Breite, 
verglichen mit den entsprechenden Theilen von Chimaera, recht auffallend. EigenthĂŒmlich ist es, dass von 
der bei den lebenden ChimÀren so compacten Ventralplatte so gut wie gar nichts vorhanden ist. Auch 
auf Platte V, wo wohl das vorspringende StĂŒck A einen Teil des SchultergĂŒrtels reprĂ€sentirt, ist von dieser 
ventralen Platte kaum etwas zu sehen. Ueberreste dieses StĂŒckes dĂŒrfen wir wohl in den mit ven be- 
zeichneten KnorpelstĂŒcken auf Platte III erblicken, welche im Gegensatz zu den ĂŒbrigen Skelettheilen sehr 
schlecht erhalten sind. 

Alle diese Beobachtungen lassen den Schluss zu, dass die ventrale Knorpelplatte, welche die beiden 
Spangen des SchultergĂŒrtels miteinander verbindet, entweder nicht in der massiven Form bestand, wie bei 
den lebenden ChimĂ€ren, oder im VerhĂ€ltnis zu den ĂŒbrigen Skeletelementen nur wenig verkalkt war. 


Brustilosse. 


Auf Platte II sind die beiden Brustflossen gut erhalten. Die Basalteile sind im VerhÀltnis zu den 
Flossenstrahlen ziemlich gross, doch lĂ€sst sich Bestimmtes ĂŒber ihre Form nicht aussagen, da die Abgrenzung 
der einzelnen Theile gegeneinander undeutlich ist. Die Flossenstrahlen sind einfache, wie es scheint, un- 
gegliederte StĂ€be von ansehnlicher Breite, die sich nach der Basis der Flosse zu etwas verjĂŒngen. 

Auf Platte III fallen sofort die zahlreichen Flossenstrahlen der Brustflosse auf, die das vordere 
Ende des RĂŒckenstachels theilweise ĂŒberdecken. Das KnorpelstĂŒck von dreieckigem Umriss mi, welches an 


Becken. 8] 


der Basis der Flossenstrahlen liegt, dĂŒrfte wohl als das Metapterygium zu deuten sein; es stimmt mit dem 
von Chimaera gut ĂŒberein, selbst der kurze Fortsatz an der Grenze gegen das Propterygium ist deutlich 
erkennbar. Basaltheile der Brustflosse bedecken die RĂŒckenflosse theilweise, sind aber zu fragmentĂ€r, um 
eine bestimmte Deutung zuzulassen. Hingegen sind wohl die beiden KnorpelstĂŒcke auf der rechten Seite 
der Platte III ganz sicher als Propterygium und Mesopterygium aufzufassen '. Das als Propterygium ge- 
deutete StĂŒck p besitzt fast genau dieselbe Form wie bei der lebenden Chimaera, selbst die Verdickung am 
Innenrande, dort wo dasselbe an das Metapterygium anschliesst, tritt bei dem fossilen StĂŒck gut hervor. 
Beim Mesopterygium ms bildet der Aussenrand, wie bei Chimaera, mit dem dem Propterygium zugewendeten 
Rande einen rechten Winkel. 


Becken. 


Das Becken ist nur bei dem kleinen Exemplar des Stuttgarter Naturaliencabinets noch erhalten. 
Es zeigt gegenĂŒber dem der lebenden ChimĂ€ren wesentliche Abweichungen, denn wĂ€hrend bei der recenten 
Form nur schmale Knorpelbögen vorhanden sind, die sich nur an der Absatzstelle der Bauchflossen ver- 
breitern, lÀsst das fossile Exemplar trotz seines fragmentÀren Zustandes, breite, plattenförmige Knorpel- 
stĂŒcke von bedeutendem Umfange erkennen. 


Die Bauchflossen und die hintere Schwanzflosse sind auf Platte V nur schwach angedeutet. 


EigenthĂŒmlicherweise ist die WirbelsĂ€ule nur auf Platte V erhalten, auf sĂ€mmtlichen anderen Platten 
findet sich auch nicht eine Spur davon. Die schmalen, sehr zahlreichen Knorpelringe besitzen dieselbe 
Form wie die der recenten Gattungen. 


Die kleinen Ringe der SchleimkanÀle finden sich allenthalben auf den Platten zerstreut, aber nir- 
gends mehr im Zusammenhang. 


Schlussbetrachtung. 


Wenn man die Resultate, die sich bei dem Vergleich der Skeletelemente von Ischyodus suevicus 
mit den entsprechenden Theilen der lebenden ChimÀren ergeben haben, zusammenfasst, so ergibt sich 
ungefÀhr folgendes Bild. 

Die mesozoische ChimÀrengattung zeigt in einzelnen Punkten völlige Uebereinstimmung mit der 
lebenden; es haben sich constant erhalten: RĂŒcken und Brustflosse und der Kiemenapparat, in allen anderen 
Theilen ist eine z. Z. sehr starke Reduction der Skeletelemente zu bemerken. Diese ist am auffÀlligsten 
am SchÀdel, wo die LÀnge der vor den Unterkiefergelenken liegenden Partie bei Ischyodus und Chimaera 
sich wie 3:5 verhÀlt; in engem Zusammenhange damit steht wohl auch die starke Reduction das Gebisses, 
das in seinen Àusseren Formen sonst ziemlich constant geblieben ist. Auch die hinter den Unterkieferge- 
lenken liegenden SchÀdeltheile haben durch die starke Vergrösserung der Augenhöhle bei den lebenden 
Formen gegenĂŒber der fossilen eine bedeutende VerkĂŒrzung erlitten. Eine weitere, starke RĂŒckbildung ist 
am Becken wahrzunehmen, auch die Knorpelspangen des SchultergĂŒrtels haben an HĂ€rte und Breite einge- 
bĂŒsst. Der einzige Skelettheil, bei dem möglicherweise eine VerstĂ€rkung bei den recenten Formen einge- 
treten ist, ist die ventrale Platte des SchultergĂŒrtels. 


 Vergl. GEGENBAUR, Untersuchungen zur vergleichenden Anatomie der Wirbelthiere, II. Heft, Taf. 9, Fig. 15. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 2 


10 E. Philippi, ĂŒber Ischyodus suevicus. 


Die Frage, ob Ischyodus grössere Verwandtschaft zu Ohöimaera oder zu Callorhynchus besitzt, lÀsst 
sich an der Hand unseres Materials nicht entscheiden; vielleicht hat die Annahme die grösste Wahrschein- 
lichkeit, nach der Ischyodus als gemeinsamer Stammvater der beiden lebenden, nahe verwandten Gattungen 
anzusehen ist. 

Die vorliegenden Untersuchungen sind geeignet, die bereits von anderer Seite ausgesprochene An- 
sicht! zu bestÀtigen, dass der Stamm der Holocephalen, was Grösse und Bau des Skeletes anbelangt, be- 
reits im Mesozoicum seinen Höhepunkt erreichte, dass die heute lebenden Vertreter nur noch spÀrliche und 
redueirte Ueberreste dieser Familie darstellen und etwa die Rolle vertreten, die Ceratodus und Protopterus 
bei den Dipnoern spielen. 


! Zırret, Handbuch der Palaeontologie II, S. 107. 


Die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Von 


Dr. Riehard Leonhard. 


Mit Tafel III—V1. 


Die Anregung zu dieser Studie verdanke ich Herrn Professor Dr. FrecH, der mir die Sammlungen 
des Breslauer Mineralogischen Museum bereitwillig zur VerfĂŒgung stellte. Sodann war ich bemĂŒht, durch 
eisene Aufsammlungen an Ort und Stelle die Kenntniss der oberschlesischen Kreideformation, zunÀchst der 
Oppelner Scholle, zu vermehren, wobei ich von Seiten der Herren Direktoren der Oppelner Cementfabriken und 
ihrer Beamten grosses Entgegenkommen fand. Besonderen Dank sage ich noch den Herren kgl. Landmesser 
GrunpEy in Kattowitz und Zahnarzt SchrAmmen in Hildesheim, welche mir ihre reichen Lokalsammlungen zur 
Bearbeitung ĂŒberliessen. Die Zeichnung der Tafeln und Textfiguren wurde von Dr. LöscHmAnn aus- 
gefĂŒhrt. Im Verlaufe der Arbeit erwies sich auch eine Revision der Fauna der sĂŒdlicheren, bei LeobschĂŒtz 
gelegenen Partieen der Kreideformation als notwendig, umsomehr, als sich bei einer Bereisung des Gebietes 
herausstellte, dass die AufschlĂŒsse, die F. Roemer die Fossilien geliefert hatten, nicht mehr existirten. 


Die Verbreitung der oberschlesischen Kreidevorkommnisse ist durch die Aufnahmen unter Fer». 
ROEMER erösstentheils durch L. Hatrar untersucht worden‘. Da dieselben, soweit Verfasser sie kennen 
lernen konnte, sich als sehr genau erwiesen, so konnte derselbe von einer kartographischen Darstellung 

hsöand nehmen und seine Aufmerksamkeit ausschliesslich der Gliederung der oberschlesischen Kreide auf 
Grund ihrer Fossilien zuwenden. 

Seit der Aufnahme der geologischen Karte von Oberschlesien ist die Kenntniss der Kreideformation 
nicht wesentlich gefördert worden. Hervorzuheben ist ausser einer bisher ĂŒbersehenen Bemerkung von 
SCHLÜTER? nur die Darstellung von G. GĂŒrrcH in dessen „ErlĂ€uterungen zur geologischen Übersichtskarte 
von Schlesien“ °, welcher, auf eine gute Kenntnis der Oppelner Fundpunkte gestĂŒtzt, manches Neue hinzufĂŒgte. 


! Geolog. Karte von Oberschlesien. 1870. 
Palaeontographica XXI, p. 26. 
Breslau 1890. 


oo 


12 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


I. Cenomane Bildungen. 


Ablagerungen cenomanen Alters finden sich in der Gegend von LeobschĂŒtz, sowie in der Gegend 
von Oppeln in sandiger Facies entwickelt, als östlichstes Vorkommen dieser fĂŒr die böhmisch-sĂ€chsische 
Facies bezeichnenden petrographischen Beschaffenheit. Dieselben sind Reste einer mÀchtigen Decke, welche 
der weitgehenden Denudation zum grössten Theile zum Opfer gefallen ist. 


A. Cenoman von LeobschĂŒtz. 


Die cenomanen Ablagerungen der Gegend von LeobschĂŒtz zeigen in weit zerstreuten Resten nur 
geringe Partieen festen, weissen oder gelblichen Sandsteins; meist ist derselbe in weissen Quarzsand zerfallen. 
Die Verbreitung dieser Partieen bei Nieder-Paulowitz und Matzdorf ist von F. RoEMmER eingehend dargestellt 
worden!. An einigen Stellen konnte die discordante Überlagerung des Culm beobachtet werden. Im 
wesentlichen sind nur Theile der tiefsten, Àltesten Glieder des Cenoman erhalten. Versteinerungen im an- 
stehenden Gestein kommen selten vor, finden sich mitunter auch in der LokalmorÀne, und bezeugen so die 
ehemalige weitere Ausdehnung der cenomanen Ablagerungen. 

Eine Revision der von F. RormER beschriebenen Versteinerungen ergab folgende Arten: 


* Inoceramus bohemicus LEONH. Modiola Cottae A. RoEm. 
Exogyra columba Lam. Protocardium Hillanum Sow. 
Ostrea carinata Lan. Cucullaea glabra PARK. 
Pecten acuminatus GEIN. Venus cf. immersa Reuss 
—  membranaceus Nıvss. Rhynchonella cf. compressa Lam. 
—  curvatus GEIN. Pygurus lampas DE LA BECHE 
* —  Nilssoni.GOLDF. Selachierwirbel mit StrahlenwĂ€nden. 


B. Cenoman von Oppeln. 


Cenomaner Sandstein und Sand bildet allenthalben das Liegende des Oppelner Kreidemergels, wie 
Bohrungen hÀufig feststellten. Er ist in dem Groschowitzer Steinbruche bereits mehrmals in der Tiefe an- 
getroffen worden. Ein Bohrloch in der Giesel’schen Portland- Cementfabrik ergab daselbst eine MĂ€chtigkeit 
des Cenoman von 43 m°. Dagegen wurde nach gĂŒtiger Mittheilung von Herrn Ingenieur SCHROEDER gele- 
gentlich einer Bohrung an der Rosenberger Chaussee 1 km östlich von Oppeln eine MÀchtigkeit des Sandes 
von nur 35 m festgestellt. Als Liegendes dieses Sandes wird graublauer Thon, der wieder von rothem Letten 
unterlagert wird, angegeben. Letztere beiden gehören wahrscheinlich dem Keuper an. Gegen Osten streicht 
der cenomane Sand rasch aus. Zu Tage tritt das Cenoman nur im SĂŒdosten von Oppeln, bei Groschowitz, 
wo es in einigen geringen AufschlĂŒssen sichtbar ist. Die petrographische Beschaffenheit ist derjenigen des 
LeobschĂŒtzer Cenoman sehr Ă€hnlich. Die Ablagerungen bestehen aus einem feinkörnigen, weissen, seltener 
gelblichen Sandstein, welcher meist in Sand zerfallen ist, und mehr oder weniger glaukonitreich ist. Die 
Unterscheidung in 3 Glieder, zwei Stufen weissen Sandsteins, welche durch eine glaukonitreichere Sandschicht 
getrennt werden, die F. RoEMER versuchte, wird sich kaum halten lassen, da eine Überlagerung derselben 
in ununterbrochener Folge sich nirgends beobachten lĂ€sst. Die deutlichsten AufschlĂŒsse finden sich an der 


! Geol. von Oberschl. p. 329—332. 
? KunıscH, Jahresber. vater]. Gesellsch. f. 1890. II. p. 51. 


Cenoman von Oppeln. 13 


natĂŒrlichen Anhöhe des Uferrandes der Oder sĂŒdlich von Groschowitz. Die Versteinerungen finden sich lose 
oder in glaukonitreichem Sandstein meist in den Sandgruben östlich und sĂŒdöstlich von Groschowitz, sowie 
bei GrudschĂŒtz mit diluvialen Geschieben gemischt, in der LokalmorĂ€ne. Das hier wie ĂŒberhaupt auf 
dem rechten Oderufer bei Oppeln sehr dĂŒnne, nur noch 1—4 m mĂ€chtige Diluvium ruht, wie die aus- 
sedehnten Ausschachtungen an der Eisenbahnstrecke nach Gr.-Strehlitz zeigen, durchweg auf weissem, 
cenomanem Sande. Der letztere fĂŒhrt zahlreiche Versteinerungen, deren petrographische Beschaffenheit 
vermuthen lÀsst, dass sie aus anderen in grosser NÀhe befindlichen Schichten herausgewittert sind. Spongien 
von gleicher Beschaffenheit wurden mir durch die GĂŒte des Herrn kgl. Landmesser Gruxper von Lowietzko 
bei Gr.-Strehlitz bekannt; eine derselben konnte als Ohonella Roemeri Gem. bestimmt werden. Der Fund- 
punkt liest nur 14 km von Groschowitz entfernt am Nordrand des Muschelkalkgebirges. Die Funde scheinen 
eine weitere Ausdehnung eines Cenoman anzudeuten. Die meisten StĂŒcke des Oppelner Cenoman sind in 
glaukonitischen Sandstein umgewandelt, einzelne auch in Hornstein. HĂ€ufig sind Pflanzenreste, die auf grosse 
KĂŒstennĂ€he hinweisen, am hĂ€ufigsten jedoch Spongien, welche der Gattung Siphonia angehören. 
Bisher konnten nachgewiesen werden ': 


Siphonia Geinitzi ZırT. Isastraea Sp. 
— fieus GoLDF. Rhynchonella sp. 
*Craticularia ct. vulgata PocTa * Terebratula biplicata SOW. 
* Coelocorypha Sp. Catopygus carinatus GOLDE. 
*Chonella Roemeri GEIN. Acanthoceras Rhotomagense DEFR. 
= — Schrammeni nov. Spec. Turrilites costatus Lan. 
*Astrocoenia decaphylla E. u. H. *Belemnitella sp. (von Kempa) (plena?) 


Zahlreiche Reste sind unbestimmbar. Der Inoceramus, den F. ROEMER aus dem Cenoman anfĂŒhrt, 
stammt bereits aus dem Turon und ist wahrscheinlich zu Brongniarti Sow. gehörig. 

Ein Vergleich des Cenoman von LeobschĂŒtz und Oppeln ergiebt eine nicht unbedeutende Ver- 
schiedenheit der Faunen, trotz annÀhernder Gleichheit der Facies. Wie F. ROEMER vermuthete, sind in 
LeobschĂŒtz wesentlich Schichten des unteren Cenoman erhalten, wĂ€hrend die Versteinerungen von Groscho- 
witz jĂŒngeren Schichten angehören. Protocardium hillanum Sow., Ostrea carinata Law. und Exogyra co- 
lumba Lam. sind die bezeichnendsten Fossilien der sĂŒdlichen Ablagerungen und lassen diese als Äquivalent 
des böhmisch-sÀchsischen Carinatenquaders erkennen. Von den Fossilien aus dem Groschowitzer Sandstein 
weisen Acanthoceras Rotomagense DEFR. und Turrilites costatus Lam. auf die obere Abtheilung des Cenoman 
hin. Sowohl diese beiden Leitfossilien, wie der Catopygus carinatus GoLpr. sind aber der böhmisch-sÀchsi- 
schen Facies fremd und beweisen eine nÀhere Verwandtschaft dieser Ablagerungen mit dem Cenoman Nord- 
westdeutschlands.. — WĂ€hrend ferner Exogyra columba in der sĂ€chsischen Facies noch in der Brongniarti- 
stufe des Turon, in Böhmen sich noch bis in die Malnitzer Schichte hinein findet, ist dieselbe nur von 
LeobschĂŒtz bekannt, steigt aber nicht bis ins Turon hinauf. Wir bemerken hier also eine Differenzirung 
der Faunen der schlesischen und des sÀchsisch-böhmischen Kreidebucht, welche bereits im oberen Cenoman 
zum Ausdruck kommt. Dass jemals eine unmittelbare Verbindung zwischen beiden Meerestheilen bestand, ist 
unwahrscheinlich. Darauf scheint auch der Mangel jeglichen Deundationsrestes der Kreide in Mittelschlesien 
hinzudeuten. Der zu jener Zeit noch zusammenhÀngende Complex der mittelschlesischen Gneisschollen schied 
beide Meere, welche nach Norden zu nach dem baltisch-nordwestdeutschen Meere mĂŒndeten. 


! Die fĂŒr den Fundort neuen Arten sind mit * bezeichnet. 


14 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


II. Turone Bildungen. 


Bildungen turonen Alters sind ebenfalls in Oberschlesien in zwei getrennten Gebieten bekannt: es 
gehören hierher die von F. RoEMER zum Cenoman gerechneten Ablagerungen bei Hohndorf und Bladen un- 
weit LeobschĂŒtz und die im Oderthale aufgeschlossene Oppelner Scholle, die sich in 4 km langer Erstreckung 
von Gross-Schimnitz bis Gross-Döbern verfolgen lÀsst. Beide Complexe gehören zusammen und sind in 
mergeliger Facies mit abwechselndem Überwiegen thoniger und kalkiger Schichten entwickelt. Eine Sand- 
steinbildung kommt im oberschlesischen Turon nicht mehr vor. 


A. Turon von Bladen und Hohndorf. 


Die hierher gehörigen AufschlĂŒsse sind in ihrem: geringen Umfange bereits durch die Arbeiten zur 
geologischen Karte von Oberschlesien meist durch A. Haurar bekannt geworden!. Als Liegendes derselben 
ist nur einmal Culm beobachtet worden, Cenoman dagegen nicht nachgewiesen worden. Das Liegendste 
bildet ein sandiger Mergel am Westausgang vom Bladen. Als jĂŒnger ist der Kalkmergel daselbst anzusehen, 
der sich in gleicher petrographischer Beschaffenheit bei Hohndorf wiederfindet. Die AufschlĂŒsse waren 
geringe Mergelgruben, welche seit vielen Jahren nicht mehr im Betriebe und verschĂŒttet sind. 


Eine Revision der frĂŒher gesammelten StĂŒcke ergab nach Fundpunkten geordnet folgende Arten: 


Sandiger Mergel am Westende von Bladen (= Brongniarti-Zone). 


Inoceramus Brongniarti Sow. Rostellaria sp. 
Pecten arcuatus SOW. Turritella Sp. 
—  Dwjardini A. Rorm. Natica Gentii Sow. 
Vola quinquecostata Bow. Emargulina BuchiĂŒ Gain. 
Ostrea semiplana Sow. Nautilus sp. 
Exogyra lateralis Niuss. Prionotropis Woolgari MAant. (= Ammonites Rhoto- 
Tellina latistriata LEoxH. magensis ROEMER non DEFR.) 
Mutiella Ringmerensis Mar. var. sudetica. Ptychodus mammillaris As. 
Gastrochaena amphisbaena GOLDF. Odontaspis raphiodon Ac. 
Crassatella vegularis D’ORB. Lamna appendiculata Ac. 


Zahlreiche der aufgefĂŒhrten Formen sind der gesamten. oberen Kreide gemeinsam und machen es 
erklÀrlich, dass F. Roemer bei der Altersbestimmung zwischen Senon und Cenoman schwanken konnte. 
Cr. Schröter erklĂ€rte bereits 1872 diese Ablagerung fĂŒr Turon und insbesondere den sandigen Mergel fĂŒr 
Äquivalent der Brongniarti-Zone ?. 

Beweisend war fĂŒr ihn mit Recht das Vorkommen des Prionotropis Woolgari Maxr., den F. RoEMER 
als Amm. Rhotomagensis bestimmt hatte. Von den ĂŒbrigen Formen sind nur Gastrochaena amphisbaena GOLFF. 
und Pecten Dujardini A. Roem. ausschliesslich turonen Alters. Deutlicher charakterisirt ist der Kalkmergel 
von Bladen. 


1 F. Roruer, Geol. von Oberschlesien. p. 337 ff. 
? Cr. SchtĂŒrer, Cephalopodend. ob. deutschen Kreide. Palaeontographica XXI, p. 26. 


Turon von Oppeln. 1 


ou 


Kalkmergel an der roten MĂŒhle bei Bladen (= Scaphiten-Zone). 


Leptophragmea sp. cf. fragile. Turritella sexlineata A. Rorm. 
Lima elongata A. Rorn. Helicaulax Buchii MĂŒnst. 

= —  pseudocanrdium Beuss Dentalium polygomum Beuss 
Ostrea semiplanı Sow. Toxoceras nodiger F. Roen. 
Cucullaea Passyana D’ORB, Heteroceras Reussiamum GEın. 
Cardium subdinnense D’ORB. Helicoceras ellipticum Manr. 
Siliqgua trumcatula Rauss Scaphites auritus ScHLĂŒr. 
Pecten Nilssoni GoLpr. Baculites sp. 

Inoceramus Sp. *Osmeroides Lewesiensis Mar. 


Terebratulina gracilis D’ORB. 
DikotyledonenblÀtter weisen auch hier auf grosse UfernÀhe der Ablagerungen hin. 
Völlig ĂŒbereinstimmend mit den angefĂŒhrten Arten ist die Fauna des 


Kalkmergel von Hohndorf. 


Leptophragma sp. cf. fragzle. Odontaspis raphiodon At. 
Pinna Sp. 5 Lamna appendiculata Ac. 
Inoceramus Brongniarti Dow. Ptychodus mammillaris As. 
Toxoceras nodiger F. Rorm. Osmeroides Lewesiensis Maxr. 


Scaphites auritus ScHLĂŒĂœr. 

Der Kalkmergel von Bladen und Hohndorf ist demnach als die gleiche Ablagerung zu betrachten. 
FĂŒr seine Altersbestimmung sind die bekannten Cephalopoden Heteroceras Reussianum d’Ore. und Scaphites 
auritus Schuör. massgebend und weisen ihn der Scaphitenzone zu. Die ĂŒbrigen Arten sind wenig charak- 
teristisch. Auffallend ist das Vorkommen mehrerer Zweischaler und Gastropoden, welche aus dem Oppelner 
Turon noch unbekannt sind. Indes sind bei der mangelhaften Erhaltung dieser Gattungen im Oppelner 
Kalkmergel und der spĂ€rlichen Kenntniss der Ablagerungen von Bladen und Hohndorf weitere SchlĂŒsse kaum 
statthaft. 


B. Turon von Oppeln. 


Die Turonscholle von Oppeln, welche durch den jungen Durchbruch der Oder aufgeschlossen sich 
im Oderthale von Gross-Schimnitz bis Gross-Döbern verfolgen lÀsst, ist der am besten zugÀngliche und am 
lĂ€ngsten bekannte Theil. Schon A. Rormer‘ fĂŒhrte 1841 von Oppeln 21 Arten auf, welche vermuthlich 
durchweg aus der damals allein aufgeschlossenen Scaphitenzone stammen. 

Gute AufschlĂŒsse bieten nur die ausgedehnten SteinbrĂŒche bei Oppeln, nördlich von der Stadt, und 
in Königl. Neudorf, sĂŒdlich von derselben, sowie bei Groschowitz, 3 km sĂŒdöstlich von derselben. Einer 
Gliederung in palÀontologische Horizonte ist die Gleichförmigkeit der petrographischen Beschaffenheit hinder- 
lich. Auch erschwert der Steinbruchsbetrieb ein zonenweises Sammeln der Fossilien. 

Die Erhaltung der Fossilien ist fast durchgÀngig sehr mangelhaft, insbesondere sind Schalenexem- 
plare von Zweischalern nirgends erhalten. 

Als Liegendes der Oppelner Turonscholle wurde durch Bohrungen mehrfach der cenomane Sand 
nachgewiesen, und zwar in der ganzen Ausdehnung, sowohl nördlich als sĂŒdlich von der Stadt, und des 
öfteren bei Groschowitz. Die gesammte MĂ€chtigkeit des Turons wurde bei den Bohrungen im SĂŒden von 


! Versteinerungen des norddeutschen Kreidegebirges. 


16 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Oppeln auf ca. 44 m, im Norden der Stadt auf 37 m festgestellt. Hierbei ist die blaue Thonschicht nicht 
in Anrechnung gebracht. Bei einer Bohrung 1 km östlich von der Stadt erwies sich die MÀchtigkeit des 
Kalkes als 35 m. Bei weitem geringer stellt sich die MĂ€chtigkeit der turonen Ablagerungen bei Groscho- 
witz, wo nur noch die tiefsten Schichten erhalten sind, welche nahe dem Bahnhof in den ausgedehnten 
BrĂŒchen der Schlesischen Gesellschaft fĂŒr Portland-Cementfabrikation in Groschowitz abgebaut werden. In 
diesen BrĂŒchen ist bereits mehrfach der mĂŒrbe Sand des Cenoman in der Tiefe angetroffen worden. Als 
tiefste aufgeschlossene Schicht liegt concordant ĂŒber dem Sandstein eine 4—5 m mĂ€chtige Schicht zĂ€hen 
blauen Thones. Derselbe ist durch Sand verunreinigt, reich an kohlensaurem Kalk und Coneretionen von 
Schwefelkies. Nach dem Hangenden zu wird der Thon kalkreicher und geht in einer Zwischenschicht von 
etwa 0,50 m in reinen Kalkmergel ĂŒber. 


Diese Thonbank ist bisher nur in Groschowitz anstehend sichtbar; bei den Bohrungen in den BrĂŒchen 
bei Oppeln, besonders jedoch bei Anlage von Brunnen ist dieselbe in letzter Zeit mehrfach nachgewiesen 
worden; wir dĂŒrfen daher ihre durchgĂ€ngige Verbreitung wohl annehmen. Der Thon von Groschowitz ist 
als tiefstes Glied des Turon zu betrachten, da der Wechsel der petrographischen Facies bei concordanter 
Lagerung auf eine durchgreifende Änderung der Bedinguugen des Absatzes hinweist. 


Bisher sind aus dem Thone nur Holz, das auf die grosse UfernĂ€he schliessen lĂ€sst, und nach GĂŒrIcH 
auch Fragmente von Inoceramen bekannt geworden. Von letzteren ist mir jedoch nichts bekannt und der 
Thon muss gegenwÀrtig im allgemeinen als fossilleer angesehen werden. Durch SchlÀmmen von Thonproben 
gelang es indes, auch hier eine Anzahl von Foraminiferen nachzuweisen. Dieselben sind folgende: 


Cristellaria rotulata Lam. Frondieularia angusta NILss. 
ö — lepida Reuss Nodosaria Sp. 

— ovalis Reuss Haplostiche dentalinoides Reuss 
Frondieularia inversa Rzuss — clavulina REuss 


Auch Globigerinen sind zahlreich vertreten, desgleichen zahlreiche Ostracoden. Durch ihre Be- 
stÀndigkeit meist durch die gesamte Kreidezeit tragen sie indes nichts zur Altersbestimmung der Zone bei. 


Der Kalkmergel, in welchen der Thon allmĂ€hlich ĂŒbergeht, ist in.dem Groschowitzer Bruche nur 
6—7 m mĂ€chtig und nur stellenweise von dĂŒnnem Diluvium bedeckt. Er ist durch starken Kalkgehalt 
ausgezeichnet und besser als Mergelkalk zu bezeichnen. Einige thonreichere Lagen finden sich auch hier, 
jedoch in geringer MĂ€chtigkeit. Der Gehalt an kohlensaurem Kalk im Mergelkalke von Groschowitz schwankt 
nach Angabe des Herrn Generaldirektor v. Proxpzyxskı zwischen 79 und 88°). Die Lagerung ist fast 
ungestört horizontal; KlĂŒfte und Verrutschungen sind hier seltener als in den der Verwitterung stĂ€rker 
anheimgefallenen, weil thonreicheren, jĂŒngeren Schichten bei Oppeln. Der Kalk ist in hohem Grade luft- 
bestĂ€ndig, er zerfĂ€llt nicht beim Brechen, so dass hier kein Abraum zurĂŒckbleibt. 

FossilfĂŒhrend sind nur die tiefsten Lagen ĂŒber der blauen Thonschicht, wĂ€hrend sich in den höheren 
fast ausschliesslich, aber in grosser Zahl, die Schalen von Inoceramus Brongniarti Sow., meist in der VarietÀt 
des annulatus GoLDrF. finden. 


Im ganzen konnte ich aus dem Mergelkalke von Groschowitz folgende Arten nachweisen ': 


! Dieselben sind fĂŒr den Fundort fast sĂ€mtlich neu. 


Turon von 


Membranipora elliptica v. HAGEN 
Stylotrochus Volzi nov. spec. 
Terebrratula semiglobosa SOow. 
Terebratulina striatula Max“. 
_ gracilis SCHLOTH. 
Gastrochaena amphisbaena GOLDF. 
—_ Ostrreae Russ 
Corbula cf. angustata Sow. 
Tnoceramus Brongniarti SOW. 
Spondylus spinosus Sow. 
Ostrea hippopodium Nıuss. 


Oppeln. 17 


Pleurotomaria linearis Mat. 
Micraster breviporus AG. 
Pachydiscus peramplus Manr. 
Ozyrhina Mantelli Ac. 
Odontaspis raphiodon AG. 
Ptychodus mammillaris As. 

_ polygyrus A. 

u latissimus AG. 
Protosphyraena ferox Leıpy 
Pollicipes glaber A. Rorm. 
Polyptychodon interruptus OWEN 


Volwaria tenuis Reuss 

Diese Fauna gehört bereits einem höheren Niveau des Turon an, als dem der Labiatusstufe der 
benachbarten Gegenden. 
noch nie in einem tieferen Niveau nachgewiesen worden, als der SchtĂŒrer'schen Zone des Inoceramus 
Brongniarti, der auch hier der einzige Vertreter dieser Gattung ist. Ein In. labiatus Sow., der in Oppeln 
vorkommt, ist mir von Groschowitz nicht bekannt geworden. Auch Terebratulina gracilis ist fĂŒr die Brong- 
niartizone charakteristisch. Die meisten ĂŒbrigen Formen sind durch ihre BestĂ€ndigkeit von keiner Be- 
deutung fĂŒr die Altersbestimmung. Auch die BohrgĂ€nge von Gastrochaena amphisbaena Goupr. sind durch 
das gesamte Turon verbreitet. 


Insbesondere sind Spondylus spinosus Sow. und Micraster breviporus Ac. bisher 


Wir mĂŒssen daher den Kalkmergel von Groschowitz fĂŒr das Äquivalent der Scunörer’schen Zone 
des Inoceramus Brongniarti halten, charakterisirt durch Micraster breviporus Ac., Spondylus spinosus d’ORB. 
und Terebratulina gracilis Sow. Der Groschowitzer Thon wird demnach in die Stufe des untersten Turon, 
der Zone des Inoceramus labiatus, gerĂŒckt. Eine besondere Ausscheidung der Zone des Actinocamaz plenus 
Bramv. ist wohl nicht zu erwarten, da dieselbe nur in einzelnen Gegenden entwickelt ist. 


Die Schichten des Turon bei der Stadt Oppeln selbst sind seit Jahrzehnten durch SteinbrĂŒche auf- 
geschlossen, welche, wie derjenige zu Groschowitz, das Material zu einer ausgedehnten Cementfabrikation liefern. 
Es sind dies im Norden der Stadt die BrĂŒche der Oberschlesischen Portland-Cement-Fabrik vorm. ScHorr- 
LÄNDER und im SĂŒden in Poln.-Neudorf die aneinander grenzenden SteinbrĂŒche der Portland-Cement-Fabrik 
vorm. A. GIEsSEL und der Oppelner Cement-Fabrik vorm. F. W. Grunpmann. Aeltere BrĂŒche in der NĂ€he 
des Bahnhofs Oppeln sind aufgegeben. 


Die Kenntnis des Oppelner Turon um 1870, zur Zeit der Aufnahme unter F. Rormer, beschrÀnkte 
sich fast ausschliesslich auf die obersten Schichten, so dass von ihm, wie 1872 von SCHLÜTER, nur der 
Scaphitenhorizont mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Erst seit dieser Zeit hat der Steinbruchs- 
betrieb in den nördlichen BrĂŒchen die Tiefe von 20 m, in den sĂŒdlichen stellenweise von 24 m erreicht und 
hat hier die Brongniartizone gut aufgeschlossen. Die Schichten des Oppelner Kalkmergels sind, wie erwÀhnt, 
durch Verrutschungen stark dislocirt, so dass scheinbar ein verschiedenes Streichen und Fallen zu beobachten 
ist. Im Ganzen lagern auch hier die Schichten horizontal. Ein schwaches Einfallen gegen W., das F. 
ROEMER zu 1—2° annahm, ist mehr aus allgemeinen GrĂŒnden wahrscheinlich. 


Die untere Turonstufe (Brongniartizone) wird in den Oppelner BrĂŒchen gegen oben durch zwei 
thonreiche Zwischenlagen abgeschlossen, welche besonders in den sĂŒdlichen BrĂŒchen sich deutlich hervor- 


heben, aber auch in den allerdings stark verrutschten Lagen der nördlichen BrĂŒche wiederfinden. In den- 
Palaeontographiea. Bd. XLIV. 3 


18 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


selben kommt, wie GĂŒrıcn (ErlĂ€uterungen p. 135) hervorhob, Zerebratulina gracilis ScHLOTH. fast aus- 
schliesslich vor. Es wurden in der Brongniartizone in Oppeln von mir nachgewiesen: 


Ventrieulites radiatus Manrt. var. infundibiliformis Spondylus spinosus Dow. 

— angustatus A. Rorm. — striatus SOW. 
Leptophragma fragile A. Rorn. Ostrea hippopodium Nıtss. 
Amphithelion tenue A. Rorn. Gastrochaena amphisbaena GotLDr. 
Plocoscyphia tenwilobata n. Sp. Trigonio cf. parvula Reuss 
Ananchytes ovatus LESKE Pleurotomeria linearis MAnt. 
Micraster breviporus AG. —_ perspectiva Manr. 
Rhynchonella plicatilis Sow. Nautilus vugatus Fr. u. SCHL. 
Terebratula semiglobosa Sow. —  sublaevigatus D’ORn. 
Terebratulina gracilis SCHLOTH. Pachydiscus peramplus Mast. 

‚striatula Manr. Schloenbachia Bravaisiana D’ÜRB. 
Pecten Dujardini A. Roen. Pollicipes glaber A. RoEn. 
Lima Hoperi Manr. Oxyrhina Mantelli As. 


—  Sowerbyi GEIS. 
Tnoceramus Brongniarti Dow. 
— labiatus SCHLOTH. 


Otodus appendiculatus As. 
Ptychodus mammillaris As. 
Plesiosaurid. genus, Phalange. 


Mit Ausnahme des selten frĂŒhen Auftretens von Ananchytes ovatus in den mittleren Lagen dieser 
Stufe zeigt diese Fauna nichts Bemerkenswerthes. Sie stimmt mit derjenigen der Brongniartizone SCHLÜTER'S 
ĂŒberein, deren Namen wir fĂŒr unsere untere Turonstufe, trotz der Bedeutungslosigkeit des Inoceramnıs 
Brongniarti Sow. fĂŒr die Abgrenzung derselben, der Einheitlichkeit wegen beibehalten. 

Der am besten bekannte Horizont des Oppelner Turons, der ĂŒber den thonigen Zwischenlagen mit 
Terebratulina gracilis folgt, ist bereits von F. RoEMER und Cr. SchtĂŒrer als Aequivalent des Scaphiten- 
plÀners Nordwestdeutschlands erkannt worden. Der Mergel dieser höheren Stufe nimmt an Thongehalt 
etwas zu und wird von zahlreichen thonigen BĂ€nken unterbrochen. Die Verrutschungen, welche es nicht 
erlauben die Zahl der ThonbĂ€nke genau anzugeben und dieselben weiter zu verfolgen, sind ĂŒberaus zahl- 
reich. Eine Analyse, die ich Herrn Direktor MArerxe verdanke, giebt fĂŒr die zu dieser Stufe gehörigen 
Kalkmergel der Grube der Oberschlesischen Portland-Cement-Fabrik vorm. ScHoTtLÄnder folgende fĂŒr die 
kalkreicheren Schichten durchschnittlich gĂŒltigen Werthe: 


KieselsÀure 672275 
Thonerde er 32h 
Kohlensaure Magnesia. . . 0,8 °), 
Kohlensaurer Kalk . . . . '86,62°), 
Wasser und Alkalien 2,64], 


100,00 °,. 
Diese Werthe reichen nur wenig von der durch Löwıc ausgefĂŒhrten bei F. Rormer (Oberschles. 
p. 295) mitgetheilten Analyse ab. 
Die Fauna dieser Schichten ist folgende: 


Scaphitenzone: 


Ventrieulites angustatus A. Rom. Leptophragma fragile A. Rorm. 
— radiatus A. RoEn. — glutinatum QUENST. 
— decurrens T. SmiTH Plocoscyphia cavernosa A. Rorn. 


Turon von Oppeln. 19 


Plocoscyphia Roemeri LEONH. 

— nidiformis LEONH. 
Treemabolites megastoma A. RoEN. 
Camerospongia fungiformis GOLDF. 
Amphithelion tenue A. Rorx. 
Phymatella elongata Reuss 
Thecosiphonia nobilis A. RoEn. 
Parasmilia centralis E. u. H. 
Stereocidaris silesiaca SCHLÜr. 

—_ oppoliense n. Sp. 
Gauthieria radiata SORIGN. 
Ananchytes ovatus LEsk. 
Holaster planus Mant. 

Micraster cor testudinarium AG. 
Membranipora confluens Reuss 
Rhymchonella plicatilis Sow. 
Terebratula semiglobata Sow. 


Pecten Nilssoni GoLDF. > 


Lima Hoperi Manr. 
—  Sowerbyi GEın. 
Inoceramus Brongniarti SoW. 
_ labiatus SCHLOTH. 
— latus Sow. 
—_ Cuvieri Sow. 


Tnocerramus Cripsii Mant. var. plana MĂŒsst. 
Spondylus spinosus Sow. 

— latus Sow. 
Gastrochaena amphisbaena GOLDE. 
Pleurotomaria linearis Mant. 

— perspectiva MAnrT. 
Nautilus rugatus Fr. u. ScHL. 

—  sublaevigatus D’ÜRB. 
Rhyncholithus simplex Fr. u. SCHL. 
Desmoceras elypealoides n. SP. 
Pachydiscus peramplus Manr. 
Turrilites saconicus SCHLÜT. 
Helicoceras Reussianum D’ORB. 

— ellipticum Manr. 
Scaphites Geinitzi D’ORB. 

— Lamberti GROSS 

—_ aunitus SCHLÜT. 
Enoploclytia Leachi Reuss 
Oxyrhina Mantelli As. 

Otodus appendiculatus AG. 
Corax falcatus As. 

Ptychodus mammillaris AG. 
Saurocephalus marginatus REuss 


Wahrscheinlich, aber nicht sicher erweisbar, gehören noch folgende Arten der Scaphiten- und 


Cuvierizone von Oppeln an: 
Ventriceulites quincuncialis QUENST. 
— Zippei Reuss 
Plocoscyphia erassilobata n. Sp. 
Cameroptychium patella nov. gen. nov, Spec. 
Doryderma ramosum MANT. 


Phymatella plicata (UENST. 
Crania barbata v. HAGEN 
Aporrhais ef. Reussi Gzıx. 
Hamites cf. bohemicus FrırscH 
Ancyloceras recurvatum n. SP. 


Es ist noch zu erinnern, dass den frĂŒheren Autoren nur die obere Abtheilung des Oppelner Kreide- 
mergels bekannt und zugĂ€nglich war, so dass wahrscheinlich sĂ€mmtliche Arten F. Rormer’s der Scaphiten- 


zone angehören. 


Charakterisirt wird dieselbe hauptsÀchlich durch ihre Cephalopoden: 


Scaphites GeinitzĂŒi Sow. 
— auritus SCHLÜT. 
= Lamberti Gross 


Heteroceras Reussianum D’ORE. 
Turrilites saxonicus SCHLÜT. 


Im Uebrigen ist, abgesehen von der grösseren HÀufigkeit der Hexactinelliden, kein bemerkenswerther 
Unterschied der Fauna von der der Brongniartizone festzustellen. Die Inoceramen sind fĂŒr die Zonen- 
gliederung im Oppelner Turon ĂŒberhaupt nicht zu verwenden. Der Inoceramus Brongniarti Sow. findet sich 
auch in der Scaphitenzone mit Ausnahme der obersten BÀnke. Der Inoceramus Cwwieri Sow. ist in sÀmmt- 
lichen Stufen der Scaphitenzone Oppeln’s vertreten. 

Die Zoneneintheilung ScHLĂŒrer’s lĂ€sst sich daher hier ebensowenig, wie anderwĂ€rts z. B. in Böhmen, 
scharf durchfĂŒhren. Ein besonderer Horizont der Cuvierizone lĂ€sst sich nicht abgrenzen; indess ist nicht 
zu verkennen, dass Inoceramus Cuvieri in den obersten BĂ€nken der nördlichen Oppelner BrĂŒche hĂ€ufiger 
wird. Selbst Formen, die anderwÀrts nur dem Senon angehören, finden sich bereits in dieser Schichtenfolge. 


20 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


So tritt der Inoceramus Oripsii bereits in der VarietĂ€t des I. planus MĂŒnst. hier auf. Die Vermuthung 
F. Roemer’s endlich, dass die Schichten von Szezepanowitz am linken Oderufer, dĂŒnngeschichtete thonreiche 
Mergel, welche durch ihre Lagerung, als jĂŒngste Parthie der Oppelner Schichtenreihe anzusehen sind, dem 
CuvieriplÀner entsprechen, ist, wenn auch nicht sicher zu erweisen, sehr wahrscheinlich. Es finden sich daselbst 
Micraster cor testudinarium, der in Frankreich bereits als Leitfossil des untersten Senon betrachtet wird, und 
Thecosiphonia nobilis A. Rozm., die bisher nur aus der Cuvierikreide Nordwestdeutschlands bekannt ist. 

Ein Vergleich der Fauna des Oppelner Turons mit denjenigen der benachbarten Gegend giebt 
wenig Anhaltspunkte. 

Auf die petrographische Verschiedenheit von der böhmisch-sÀchsischen Meeresprovinz wurde bereits 
hingewiesen. Eine sandige Facies fehlt dem oberschlesischen Turon; desgleichen ist Exogyra columba, 
dieses charakteristische Fossil der böhmisch-sÀchsischen Provinz, das daselbst noch in die Brongniartizone 
hinaufsteigt, im oberschlesischen Turon unbekannt. Allerdings ist sich Verfasser wohl bewusst, wie wenig 
dergleichen negative Anzeichen bedeuten ‘und wie ein glĂŒcklicher Fund alle sorgfĂ€ltig erwogenen Hypothesen 
ĂŒber Verwandtschaften verschiedener Faunen aufhebt. Immerhin scheinen, trotzdem die meisten Fossilien 
des Oppelner Turons auch in der bei weitem reicheren und besser bekannteren böhmisch-sÀchsischen Provinz 
sich wiederfinden, einige Abweichungen zu bestehen, die eine gewisse SelbstÀndigkeit des schlesischen 
Meeresarmes und einer grösseren Verwandtschaft seiner Fauna mit der norddeutschen und baltischen Ent- 
wickelung erkennen lassen. 

Charakteristisch ist fĂŒr das Oppelner Turon das frĂŒhe Vorkommen des Ananchytes ovatus LESKE, 
welcher aus der böhmisch-sÀchsischen Facies bisher noch nicht nachgewiesen ist und der sich im Turon 
nur noch in Nordwestdeutschland und Wollin wiederfindet. Desgleichen ist die sonst nur senone (amero- 
spongia fungiformis GOLDF. aus turonen Ablagerungen bisher nur von Wollin bekannt. Mit letzterem Fund- 
punkt hat das oberschlesische Turon fast alle Arten gemeinsam. Die nahe Beziehung beider wurde bereits 


2 


von BEHRENS‘ und Dercke’ gebĂŒhrend hervorgehoben. 


Einige Oppelner Formen, wie Thecosiphonia nobilis A. Rorm. und Plocoscyphia cavernosa A. RoEm. 
sind bisher nur aus dem Turon Nordwestdeutschlands bekannt. 


Auffallend geringe Uebereinstimmung herrscht dagegen zwischen den Faunen von Oppeln und der 
nahen Löwenberger Bucht, woselbst unter 40 Arten der Brongniartizone, die WILLIGER auffĂŒhrt, nur 12 
sich wiederfinden, wÀhrend von 49 Arten des Wolliner Turon 26 mit Oppeln gemeinsam sind. Es ist dem- 
nach wahrscheinlich, dass beide Meerestheile in keinem unmittelbaren Zusammenhange gestanden haben. 


Ein direkter Zusammenhang mit dem polnischen Turon ist nicht anzunehmen. Dasselbe ist nur 
aus dem Gouvern. Lublin mit wenig charakteristischen Formen bekannt’. Eine grössere Ausdehnung nahm 
das polnische Kreidemeer erst im Senon ein, ohne jedoch Schlesien zu berĂŒhren Âź. 

Das Öppelner Turon zeigt eine ĂŒberraschende Gleichförmigkeit der Fauna durch alle Stufen. Die- 
selbe ist durch ihren Reichthum an Individuen bei verhÀltnismÀssig grosser Armuth an Arten charakterisirt. 


1 G. Bearess, ĂŒber Kreideablagerungen auf der Insel Wollin. Z. D. G. XXX. 1378, p. 266. 

? Decke, die mesozoischen Formationen der Provinz Pommern. Mitt. des naturw. Ver. Greifswald 1894. 
Âź SIEMIERADZKI, Sur les faunes fossiles des terrains cretaces de Lublin. Warschau 1886. 

* F. Roruer, Geol. von Oberschlesien. p. 347. 


Turon von Oppeln. 21 


Besonders Micraster breviporus und cor testudinarium, Terebratula semiglobosa, Rhynchonella plicatilis, 
Spondylus spinosus, Pachydiscus peramplus u. A. finden sich in ungeheuren Mengen. 


Was die Facies des Oppelner Turon anbelangt, so weisen die meisten Arten auf eine Ablagerung 
in mĂ€ssiger Meerestiefe und grosser KĂŒstennĂ€he hin. Vorausgesetzt, dass die Erfahrungen ĂŒber die Ver- 
theilung der recenten Arten nach Tiefenzonen auf die frĂŒheren geologischen Perioden ĂŒbertragen werden 
dĂŒrfen, so weist eine grosse Zahl von Arten auf eine Strandfauna, zum Theil auf die eines Blockstrandes hin. 


Als Bewohner der Hochsee dĂŒrfen wir allenfalls die Mehrzahl der Spongien, der Hexactinelliden 
wie der Lithistiden, ansehen. Die Cephalopoden und Selachier dĂŒrfen wir nicht mit Sicherheit in bedeutenderer 
Tiefe ansetzen. 


Die zahlreichen Echinoiden, Micraster, Ananchytes, Cidaris etc. weisen auf eine Strandfauna hin. 
Desgleichen gehören derselben die noch heute lebenden Zweischalergeschlechter, wie Arca, Cardium, Venus, 
Spondylus u. A. an. Besonders auf einen Blockstrand lassen die Cirripedier und Serpulae schliessen, des- 
gleichen die zahlreichen Ostreen. Im Grunpmann’schen Bruche fand sich sogar im Kalkmergel eingeschlossen 
ein abgerolltes Quarzitgeschiebe, auf welchem eine Ostrea hippopodium Nıuss. sitzt. Dass ferner der Felsen- 
strand wenigstens zeitweise unmittelbar in der NÀhe von Oppeln lag, beweisen die zahlreichen BohrgÀnge von 
Gastrochaena amphisbaena GOLDF., die sich im unteren Brongniarti-Kalkmergel von Groschowitz, wie in den 
oberen Lagen der Scaphitenzone von Oppeln finden. Diese grosse UfernÀhe wird ferner durch die zahl- 
reichen Reste von Landpflanzen und Holz bewiesen, insbesondere von Baumfarnen, von welchen durch 
StEnzEL Rhizodendron oppoliense eingehender beschrieben wurde. 


Dass die Oppelner Turonscholle nur die wenig mÀchtigen Uferbildungen eines grösseren Meeresarmes 
darstellt, scheint sich aus der MĂ€chtigkeit desselben Kalkmergels im Bohrloch von Proskau zu ergeben, wo 
nach einer spĂ€teren Mittheilung von F. Rormer’ noch bei 212 m die Bohrung im Kalkmergel stehen blieb. 
Von hier aus, als der Mitte des Beckens, wĂ€re der Zusammenhang mit den sĂŒdlicheren Denudationsresten 
der Gegend von LeobschĂŒtz zu suchen. FĂŒr diese, die gleichalterigen mergeligen Ablagerungen von Bladen 
und Hohndorf, dĂŒrfen wir Ă€hnliche Bedingungen wie fĂŒr die Oppelner Gegend annehmen. Auch hier weisen 
die BohrgÀnge von Gastrochaena und die zahlreichen pflanzlichen Reste auf grosse UfernÀhe hin. 


Von jĂŒngeren Ablagerungen der Kreideformation ist im Odergebiete wenig bekannt worden. Hierher 
gehören vor Allem die geringen Spuren eines weichen Sandsteins, die von F. RoemerŸ? bei Dambrau und 
Sokolnik in geringen AufschlĂŒssen nachgewiesen wurden. In diesem Sandstein wurden von A. Haurar einige 
sehr schlecht erhaltene fossile Reste gefunden, denen eine strengere Kritik nur die Gattungsbestimmungen 
Baculites und Calkianassa zuerkennen darf. Besonders auf letzterem Fund, eine Scheere, die F. RoEMER 
als ©, Faujasii Desm. bestimmte, grĂŒndete sich die Zurechnung der Dambrauer sandigen Ablagerung zum 
Senon, was auch durchaus wahrscheinlich ist. Dem Verfasser war es bei einem Besuche dieser LokalitÀten 
nicht möglich, weitere fossile Reste zu entdecken. 


I G. Snexzer, Beilage zum 63. Jahresbericht der Schles. Gesellsch. fĂŒr vaterl. Cultur. 1885. 
2 65. Jahresbericht der Schles. Gesellsch. fĂŒr vaterl. Cultur. 1837. p. 199. 
> Geol. von Oberschlesien. p. 327. 


[S) 
DD 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Der Kreideformation wird endlich noch ein weisser Sandstein zugerechnet, der bei Herrnprotsch an 
der Oder, 20 km unterhalb Breslau, unter dem TertiÀr erbohrt wurde!. Derselbe wurde in einer Tiefe von 
191 m unter der OberflÀche angetroffen und bis zu 207 m Tiefe verfolgt. Da weit und breit kein Sand- 
stein bekannt ist, so wurde derselbe von RoEMmER fĂŒr cretacischen Alters gehalten. Ob er als Senon be- 
trachtet werden darf, ist zweifelhaft. Jedenfalls mĂŒssen wir uns die Lage des schlesischen Kreidemeeres 
in der Erstreckung der jetzigen Oderebene vorstellen. Der schlesische Meeresarm, der nur geringe Breite 
und mÀssige Tiefe besass, war nur gegen Norden mit dem baltisch-nordwestdeutschen Meere verbunden. 
Die Differencirung der sonst in der oberen Kreidezeit infolge der gemeinsamen Transgression Àusserst cos- 
mopolitischen Fauna vollzog sich zwischen der schlesischen und den benachbarten Meeresbuchten bereits im 
Cenoman und verschÀrfte sich in der turonen Epoche. Die Abgeschlossenheit dieses Meeresarmes erklÀrt 
die auffĂ€llige Verarmung seimer Fauna zur GenĂŒge. 


! Jahresbericht der Schles. Gesellsch. fĂŒr vaterl. Cultur fĂŒr 1891. II. p. 51. 


Palaeontologischer Theil. 


Arten aus dem Cenoman. 


Anthozoa. Hexacoralla. 


Isastraea sp. 
1870. Isastraea spec. F. Rormer. Oberschlesien, p. 292. Taf. 27, Fig. 5. 
Die schlecht erhaltenen AbdrĂŒcke von Kelchen mögen wohl dieser Gattung angehören. Eine nĂ€here 
Bestimmung des StĂŒckes (F. Roemer’s Original) ist nicht möglich. 


Fundort: Groschowitz. 


Astrocoenia decaphylla E. u. H. — Taf. III, Fig. 1. 


1854. Astrocoenia decaphylla Reuss. Gosauschichten Wien. Akad p. 94. Taf. 8, Fig. 4—6. 
1870. — _ Duncan. British fossil Corals. p. 29. Tat. 11, Fig. 1—6. 
1887. _ _ Pocra. Anthozoen der böhm. Kreideform. p. 47. Taf. 2, Fig. 6. 


Die polygonalen Kelche sind mit relativ dicken WĂ€nden verwachsen. Die Zahl der Haupt- und 
der Nebensepten betrÀgt je 10; die letzteren sind klein und erreichen das griffelförmige, durchaus compacte 
SÀulchen nicht mehr. Die Calcificationscentren sind wenig zahlreich und unregelmÀssig vertheilt. 


Das faustgrosse, etwas abgerollte StĂŒck, welchem die abgebildeten Schliffe entnommen sind, stammt 
aus dem Cenoman von Groschowitz. Upper Greensand, Hippuritenmergel der Gosau. 


Spongiae. 
Lithistida Schuipr. 
Chenendopora sp. 
cf. Chenendopora undulata MicHELIn. Iconographie. Taf. 34, Fig. 2; Taf. 40, Fig. 2. 


Das vorliegende Exemplar zeigt die Form der oben angefĂŒhrten senonen Art. Das Skelet ist 
ist jedoch, wie bei den meisten StĂŒcken des Fundortes, gĂ€nzlich zerstört. 


Cenomaner Sandstein von Groschowitz. 


94 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Siphonia Geinitzi ZıTTEL. 
1870. Siphonia piriformis und Siph. sp. F. Rormer. Oberschlesien. p. 292. Taf. 28, Fig. 1, 2. 


1871—75. — _ Gzinızz. Elbthalgeb. I. p. 38. Taf. 9, Fig. 1—14. 
1878. —  Geinitzi Zırter. Studien II. p. 77. 
1384, _ —  Pocra. Spong. Böhm. Kreidef. II. p. 35. 


Schwammkörper sehr variabel, meist walzenförmig, bisweilen auch durch Theilung aus 2 oder 3 
Individuen bestehend. Magenhöhle röhrenförmig, mit reihenweise angeordneten runden Ostien bedeckt. 

In zahlreichen Exemplaren in den Kiesgruben von Groschowitz. SÀchsisches und böhmisches Ceno- 
man; noch in den Teplitzer Schichten. 


Siphonia fieus GoLpruss. — Textfigur 1. 
1826—44. Siphonia fieus GoLpruss. Petr. Germ. p. 221. Taf. 65, Fig. 14. 


1878. — —  Quexstepr. Petref. Deutschl. V. p. 412. Taf. 134, Fig. 22; Taf. 135, Fig. 20— 22. 
1878. —_ — Zirttet. Studien II. p. 79. Taf. 9, Fig. 6. 
1884. — — Pocra. Spong. böhm. Kreidef. II. p. 34. Taf. 2, Fig. 6. 


Die Magenhöhle ragt mit einem erhabenen Rande ĂŒber die OberflĂ€che hinaus und ist tief eingesenkt. 
Eine etwas ungewöhnliche Form ist in der Textfigur zur Darstellung gebracht. 
HĂ€ufig in den Kiesgruben bei Groschowitz, Cenoman und Turon. 


Fig. 1. Siphonia ficus GDr. Fig. 2. Coelocorypha sp. 


Coelocorypha sp. — Textfigur 2. 


Unter diese Gattung stelle ich provisorisch eine der Form nach wohl charakterisirte Spongie aus 
dem Cenoman von Groschowitz. Der Schwammkörper besteht aus zwei Individuen, welche ein flaches Para- 
gaster besitzen. Das Skelet ist nicht erhalten. 


Rhynchonella compressa D’ORE. 95 


Chonella Roemeri Geisıtz. — Textfigur 3. 


1872—75. Cupulospongia Roemeri Gemızz. Elbthalgeb. I. p. 29. 
Taf. 5, Fig. 1—6. 

1877. Chonella Roemeri Zırzer. Stud. ĂŒber Spong. II. p. 52. 

Der Schwammkörper ist becherförmig und erreicht 
eine Höhe von 10 und einen Durchmesser von 15 cm. Die 
Centralhöhlung ist oval und sehr tief, mit dicker Wand und 
dickem, unregelmÀssig verbogenem Rande. Beide Seiten besitzen 
ovale, ungleich grosse, unregelmÀssig vertheilte porenartige 
Oefinungen. 

Cenomaner Sandstein von Groschowitz. SĂ€chsischer 
CarinatenplĂ€ner. Fig. 3. Chonella Roemeri GĂŒnn. 


Chonella Schrammeni nov. spec. — Taf. III, Fig. 2a, b. 


Der Schwammkörper hat die Gestalt der Ch. Roemeri bei GEinırz (Elbthalgeb. I. Taf. 5, Fig. 6). 
Er ist mit einem kurzen Strunke aufgewachsen und besitzt eine etwas flachere Centralhöhle. Dieselbe ist 
mit dichtgedrÀngten, polygonalen Poren besetzt, die keinerlei radiale Anordnung zeigen. Auf der Aussen- 
seite ziehen vom Rande aus LÀngsfurchen herab. Das Skelet ist schlecht erhalten, lÀsst jedoch die Zu- 
gehörigkeit zur Gattung erkennen. 

Cenoman von Groschowitz. 


Fam. Euretidae ZırTeL. 
Craticularia cf. vulgata Pocta. — Taf. III, Fig. 1. 

1885. Oraticularia vulgata Pocra. Spong. der böhm. Kreideform. I. p. 15, Fig. 3. Taf. I, Fie. 7. 

Die Spongie trĂ€gt beiderseits ovale Ostien, die ursprĂŒnglich reihenweise angeordnet zu sein scheinen. 
Die Erhaltung in grobem Sandstein lÀsst indess die Structur nicht mehr erkennen. Die Form ist die der 
Pocra’schen Art. Auf einer unregelmĂ€ssig gestellten Basis erhebt sich der becherförmige Schwammkörper, 
mit mÀssig tiefer Magenhöhle. 

Fundort: Cenomaner Sandstein von Groschowitz. Nach PocrA in den cenomanen Korycaner und 
den oberturonen Teplitzer Schichten in Böhmen. 


Brachiopoda. 
Fam. Rhynchonellidae Gray. 


Rhynchonella compressa D’ÜRE. 


1870. Rhumchonella spec. F. Roruer. Oberschlesien. p. 334. 
13872—75. — compressa Gemıtz. Elbthalgeb. I. p. 164. Taf. 36, Fig. 1-30. (cum syn.) 
In den AbdrĂŒcken aus dem cenomanen Sandstein von Damasko bei LeobschĂŒtz erhalten. Leitfossil 


des Cenoman. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 4 


26 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Rhynchonella spec. 
1570. Rhynchonella spec. F. Rormer. Oberschlesien. p. 293. 


Das StĂŒck aus dem cenomanen Sandstein von Groschowitz erlaubt keine nĂ€here Bestimmung. 


Fam. Terebratulidae Kınc. 
Terebratula biplicata Sow. 
1872—75. Terebratula biplicata Gzinızz. Elbthalgeb. I. p. 151. Taf. 34, Fig. 1—11. cum syn. 


Es liegen nur Steinkerne dieser bekannten Form vor, die einer VarietÀt zuzutheilen nicht möglich ist. 
* Fundort: Cenomaner. Sandstein von Groschowitz. 


Lamellibranchiatae. 
Fam. Pectinidae Lam. 


Pecten acuminatus Gein. 


1870. Pecten acuminatus F. Roemer. Oberschlesien. p. 333. Taf. 26, Fig. 3. 
1872. _- _ Gzistrz. Elbthalgeb. I. p. 191. Taf. 43, Fig. 16; Taf. 44, Fig. 1. 


Cenomaner Sand von SabschĂŒtz bei LeobschĂŒtz. SĂ€chsisches und böhmisches Cenoman, belgische 
Tourtia, GrĂŒnsand von Le Mans. 
Pecten virgatus Nırss. 
1889. Pecten virgatus Hotzarrer. Aachen. Mollusk. Palaeontogr. XXXV, p. 229. Taf. 26, Fig. 7—9. cum syn. 


Cenoman von LeobschĂŒtz. Die sehr constante Form steigt bis ins Senon hinauf. 


Pecten membranaceus Nınss. 


1370. Pecten membranaceus F. Rormer. Oberschlesien. p. 356. Taf. 39, Fig. 11, 12. 
1872 —75. — — Gzinırz. Elbthalgeb. I. p. 191. Taf. 43, Fig. 8-11. cum syn. 


Sandstein von LeobschĂŒtz. Cenoman bis Senon. 


Fam. Pernidae ZıTTEL. 


Inoceramus bohemicus LeoxH. — Taf. V, Fig. 2. 
1826—33. Inoceramus concentrieus GoLpruss. Petref. Germaniae. Taf. 109, Fig. 8. 
1826—33. — propinquus — — —_ Taf. 109, Fig. 9. 
1872 — 75. — striatus Gsinırz. Elbthalgeb. I. p. 210. Taf. 46, Fig. 9—13. 
1893. — —-  Micsart. Z. D. G..G. p. 233. 


Die Kennzeichen, welche kleinere vorliegende Exemplare aus dem Cenoman von Korycan in Böhmen, 
Cudowa in der Grafschaft Glatz und SabschĂŒtz bei LeobschĂŒtz in Schlesien zeigen, sind folgende: 

Die Schale ist lĂ€nglich oval, mĂ€ssig gewölbt und mit einem kleinen FlĂŒgel versehen, dessen oberer 
Rand mit der Axe einen Winkel von 60—70° bildet. Die vordere Seite ist unter dem Wirbel stark ein- 


Modiola Cottae A. Roru. 97 


gedrĂŒckt. Der Wirbel der linken Schale ragt ĂŒber den der rechten vor, ist jedoch weder so stark ausge- 
bildet, noch so spitz, als derjenige der turonen Art Inoceramus striatus GeEmıTz, welche sich aus der be- 
sprochenen ableitet. Die OberflÀche ist von zahlreichen, dicht gedrÀngten Anwachsstreifen bedeckt, welche 
senkrecht zur Axe verlaufen. Dieselben sind im Ganzen gleich stark; bei Àlteren Exemplaren bilden sich 
einige (2—3) concentrische WĂŒlste heraus, welche bei der turonen Art stĂ€rker ausgebildet sind. 

Die Bezeichnung Inoceramus striatus Mast. ist auf die verschiedensten Arten des Cenoman und 
Turon ĂŒbertragen worden. SCHLÜTER unterschied mit Recht die cenomane Art Nordwestdeutschlands als 
In. virgatus, wÀhrend er die sÀchsisch-böhmischen Vorkommnisse, als in Norddeutschland unbekannt, nicht 
weiter behandelte. Was Reuss unter In. striatus verstand, ist nicht genau nachzuweisen, jedenfalls eine 
oberturone Art; seinen In. propinguus GoLpr. lÀsst er ebenfalls bis in die untersenonen Priesener Schichten 
aufsteigen. Was endlich Geinırz (Elbthalgeb. II. p. 41) unter In. striatus MAnT. versteht, umfasst mindestens 
zwei, wenn nicht drei verschiedene, cenomane und turone Arten. Die Art aus dem cenomanen Unterquader 
entspricht den Goupruss’schen Abbildungen. Dieselbe ist durchaus auf das Cenoman beschrĂ€nkt und der 
sudetischen, böhmisch-sĂ€chsischen Meeresprovinz eigenthĂŒmlich. 


Fam. Ostreidae Lam. 


Exogyra columba Lam. 


1870. Exogyra columba F. Rormer. Oberschlesien. p. 332. Taf. 26, Fig. 1. 
1872— 75. — —  Gemmmz. Elbthalgeb. I. p. 181. Taf. 40, Fig. 4—7. 


Diese fĂŒr das Cenoman aller LĂ€nder charakteristische Form steigt in der sandigen Facies der 
sÀchsisch-böhmischen Provinz bis in die Brongniarti-Zone des Turon auf. 
In Oberschlesien bisher nur aus dem Sandstein von Nied.-Paulowitz bei LeobschĂŒtz bekannt. 


Ostrea Lin. 
Subgen. Alectryonia FISCHER v. WALDH. 


Ostrea carinata Lam. 


1870. Ostrea carinata F. Roeuer. Oberschlesien. p. 333. 
1872—75. — —_ Gemıtz. Elbthalgeb. I. p. 174. Taf. 39, Fig. 6—11. cum syn. 


Auch dieses Leitfossil des Cenoman ist nur aus dem Sandstein der Gegend von LeobschĂŒtz bekannt. 


Fam. Mytilidae Lam. 


Modiola Cottae A. Rormkr. 


1870. Modiola cf. lineata F. Rormer. Oberschlesien. p. 333. 
1872—75. Modiola Cottae Geixırz. ‘Elbthalgeb. I. p. 224. Taf. 48, Fig. 4—8. cum syn. 


Die Art gehört zu den bestÀndigsten; sie ist vom Neocom bis ins Senon verbreitet. 
Fundort: Cenomaner Sandstein bei LeobschĂŒtz. 


‘ Die Abbildungen aus dem Turon (Elbthalgebirge II. Taf. 13, Fig. 2, 3, 10) kann ich nicht deuten. 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Fam. Arcidae Lan. 
Cucullaea Lan. 
Subgen. /donearca ÜonRr. 
Arca glabra Sow. 
1870. Arca Ligeriensis F. Roemer. Oberschlesien. p. 334. 
1872—75. Arca glabra Geinırz. Elbthalgeb. I. p. 251. Taf. 49, Fig. 1-2. 
Wir schliessen uns der Beschreibung von GeısıTz ]. c. an, ohne jedoch seine Synonyme anzuer- 


kennen. Die Schale ist schief oval, ungleichseitig, breiter als hoch. Der Hinterrand bildet mit dem Schloss- 


Die OberflÀche ist schwach concentrisch gestreift. 


rand einen stumpfen Winkel. 
Die Art gehört durchaus dem Cenoman an und ist 


Fundort: Cenomaner Sand von LeobschĂŒtz. 
in dieser Stufe in Frankreich und England, wie in der sÀchsisch-böhmischen Provinz sehr verbreitet. 


Fam. Cardiidae Lam. 


Protocardium Hillanum Sow. 
Oberschlesien. p. 334. Taf. 26, Fig. 3. 


1870. Protocardium Hillanım F. RokEumer. 
1872— 75. _ —_ Geinitz. Elbthalgeb. I. p. 230. Taf. 50, Fig. 11, 12. 
Fundort: Cenomaner Sandstein von LeobschĂŒtz. Verwandte Formen dieses Leitfossils des Cenoman 


finden sich noch im Turon von Quedlinburg, den bayrischen Kagerhöhschichten und dem oberen Quader- 


mergel von Kiesslingswalde. 
Fam. Veneridae Gray. 


Venus cf. immersa Rxvss. 


Verst. der böhm. Kreideform. II. p. 20. Taf: 41, Fig. 11. 


Oberschlesien. p. 334. Taf. 26, Fig. 4. 


1845. Venus immersa Reuss. 
Derselbe schliesst sich in der Form 


1870. Cyprina spec. F. RoEuEr. 
Es liegt nur der von F. Rormer abgebildete Steinkern vor. 


durchaus an die Revss’sche Art an. 
Fundort: Cenomaner Sand bei LeobschĂŒtz. Nach Reuss im böhmischen Cenoman. 


Echinoidea. 
Unterfamilie: Echinolampinae Lor. 


Catopygus carinatus Ac. 


Oberschlesien. p. 293. Taf. 27, Fig. 3, 4. 


1870. Catopygus carinatus F. RoEMER. 
Geisırz. Elbthalgeb. I. p. Sl. cum syn. 


1872—75. — _ 
Fundort: Cenomaner Sandstein von Groschowitz. Die Art ist nach ScHLĂŒTErR fĂŒr die tiefste Stufe 
des Cenoman charakteristisch und im Essener GrĂŒnsand hĂ€ufig, desgleichen im französischen und englischen 


Cenoman. Sie fehlt völlig in der böhmisch-sÀchsischen Provinz. 


Selachiorum gen. 99 


Pygurus lampas ve va BĂŒche. 


1870. Pygurus lampas F. Rosmer. Oberschlesien. p. 335. Taf. 26, Fig. 10. 
1887. - — Novak. Studien an Echinoid. der böhm. Kr. I. ». 36. Taf. 2, Fig. 1. cum syn. 


Fundort: Cenomaner Sandstein von SabschĂŒtz bei LeobschĂŒtz. Die Art ist nicht selten im 
böhmisch-sÀchsischen Cenoman, dem französischen Carentonien und dem Upper Greensand. 


Cephalopoda. 
Ammonoidea. 


 Acanthoceras Rotomagense Derr. 


1870. Ammonites Rotomagensis F. Rosmer. Oberschlesien p. 293. Taf. 27, Fig. 1. 
1871. _ — SCHLÜTER. Ceph. der oberen deutschen Kreide. p. 15. Taf. 6, Fig. 7, 9, 10, 12, 13; 
Taf. 7, Fig. 1—5. cum syn. 

Diese Art, welche sich ausschliesslich im Cenoman findet, ist durch F. RoemEr aus dem Sandstein 
von Groschowitz bekannt geworden. Sie besitzt weite Verbreitung im französischen, englischen und nord- 
westdeutschen Turon, fehlt jedoch durchweg in der sÀchsisch-böhmisch-bayrischen Provinz. Die Angabe eines 
Exemplares aus dem unterturonen GrĂŒnsand von Michelob bei Lauge und Bruper (Palaeontogr. Bd. 33, 
p. 233) erscheint auch nach den Abbildungen als nicht einwandfrei. 


Belemnites sp. 


Ein BruchstĂŒck aus dem cenomanen Sandstein von Kempa bei Oppeln zeigt in Gestalt und Quer- 
schnitt die Merkmale von Belemmites, ohne jedoch eine weitere specifische Bestimmung zu erlauben. 


Turrilites costatus Lam. 


1870. Turrilites costatus F. Roemer. Oberschlesien. p. 293. Taf. 27, Fig. 2. 
1876. — —  ScHtĂŒrer. Ceph. der oberen deutschen Kreide. p. 125. Taf. 38, Fig. 1—5. cum syn. 


Die Berippung dieser Art weist auf ihre Abstammung von Acanthoceras hin. 
Fundort: Cenoman von Groschowitz. Die Art ist auf das Cenoman beschrÀnkt, in Deutschland 
selten; in der böhmisch-sÀchsischen Provinz unbekannt. 


Pisces. 


Selachiorum gen. 
1870. Sphaerulites spec. F. Roruer. Oberschlesien. p. 334. Taf. 26, Fig. 7. 
Das unter obiger Bezeichnung bestimmte StĂŒck ist, wie Gristrz (Elbthalgeb. I, p. 299) bereits 
corrigirt hat, ein Wirbel mit Strahlenrippen, der einem Knorpelfische angehört. 
Fundort: Cenomaner Sand von SabschĂŒtz bei LeobschĂŒtz. 


30 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Arten aus dem Turon. 


Rhizopoda. 
Ordn. Foraminifera. 
Fam. Lagenidae Care. 


Cristellaria rotulata Lau. 
1875. Cristellaria rotulata Reuss in Geisızz. Elbthalgeb. II. p. 104. cum syn. 


Die hÀufigste Foraminifere der oberen Kreideformation. Von Oppeln durch A. Rormer als Robulina 


Oomptoni Sow. beschrieben. 
HĂ€ufig im unterturonen Thone von Groschowitz. 


Cristellaria lepida Reuss. 
Cristellaria lepida Reuss 1. c. p. 106. Taf. 23, Fig. 4. 


Mit flacher Nabelscheibe. Im letzten Umgang 5 Kammern. 
Thon von Groschowitz. Turon und Senon. 


Cristellaria ovalis Russ. 
Oristellaria ovalis Reuss ]. c. p. 103. Taf. 22, Fig. 6—11. 


Gault bis Senon. 


Frondicularia inversa Reuss. 
Frondieularia inversa Reuss bei Geinırz. Elbthalgeb. II. p. 94. Taf. 21, Fig. 5—7. 


Thon von Groschowitz. Vom Cenoman bis zum Senon verbreitet. 


Frondicularia angusta Nıuss. 
Frondicularia angusta Reuss bei Gemirz. Elbthalgeb. I. p. 91. 
Schmal lanzettförmig, am oberen Ende zugespitzt, mit kugeliger Embryonalkammer. Die zahl- 


reichen Rippen werden durch eine tiefe LĂ€ngsfurche geschieden. 
Thon von Groschowitz. Cenoman bis Senon. 


Nodosaria sp. 


Die specifische Bestimmung einer Nodosaria aus dem "Thon von Groschowitz erwies sich als 
schwer möglich. 


Ventrieulites angustatus A. Rorn. 


© 
„m 


Haplostiche dentalinoides Reuss. 
Haplostiche dentalinoides Reuss in Geisızz. Elbthalgeb. II. p. 121. Taf. 24, Fig. 4—6. 


Thon von Groschowitz. Strehlener PlÀner, Priesener Schichten. 


Haplostiche celavulina Rauss. 


Haplostiche clavulina Reuss ]l. c. p. 121. Taf. 24, Fig. 7, 8. 


Thon von Groschowitz. Priesener Schichten, Strehlener PlÀner. 


Fam. Globigerinidae Carr. 


Globigerina marginata Reuss. 


1345. Rosalina marginata Reuss. Böhm. Kr. I. p. 36. Taf. S, Fig. 54, 74; Taf. 13, Fig. 68. 
1870—72. Globigerina marginata Reuss in Geisızz. Elbthalgeb. II. p. 112. 


Im Kalkmergel von Oppeln. Die Art ist vom Gault bis zum Senon verbreitet. 


Spongiae. 
Hexactinellidae Scuumr. 
Dictyonina Zimt. 

Fam. Ventrieulitidae Tovım. Sur. 


Ventriculites angustatus A. RoEMER. 


Nach Quvensteor’s Vorgange unterscheiden wir unter dieser sehr variablen Art zwei HauptvarietĂ€ten. 
Dieselben werden etwa im gleichen Sinne von Hınpr als verschiedene Arten aufgefasst. 


1) V. angustatus s. str. (— V. aleyonoides MANTELL teste HinDE). 


1841. Scyphia eribrosa A. Roemer. Verst. des Nordd. Kreidegeb. p. 9. Taf. 6, Fig. 2 (Goslar und Oppeln). 
1870. Cylindrospongia angustata F. Rormer. Oberschlesien. p. 309. Taf. 30, Fig. 7, 8 (Oppeln). 
1378. Ventriculites angustatus Quensteor. Petref. Deutschl. V. Taf. 136, Fig. 2—14 (Oppeln. Thale). 


Diese VarietÀt ist die hÀufigere in Oppeln und umfasst die eylindrischen Formen mit runden Poren, 
die meist in schrÀgen Reihen angeordnet sind. 


2) V. amgustatus distortus. 
1841. Scyphia angustata A. Rorner. Nordd. Kreide. p. 8. Taf. 3, Fig. 5. 


13859 —42. — —_ Gemirz. Character. p. 95. Taf. 23, Fig. 9. 
1845—46. — — Reuss. Böhm. Kreide II. p. 74. Taf. 17, Fig. 11. 
1346. — _ Gemıtz. Grundriss. p. 91. Taf. 25, Fig. 20, 21. 


1872—75. Cribrospongia angustata Geixırz. Elbthalgebirge II. p. 1. Taf. 1, Fig. 3 (non 4—6). 
1878. Ventriculites angustatus distortus Quesstepr. Petref. D. V. p. 444. Taf. 136, Fig. 15—20. 
1883. — —_ Hıype. Catalogue. p. 114. Taf. 26, Fig. 3—3b. 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


© 
[SS} 


Diese VarietÀt umfasst die Formen mit unregelmÀssig verzerrten Poren. Nicht selten in Oppeln 
(Brongniarti- und Scaphiten-Schichten). 

Beide VarietÀten finden sich nebeneinander im nordwestdeutschen Turon (Goslar, PlÀner von Dörnten 
und Thale, PlÀnerkalk von Quedlinburg), sowie in den Teplitzer Schichten Böhmens, sowie dem Upper 


Chalk von SĂŒdengland. 


Ventriculites radiatus MANTELL. 


Diese von MAntern aufgestellte und abgebildete Art umfasst zahlreiche in den WachsthumsverhÀlt- 
nissen verschiedene VarietÀten, die QuEnsTEDT unterschieden hat und welche vielleicht als Arten zu trennen 
wĂ€ren. Sicher ist QuEnstepr var. subeylindrica nach Pocra’s Vorzuge als besondere Art abzutrennen. 


1) var. infundibiliformis QUENST. 


1822. Ventriceulites radiatus ManreLL. Geology of Sussex. Taf. 10. 
1826—33. Scyphia Oeynhauseni Goupruss. I. Taf. 65, Fig. 7. 

1837. Scyphia longiporata Puscm Polen’s Palaeont. p. 7. Taf. 2, Fig. 3. 
1852. Ventriculites radiatus Broxn. Lethaea II. Taf. 27, Fig. 18. 

. 1864. Retispongia radiata A. Rorwer. Spongitarien, Palaeontogr. XIII. Taf. 6, Fig. 2. 
1865 —68. Cribrospongia longiporata EıcmwArp. Lethaea Rossica II. p. 89. Taf. 6, Fig. 3. 
1870. KRetispongia radiata F. Roemer. Oberschlesien. Taf. 30, Fig. 2. 

1378. _ —  Beurens. Z. D. G. Ges. Bd. 30. p. 240. 
1886. — —  Sıemmranzkı. Faune fossile du terr. eret. de Lublin, p. 2. 
1839. Ventriculites radiatus Frıc. Teplitzer Schichten. p. 105. Fig. 142. 


Trichterförmig, nach unten in einen Stiel ĂŒbergehend. Die Falten der Wandung stehen enger zu- 
sammen als bei den ĂŒbrigen VarietĂ€ten. Das Verhalten der Structur von Deckschicht und Steinkern zeigt 
die Abbildung bei Quenstepr, Petrefactenkunde V. Taf..136, Fig. 24. 

Sehr verbreitet im englischen Turon und Senon, den Teplitzer Schichten, Wollin, Kreidemergel von 
Kazimierz a. d. Weichsel und Turon. Kreidemergel von Lysolaje (Gouv. Lublin). Weisse Kreide der Krym. 


2) var. discus Quenst. — Taf. II, Fig. 4. 


1822. Ventrieulites radiatus MAnteır. Sussex. Taf. 14. 

1870. Retispongia radiata F. Rosmer. Oberschlesien. Taf. 32 (schematisch). 

1878. Ventriculites radiatus Qussstepr. Petrefactenk. V. Taf. 156, Fig. 26 (optime). 
1882. _ —_ Pocra. Hexact. p. 33. 


Tellerartig ausgebreitete Form mit Stiel. Osculum tief. Die Dicke des Schwammkörpers betrug 
nur 3—5 mm, wie ein vollstĂ€ndig erhaltenes Exemplar dies zeigt. Das Original F. Roemer’s ist die Unter- 
seite der Spongie mit dem Stielansatz, das Qurxsrepr'sche der Abdruck (Steinkern) der Oberseite. Unsere 
Abbildung zeigt zum ersten Male den Stielansatz deutlich. 

Sussex, böhm. Turon. 


3) var. parapluvius Quenst. — Taf. III, Fig. 3. 
1878. Ventrieulites radiatus Quexsteor. Petrefactenk. V. I. 136, Fig. 29 (schematisch). 
Diese bisher nur von Oppeln bekannte Form ist in sehr formenreicher Ausbildung vorhanden. Der 
an var. infundibiliformis erinnernde untere Theil erweitert sich nach oben trompetenförmig. Die Poren des 
unteren Theiles sind lÀnglich und unregelmÀssig vertheilt, die der Oberseite sind regelmÀssig polyedrisch. 


9 


[3%] 
[SS] 


Leptophragma fragile A. Rorn. 


Ventrieulites quincuncialis (WuENST. 


Ventrieulites quwincuncialis Quexsteor. Petref. Deutschlands. V. Tab. 137, Fig. 21. 


Von diesem durch QveExsteor aus Oppeln beschriebenen und abgebildeten Ventrieulites liegt mir 
kein Exemplar vor. 


1878. 


Ventriculites Zippei Reuss. 


Coscinopora Zippei Reuss. Barroıs. Terr. cret. des Ardennes. p. 411. 


1878. Ventrieulites angustatus Quexsteor. Petref. Deutschl. V. p. 443. Taf. 136, Fig. 13 (Oppeln). 


1883. 


— Zippei Pocra. I. p. 32 (woselbst die ĂŒbrige Ă€ltere Literatur). 


Die rhombischen, in schrÀgen Reihen stehenden Vertiefungen, in welchen die kleinen runden Poren 
liegen, werden von Pocra mit Recht als typisches Merkmal angesehen. 

Selten sowohl in Oppeln wie in den Teplitzer- (Hundorf) und Cuvieri-Schichten (Epiaster-brevis- 
Stufe) der Ardennen (Val-Saint-Pierre). 


1822. 
1878. 
1883. 
1886. 
1889. 


Der eylindrische Schwammkörper nimmt nur wenig an Dicke zu. 
Die Àussere FlÀche ist durch langgezogene Falten von unregelmÀssigem 
Verlaufe, die sich öfters gabeln, ausgezeichnet. Skelet nicht erhalten. 
Pocra zieht die von Quensteor (Petref. Deutschl. V. Taf. 136, Fig. 2, 3) von 
Oppeln abgebildete Art zu V. cribrosus PsıwLıps, dessen Abbildung mir 
nicht zugÀnglich war. Da Hınpe letzteren mit Y. multicostatus A. RoEMER 
identificirt, so bezeichnet V. cribrosus eine andere Art. Die Abbildung 


Ventriceulites decurrens Tovrm. Suite. — Textfigur 4. 


Ventriculites radiatus Manterr. South Downs. Taf. 13, Fig. 4. 
_ — Quenstepr. Petref. Deutschl. V. Tab. 136, Fig. 23. 
—_ decurrens Hınpe. Catalogue. p. 111. 
_ eribrosus Pocra. III. p. 34. 
_ —_ Frıc. Teplitzer Schichten. p. 105. Fig. 149. 


bei Frıc stimmt dagegen mit den vorliegenden Exemplaren ĂŒberein. Fig. 4. Ventrieulites deeurrens T. Sa. 


Selten im Oppelner Turon. Teplitzer Schichten. Upper Chalk von SĂŒdengland. 


1841. 
1864. 
1870. 
1878. 
1885. 
1886. 


Fam. Coseinoporidae Zırr. 


Leptophragma Zırr. 


Leptophragma fragile A. RoEmer. 


Scyphia fragilis A. Roemer. Nordd. Kreide. Taf. 3, Fig. 11 (Oppeln). 
Oribrospongia fragilis A. Rormer. Spongitar. p. 12. : 

—_ — FF. Roruer. Oberschlesien. p. 304. Taf. 31, Fig. 2 (non 2a, 2b). 
Spongites fragilis Quensteor. Petref. Deutschl. V. p. 468. Taf. 137, Fig. 14—17. 
Leptophragma fragilis PocrA. III. p. 34. Taf. 1, Fig. 26. 

Oribrospongia fragilis Sıemiranzeı. Faune fossile du terrain cret. de Lublin. p. 2. 


Palaeontographica. Bd. XLIV. 6) 


34 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Die sehr variable Form schwankt zwischen Trichterform und breiter SchĂŒsselform, welche öfters 
mit einem Stiel aufsitzt. S 


Nicht selten in den Scaphiten-Schichten in Oppeln. Teplitzer Schichten. Turon- von Lysolaje 
(Gouv. Lublin). Upper Chalk. 


Leptophragma glutinatum Quenst. 


1870. Oribrospongia fragĂŒis F. Rormer. Oberschlesien. p. 304. Taf. 31, Fig. 2a, 2b. (Structurbild). 
1378. Scyphia glutinata Quexsteor. Petref. Deutschl. V. p. 465. Taf. 137, Fig. 9—12. 


Diese bisher nur von dem Oppelner (Scaphitenzone) Turon bekannte Art steht Scyphia Murchisoni 
(Goupr. I. Taf. 65, Fig. 8) sehr nahe. Es sind stets nur flache oder wenig gewölbte BruchstĂŒcke vor- 
handen, welche sehr grossen flachen Exemplaren von der Form des Ventrieulites radiatus discus angehören. 
Es war indess bisher noch nicht möglich ein vollstÀndiges Exemplar zu erhalten. Das Gittergewebe ist 
beiderseits verschieden; die Epidermalschicht der Innenseite ist quadratisch und regelmÀssiger als bei der 
Ausseren. Zu dieser Art gehört das zu L. fragile gestellte Structurbild bei F. Rorumer. 


Maeandrospongidae Zırr. 


Plocosceyphia Rruss em. ZITTEL. 


Obwohl die Gattungsdiagnose, welche ZırTeL (Studien ĂŒber Spongien, p. 55) nach Reuss gab, etwas 
weit gefasst ist, so folgen wir doch der Einheitlichkeit wegen auch in diesem Punkte der Eintheilung des 
NeubegrĂŒnders der Spongiologie. Wir unterscheiden nach den WachsthumsverhĂ€ltnissen eine Reihe von 
pseudoradiÀrem Baue und eine solche von unregelmÀssiger Anlage des Schwammkörpers. Das Skelet, sowie 
die Deckschicht sind, soweit sich dies nachweisen liess, bei sĂ€mtlichen Arten ĂŒbereinstimmend. 


Plocoseyphia cavernosa A. Roemer. — Tai. II, Fig. 7. 


1864. Macandrospongia cavernosa A. RoEMER. Spongitar. p. 52. Taf. 18, Fig. 8. 


Ein echtes Intercanalsystem verbindet alle Oeffnungen zu einem Innenraume. Der Schwammkörper 
besteht aus weiten, labyrinthartig mit einander verwachsenen, unregelmĂ€ssigen, dĂŒnnen Röhren, welche als 
hervorragende WĂŒlste an der OberflĂ€che ausmĂŒnden. Nahe steht unserer Art Pl. labrosa T. SmiTH aus 
dem französisch-englischen Cenoman. Zum Vergleich ist auch Cyrtobolia Morchella Reuss heranzuziehen; 
die Abtrennung eines Genus Cyrtobolia von Plocoscyphia durch Pocra (Spongien d. böhm. Kreidef. I. p. 38) 
auf Grund ĂŒberzĂ€hliger Arme der Kreuzungsknoten scheint nicht stichhaltig, da dergleichen in der Ober- 
flÀchenschicht der Plocoseyphien z. B. bei tenwilobata sich ebenfalls finden. 


Die Art ist nur in einem Exemplar von Oppeln vorhanden. Dasjenige A. RoEMER’s stammt aus 
der Cuvierikreide von Salzgitter. Ein mit dem beschriebenen ĂŒbereinstimmendes Exemplar des Breslauer 
Museum’s entstammt einem Diluvialgeschiebe von Strehlen in Schlesien. 


Plocoscyphia crassilobata n. sp. 3 


ey 


Plocoseyphia Roemeri nov. nom. 

1870. Plocoscyphia labyrinthica F. Roeuer. Oberschlesien. p. 309. Taf. 33, Fig. 7, 8. 

1878. Gyrispongia — Quensteor. Petref. Deutschl. V. p. 485. Taf. 138, Fig. 12, 13. 

Diese Art wurde von Fern. Rormer irrthĂŒmlich mit der böhmischen Art von Reuvss identificnt, da 
ihm nur unvollstÀndige, stark verquetschte Exemplare vorlagen. VollstÀndige Exemplare sind von QuEx- 
STEDT ]. c. beschrieben und abgebildet worden. Der Schwammkörper scheint ungestielt gewesen zu sein 
und meist eine lÀngliche, knollige Form besessen zu haben. Die WÀnde bilden eine unregelmÀssige Gestalt 
und zeigen zahlreiche, meist blinde Ostien. Ein Paragaster fehlt. Unter der Deckschicht, welche unregel- 
mÀssige runde Poren aufweist, ist die Gitterstructur der Sechsstrahler erkennbar. 

Die Art ist bisher nur von Oppeln (Scaphitenzone) bekannt. 


Plocoseyphia nidiformis n. sp. — Textfigur 5a, b. 


Structur gleich den vorigen, von diesen nur durch die WachsthumsverhÀltnisse verschieden. Der 
Schwammkörper entbehrt der radialen Anlage und ist knollig mit flacher Unterseite. Ein tiefes Paragaster 


Fig. 5a. Plocoseyphia nmidiformis n. sp. Fig. 5b. 


reicht fast bis auf dieselbe herab und ist von den unregelmÀssigen, complicirten Windungen der WÀnde 

eingeschlossen. Der allenthalben von der Deckschicht umschlossene Schwammkörper zeigt einige grössere 

runde Oeffnungen an der OberflÀche. 
Turon von Oppeln (Scaphitenzone). 


Plocoscyphia crassilobata n. sp. — Taf. III, Fig. 6. 


Der Schwammkörper ist ungestielt, halbkugelig, in mehrere Lappen getheilt, welche auf einer ca. 
2 mm dieken Schicht enden, mit welcher er möglicher Weise aufgewachsen war. Auf dieser FlÀche er- 
heben sich die Röhren, welche Ă€usserlich als S unregelmĂ€ssige WĂŒlste erscheinen, die durch breite Quer- 


36 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


brĂŒcken mehrfach mit einander verbunden sind. Die tiefen Furchen zwischen den einzelnen Lappen reichen 
nicht bis auf die Basis herab. Die OberflÀche zeigt nur die zahlreichen kleinen runden Poren der obersten 
Schicht (Kieselhaut), entbehrt jedoch grösserer Ostien. Zwei Ostien liegen beim Zusammentreffen der Gyren 
am Scheitel, der etwas excentrisch verschoben ist. Das Skelet ist an BruchstĂŒcken erhalten und zeigt 
durchbohrte Sechsstrahler. 

Das abgebildete Exemplar und mehrere BruchstĂŒcke dieser Art stammen aus dem Turon von Oppeln S. 


Plocoscyphia tenuilobata n. sp. — Taf. IV, Fig. la, b. 


Das Original aus dem Turon von Oppeln S. (Brongniartizone) ist bisher Unicum. Der Schwamm- - 
körper zeigt eine Àhnliche becherförmige Anlage wie P. crassilobata, indem der Scheitel, von welchem die 
einzelnen Lappen entspringen, etwas excentrisch gelegen ist. Vom Scheitel aus entspringen frei 7 Aeste, 
welche sich noch weiter verzweigen und am Aussenrande die Zahl 19 erreichen. Sie sind durch QuerbrĂŒcken 
mehrfach unter einander verbunden und tragen zahlreiche kleine Ostien. Der Schwammkörper ist von der- 
selben porösen Kieseldeckschicht ĂŒberzogen, welche auch die ĂŒbrigen mir bekannten Plocoscyphien zeigen. 
Wo dieselbe fehlt, wie am Aussenrande unserer Originals, zeigt sich der Àusserst complieirte Verlauf der 
Röhren. Das Skelet tritt auf der InnenflÀche zu Tage und besteht aus octaedrisch durchbohrten Sechs- 
strahlern. 

Tremabolites megastoma A. RoEMER. 


1841. Manon megastoma A. Rormer. Nordd. Kr. p. 3. Taf. 1, Fig. 9. 

1845 —46. — — Revss. Kr. p. 77. Taf. 20, Fig. 1; Taf. 43, Fig. 9. 

1870,  Camerospongia megastoma F. Rormer. Oberschlesien. p. 307. Taf. 38, Fig. 6. 
1878. Cephalites polystoma Qusssteor. Petref. Deutschl. V. p. 503. Taf. 139, Fig. 8—10. 
1883. Tremabolites megastoma Pocra. I. p. 37. 


Der unregelmÀssig gestaltete Schwammkörper trÀgt auf der mit einer glatten Kieselhaut bedeckten 
Oberseite unregelmÀssig vertheilt ungleich grosse, tiefe, senkrecht abfallende, kreisrunde Oscula mit hervor- 
tretendem Rande. 

Cenoman (Korycaner Schichten) in Böhmen. Turon von Löwenberg. Nicht selten in Oppeln. 
Senon von Peine. WestphÀlische Quadratenkreide. 


Camerospongia fungiformis Gonpr. — Taf. III, Fig. 3. 


1833. Scyphia fungiformis Goupruss. Taf. 65, Fig. 4. 
1841. Manon monostoma A. Rormer. Nordd. Kr. p. 2. Taf. 1, Fig. 8. 
Scyphia fungiformĂŒs — — —- » 1% 
1852. _ _ Bronx. Leth. geogn. V. p. 570. Taf. 29, Fig. 6a—c. 
1863. Manon megastoma Drescher. Z. D. G. G. Bd. 15, p. 361. 
1864. Camerospongia fungiformis A. RoEmer. Spongitar. p. 5. 
1870. — — F. Rormer. Oberschlesien. p. 305. Taf. 35, Fig. 3—5 (male!). 
1878. Cephalites monostoma Quexsrteor. Petref. Deutschl. V. p. 497. Taf. 139, Fig. 2, 5, 4, 6. 
1878. Camerospongia fungiformis Beurens. Wollin. Z. D. G. Bd. 30. p. 241. 


Sehr hĂ€ufig, aber meist verdrĂŒckt erhalten. Das Osculum ist gross und fĂ€llt steil ab. Die Glatze, 
welche das Osculum umgibt, macht nach unten mehreren Gyren Platz, welche, durch tiefe Furchen von ein- 


Amphithelion tenue A. Rorn. 


I 


(3%) 


ander getrennt, nach unten hin convergiren. Es muss hervorgehoben werden, dass ein Stiel bei dieser 
Spongie nicht existirt, obwohl die verunglĂŒckte Zeichnung bei F. RozmER, welche wohl auch derjenigen in 
Zırrev’s Handbuch I. p. 182, Fig. 97 zu Grunde liegt, einen solchen angibt. 

Fehlt in der sÀchsisch-böhmischen Entwickelung mit Ausnahme des Löwenberger Turon. Im oberen 
Turon von Wollin. Sonst nur aus dem Senon der Quadratenkreide Hannovers (Peine) und Westphalens be- 
kannt. Upper Chalk. 


Cameroptychium patella n. sp. — Taf. IV, Fig. 2a, b. 

Bisher ist das Original von Oppeln Unicum. 

Schwammkörper trichterförmig, diekwandig, mit tiefer Centralhöhle. Glatte feinporöse Kieselhaut 
auf die flach abfallende Aussenseite beschrÀnkt. Der Schwammkörper besteht aus unregelmÀssig ver- 
schlungenen und anastomisirenden Röhren, die von Sechsstrahlern mit wahrscheinlich octaedrisch durch- 
bohrten Kreuzungsknoten gebildet werden. Dieselben ordnen sich in der schĂŒsselförmigen, centralen Ver- 
tiefung zu unregelmÀssig verzweigten Balkensystemen an, die nach oben zu deutlich durchschimmern. Die 
untere HÀlfte der Aussenseite trÀgt gewundene Rippen. 

Die vorliegende Form lĂ€sst sich unschwer auf Öamerospongia zurĂŒckfĂŒhren, ist aber zu abweichend, 
um eine Unterordnung unter diese Gattung zu ermöglichen. Die radiÀre Anordnung des Skelets auf der 
Oberseite und die weite Centralhöhle erinnern an Coeloptychium, wÀhrend die unregelmÀssigen Gyren der 
Unterseite mit Oamerospongia ĂŒbereinstimmen. Wir haben es hier vielleicht mit einer seltenen Uebergangs- 
form zwischen (amerospongia und Coeloptychium zu thun, was durch den Namen angedeutet werden soll. 


Lithistida Schar. 
Rhizomoridae Zıtr. 


Amphithelion tenue A. RorueRr. 
1841. Manon tenue A. Rorner. Nordd. Kr. p. 3. Taf. 1, Fig. 7. 


1846. — — Reuss. Böhm. Kr. p. 78. Taf. 20, Fig. 2. 
1864. Chenendopora tenuis A. RorNER Spongit. p. 43. Taf. 15, Fig. 4. 
1870. — —  F. Rormer. Oberschlesien. p. 301. Taf. 31, Fig. 1. 
1878, — — Bearens. Z.D. G. Bd. 30, p. 241. 
1878, = —  Qusssrteor. Petref. Deutschl. V. p. 324, 365, 366. Taf. 131, Fig. 8; Taf. 132, Fig. 46—48. 


1384. Amphithelion tenue Pocra. II. p. 24. 


Schwammkörper dĂŒnnwandig, in Lappen getheilt, sehr variabel, aufsitzend oder gestielt. Zahlreiche, 
warzenförmige, kleine Oscula auf Ober- und Unterseite. QuENSTEDT unterscheidet 3 VarietÀten, welche sich 
sĂ€mtlich in allen Stufen in Oppeln finden (nördl. BrĂŒche): 

1) var. sömplex. Nur eine Centralhöhle vorhanden, Schwammkörper einfach und flach oder gelappt. 

Quznsr. ]. c. V. Taf. 131, Fig. 8. HÀufigste VarietÀt in Oppeln. 
3) var. complex. Mehrere Centralhöhlen vorhanden, Schwammkörper unregelmÀssig gewölbt. Quexsr. 
l. c. V. p. 365, Taf. 132, Fig.: 46. 

3) var. petiolata. Schwammkörper becherförmig; hohler Stiel. 

HÀufig im böhmischen Cenoman (Korycaner Schichten), dem Turon von Wollin und dem oberen 
PlÀner von Dörnten. 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


S0) 
(02) 


Rhabdomorinidae Raurr. 
Doryderma ramosum Mant. 


1872—75. Spongia ramea Geinırz. Elbtb. II. p. 1. Taf. 1, Fig. 1. 
1878. Spongia ramosa (JuENSTEDT. ]. c. V. p. 400. Taf. 134, Fig. 7, 8. 
1884. Doryderma ramosum PocraA. II. p. 30 (woselbst die ĂŒbrige Lit.) 


Dieses Gebilde fĂŒhrt Geintrz 1. ec. von Oppeln an. Es ist mir jedoch kein Exemplar derselben 
bekannt geworden, welches mit Sicherheit sich als solches bestimmen liesse. 


Fam. Tetracladina Zımr. 


Phymatella elongata RÂŁvss. 
1845—46. Siphonia elongata Reuss. Böhm. Kr. p. 73. Taf. 45, Fig. 1. 


1870. — — F. Rormer. Oberschlesien. p. 308. Taf. 33, Fig. 1, 2 
1876— 178. _ _ QUENSTEDT. ]. c. V. p. 39. 

1878. Phymatella — Zırter. Studien II. p. 74. 

1884, — — Pocra. II. p. 31. 


Schwammkörper umgekehrt flaschenförmig, langgestielt, mit tiefer Centralhöhle. OberflÀche mit 
unregelmĂ€ssigen, ovalen Östien. } 

HĂ€ufig in Oppeln. Selten in den Teplitzer Schichten (Kutschlin, Hundorf), dem Senon von Qued- 
linburg und Yorkshire. 


Phymatella plicata (uEnst. 
1878. Spongites plicatus Quesszeon. 1. c. V. p. 395. Taf. 134, Fig. 1, 2. 
1376—78, Phymatella plicata Zırrer. Studien II. p. 74. 
1884. = —  Pocra. I. p. 32. 
Der vorigen sehr Àhnlich. Oberhalb des Stieles wulstige Anschwellungen, welche durch tiefe, rundum 
gehende Furchen getrennt sind. 
Selten im Oppelner Turon und den Weissenberger Schichten (Leneschitz). 


Thecosiphonia nobilis A. RoEMER. 
1864. Limnorea nobilis A. Roemer. Spongit. Taf. 15, Fig. 1. 


1870. _ —  F. Rorumer. Oberschlesien. Taf. 37, Fig. 16 (male!). 
1878. — —  Quexstepr. ]. c. V. p. 378. Taf. 133, Fig. 8-11 (optime). 
1878. Thecosiphonia nobilis Zıırer. Studien II. p. 84. 

1883. — —  Hmpr. Catalogue. p. 75. Taf. 17, Fig. 3 


Schwamm einfach oder aus mehreren Individuen zusammengesetzt. In letzterem Falle sind sÀmt- 
liche Individuen durch eine kieselige dichte Deckschicht unter einander verwachsen. QUENSTEDT bezweifelt 
mit Unrecht die Zugehörigkeit des Rormer’schen Originals zu dieser Art. Dasselbe ist allerdings ein 
schlechtes Exemplar und mangelhaft abgebildet. 

Mehrere gute Exemplare liegen mir aus den jĂŒngsten Schichten von Seit und Oppeln vor. 
Sonst nur noch aus dem CuvieriplÀner von Dörnten, der Quadratenkreide von Suderode und Upper Chalk 
von Wiltshire. 


Stylotrochus Volzi n. sp. 39 


Anthozoa. 
Hexacoralla HĂ€cker. 
Eusmilinae E. H. 


Parasmilia centralis Maxr. 


1822. Madrepora centralis Mantet. Sussex. Taf. 16, Fig. 2, 4. 


1841. Turbinolia — A. Rormer. Nordd. Kr. p. 26, Taf. 1, Fig. 15. 

1850. Monocarya — Dixon. Sussex. p. 224. Taf. 18, Fig. 1—4, 6, 7. 

1850. Parasmilia — M. Eowarps u. J. Hauer. Monogr. of the British fossil Corals I. p. 47. Taf. 8, Fig. 1. 
1862. E= — pe Fromente. Pal. Franc. VII. p. 210. Taf. 21, Fig. 1. 

1370. _ — F. Roruer. Oberschlesien. p. 310. Taf. 34, Fig. 1. 

1872—75. — —  Gemitz. Elbthalgeb. II. p. 4. Taf. 1, Fig. 10—12. 

1878. — —  Brnrens. Z. D. G. Bd. 30. p. 242. 

1884. —_ —  Pocra. Böhm. Anthoz. p. 43. Fig. 19, 20. 


Nicht ganz selten im Kreidemergel von Oppeln. Es scheinen mehrere VarietÀten unter diesem 
Namen zusammengefasst zu sein. Die Oppelner Exemplare zeigen keine wesentlichen Verschiedenheiten. 
Den Querschnitt zeigt Fig. 1. 


Weit verbreitet in der englischen und französischen oberen Kreide, seltener im Turon von Wollin, 
dem Strehlener PlÀnerkalk, den Teplitzer und Priesener Schichten. 


Fam. Turbinolidae E. H. 
Turbinolia En. u. H. 
Subgenus: Stylotrochus E. DE From. 


Stylotrochus Volzi n. sp. — Taf. V, Fig. 2. 


Es liegt der deutliche Abdruck eines Kelches vor, der mit FRomzxten's Turoner Art Stylotrochus 
arcuatus (Pal. franc. Terr. cret. VII. p. 202, Taf. 8, Fig. 3) annĂ€hernd ĂŒbereinstimmt, ohne sich jedoch 
mit dieser völlig identifieiren zu lassen. Der Kelch ist regelmÀssig; es sind 12 Hauptsepta vorhanden, von 
denen je zwei sich nach den PfÀhlchen zu vereinigen. Sie sind durch mehrere schwÀchere Septa von ein- 
ander geschieden, so dass die Zahl derselben 48 betrÀgt. HauptsÀchlich durch die grössere Zahl dieser 
unterscheidet sich unsere Art von FRoMENTEL's Original. Das SÀulchen ist griffelförmig und frei. Duncax! 
zieht Stylotrochus als Unterart zu der sonst erst aus dem TertiÀr bekannten Art Turbinolia. 


Fundort: Brongniarti-Kalkmergel von Groschowitz. 


1 Revision of the families and genera of the Madrepora. Journal Linnean Society 1584. p. 19. 


40 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Echinoidea. 
Regulares Desor. 


Cidaridae WRIGHT. 


Stereocidaris silesiaca ScHLĂŒr. 
1892. Stereocidaris silesiaca Schröter. Die regul. Echin. der nordd. Kr. p. 102. Taf. 11, Fig. 1—4. 
Das Original Schuörer’s, im Besitze des Breslauer mineralogischen Museums befindlich, ist Unicum. 
(Erhaltungszustand und VerwandtschaftsverhĂ€ltnisse wĂŒrden auf RĂŒgen als Ursprungsort hinweisen, zumal 


da das StĂŒck nicht unmittelbar in Oppeln erworben ist.) 
Nach SchLĂŒrer von Oppeln aus der Zone der Heteroceras Reussianum (ScaphitenplĂ€ner). 


Stereocidaris oppoliensis n. sp. — Taf. V, Fig. 5. 


Einzelne Stacheln von Stereocidaris sind in Oppeln (nördl. Br.) nicht selten. Sie besitzen vier 
Reihen von Knoten und sind nahe verwandt mit Stereocidaris punetillum SORIGN. (SCHLÜTER ]. c. Taf. 13, 
Fig. 12). Sie gehören vielleicht zu St. silesiaca. ‚Ich bezeichne sie vorlĂ€ufig, bis es gelingt, ihren Zusammen- 
hang festzustellen, nach dem Fundorte als Stereocidaris oppoliensis. 


Diadematidae WRIGHT. 


Gauthieria radiata SorIGNET. 


1862—67. Cyphosoma radiatum Corrsav. Pal. frang. Eehinid. Taf. 1147, Fig. 10—14. 
1872— 75. 2 — Geinırz. Elbthalgeb. II. p. 8. Taf. 2, Fig. 7—10. 
1892. Phymosoma radiatum ScHtĂŒrer 1. c. p. 201. 


Nicht hÀufig im ScaphitenplÀner von Oppeln. Sehr verbreitet. PlÀnerkalk von Strehlen, gesamtes 
böhmisches Turon, Turon von Wollin. Französisches und englisches Turon. 


Irregulares Disor. 


Fam. Holasteridae Lor. 


Ananchytes ovatus Leske. 
1826—33. Ananchytes striatus Gotpruss. I. p. 146. Taf. 44, Fig. 3. 


1853—59. _ vulgaris v’Orsıeny. Pal. franc. VI. p. 62—67. 

1870. — ovata F. Roruer. Oberschlesien. p. 312. Taf. 34, Fig. 2. 

1874. — ovatus Qvenstepr. Echiniden. p. 589—594. Taf. 84, Fig. 53—60; NE a 
1878. —_ striatus Beurens. Wollin Z. D. G. Bd. 30,-p. 248. 


Die Ananchyten, welche sich in Oppeln in grosser Zahl finden, bilden eine Reihe, welche von einer 
sehr runden, halbkugeligen Form bis zu einer sehr spitzen, von ovalem Grundriss sich erstreckt. Die runde 
VarietĂ€t, welcher auch F. Rosmer’s Original angehört, ist im Turon im Allgemeinen die hĂ€ufigere. Sie er- 


Micraster breviporus AG. 41 


scheint in der Litteratur hÀufig unter den Bezeichnungen striatus und gibbus. Die spitzere Form, von lÀng- 
licher Gestalt mit RĂŒckenkiel, ist im Senon hĂ€ufiger und ist öfters als ovatus und regularis bezeichnet worden. 


Sehr hĂ€ufig in den Oppelner SteinbrĂŒchen, am hĂ€ufigsten schon in der Brongniartizone. Im Turon 
von Wollin, Brongniarti- und ScaphitenplÀner Nordwestdeutschlands. Cuvieri (Epiaster brevis-) Zone des Pariser 
Beckens. Sehr viel verbreiteter im Senon. Fehlt in der böhmisch-sÀchsischen Facies. 


> 
Holaster planus Manr. 


1822. Spatangus planus Maxserr. Sussex. p. 192. Taf. 17, Fig. 9, 12. 
1853—55. Holaster planus v’Orsıcny. Terr. eret. VI. p. 116. Taf. 821. 


1870. _ — F. Rorser. Oberschlesien. p. 312. Taf. 37, Fig. 1, 2. 
1872 —75. _ —  Gemiumz. Elbthalgeb. II. p. 9. Taf. 3, Fig. 2, 3. 

1878. Spatangus planus (subglobosus) Quenstepr. Echiniden. Taf. 86, Fig. 2—7. 
1878. Holaster — Behrens. Z. D. G. G. Bd. 30, p. 246. Taf. 11, Fig. 1. 
1889. — —  Friıc. Teplitzer Schichten. p. 99, Fig. 128. 


Die Unterscheidung Quexstepr's zwischen H. planus und A. subglobosus ist undurchfĂŒhrbar, da 
eine stetige Entwickelungsreihe vorliegt. Die Oppelner Exemplare, welche meist schlecht erhalten sind, 
finden sich im Scaphitenmergel der sĂŒdlichen und nördlichen BrĂŒche von Oppeln nicht selten. 


Sehr verbreitet in den Teplitzer Schichten, Strehlener PlÀner, dem oberen Turon von Wollin, den 
Brongniarti- und Scaphitenschichten Nordwestdeutschlands; Leitfossil der französisch-englischen Scaphitenzone. 


Fam. Spatangidae Ac. 


Micraster breviporus Ac. 


1840. Micraster breviporus Asassız (aut. GEIN.) 


1850. cor bovis Dıxox. Sussex. p. 342. Taf. 24, Fig. 5, 6. 

1853. _ Borchardi v. Hacexow. in Litt. (aut. GEINITZ). 

1855. — Leskei p’Orzıeny. Pal. franc. Terr. cret. VI. p. 215. Taf. 869. 
1870. _ — F. Roruer. Oberschlesien. p. 310. p.p. Taf. 34, Fig. 3. 
1372—75. — —  Gemıurz. Elbthalgeb. II. p. 13. 

1578. — breviporus Brarens. Wollin. Z. D. G. Bd. 30, p. 2453. 

1889. — _ Frıc. Teplitzer Schichten. p. 99, Fig. 127. 


Micraster breviporus und Micraster cor testudinarium sind die Endglieder einer Reihe, welche sich, 
wie anderwÀrts, auch im Oppelner Turon ununterbrochen verfolgen lÀsst. Der Typus des Micraster brevi- 
porus ist jedoch scharf von dem des cor testudinarium zu scheiden. Es unterscheidet sich von letzterem 
durch ovalen, lĂ€nglichen Grundriss und höheren Querschnitt, vor allem aber durch kĂŒrzere FĂŒhlergĂ€nge. 
Wie in den Teplitzer Schichten Böhmens findet sich M. breviporus bereits in tieferem Niveau als M. cor 
testudinarium, schon im untersten Kalkmergel von Groschowitz. Sehr hÀufig im Brongniarti- und Scaphiten- 
plĂ€ner von Oppeln. F. RoEMmEr’s Original ist eine wenig characteristische Mittelform. 


Strehlener PlÀner, Unteres Turon von Wollin, Teplitzer Schichten, Brongniarti- und Scaphiten- 


schichten Westphalens, Zone des Holaster planus des englisch-französischen Turon. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 


[er] 


42 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Micraster cor testudinarium GoLpr. 


1826— 33. Spatangus cor testudinarium Gouoruss. I. p. 156. Taf. 48, Fig. 5. 
1852. Micraster cor anguinum Bronn. ]. c. V. Taf. 29, Fig. 23. 


1855. _ _ — D’ÖRBIGNY. 1. c. VI. p. 207. Taf. 867 p.p. 

1858. — _ cor testudinarium H£gerr. Bull. Soc. Geol. Fr. 2. ser. t. 16, p. 147. 
1870. — Leskei F. Rormer. Oberschlesien. p. 310 p.p. 

1870. — spec. — _ p- 311. 

1872 —75. — cor testudinarium Geinitz. Elbthalgeb. II. p. 11. Taf. 4, Fig. 1—4. 
1374. — Leskei Quensteor. Echiniden. Taf. 88, Fig. 2—4. 

1889. —  .cor testudinarium Frıc. Teplitzer Schichten. p. 99, Fig. 126. 


Micraster cor testudinarium besitzt einen sehr breiten Umriss und geringe Höhe. Der Scheitel liegt 
wenig vor der Mitte der Schale; die FĂŒhlergĂ€nge sind lĂ€nger als bei M. breviporus. 

Typisch in den Mergeln von Szezepanowitz (F. RoEMER's Micraster spec.). Obere Teplitzer Schichten, 
Strehlener PlÀner, Kagerhöhschichten, CuvieriplÀner Nordwestdeutschlands, in der französisch-englischen Ent- 
wickelung bezeichnend fĂŒr die unterste Zone des Senon. 


Vermes. 


Serpula macropus Sow. 
1828. Serpula macropus SoweErgy. Min. Conchology. Taf. 597, Fig. 6. 


1826— 32. — triangularis Gouvruss. ]. c. I. Taf. 70, Fig. 4. 
1872—75. — macropus Geinızz. Elbthalgeb. II. p. 201. Taf. 30, Fig. 10 —12. 
1833. —_ — Frıc. Iserschichten. p. 128, Fig. 115. 


Die Röhre ist im Durchschnitt dreieckig, indem ein scharfer Kiel die Oberseite durchzieht. Ring- 
förmige Verdickungen finden sich in ungleichen AbstÀnden. $. macropus findet sich meist mit der breiten 
Basis auf den Schalen von Inoceramus Brongniarti aufgewachsen. 

Von Oppeln S. PlÀnerkalk von Strehlen, Iserschichten. Sonst im Senon. 


Serpula gordialis Scar. 
1833. Serpula gordialis Govoruss. 1. c. I. p. 240. Taf. 69, Fig. 7, 8, 10, 11; Taf. 70, Fig. 17, 18; Taf. 71, Fig. 4. 


1846. —_ planorbis Reuss. Böhm. Kr. I. p. 106. Taf. 42, Fig. 19—22. 

1346. —_ gordialis Geinırz. Grundr. p. 251. Taf. 16, Fig. 20—22. 

1346. _ spirographis — — —_ _ — 

1850. _ plexus SowErgy bei Dıxox. Sussex. p. 353. Taf. 28, Fig. 12. 

1872—73. Serpula gordialis Storiczra. Pal. Ind. Cret. Fauna. IV. p. 64. Taf. 29, Fie. 7, 8. 
1872—75. — — Geimirz. Elbthalgeb. I. p. 282. Taf. 63, Fig. 2, 3. II. Taf. 37, Fig. 3, 4. 
1889. — —_ Frıc. Teplitzer Schichten. p. 96, Fig. 122. 

1893. — — Frıc. Priesener Schichten. p. 109. 


Die regelmĂ€ssige, glatte Schale beginnt mit ĂŒber einander liegenden Windungen, welche sich in 
sanft gebogenen Röhren fortsetzen. Die Dicke nimmt sehr langsam von 1 bis 2 mm zu. Einzeln oder 
haufenweise. 

Kosmopolitisch in der Jura- und Kreideformation. In Oppeln, von wo sie GEINITz zuerst anfĂŒhrt, 
findet sich diese Serpula meist in den sĂŒdlichen BrĂŒchen auf Inoceramen. 


Crania barbata v. Hasenow. 43 


Serpula granulata Sow. 


1828. Serpula granulata Sowergy. Min. Conch. Taf. 597, Fig. 7, 8. 


1841. — = A. Rormer. Nordd. Kr. p. 102. 

. 1845. —_ — Reuss. Böhm. Kr. p. 20. Taf. 13, Fig. 96. 
1872—75. — — Gemuzz. Elbthalgeb. II. p. 201. Taf. 37, Fig. 13. 
1889. — _ Frıc. Teplitzer Schichichten. p. 97. 


Die kleine Röhre ist scheibenförmig zusammengerollt, aufgewachsen, nur die MĂŒndung ist auf- 
gerichtet. Die OberflÀche ist mit feinen, erhabenen, gekörnten Linien besetzt. 
PlÀnerkalk von Strehlen, Teplitzer Schichten von Bilin; sonst Senon. 


Molluscoidea. Bryozoa. 
Ordn. Cheilostomata Busk. 


Hippothoa desiderata Novar. 
1877. Hippothoa desiderata Novar. Bryoz. der böhm. Kr. p. 86. Taf. 2, Fig. 1, 2. 
Oppeln; bisher nur aus den Teplitzer Schichten von Hundorf bekannt. 


Membranipora confluens Russ. 


1846. Escharina confluens Reuss. Böhm. Kr. p. 68. Taf. 15, Fig. 22. 
1872. Membramipora confluens Reuss in Gen. Elbthalgeb. II. Taf. 24, Fig. 14. 
1877. — _ Novax. Bryoz. p- 87. Taf. 2, Fig. 17, 18. 


Ein Exemplar auf Holaster planus aufsitzend. 
Cenoman von Bilin, Turon von Hundorf und Strehlen. 


Membranipora elliptica v. Hac. 


1872. Membranipora elliptica Reuss in Gem. Elbthalgeb. I. p. 101. Taf. 24, Fig. 4, 5; Taf. 25, Fig. 7. 
1877. — —_ Nova. p. 89. Taf. 2, Fig. 11—16. 


Von Groschowitz auf Micraster breviporus, von Oppeln auf Ostrea hippopodium aufsitzend. 
Sehr verbreitet im böhm.-sĂ€chsischen Cenoman und Turon; weisse Kreide von RĂŒgen und Frankreich. 


Brachiopoda. 
Inarticulata Hux. 
Fam. Craniidae ForBes. 


Crania barbata v. Hagenow. 
1842, Crania barbata v. Hasznow. N. Jahrb. f. Min. p. 551. Taf. 9, Fig. 2. 


1866. —  Ignabergensis SchLoEngAcH. Palaeontographica XIII. Taf. 3 (40), Fig. 23—25. 
1870, — — F. Rormer. Oborsehlesien. p. 314. Taf. 34, Fig. 4, 5. 
1872—75.— barbata Gzeinızz. Elbthalgeb. II. p. 28. Taf. 8, Fig. 1, 2. 


1889. _ — Friıc. Teplitzer Schichten. p. 87. Fig. 87 (Copie). 


44 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Von Orania Ignabergensis durch die grössere Zahl und GleichmÀssigkeit der von dem nahe am 
Hinterrande gelegenen Scheitel ausstrahlenden Linien verschieden. Die beiden von F. RoegmErR unter dem 
vorigen Namen abgebildeten Schalen sind bisher die einzigen Exemplare von Oppeln. Sonst findet sich 
Crania barbata, ebenfalls selten, im Strehlener PlÀner, den Teplitzer Schichten (Hundorf), sowie in der se- 
nonen Kreide von RĂŒgen und Möen. 


Articulata Hvx. 
Fam. Rhynehonellidae Grar. 


Rhynchonella plicatilis Sow. 


1868—71. Terebratula octoplicata Quexnstepr. Brachiopoden,. p. 168. Taf. 41, Fig. 55—77. 

1870. Rhynchonella plicatilis F. Rormer. Oberschlesien. p. 313. Taf. 34, Fig. 6, 7. 

1872— 75. — —  Geisırz. Elbthalgeb. II. p. 26. Taf. 7, Fig. 5—15 (woselbst die Ă€ltere Literatur). 
1878. — —-  DBenrens. Z. D. G. G. Bd. 50. p. 252. u. ö. 


Diese hÀufig vorkommende Art findet, sich in mehreren VarietÀten: 

1) Rh. plicatilis s. str. Hierher gehören F. Rormer’s Originale. 

2) var. octoplicata — Terebratula octoplicata Quenst. Brachiop. Taf. 41, Fig. 72, 73 (von Oppeln). 

3) var. Mantelliana — Terebratula Mantelliana Sor., in Oppeln selten. 

4) var. pisum = Terebr. cf. pisum QUENSTEDT, Brachiopoden Taf. 41, Fig. 74—76 (von Oppeln). 

Ihr gehört die Mehrzahl der Oppelner Exemplare an. 

In Oppeln in allen Stufen sehr hÀufig, in Groschowitz noch unbekannt. Unt. Turon von Nieder- 
schlesien, Labiatusschichten Sachsens, Strehlener PlÀnerkalk, in Böhmen von den Korycaner bis in die Tep- 
litzer Schichten, unteres Turon von Wollin, ScaphitenplÀner Westphalens, Zone der Hol. planıs und Zone 
des Epiaster brevis im Pariser Becken u. ö. 


Terebratulidae Kıyc. 


Terebratula semiglobosa Sow. 


1868—71. Terebratula semiglobosa Quesstent. Brachiop. p. 378. Taf. 48, Fig. 49, 51. 


1870. _ — F. Rormer. Oberschlesien. p. 313. Taf. 34, Fig. 9. 
1872— 175. —_ _ Gemizz. Elbthalgeb. II. p. 23. Taf. 7, Fig. 4a, 4b. 
1878. — —_ BeuRrens. 1. c. p. 259. 

1889. —_ _ Frıc. Teplitzer Schichten. p. 87, Fig. 88. 


Sehr variabel und hÀufig mit 7. carnea Sow. identificirt. Als solche werden flachere Formen be- 
zeichnet, welche deutlich concentrisch gekielt sind. Dieselben bilden in Oppeln etwa '/, der gesammten Menge. 
Eine der hÀufigsten Arten in den Brongniarti- und Scaphitenschichten von Oppeln, bereits in Groschowitz. 


Sehr verbreitet. PlÀnerkalk von Strehlen, Teplitzer Schichten, Turon von Wollin, Scaphitenschichten 
Westphalens, oberes Turon von England. 


Pecten cretosus DErFR. 45 


Terebratulina gracilis SchLorn. 


1864—66. Terebratulina gracilis ScuuöngacH. Palaeontographica XII, p. 287 (Ă€ltere Lit.) 


1870. — — F. Roruer. Oberschlesien. pp. 314, 343. Taf. 37, Fig. S, 9. 
1372 —75. —_ — Geiz. Elbthalgeb. II. p. 24. Taf. 7, Fig. 18 (cum syn.) 
1878. —_ rigida BeHrens. Wollin. p. 254. 

18339. _ gracilis Frıc. Teplitzer Schichten. p. 88, Fig. 89. 


Diese Art findet sich selten in Brongniarti-Kalkmergel von Groschowitz, hÀufiger in den gleichaltrigen 
Schichten in Oppeln in meist sehr kleinen, ca. 3 mm hohen Exemplaren, deren Vorkommen sich fast aus- 
schliesslich auf gewisse thonige BĂ€nke, mit welchen die Brongniartizone nach oben abschliesst, in den 
BrĂŒchen sĂŒdlich und nördlich der Stadt beschrĂ€nkt. Auch von der Rothen MĂŒhle bei Bladen durch F. 
RoEMmer bekannt. 

Oberer PlÀnerkalk von Strehlen, Teplitzer Schichten, oberes Turon von Wollin, Leitfossil der Brong- 
niartizone im Pariser Becken; auch in der Scaphitenzone Nordwestdeutschlands und besonders in England. 


Terebratulina striatula Maxr. 


1366. Terebratulina chrysalis ScaLöngacHh. Pal. Studien ĂŒber Kreide-Brachiop. Taf. 38, Fig. 3. 


1870. — striata F. Rosmer. Oberschlesien. p. 314. Taf. 34, Fig. 8. 

1571. — striatula Quesstepr. Brachiopoden. Taf. 44, Fig. 29, 30. 

1872— 75. —_ —  Gemisz. Elbthalgeb. I. p. 155. Taf. 36, Fig. 39—41 (cum syn.) 
1889. _ chrysalis Frıc. Teplitzer Schichten. p. 88, Fig. 90. 

1893. — —_ — Priesener Schichten. p. 103. 


Nicht ganz selten in Groschowitz und den nördlichen BrĂŒchen von Oppeln, aber meist in kleinen 
Exemplaren. 
Sehr verbreitet im Turon und Senon. 


Mollusca. Lamellibranchiata. 
Anisomyaria Nrum. 
Fam. Peetinidae Lam. 


Pecten Dujardini A. Rorm. 


1834. Pecten ternatus GoLvruss. ]. c. II. p. 52. Taf. 91, Fig. 13. 
1870. —  Dujardini F. Rormer. Oberschlesien. p. 316. Taf. 37, Fig. 5. 
1872—75. Pecten Dujardini Geiz. Elbthalgeb. II. p. 34. Taf. 10, Fig. 10—13 (cum syn.) 


Sandiger Mergel westlich von Bladen. 
Sehr selten in den BrĂŒchen sĂŒdlich von Oppeln. Sonst sehr verbreitet. 


Pecten cretosus DEFRANCE. 


1870. Pecten cretosus F. Roemer. Oberschlesien. p. 316. Taf. 37, Fig. 6. 
172. —_ — _ Gemmmz. Elbthalgeb. II. p. 34. Taf. 10, Fig. 5, 6 (cum syn.) 


In Oppeln selten. Sonst weit verbreitet. 


46 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Pecten Nilssoni GoLDr. 
1834. Pecten Nilssoni GoLvruss. II. p. 76. Taf. 99, Fig. 8. 


1841. — — A. Rormer. Nordd. Kr. p. 50. Taf. 8, Fig. 5. 

1846. —_ — A.E. Reuss. Böhm. Kr. II. p. 26. Taf. 39, Fig. 1—3. 
1872. — —  Gemımz. Elbthalgeb. II. p. 33. Taf. 9, Fig. 15—18. 
1878— 93. — —  Fkıc. Studien böhm. Kreideform. II—V. 

1878. _ — Benrens. Z. D. G. Bd. 30, p. 259. 


Aus den nördlichen und sĂŒdlichen BrĂŒchen von Oppeln und dem kalkigen Mergel von Bladen. Sehr 


verbreitet im böhmisch-sÀchsischen Turon. Oberes Turon von Wollin. Sonst Senon. 


Pecten sp. 
1870. Pecten sp. F. Rormer. Oberschlesien. p. 340. 
Die StĂŒcke aus dem sandigen Mergel von Bladen erlauben keine nĂ€here Bestimmung. 


Vola quinquecostata Sow. 


1870. Janira quinquecostata F. Rormer. Oberschlesien. p. 340. 
1872—75. Vola Geinızz. Elbthalgeb. I. p. 201. Taf. 45, Fig. 8, 9. II. Taf. 10, Fig. 17, 18 (cum syn.) 


Im sandigen Mergel von Bladen. 
Die Art ist vom Cenoman bis ins Senon verbreitet. 


Fam. Limidae D’Ore. 


Lima Hoperi Manr. 


1870. Lima Hoperi F. Roermer. Geol. v. Oberschlesien. p. 315. Taf. 34, Fig. 10. 
1872—-75.— -— Gemurz. Elbthalgeb. II. p. 40. Taf. 9, Fig. 11, 12. 


Diese Art ist in Oppeln gegen Rormer’s Angabe sehr selten; sie findet sich jedoch in sehr grossen 


Exemplaren. Nicht selten im böhmisch-sÀchsischen gesammten Turon; Mergel von Lysolaye (Lublin), Cuvieri- 
zone Nordfrankreichs. Mucronatenschichten von Aachen. 


Lima Sowerbyi Gein. 


1872—77. Lima Sowerbyi Geiz. Elbthalgeb. II. p. 41. Taf. 9, Fig. 15, 14. 
1878. —_ _ Frıc. Weissenberger Schichten. p. 133. Fig. 120. 


Die Schale ist nicht oder nur schwach gestreift, stÀrker, nur die Form runder und weniger schief, 


als bei L. Hoperi, der Winkel der Seitenkanten sehr stumpf. Diese Art ist von L. Hoperi bestimmt zu 
trennen. Sie besitzt eine bedeutendere Breite und Wölbung als diese. 


Findet sich selten in Oppeln. Kommt im mittleren und oberen Turon Sachsens, den Weissenberger 


und Teplitzer Schichten Böhmens vor. 


Inoceramus Brongniarti Sow. 47 


Lima elongata Sow. 


1570. Lima elongata F. Roener. Oberschlesien. p. 343. Taf. 29, Fig. 1. 
1872— 75. — —  Gemızz. Elbthalgeb. II. p. 40. Taf. 9, Fig. 9—-10 (cum syn.) 


Kalkmergel von Bladen. In Cenoman und Turon weit verbreitet. 


Lima pseudocardium Revss. 


1872—75. Lima pseudocardium Gemwızz. Elbthalgeb. II. p. 204. Taf. 42, Fig. 14, 15. 
1878. _ _ Frıc. Weissenb. und Maln. Schichten. p. 133, Fig. 120. 


Kalkmergel der rothen MĂŒhle bei Bladen. Cenoman und Turon der sĂ€chsisch-böhmischen Provinz. 


Fam. Pernidae Zımr. 


Inoceramus GOLDE. 


Da diese Gattung trotz der zahlreichen Behandlung durch mehrere Autoren, darunter ZınteL, Ger- 
sıTz und SCHLÜTER, noch immer der Bestimmung die grössten Schwierigkeiten bereitet, so muss hier nĂ€her 
auf dieselbe eingegangen werden. Wir weichen nur wenig von SchLĂŒĂ¶rer‘! ab, dessen Nomenclatur wir im 
ganzen aufnehmen und nach dessen Vorbilde wir vorzugsweise die trefllichen GoLpruss’schen Abbildungen 
zu Grunde legen. 


Inoceramus Brongniarti Sow. 


Unter diesem Namen sind bereits zahlreiche VarietÀten vereinigt worden, die vielleicht spÀter wieder 
als Arten getrennt werden dĂŒrften. Allein zahlreiche UebergĂ€nge erschweren die Trennung und rufen den 
Eindruck hervor, dass hier Reihen vorliegen, welche der Entwickelung aus einer Stammform zu verdanken 
sind. Dieselbe stellt sich folgendermassen dar: 


Luz In. Oripsii Max. 
Zone | 
iten- DD 
nn In. Cwieri Sow. In. planus MĂ€xst. 
Turon In. inaequivalvis SckLĂŒr. | | 
Brongniarti- 
Zone In. cordiformis Sow. In. annulatus Gpr. In. alatus Gnr. Im. Brongniarti Sow. In. latus Sow. 
Labiatus- S Be 
Zone 
\ In. striatus Geın. : In. labiatus Sow. 
Cenoman | 
! In. bohemicus 
Gault In. concentricus Park. 


t Palaeontographica XXV. Zur Gattung Inoceramus. 


48 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Als Stammform ist der cenomane Inoceramus bohemicus zu betrachten (s. oben). 
Wir unterscheiden im oberschlesischen Turon folgende VarietÀten (Inoc. striatus GEN. p.p. ist auf 
das sÀchsische Turon beschrÀnkt): 


1) Inoceramus cordiformis Sow. 
_ — Goupruss, Petr. Germ. Taf. 110, Fig. 6b. 


Diese hochgewölbte VarietÀt characterisirt sich durch den Steilabfall der vorderen Seite und erinnert 


durch die starke KrĂŒmmung des schmalen Wirbels der rechten Schale bereits an Inoceramus involutus aus 
dem Emscher. Sie findet sich in Oppeln nicht selten, besonders in der Brongniartizone. 


9) Inoceramus inaequivalvis SCHLÜT. 
— striatus GoLpruss. Petr. Germ. Taf. 112, Fig. 2. 


Diese ungleichklappige VarietÀt findet sich nicht selten im Oppelner Turon, besonders der Scaphiten- 
zone, sowie in beiden Turonstufen von Bladen. 


2) 


3) Inoceramus alatus GoLpruss. Petr. Germ. Taf. 112, Fig. 3. 


Diese seltene VarietĂ€t ist durch einen starken FlĂŒgel ausgezeichnet. Die Schale ist mĂ€ssig gewölbt 
und trÀgt weniger hohe Falten. Der Wirbel ist spitz. 

Es liegt mir nur ein grosses Exemplar dieser VarietÀt aus der Brongniartizone von Oppeln S. vor, 
ein kleineres aus der Scaphitenzone von Bladen und die als In. undulatus bezeichneten Jugendexemplare. 


4) Inoceramus annulatus GoLpruss. Petr. Germ. Taf. 110, Fig. 7. 


Diese flache VarietĂ€t besitzt nur einen sehr kleinen FlĂŒgel; die Falten sind Ă€usserst regelmĂ€ssig. 
Ihr gehören die meisten Oppelner Exemplare an, darunter die grössten, welche eine LÀnge bis 40 cm erreichen. 


4) Inoceramus Brongniarti Sow. sensu stricto. 
— — Goupruss. Petr. Germ. Taf. 111, Fig. 3. 

Diese VarietÀt ist in Oppeln verhÀltnissmÀssig selten; sie findet sich noch im Scaphitenmergel, 
sowohl in Oppeln wie in Bladen. 

Unter dem Namen Inoceramus undulatus hat A. Roemer (Nordd. Kreide, p. 63, Taf. S, Fig. 12) 
ein kleines Exemplar aus dem Oppelner Turon abgebildet, das wie die daselbst nicht selten auftretenden mit 
dieser ĂŒbereinstimmenden Exemplare mit breitem FlĂŒgel, ĂŒber welchen sich die Falten fortsetzen, als Jugend- 
zustÀnde des Inoc. alatus aufzufassen ist. Die Schalen, welche zu dieser Art gehören, sind sehr flach, die 
Wirbel nach dem FlĂŒgel zu eingerollt. Möglicherweise stellen sie jedoch nur den Jugendzustand der ganzen 
Art dar, der sich bei var. alatus am besten erhalten hat. 


Inoceramus labiatus SCcHLoTH. 


1822. Inoceramus mytiloides Manzerr. Sussex. Taf. 20, Fig. 2. 
1826—33. — _ Gouoruss. ]. c. Taf. 113, Fig. 4. 
1846, —_ = Revss. Böhm. Kreide. Taf. 37, Fig. 16. 
1870. _ latus F. Roemer. Oberschlesien. Taf. 134, Fig. 12. 


Pinna spec. 49 


Der In. labiatus erscheint in zwei VarietÀten, einer schmÀleren (mytxloides) und einer breiteren, 


welche schon In. latus Sow. nahe steht. 


In. labiatus findet sich in Oppeln noch im Brongniartimergel und der Scaphitenzone, von wo er 


nur noch aus dem Pariser Becken bekannt ist. 


STROMBECK im ScaphitenplÀner Nordwestdeutschlands. 


BrĂŒche (Scaphitenzone), sowie besonders in den 
obersten BĂ€nken der nördlichen BrĂŒche von Oppeln. 


Inoceramus latus Sow. 


Min. Conchol. p. 610. Taf. 582, Fig. 1, 2. 


18520. Imoceramus latus SOWERBY. 
Pal. franc. eret. Acephal. p. 513. Taf. 408, Fig. 1, 2. 


1843. _ — D’/ORBIENY. 


Sehr selten in den höheren Lagen der nördlichen BrĂŒche von Oppeln (Scaphiten-Schichten). Nach 
Französisches und englisches Turon. 


Inoceramus Cuvieri Sow. 


1820. Imnoceramus Cuvieri Sowergy. Min. Conchol. Taf. 441, Fig. 1. 


1322. _ Lamarcki MaxterL. Sussex. Taf. 27, Fig. 1. 
_ Brongniarti — — Taf. 27, Fig. 8. 


Cuvieri GoLpruss. 1. c. Taf. 111, Fig. 1. 


HĂ€ufig in den oberen Lagen der sĂŒdlichen 


Inoceramus Cripsii Mant. — Textfigur 6. 


1322. Inoceramus planus v. MĂŒnster bei GoLDruss. 
Taf. 113, Fig. 1a—c. 

Diese sonst nur aus dem Senon von Halden 

bekannte breite, flache Form mit concentrischer 

Streifung, welche SCHLÜTER zu Im. Oripsii zieht, 

liest nur in einem Exemplar von Oppeln vor. 


Fig. 6. Inoceramus Cripsii Mant, t/, d. nat. Gr. 


Fam. Pinnidae Gray. 


Pinna spec. 
1870. Pinna spec. F. RoEmEr. Geol. von Oberschlesien. p. 344. 


Das StĂŒck aus dem (Scaphiten-) Kreidemergel von Hohndorf erlaubt keine nĂ€here Bestimmung. 


Palaeontographica. Ed. XLIYV. 


50 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Fam. Spondylidae Graz. 


Spondylus spinosus Sow. 


1814. Plagiostoma spinosum Sowerey. Min. Conchology I. Taf. 78. 
1870. Spondylus spinosus F. Rormer. Oberschlesien. p. 315. Taf. 34, Fig. 11. 
1875. — —  Gezimumz. Elbthalgeb. II. p. 31. Taf. 9, Fig. 1—3 (Lit.) 


Der hÀufigste Zweischaler des Oppelner Turon. Bereits im Groschowitzer Kalkmergel. 


Spondylus latus Sow. 
1814. Diauchora lata Sowerey. Min. Conchol. Taf. 80, Fig. 2. 


1822. 2 obligqua Manteiv. Sussex. Taf. 25, Fig. 1; Taf. 26, Fig. 12. 

1834—46. Spondylus lineatus Gororvss ]. c. Taf. 106, Fig. >. 

1850. — latus Dixon. Sussex. Taf. 28, Fig. 30, 31. 

1870. —_ striatus F. Rosmer. Oberschlesien. p. 315. Taf. 37, Fig. 4. 

1872— 75. _ latus Geinızz. Elbthalgeb. I. p. 187. Taf. 42, Fig. 4—6. II. Taf. 8, Fig. 18—21. 


Das Original F. Rormer's, Taf. 37, Fig. 4, ist ein Schalenexemplar; der vorstehende Rand auf der 
Zeichnung gehört der festgewachsenen Unterschale an. 
Nicht selten in den nördlichen BrĂŒchen von Oppeln. 


Spondylus striatus Sow. 


1815. Diauchora striata Sowerey. Min. Conch. Taf. 80, Fig. 1. 
1834—46. Spondylus striatus Gorpruss. 1. c. ‚Taf. 106, Fig. 5. 


1346. — —  Reuss. Böhm. Kreide. II. p. 37. Taf. 40, Fig. 5, 10, 11. 
1870. —_ — F. Rormer. Oberschlesien. p. 315 p.p. Taf. 37, Fig. 3. 
1372—75. Gemirz. Elbthalgeb. I. p. 156. Taf. 42, Fig. 1, 2. 

1878. — —  Bearens. Z.D. G. Ges. XXX. p. 259. 

1878. _ —  Ferıc. Weissenb. Schichten. p. 138. 


Die Wölbung der Schalen dieser Art ist stÀrker als bei Sp. lafus, ihre grösste Höhe liegt dem 
Rande nÀher als dem Wirbel. Die Rippen sind minder zahlreich und gröber. 

Selten in Oppeln N. Diese sonst im Cenoman verbreitete Art findet sich auch in den Weissen- 
berger Schichten und dem unteren Turon von Wollin. 


Fam. Ostreidae Lam. 


Exogyra lateralis Nınss. 
1870. Exogyra lateralis F. Rormer. Oberschlesien. p. 341. Taf. 29, Fig. 4, 5. 


1872—75. — —  Geinırz. Elbthalgeb. I. p. 179. Taf. 41, Fig. 283—35. II. Taf. 8, Fig. 15—17. 
1871. —  canaliculata Srouıczka. Cret. Faun. South India, Pelecypoda, p. 463. Taf. 48, Fig. 6—8. 
1887. — = G. MĂŒrter. Jahrb. preuss. geol. Landesanst. p. 402. 

1889. —  lateralis Houzarrer. Aachener Kreide. Palaeontogr. XXXV. p 256. 


Einzelne Klappen dieser verbreiteten Art sind nicht selten. 
Sandiger Mergel westlich von Bladen (unt. Turon). Vom Cenoman bis ins Senon verbreitet. 


Crassatella reeularis D’ORe. 51 


Ostrea semiplana Sow. 


0. Ostrea sulcata F. Roener. Oberschlesien. p. 341. Taf. 29, Fig. >. 
2—75. Ostrea semiplana Gemuz. Elbthalgeb. II. p. 29. Taf. S, Fig. S—-11, cum syn. 
1888. — _ Horzarrer. Moll. der Aachener Kreide. p. 251. Taf. 28, Fig. 5, 6. 


Nicht selten im sandigen Mergel W. von Bladen bei LeobschĂŒtz. Cenoman bis Senon. 


Ostrea hippopodium Nızss. 


1870. Ostrea hippopodium F. Rormer. Oberschlesien. p. 317. Taf. 37, Fig. 7. 
1889. _ — Horzaprer. Aachener Kreide. Palaeontogr. XXXV. p. 252. Taf. 29, Fig. 3—7. 


Sehr hÀufig im Brongniartimergel von Groschowitz und Oppeln. Die Art ist in der ganzen oberen 
Kreide verbreitet. 


Homomyaria. 

Fam. Arcidae Lam. 
Cucullaea Lan. 
Subgenus: Idomearca Üonr. 
Cucullaea glabra Geimutz. 


1872—75. Arca glabra Grmimz. Elbthalgeb. I. p. 251. Taf. 49, Fig. 1-3. — Bladen bei LeobschĂŒtz. 


Cucullaea Passyana »’Ore. 
5 1843. Cucullaea Passyana v’OrzBıeny. Pal. france. Terr. cret. Taf. 327, Fig. 1, 2. 


Einige Steinkerne von ĂŒbereinstimmender Form mit der französischen Art. — Kalkmergel von Bladen. 


Fam. Trigoniidae Lam. 
. Trigonia cf. parvula Reuss. — Textfigur 7. 
1846. Trigonia parvula Reuss. Verst. böhm. Kreidef. II. p. 5. Taf. 41, Fig. 4. 
Ein Steinkern, der mit der Reuss’schen Art in der Form völlig ĂŒberein- 


stimmt, jedoch die doppelte Grösse besitzt, wurde von mir in der Brongniarti- _. ER: 
Fig.7. Trigonia cf. parvula Reuss. 
Zone von Oppeln 8. gefunden. 


Die Reuss’sche Art stammt aus secundĂ€rer LagerstĂ€tte, den Pyropensanden von Trziblitz. 


Fam. Crassatellidae Zımr. 


Crassatella regularis D’Orz. 


1870. Crassatella regularis F. Rormer. Oberschlesien. p. 339. Taf. 29, Fig. 8. 
187275. — — Gemurz. Elbthalgeb. I. p. 225. Taf. 50, Fig. 4, cum syn. 
1878 


— — Frıc. Weissenb. und Malnitzer Schichten. p. 114, Fig. 71. 


529 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Sandiger Mergel von Bladen bei LeobschĂŒtz (Brongniartizone). 
Unterer PlĂ€ner von Plauen, PlĂ€nerkalk von Strehlen, Malnitzer Schichten in Böhmen, senoner GrĂŒn- 
sand von Kiesslingwalde, nordfranzösisches Senon. 


Fam. Lucinidae Dssn. 


Mutiella Ringmerensis Manr. var. sudetica. — Taf. er Zu, 


1370. Corbis rotundata F. Roruer. Oberschlesien. p. 340. 

1572—75. Mutiella Ringmerensis Geinızz. Elbthalgeb. II. p. 61. Taf. 16, Fig. 11—13. 

1378. = En Fric. Weissenb. und Maln. Schichten. p. 115, Fig. 75. 

Die von F. Rormer mit Corbis rotundata D’Ore. (Pal. fr. Taf. 280) identifieirten Steinkerne weichen 
von dieser durch stÀrkere Wölbung der Schale und stark entwickelte Anwachsstreifen ab und erinnern, wie 
Frıc ]. c. hervorhebt, an Corbis cordiformis D’Ore. (Taf. 281, Fig. 1, 2) aus dem französischen Neocom. 
Sie schliessen sich an M. Röngmerensis Gen. an, dessen Gleichstellung mit M. rotundata »'Ore. und M. 
coarctata ZirT. aus der Gosau indessen zu verwerfen ist. Die Exemplare von Bladen sind mit einem Theile 
der böhmischen als VarietÀt zusammenzufassen, die var. sudetica heisse. 

Sandiger Mergel von Bladen; UnterplÀner (Weissenb. und Malnitzer Schichten) von Böhmen. 


Fam. Cardiidae Lam. 


Cardium subdinnense n’Ore. 


1843. Cardium subdinnense D’Orzısny. Terr. cret. p. 35. Taf. 250, Fig. 1—3. 
1370. — - F. Rosmer. Oberschlesien. p. 342. Taf. 29, Fig. 7. 


Turoner Kalkmergel an der rothen MĂŒhle bei Bladen: französisches Turon. 


Fam. Tellinidae Lam. 
Tellina latistriata nov. nom. 

1870. Arcopagia circinalis F. Roruer. Oberschlesien. p. 3. Taf. 29, Fig. 9. 

Die von F. Rormer abgebildete Art stimmt keineswegs mit A. eörcinalis D’OrB. und auch sonst 
mit keiner der bisher bekannten Arten völlig ĂŒberein. Die OberflĂ€che ist mit regelmĂ€ssigen, scharfen, von 
einander weit abstehenden concentrischen Linien bedeckt. Nur ein Theil des hinteren Schalentheiles ist 
mit stÀrkeren Radialrippen versehen. 


Fam. Solenidae Lam. 


Siliqua truncatula Rauss. 


1846. Leguminaria truncatula Revss. Verst. böhm. Kreideform. Taf.. 36, Fig. 16, 17. 
1370. _ —_ F. Roeser. Oberschlesien. p. 342. 
1378. Siligua — Frıc. Weissenb. und Maln. Schichten. p. 123, Fig. 75. 
1393. = — — Priesener Schichten. p. 97. 


Gastrochgena cf. Ostreae GEN. 53 


Steinkerne aus dem Kalkmergel von Bladen. Weissenberger und Priesener Schichten in Böhmen. 
Zwei Schalen aus dem Kalkmergel von Oppeln. 

Schalen vierseitig, schmal. Die zarten Anwachsstreifen laufen concentrisch dem Hinter- und 
Aussenrande parallel. 


Fam. Myidae Des#. 
Corbula cf. angustata Sow. 
1864. Corbula angustata Zimmer. Bivalven der Gosaugebilde. p. 8. Taf. 1, Fig. Sa—t. 


Zwei kleine Schalen aus dem Kalkmergel von Groschowitz stimmen mit dieser Art nahezu ĂŒberein. 


Fam. Gastrochaenidae Grar. 
Gastrochaena amphisbaena Gornpruss. — Textfigur 8. 


1526—32. Serpula amphisbaena Goıpruss. ]. c. I. Taf. 70, Fig. 16. 
1545. Serpula amphisbaena Rzuss. Böhm. Kreide. I. Taf. 5, Fig. 29, 32. 


1350. Teredo —_ Dixox. Sussex. Taf. 28, Fig. 35. 

1570. —_ —_ F. Rorwmer, Oberschlesien. p. 317, Taf. 34, 
Fig. 14, 15. 

1571. Gastrochaena aspergilloides Srorıczra. Cret. F. Ind. Taf. 1, Fig. 11. 

1872. — amphisbaena Geinizz. Elbthgeb. I. Taf. 52, Fig. S—12. 

1837. E= — MĂŒtter. Jahrb. pr. geol. L.-A. p. 436. 


Im sandigen Mergel W. von Bladen, sowie nicht selten im 
Kalkmergel von Groschowitz und dem Scaphitenmergel der ÖOppelner 
BrĂŒche. Die Schale des Thieres selbst ist nirgends erhalten, es liegen 
nur BohrgÀnge von guter Erhaltung in grosser Menge vor. Dieselben 
sind von Kalkmergel ausgefĂŒllt; ihre WĂ€nde sind mit Kalkspath aus- 
gekleidet und tragen in regelmÀssigen AbstÀnden Ringe. Die Form der 
GÀnge ist grösstentheils geradlinig; nur der Beginn der Röhre ist durch 
eine Biegung derselben bezeichnet. Die Dicke der BohrgÀnge ist sehr 
verschieden und schwankt zwischen 3—15 mm im Durchmesser. Die 
einzelnen GĂ€nge behalten jedoch ihre MĂ€chtigkeit fast in der ganzen 
Erstreckung gleichmĂ€ssig bei. Auch hierin ist das Roemer’sche Original 
nicht ganz richtig aufgefasst und gezeichnet; dasselbe besteht aus zwei 
in einander laufenden BohrgÀngen von ganz verschiedener Dicke. 

Im Turon sehr verbreitet. Fig. 8. Gastrochaena amphisbaena GoLDpr. 


Gastrochaena cf. Ostreae Gem. 
1872—75. Gastrochaena Ostreae Geinıtz. Elbthalgeb. I. p. 234. Taf. 51, Fig. 11—18. 
Nicht die innere Schale, nur die keulenförmige Röhre, die sich schnell verengt, wurde mir in einem 
Exemplare aus dem Brongniarti-Kalkmergel von Groschowitz bekannt. 
Sonst nur aus dem böhmisch-sÀchsischen Cenoman bekannt. 


feiner, senkrecht zu ihnen verlaufenden, concentrischer Streifung. 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Scaphopoda. 


Dentalium polygonum Revss. 
1845. Dentalium polygonum Reuss. Verstein. böhm. Kreide, p. 41, Taf. 11, Fig. 5. 


1870. == decussatum F. Rormer. Oberschlesien, p. 342, Taf. 29, Fig. 14. 
1875. _ Rotomagense Geisırz. Elbthalgeb. II. p. 179, Taf. 30, Fig. 5. 
1889. E— polygonum Frıc. Priesener Schichten, p. 91, Fig. 101. 


Schwach gebogen, Durchschnitt rund, mit abwechselnd starken und schwachen LĂ€ngsrippen und 


bildung gezogene Art scheint die gleichen Merkmale zu besitzen. 
Fundort: Kalkmergel an der rothen MĂŒhle bei Bladen. PlĂ€nerkalk von Strehlen, Priesener Schichten. 


Spirallinien durchzogen und diese von Anwachslinien durchschnitten. 


Gastropoda. 
Fam. Pleurotomariidae n’Ore. 


Pleurotomaria linearis Manr. 
1822. Trochus linearis MAnterL. Sussex, 'p. 110, Taf. 18, Fig. 16, 17. 


1840. Pleurotomaria distineta Gsinızz. Char. II. p. 46, Taf. 13, Fig. S; Taf. 15, Fig. 18, 19. 


1841—44. _ —  Gorpruss. 1. c. III. p. 75, Taf. 187, Fig. 1. 

1541 —44. = velata — — p. 76, Taf. 187, Fig. 2. 

1841—44. — granulifera — — p- 76, Taf. 187, Fig. 3. 

1845 —46. — Iimearis Geinırz. Grundr. der Verstein. Kreide, p. 355, Taf. 15, Fig. 1. 
1846. — —  Reuss. Böhm. Kreide. I. p. 47. 

1850. - perspectiva Dıxox. Sussex, p. 358, Taf. 27, Fig. 27. 

1870. _ linearis F. Roemer. Oberschlesien, p. 318 p.p. Taf. 35, Fig. 2. 

1872. — —  Geimızz. Elbthalgeb. II. p. 165, Taf. 29, Fig. 10. 

1889. _ —  Feriıc. Teplitzer Schichten, p. 74, Fig. 48. 


Die von GEınıtz zu F. Roemer’s Ab- 


Die sehr niedrige Schale dacht sich gleichmÀssig und fast eben ab. Die OberflÀche ist von feinen 


Streifung der fiach gewölbten Basis und eine Kante in der Mitte jedes Umganges. 
HĂ€ufig im Scaphitenmergel von Oppeln, seltener im Groschowitzer Brongniartikalk. Sehr ver- 


breitet im Turon und Senon. 


Pleurotomaria perspectiva Manr. 


1822. Cirrus perspectivus Masterr. Sussex, p. 194, Taf. 18, Fig. 1221. 
1842. Pleurotomaria perspectiva vD’OÖrBIGNY. Pal. france. Terr. eret. II. p. 255. 


1870. - linearis F. Rormer. Oberschlesien, p. 318 p.p. Taf. 35, Fig. 1. 
1872—74. _ perspectiva Geinırz. Elbthalgeb. II. p. 166, Taf. 29, Fig. 11. 
1889. _ — Frıc. Teplitzer Schichten, p. 74, Fig. 49. 


Das Gewölbe ist höher als bei Pl. linearis, die Basis ebener, der Nabel enger. 


der OberflÀche zeigen keine Körnelung durch Anwachslinien. 
Turon von Oppeln S. PlÀnerkalk von Strehlen, Teplitzer Schichten, Kreide von Sussex und Kent. 


Charakteristisch ist die concentrische 


Die Spirallinien 


Aporrhais (Lispodesthes) ef. Reussi Grıy. 55 


Fam. Fissurellidae Rısso. 


Emargulina Buchi Geıix. 


1370. Emargulina Buchi F. Rosuer. Oberschlesien, p. 339, Taf. 29, Fig. 13. 
1872—75. — —  Gemızz. Elbthalgeb. I. p. 259, Taf. 58, Fig. 1. 


Brongniartimergel von Bladen; Cenomaner GrĂŒnsand von Oberau. 


Fam. Natieidae ForBEs. 


Natieca Gentii Sow. 


1870. Natica canaliculata F. Rormer. Oberschlesien, p. 339, Taf. 29, Fig. 15. 
1872—75. — GentĂŒ Gemuez. Elbthalgeb. I. p. 244, Taf. 54, Fig. 16; Taf. 29, Fig. 12—14, cum syn. 


Wenige Steinkerne liegen aus dem sandigen Mergel von Bladen vor. Die Art ist vom Cenoman 


bis ins Senon verbreitet. 


Fam. Turritellidae Gray. 


Turritella sexlineata A. Roruer. 


1370. Turritella sexlineata F. Rosmer. Oberschlesien, Taf. 29, Fig. 10. 
1388, _ — Horzaprer. Aachener Moll. I. p. 160, Taf. 20, Fig. 21—26, cum syn. 


Das Rorumer'sche Original gehört dem sonst auch als gwingquelineata bezeichneten Stadium an, in 
dem der sechste GĂŒrtel noch fehlt. 


Turoner Kalkmergel von Bladen. Turon und Senon. 


Turritella spec. 
Steinkerne, die zu dieser Art zu rechnen sind, liegen aus dem sandigen Mergel (Brongniartizone) 
von Bladen vor. 
Fam. Aporrhaidae ParLıppr. 
Aporrhais Divvey. 


Subgenus: Zispodesthes WEITE. 


Aporrhais (Lispodesthes) cf. Reussi Grm. — Textfigur 9a, b. 
1540—43. Rostellaria Reussi Geisızz. Char. p. 71, Taf. 18, Fig. 1. 
1345—46. _ — .. Reuss. Böhm. Kreide, p. 45, Taf. 9, Fig. 9. 
1851. —_ Parkinsoni Broxs. Lethaea geoen. 3. Aufl. p. 315, Taf. 321, Fig. 7. 
1812—75. _ Reussi Geinirz. Elbthalgeb. II. p. 169, Taf. 50, Fig. 9—11. 


1393. Aporrhais Reussi Frıc. Priesener Schichten, p. S4, Fig. 76. 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


or 
{er} 


Das Original, bisher das einzige Exemplar, von 
Oppeln S. ist stark verstĂŒmmelt; die ersten Um- 
gĂ€nge und der FlĂŒgel fehlen. Die Querrippen sind’ 
krÀftig und von einander um mehr als Eigenbreite 
entfernt. Sie stehen senkrecht zur Spindel, treten 
im letzten Umgange stark hervor und vereinigen 
sich nach unten zu rasch. Auf dem letzten Um- 
gange sind deutliche Spirallinien vorhanden. 


Strehlener PlÀner, sÀchsischer Baculitenmergel, 
Teplitzer und Priesener Schichten, Marterberg- 
Schichten bei Passau. 


Fig. 9a. Fig. 9b. 
Aporrhais cf. Reussi Gein. °/, d. nat. Gr. 


Helicaulax Buchi MĂŒnstzr. 


1870. Rostellaria cf. Buchi F. Rosmer. Oberschlesien, p. 342. 
1872—75. — —  Gemıtz. Elbthalgeb. II. p. 171, Taf. 30, Fig. 14. 
1378. — —  Frıc. Weissenb. und Malnitzer Schichten, p. 107, Fig. 51. 


Kalkmergel von Bladen. Strehlener PlÀnerkalk, Malnitzer Schichten, Priesener Schichten (nach 
Reuss), Senon von Haldem. 
Aporrhais spec. 
1870. Rostellaria spec. F. Rormer. Oberschlesien, p. 339, Taf. 29, Fig. 12. 
Ein speeifisch unbestimmbarer Steinkern aus dem Kalkmergel von Bladen. 


Fam. Volutidae Gray. 
Volvaria tenuis Reuss. — Taf. \, Fig. 6. 
1845. YVolvaria tenuwis Reuss. Böhm. Kreide, p. 50, Taf. 9, Fig. 20. 


Die Form ist eylindrisch, eingerollt, oben und unten sich wenig verschmÀlernd, das Gewinde nicht 
hervortretend. Die OberflÀche ist mit feinen Spirallinien bedeckt, die Spindel trÀgt vorn drei sehr schiefe 


Querfalten. 
Das Original stammt aus dem unteren Kalkmergel von Groschowitz, Nach Reuss im PlÀnermergel 


von Luschitz, Priesen und Postelberg (Priesener Schichten). 


Cephalopoda, 
Nautilus rugatus Fritsch und SCHLOENBACH. 


1870. Nautilus elegans F. Roemer. Oberschlesien, p. 319, Taf. 35, Fig. 4. 

1872. — rugatus FRITsSCH und SCHLOENBACH. Cephalop. der böhm. Kreide, p. 23, Taf. 12, Fig. 2. 
1872—75. — -- Geisızz. Elbthalgeb. II. p. 181, Taf. 31, Fig. 16. 

1873. - —  SchtĂŒrer. Cephalop. der oberen deutschen Kreide I. p. 173. 


Desmoceras clypealoides n. sp. 57 


Der grössere Theil der Oppelner Nautileen, welche ausserordentlich schlecht erhalten sind, gehört 
zu dieser Art, wie die scharfe Rippung andeutet. Die Originale RoemEr’s waren als N. elegans bestimmt, 
von GEINITZ aber bereits zu rugatus gezogen. 

Brongniarti- und Scaphitenzone. 


Nautilus sublaevigatus D’Ore. 


1573. Nautilus sublaevigatus REDTENBACHER. Cephalopodenfauna der Gosauschichten, p. 95, Taf. 22, Fig. 1. 
13872—75. — — Gzinıtz. Elbthalgeb. II. p. 182, Taf. 32, Fig. 1—3, cum syn. 


Schale glatt, eng genabelt; die ScheidewÀnde sind anfangs schwach gebogen und verlaufen dann 
gerade. Es sind schwÀchere und dickere VarietÀten zu unterscheiden. 

Nicht selten im Turon von Oppeln. Im gesammten sÀchsischen und böhmischen Turon, den Gosau- 
schichten, dem französischen und englischen Turon, sowie der Arrsaloor-Gruppe in Indien. 


Nautilus spec. 


Die Nautiliden aus dem sandigen Mergel (Brongniartizone) von Bladen sind nicht sicher zu be- 
stimmen. Die allgemeine Form erinnert an N. sublaevigatus D’ORB. 


Rhyncholithus simplex Frırsch und Schnöngach. — Taf. VI, Fig. 1a—c. 
1872. Rhyncholithus simplex Frırsch und SchröngacH. Cephalop. der böhm. Kreide, p. 25, Taf. 11, Fig. 4, 5. 
1872—75. — — Gemutz. Elbthalgeb. II. p. 181, Taf. 35, Fig. 9. 
Ein Oberkiefer, der einem Nautilus angehört, liegt von Oppeln S. vor (Scaphiten-Schichten). 
Nach Frıtsc# in den cenomanen Korycaner-Schichten, nach Gemırz im oberturonen Strehlener 
PlÀnerkalke. 


Ammonoidea. 
Fam. Desmoceratidae Zımr. 


Desmoceras celypealoides n. sp. — Taf. VI, Fig. 2a, b. 
1872—76. Ammonites cf. clypealis SchtĂŒrer. Cephalop. der oberen deutschen Kreide I. (Palaeontogr. XXI), p. 51, 
Taf. 15, Fig. 9—14. 

1393. Muniericeras clypeale GrossouvrRE. Les Ammonites de la craie super. de la France, p. 24. 

Das vorliegende Exemplar, bisher Unicum, aus der Scaphitenzone von Oppeln, steht dem Desmoceras 
elypeale SCHLÜTER aus dem Untersenon des Salzbergs bei Quedlinburg sehr nahe, ohne dass man jedoch 
beide identificiren könnte. Die UmgĂ€nge sind sehr schmal, zeigen einen scharfen RĂŒcken und sind durch 
die sichelfĂ¶ĂŒrmigen Rippen ausgezeichnet, welche SCHLÜTER nur auf Exemplaren mittleren Alters seiner Art 
wahrnahm und welche deutlicher sind als bei der senonen Art. Zwischen die stÀrkeren Rippen, welche 
sich in der Mitte theilen, schiebt sich je eine schwĂ€chere ein. Es sind 5 LabialwĂŒlste vorhanden. Die 


Lobenlinie ist nicht erkennbar. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 8 


58 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation .in Oberschlesien. 


Pachydiscus peramplus Maxr. 


1870. Pachydiscus peramplus F. Rormer. Oberschlesien, p. 319. Taf. 35, Fig. 5. 


1872. — _ SCHLÜTER. Cephalopod. der oberen deutschen Kreide. Palaeontographica XXI. p. 31. 
Taf. 10, Fig. 7—13. 

1372. — 2 Fritsch und ScHhtöngacH. Cephalopod. der böhm. Kreide, p. 38, Taf. 8, Fig. 1—4. 

1872-75. — _ Geisızz. Elbthalgeb. II. p. 189. Taf. 34, Fig. 4-7. 


Diese sehr variable Art erscheint in ihrem Jugendzustande bereits mit krÀftigen Rippen. Die aus- 
gewachsenen Exemplare erreichen sehr hÀufig bis 60 cm im Durchmesser. Das grösste von mir gemessene 
hatte 80 und 90 cm im Durchmesser und 24 cm Nabelweite. Wie weit diese Exemplare zu P. Lewesianus 
MaAnT. zu stellen sind, ist nicht zu entscheiden, da derselbe sich nur durch den steileren Abfall der letzten 
Windung zur NabelflÀche von peramplus unterscheidet und die Lobenlinie bei dem schlechten Erhaltungszustand 


nicht nachgewiesen werden konnte. 
Im gesammten Groschowitzer und Oppelner Turon hÀufig. Leitfossil des Turon. 


Fam. Prionotropidae Zırr. 


Prionotropis Woolgari Manr. 
1870. Ammonites Rhotomagensis F. ROEMEr. Oberschlesien, p. 339. Taf. 29, Fig. 15. 


1372. == Woolgari SchLĂŒĂ¶rer. Cephalop. Palaeontogr. Bd. 21. p. 25. Taf. 9, Fig. 1-5; Taf. 12, Fig. 5—6. 

1872. — — Ferırsch und Schtöngaca. Cephalop. der böhm. Kreide, p. 30, T. 2, Taf. 3, Fig. 1—3; 
T. 4, Taf. 14, Fig. 6. 

13872—75. — —  Gemırz. Elbthalgeb. II, p. 184, T. 53. 


Die Bestimmung RoEMmEr's wurde von SCHLÜTER corrigirt. 
Durch Ferv. RoEMER aus dem sandigen Mergel von Bladen in Oberschlesien bekannt. 
‘ Labiatus-PlĂ€ner Sachsens. Malnitzer und Weissenberger Schichten Böhmens. Characteristisch fĂŒr 
den mittleren Brongniarti-PlÀner Westfalens. Untere Kreide von Lewes, französisches Turon. 


Schloenbachia Bravaisiana n’Orz. — Taf. V, Fig. 4. 
1540. Ammonites Bravaisianus v’OrgıcnY. Pal. france Terr. cret. I. Cephalop. p. 308, Taf. 91, Fig. 3, 4. 
1872. _ = Frıc und SchröngacHh. Cephalopod. der böhmischen Kreide, p. 29, Taf. 8, Fig. 5; 
Taf. 16, Fig. 1 (male!). 

Der Kiel ist glatt und scharf, die Rippen sind paarweise ungleich, die lÀngeren am Innenrande zu 
kleinen Knoten erhöht. Die geringe Grösse des Ammoniten lÀsst die Vermuthung zu, dass er den Jugend- 
zustand eines unter anderem Namen bekannten darstellt. 

Das einzige vorliegende Exemplar stammt aus der Brongniartizone des Kalkmergels in Oppeln (N). 

Zuerst aus dem oberturonen Sandstein von Uchaux (Provence) bekannt, sonst nur noch im böhmi- 
schen Unter- und Mittelturon (Weissenberger- und Malnitzer Schichten). 


Helicoceras Reussianum D’ORB. 59 


Ammonitische Nebenformen: 


Bemerkung. In der Benennung der ammonitischen Nebenformen ist vorlĂ€ufig noch die ĂŒbliche 
Eintheilung nach Wachsthumserscheinungen beibehalten worden, obwohl die einzelnen Arten dieser kĂŒnstlichen 
Gattungen, wie schon lĂ€ngst erkannt, aber noch nicht weiter durchgefĂŒhrt worden ist, ihren Ursprung auf 
die verschiedensten Ammoniten-Geschlechter zurĂŒckfĂŒhren. So dĂŒrfte Zurrilites saxonicus auf Stephano- 
ceratiden, insbesondere auf Olcostephamus zurĂŒckgehen, wĂ€hrend die echten Turriliten, wie 7. costatus, von 
Acanthoceras abzuleiten sind. Auf Hoplites und zwar auf die Gruppe des A. interruptus geht Helicoceras 
Reussianum, sowie Helicoceras ellipticum zurĂŒck, wĂ€hrend die Arten mit runden, einfachen Rippen (meist 
Hamites) von der Gruppe des Lytoceras fimbriatum abstammen. 


Turrilites saxonicus SCHLÜT. 
1840. Turrilites undulatus Geinızz. Charact. p. 42, Taf. 13, Fig. 1. 


1849. Hamites polyplocus _ Quadersandsteingeb. p. 120 p.p. 

1870. Helicoceras — F. Rormer. Oberschlesien, p. 321, Taf. 36, Fig. 1. 

1872. Turrilites Geinitzi ScuLĂŒrer. Cephalop. der oberen deutschen Kreide I. p. 113, Taf. 35, Fig. 10. 
1874. — polyplocus Gemırz. Elbthalgeb. II. p. 195, Taf. 36, Fig. 1, 2. 

„1876. _ saxonicus SCHLÜTER. Cephalopoden II. p. 135. 


1389. Helicoceras polyplocum Frıc. Teplitzer Schichten, p. 71, Fig. 45. 


Bald rechts, bald links gewunden, mit starken, der LĂ€ngsaxe parallelen, zahlreichen Rippen. Die 
UmgĂ€nge, welche nur wenig an Dicke zunehmen, berĂŒhren sich mit Ausnahme der letzten freien Windung. 

Die Art steht 7. polyplocum A. RoEMER sehr nahe, welches nach ScHLĂŒTEr ausschliesslich im Senon 
von Westfalen vorkommt. 

Scaphitenzone von Oppeln. Strehlener PlÀnerkalk. Teplitzer Schichten. 


Helicoceras Reussianum D’ORe. 


1870. Helicoceras annulifer F. Roemer. Oberschlesien, p. 320, Taf. 36, Fig. 2. 


—  Toxoceras spec. — — p. 342. 
1872. Heteroceras Reussianum SCHLÜTER. Cephalop. der oberen deutschen Kreide, p. 109, Taf. 32, Fig. 13—21. 
1872—75. Helicoceras — Gemıtz. Elbthalgeb. II. p. 195, Taf. 35, Fig. 11, 12 (Ă€ltere Lit.). 
1878. _ armatus Frıc. Weissenberger und Malnitzer Schichten, p. 102. 
1883. — Reussianum Frıc. Iserschichten, p. 92. 
- 1889. _ —_ —  Teplitzer Schichten, p. 71, Fig. 44. 
1893. — == —  Priesener Schichten, p. 79, Fig. 62. 


Diese Art ist ein echter Helicoceras in dem Sinne, dass die UmgĂ€nge einander nicht berĂŒhren. 
Die Spirale ist mehr oder weniger weit auseinander gewunden. Die Rippen liegen um mehr als Eigenbreite 
von einander entfernt und tragen bei den Ă€lteren Individuen 4 Reihen von Knoten, welche an der RĂŒcken- 
seite in Spitzen auslaufen. Zwischen den starken Rippen liegen 3—5 feinere Falten, die bei jĂŒngeren 
Exemplaren oft fehlen. 


Im Kalkmergel von Bladen bei LeobschĂŒtz. HĂ€ufig in der Scaphitenzone der mittleren und nördlichen 
BrĂŒche von Oppeln. Leitfossil der Scaphitenzone in der böhmisch-sĂ€chsischen und der nordwestdeutschen 
Provinz. In Böhmen von den Weissenberger bis in die Priesener Schichten. 


60 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Helicoceras ellipticum Manr. 


1822. Hamites ellipticus MAnterL. Sussex, p. 122, Taf. 23, Fig. 9. 

1842. — alternans Geinırz. Charact. III. p. 68, Taf. 17, Fig. 36. 

1870. Toxoceras spec. F. Rozmer. Oberschlesien, p. 342. 

1872. Orioceras ellipticum SchtĂŒter. Cephalop. II. p. 164, Taf. 34, Fig. 1, 2. 

1872—75. Helicoceras ellipticum Geisırz. Elbthalgeb. II. p. 194. Taf. 35, Fig. 14, 15. 

Der Querschnitt ist elliptisch, die Dicke nimmt rasch ab: die Querrippen, welche um mehr als 
Eigenbreite gleichmĂ€ssig von einander abstehen, sind etwas nach innen zu geschweift. An ihrer RĂŒcken- 
grenze erheben sie sich zu Knoten, welche abwechselnd stÀrker und schwÀcher sind. 


Nicht selten im Oppelner oberen Turon, sowie im Kalkmergel von Bladen. Strehlener PlÀnerkalk, 
Priesener Schichten, ScaphitenplÀner Nordwestdeutschlands. 


Baculites spec. 
1870. Baculites spec. F. Rormer. Oberschlesien, p. 3 
1870. —_ anceps _ — p- 32: 


Aus dem Turon von Oppeln. 

RoEmer’s Abbildung wurde von GEmITZ zu B. baculoides MAT. gezogen, dessen Art von SCHLÜTER 
zu Bac. bohemicus Frırsch und SCHLÖNBACH gerechnet wird. Dieser ist nach SCHLÜTER der einzige Baculit 
des norddeutschen Turon und findet sich von der Brongniarti- bis in die Cuvierizone. Das Original erlaubt 
indess keine sichere Bestimmung. Baculiten von Àhnlich schlechter Erhaltung liegen vor, können aber eben- 
sowenig einer bestimmten Art zugerechnet werden. 


Das oben Gesagte gilt auch von BruchstĂŒcken aus dem Kalkmergel von Bladen. 


Hamites Grundeyi n. sp. — Taf. VI, Fig. 4. 


Das vorliegende BruchstĂŒck aus dem Oppelner Turon zeigt eine starke Biegung, die jedoch in einer 
Ebene verlÀuft. Die Rippen stehen eng gedrÀngt, kaum durch Eigenbreite von einander entfernt; bisweilen 
schieben sich schwĂ€chere Ripgen ein. Sie verlaufen annĂ€hernd senkrecht mit einer ganz geringen KrĂŒmmung 
gegen den stĂ€rkeren Theil und tragen am RĂŒcken zwei Knotenreihen. 


Ancyloeras oppoliense n. sp. — Taf. VI, Fig. 6a, b. 


Ein Fragment aus dem Oppelner Turon, wahrscheinlich der Scaphitenzone, zeigt den gleichen Quer- 
schnitt wie Aneyloceras Paderbornense SchuĂŒr. (Cephalop. der oberen deutschen Kreide II, p. 97, Taf. 30, 
Fig. 1, 2). Von dieser Form unterscheidet sich jedoch die unsere durch die grössere StÀrke der Rippen, 
die um etwas mehr als Eigenbreite von einander abstehen und annÀhernd geradlinig verlaufen, wÀhrend die 
Rippen der SchtĂŒrer'schen Form eng gedrĂ€ngt stehen und mehr convex verlaufen. Die 4 Knoten, welche 
unser Durchschnitt zeigt, sind jeder der gleichmÀssig starken Rippen eigen, 


Scaphites auritus SchtĂŒr. 61 


Ancyloceras recurvatum n. sp. — Taf. VI, Fig. 5. 


Die KrĂŒmmung ist so betrĂ€chtlich, dass wir die vorliegenden StĂŒcke zu Ancyloceras stellen. Die 
Rippen sind krÀftig, gleichmÀssig und um etwas mehr als Eigenbreite von einander entfernt. Sie sind stark 
nach rĂŒckwĂ€rts geschwungen und endigen auf dem RĂŒcken in zwei Knotenreihen. 

Ob die Art mit F. Rormer's Hamites ellipticus Mast. (Oberschlesien, p. 332, Taf. 37, Fig. 10, 11) 
identisch ist, kann ich nicht angeben, da das Original nicht aufgefunden werden konnte. Die schematische 
Zeichnung kann kaum in Betracht gezogen werden. Dieselbe erinnert an Anfangswindungen von Helicoceras 
Reussianum. F. Roemer identificirte die Oppelner Art mit seinen Funden aus dem polnischen Senon (Taf. 39, 
Fig. 6), welche ScHLĂŒrEr (Cephalop. p. 97) als Ancyloceras retrorsum SchvĂŒr. bestimmte, Die Art aus dem 
Oppelner Turon reicht indess von der senonen betrÀchtlich ab. 


Toxoceras nodiger F. RormEr. 
1870. Toxoceras nodiger F. Roxmer. Oberschlesien, p. 341, Taf. 29, Fig. 19—21. 


SchtĂŒrer (Palaeontographica Bd. XXI, p. 26) vermuthet, dass diese Art mit Helicoceras ellipticum 
Mant. ident sei; sie unterscheidet sich von dieser jedoch durch das engere Zusammenstehen der Rippen; 
ferner sind dieselben schwĂ€cher und verlaufen schief nach dem RĂŒcken, Die Biegung, welche unsere Bruch- 
stĂŒcke zeigen, machen es wahrscheinlich, dass unsere Art dem Toxoceras-Stadium angehört. 

Kalkmergel von Bladen und Mergel von Hohndorf bei LeobschĂŒtz. 


Scaphites Lamberti Grossouvre. — Taf. VI, Fig. 7, 8. 

1893. Scaphites Lamberti Grossouvre. Les Ammonites de la craie superieure de la France. 

1894. —_— cf — Jaun. Einige BeitrĂ€ge zur Kreide der böhm. Kreideform. Taf. VIII, Fig. 1. 

Schale mit wenigen, starken Rippen, welche sich theilen und in den jĂŒngeren Windungen noch 1—2 
accessorische Rippen zeigen. Der Uebergang zu Scaphites Geinitzi D’Org. ist allmĂ€hlich. In Fig. 7-ist eine 
Uebergangsform zur Darstellung gebracht worden. 

Im Oppelner Turon ziemlich selten. 


Seaphites Geinitzi D’ORB. 
1870. Scaphites Geinitzi F. Rormer. Oberschlesien, p. 320, Taf. 35, Fig. 6. 
Stark involut. Die Rippen sind eng gedrÀngt, zahlreich und fein. Nur die wenigsten stÀrksten 
Rippen erreichen den Nabel. 


In Oppeln hĂ€ufiger als Scaphites Lamberti in den Schichten ĂŒber den ThonbĂ€nken mit Terebratulina 
gracilis. Leitfossil des oberen Turons. 


Scaphites auritus SchzĂŒr. — Taf. VI, Fig. 9. 


1370. Scaphites spec. F. Rormer. Geol. von Oberschlesien, p. 334, Taf. 29, Fig. 17, 18. 
1871. Ammonites Bladensis ScntĂŒrer. Cephalopoden, Palaeontogr. Bd. 21, p. 30, Taf. 10, Fig. 5, 6. 
1873. Scaphites auritus E— — _ —  p. 77, Taf. 23, Fig. 7—9. 


623 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Haken stark entwickelt, weiter, offener Nabel, Mundsaum mit scharfem Wulst und Ohren. Die 
ersten UmgÀnge nur mit wenigen, regelmÀssigen Rippen oder glatt, auf den spÀteren nur wenig stÀrkere 
Falten, welche in der halben Höhe Knoten bilden und weiterhin sich in zahlreiche, gleichmÀssige, feine 
Rippen auflösen. Meist sind nur die innersten UmgÀnge erhalten. 

Ferp. ROEMER erkannte zuerst an den von A. Harrar an der rothen MĂŒhle bei Bladen gesammelten 
StĂŒcken die Zugehörigkeit zu Scaphites; seine Abbildung ergĂ€nzte das Original etwas zu frei. Cr. ScHLĂœĂŒTER 
bestimmte kurz darauf die BruchstĂŒcke des eingerollten Theiles vom gleichen Fundpunkte als Ammonites 
Bladensis, identifieirte dieselben aber spĂ€ter selbst mit vollstĂ€ndigeren StĂŒcken von Oppeln. 

Zahlreiche BruchstĂŒcke im Breslauer Museum. Turon (Scaphitenzone) von Bladen bei LeobschĂŒtz 
und Oppeln. Zone des Actinocamas plenus in den Ardennen (nach Barroıs), ScaphitenplÀner des Harzes 
(Heiningen, Salzgitter). 

Bemerkung. Eine gleichzeitig mit SCHLÜTER aufgestellte, ebenfalls weitgenabelte Art, welche 
von Fritsch und SchLöngBAacH den gleichen Namen Scaphites auritus erhielt, ist von GROSsoUvRE als Sca- 
phites Fritschi Gross. bezeichnet worden. 


Crustacea. 


Fam. Lepadidae. 


Pollieipes conieus Reuss. — Taf. VI, Fig. 11. 
1845. Pollieipes conicus Reuss. Böhm. Kreide, p. 17, Taf. 5, Fig. 43. 
1872. _ — Gzisirz. Elbthalgeb. II. p. 204. Taf. 37, Fig. 29. 
1889. — —  Fkıc. Teplitzer Schichten, p. 95, Fig. 119 (Copie). 


Von dieser Art kenne ich aus dem Oppelner Turon ein SchildstĂŒck (Scutum) und ein KielstĂŒck (Carina). 


Strehlener PiÀner, Teplitzer Schichten (Bilin). 


Pollicipes glaber A. Rormer. — Taf. VI, Fig. 10a—c. 


1841. Pollicipes glaber A. Rormer. Nordd. Kreide, p. 104, Taf. 16, Fig. 11. 

1845. —_ —  Revss. Böhm. Kreide, p. 17, Taf. 5, Fig. 45—49; Taf. 13, Fig. 86—91. 

1850. Xiphidium maximum Sowergy bei Dixon. Sussex, p. 353, Taf. 28, Fig. 6—8. 

1870—72, Pollieipes glaber Gzinırz. Elbthalgeb. II. p. 204, Taf. 37, Fig. 26, 27. 

1878. — — DBernrens. Z. D. G. Ges. Bd. 30, p. 250. 

Es liegen von drei verschiedenen Fundorten der Brongniartizone in Oppeln 3 SchildstĂŒcke (scutum), 
2 OberplÀttchen (Tergum) und 1 Carina vor. 

Nicht selten im Strehlener PlÀnerkalk, dem gesammten böhmischen Turon und Senon; im PlÀner 


von Hildesheim, im oberen Turon von Wollin und dem englischen Upper Chalk. 


Notidanus microdon Ac. 63 


Scalpellum maximum Darwın. 
1370. Scalpellum maximum F. Roruer. Oberschlesien, p. 322, Taf. 37, Fig. 14. 
Die unter dieser Bezeichnung von F. Rormer aus Oppeln beschriebenen 3 StĂŒcke, 2 Carinae und 
1 Tergum, gehören 3 verschiedenen Arten an und zwar das Tergum zu Pollicipes glaber. Nur die kleinere 
Carina (Fig. 14) scheint zu Scalpellum maximum zu gehören. Die Abbildung bei F. ROoEMER ist ungenĂŒgend 
und sei daher durch eine Wiedergabe in doppelter Grösse ersetzt. 
Upper Chalk. 


Scalpellum oppoliense Lrox#. — Taf. VI, Fig. 13a, b. 

1870. Scalpellum maximum F. Rosmer. Oberschlesien, p. 322, Taf. 37, Fig. 13. 

Die unter Fig. 13 von F. Roemer aus dem ÖOppelner Kalkmergel abgebildete Carina ist im Durch- 
schnitt durch den steilen Abfall der SeitenwÀnde ausgezeichnet. Die Carina ist trotz des deutlich ausge- 
prÀgten Kieles sehr flach und verschmÀlert sich nur schwach. Die Anwachsstreifen sind nur als Querstreifen 
entwickelt und bilden einen stumpfen Winkel. 

Am nÀchsten steht unsere Art dem Se. simplex Darwın aus dem Lower Greensand, von welchem es 
sich jedoch durch die Form der SeitenwĂ€nde und’den stumpferen Winkel der Anwachsstreifen unterscheidet. 


Maerura. 


Enoploclytia Leachi Rxuss. 


1854. COlytia Leachi Reuss. Denkschr. der Wiener Acad. d. W. Bd. VI. 
1872—75. Enoploclytia Leachi Geisırz. Elbthalgeb. II. p. 205, cum syn. 


Von dieser Art fanden sich im Oppelner Turon (Scaphitenzone) ein fast vollstÀndiger Cephalothorax 
(rechte Seite), sowie eine schlechter erhaltene, nur noch aus mur und tibia bestehende, linke Scheere. 
Die Art ist im Upper Chalk SĂŒdenglands, sowie in allen Stufen des Turons in Böhmen hĂ€ufig. 


Vertebrata. 
Pisces. Selachii. 
° Fam. Hybodontidae. 
Hybodus dentatus n. sp. — Taf. VI, Fig. 15a, b. 


Zur Gattung Hybodus, welche aus der Kreide nur durch ZĂ€hne begrĂŒndet ist, dĂŒrfte ein Ichthyo- 
dorulith von Oppeln S. zu stellen sein. Derselbe zeigt sehr eng zusammenstehende ZĂ€hne. 


Fam. Notidanidae. 
Notidanus microdon Ac. 


1872. Notidanus microdon Gemırz. Elbthalgeb. II. p. 210, Taf. 40, Fig. 1, (woselbst die Àltere Literatur). 
1878. — _ Fritsch. Reptilien und Fische der böhm. Kreide, p. 12, Fig. 25. 


64 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Diese ZÀhne, welche aus einem schiefen Hauptzahn und nach der Grösse zu abnehmenden Neben- 


zÀhnen bestehen, sind in Oppeln selten. 
Auf die Angabe der Verbreitung dieser und der folgenden Arten muss verzichtet werden, da die- 


selben in der gesammten oberen Kreide allenthalben auftreten. 


Fam. Lamnidae. 


Oxyrhina Mantelli Ac. 


1870. Oxyrhina Mantelli F. Roemer. Oberschlesien, p. 323, Taf. 36, Fig. 3—5. 
1894. — — Eastmans. Zur Kenntniss der Gattung Oxyrhina. Palaeontographica Bd. 40 (gesammte 
Ă€ltere Literatur). 


EaAsTmann, auf dessen Abhandlung hier verwiesen wird, zeigt an einem Funde, welcher das gesammte 
Gebiss enthÀlt, wie unsicher die Bestimmung der Arten und Gattungen nach einzelnen ZÀhnen ist. Diese 


eine Art vereinigt die verschiedensten Zahnformen. 
Die meisten der im Oppelner Turon vorkommenden Lamniden-ZÀhne gehören hierher. 


Odontaspis subulata Ac. 


1843. Lamna subulata Asassız. Rech. sur les poissons fossiles III. p. 296, Taf. 37a, Fig. 5. 
1845—46. — undulata Rruss. Böhm. Kreide I. p. 8, Taf. 3, Fig. 46—48. 


1372. — subulata Geisızz. Elbthalgeb. II. p. 209, Taf. 38, Fig. 29—36. 
1878. —_ = Fritsch. Reptilien und Fische der böhm. Kreide, p. 9, Fig. 15, 16. 
1888. = — Nısırın. Vestiges cretac. en Russie Centr. Taf. 5, Fig. 6, 7. 


Schlanke, flachgewölbte ZÀhne, welche auf der Innenseite keine oder nur eine undeutliche Streifung 
zeigen. Selten in Oppeln N. 


Odontaspis raphiodon Ac. 


1843. Lamna raphiodon Acassız. Recherches sur les poissons foss. III. Taf. 37, Fig. 11—16. 


1845. Odontaspis — Reuvss. I. p. 7. Taf. 3, Fig. 34—36; Taf. 7, Fig. 15; Taf. 12, Fig. 3. 
1850. — — Dıxox. Sussex, Taf. 30, Fig. 32. 

1872. Lamna _ Geimitz. Elbthalgeb. I. p. 295, Taf. 65, Fig. 9—11. 

1878. —_ _ Fritsch. Reptilien und Fische der böhm. Kreide, p. 10, Fig. 17. 


Characteristisch fĂŒr die ZĂ€hne dieses Namens ist die Streifung der hinteren FlĂ€che. Sie stellen, 
wie Frıc (Priesener Schichten, p. 67) vermuthet, vielleicht die vorderen ZÀhne derselben Gattung dar, deren 


hintere ZĂ€hne wir zu Otodus rechnen. 
HĂ€ufig in Groschowitz und Oppeln S., sowie im sandigen Mergel westlich von Bladen und im Kalk- 


Mergel von Hohndorf. 


Lamna appendiculata Ac. 


1870. Otodus appendiculatus F. Roemer. Oberschlesien. p. 323, 343, Taf. 36, Fig. 6. 
1859. Lamna — Zırter. GrundzĂŒge der Palaeontologie, p. 538. 


Diese breiten ZĂ€hne sind aus dem sandigen Mergel W. von Bladen, dem Mergel von Hohndorf und 
von Oppeln bekannt, wo sie in allen BrĂŒchen zu den hĂ€ufigsten Funden zĂ€hlen. 


Ptychodus polyeyrus Ac. 65 


Corax falcatus Ac. 
1843. Corax falcatus Acassız. Recherches III. p. 226, Taf. 26, Fig. 14; Taf. 26a, Fig. 1—15. 


1846. —  heterodon Reuss. I. p. 3, Taf. 3, Fig. 49—71. 

1872. _ = Gemutz. Elbthalgeb. II. p. 210, Taf. 40, Fig. 2—15. 

1878. — — FrısscHh. Reptilien und Fische, p. 11, Fig. 23, 24. 

1589. —  falcatus WoopwArn. Catalogue of fossil fishes British Museum J. p. 424 (Lit.) 


ZÀhne kurz dreieckig, die RÀnder fein gezÀhnelt. 

In Oppeln selten. 

Cestracionidarum gen. — Taf. VI, Fig. 16. 

Unter dieser Bezeichnung erwĂ€hnen wir eines StĂŒckes von Groschowitz, dessen Zugehörigkeit zu einer 
der bisher aufgestellten Gattungen nicht erwiesen werden kann. Dasselbe dĂŒrfte ein Hautschild darstellen, 
und Ă€hnelt den als Petrodus resp. Ostinaspis aus dem Kohlenkalk bekannten StĂŒcken. Unser Hautzahn unter- 
scheidet sich jedoch von diesen durch das Fehlen der knöchernen Basis. Die Grundform der Krone ist kreis- 
rund und trÀgt eine kegelförmige Spitze, von welcher Furchen und Runzeln radiÀr nach der Basis verlaufen. 


Spinax major Ac. — Taf. V, Fig. 11. 
1843. Spinax major Acassız. Poiss. fossils III. p. 62, Taf. 10b Fig. S—14. 
1846. — — Reuss. Böhm. Kreide II. p: 101, Taf. 21, Fig. 65. 
1872. — —  Gemıtz. Elbthalgeb. II. p. 211, Taf. 10, Fig. 36—38. 
1878. = — FerımscH. Reptilien und Fische, p 12. 


Der abgebildete Flossenstachel mit undeutlichen LÀngsfurchen und glÀnzender OberflÀche zeigt 
schwache, schief zu den LĂ€ngsfurchen verlaufende Anwachsstreifen. 
Selten in Oppeln; ebenso im Strehlener PlÀnerkalk, Kreide von Lewes. 


Myliobatidae M. u. H. 
Ptychodus latissimus Ac. 


1870. Ptychodus latissimus F. RoEner. Oberschlesien, p. 323, Taf. 36, Fig. 7. 
1872—75. — —_ Geinitz. Elbthalgeb. II. p. 212, Taf. 40, Fig. 16, 22 (Ă€ltere Literatur). 
1878, —_ _ FrırscHh. Reptilien und Fische, p. 15, Fig. 36. 


Im gesammten Oppelner Turon sind diese PflasterzÀhne, mit weit auseinander stehenden Falten, hÀufige. 


Ptychodus »olygyrus Ac. 
1833—42. Piychodus polygyrus Asassız. Recherches III. p. 156, Taf. 25, Fig 4—11; Taf. 25b. Fig. 21—23. 


1542. — _ Gemitz. Charact. III. p. 63, Taf. 17, Fig. 6. 

1850. —— Z— Dıxon. Sussex, p. 363, Taf. 30, Fig. 9; Taf. 31, Fig. 10. 
1852. — _ Kırrısanorr. Kurskisch. Sandst. p. 14, Taf. 13, Fig. 6. 
1872— 75. = — GeEinızz. Elbthalgeb. II. p. 297. 

1878. _ — Fritsch. Reptilien und Fische, p. 14, Fig. 33—35. 

1888. _ _ Nırırıy. Vestiges cretac. dans la Russie Centr. Taf. 5, Fig. 1. 


ZĂ€hne breiter als lang, mit S—14 Falten, welche enger zusammenstehen als bei Pf. latissimus und 
steil abfallen. 
Sehr hÀufig in Groschowitz, woher eine Stufe mit 21 ZÀhnen dieser Art stammt. Nicht selten im 


ĂŒbrigen Oppelner Turon. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 9 


66 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Ptychodus mammillaris Ac. 
1870. Ptychodus mammillaris F. Rormer. Oberschlesien, p. 342, Taf. 36, Fig. 8. 


1872—75. — — Grinıtz. Elbthalgeb. I. p. 297, Taf. 64, Fig. 26 (Ă€lt. Lit.) II. Taf. 40, Fig. 23—29. 
1878. _ —_ Fritsch. Reptilien und Fische, p. 14, Fig. 33. 
1888, — — Nıkırın. Vestiges cretac. dans la Russie Centrale. Taf. 5, Fig. 2. 


Der Zahn erreicht nie die Grösse der vorigen, der mittlere Theil erhebt sich steil: die Falten auf 
demselben sind sehr variabel. Pf. mammillaris kann nicht mit polygyrus und decurrens vereinigt werden, 
wie MıcHaen (Jahresbericht der Schles. Gesellsch. fĂŒr vater]. Cultur fĂŒr 1893, p. 70) vorschlug. Beide 


Arten lassen sich stets unterscheiden und werden getrennt gefunden. Pf. decurrens ist mir aus Oppeln nicht 
bekannt geworden. 


Pt. mammillaris wird sehr hÀufig im Groschowitzer Kalkmergel, sowie besonders in den nördlichen 


BrĂŒchen von Oppeln gefunden. Sandiger Mergel von Bladen. Kreidemergel von Hohndorf. Im Cenoman 
und Turon hÀufig. 


Nicht genau bestimmbare Reste. 
Wirbel. 
Knorpelwirbel von Selachiern. 


a) mit StrahlenwÀnden. 


1862—75. Geinırz. Elbthalgeb. I. Taf. 65, Fig. 34; II, p. 215, Taf. 39, Fig. 5—7. 
1895. Eastman. Palaeontographica Bd. 41, Taf. 18. 


Derartige Wirbel, wie sie durch Eastman von Oxyrhina Mantelli abgebildet wurden, finden sich 
nicht selten im Oppelner Turon. 
b) mit concentrischen und kreisförmigen WÀnden. 
1872—75. Geimırz. Elbthalgeb. II. p. 214, Taf. 39, Fig. 1—4 (Lit.). 
Derartige Wirbel fĂŒhrt Gemerz schon von Oppeln an. Dieselben sind jedoch sehr selten. Ihre 
Zugehörigkeit ist noch zweifelhaft. 
Koprolithen. 


Es finden sich im Oppelner Kalkmergel zahlreiche Koprolithen, welche spiralige Anordnung zeigen. 
Sie gleichen denjenigen, welche von Geimerz (Elbthalgeb. II. Taf. 40, Fig. 39—45) abgebildet und daselbst 
zu Macropoma Mantelli gezogen sind. Es dĂŒrfte indess zu erwĂ€gen sein, ob dieselben nicht eher von den 
grossen Selachiern als von den kleineren Ganoiden herrĂŒhren. 


Ganoidei. 
Pyenodonti LĂŒrtken. 


Coelodus complanatus Ac. — Textfgur 10. 


1833. Pycenodus complanatus Asassız. Recherches II. p. 179, Taf. 72a, Fig. 40 —48. 
1843. En MĂŒnsteri — — — Taf. 72a, Fig. 26—39. 
1846.. — complanatus Reuss. Böhm. Kreide I. p. 9, Taf. 4, Fig. 27—36. 


Ösmeroides Lewesiensis As. 67 


1872—75. Pyenodus complanatus Geisurz. Elbthgeb. 1. 
p- 301, Taf. 65, Fig. 15—21. 
1878. Pyenodus complanatus FrırscH. Rept. u. Fische, 
p. 21, Taf. 2, Fig. 5. 
Von dieser Art liegt nur eine unvollstÀndige 
Vomerplatte von Oppeln vor. 


Fig. 10a. Ooelodus complanatus As. Fig. 10b. 


Coelodus cretaceus Ac. 
1372—75. Pycenodus cretaceus Grinırz, Elbthalgeb. I. p. 500, Taf. 65, Fig. 12—14 (Lit.). 


Die wenigen vorliegenden ZÀhne von Oppeln N. (Scaphitenzone) gehören der Hauptreihe des linken 
Kiefers an. 


Ganoideorum ? spec. 
1878. Operculum radiatum Frırsch. Reptilien und Fische, p. 26, Taf. 10, Fig. 9, 
1893. — —_ —_ Priesener Schichten, p. 70, Fig. 39. 


Kiemendeckel mit krÀftiger, radialer Streifung, identisch mit den von FrırscH vorlÀufig zu Semionotus 
gestellten, kommen in Oppeln N. vor. Zusammen mit ihnen wurden auch Knochenreste und Schuppen ge- 
funden, welche mit den bei Frırsch Taf. 10 Fig. 7 abgebildeten ĂŒbereinstimmen. 


Teleostei. 
Fam. Stratodontidae Cope. 


Enchodus halocyon As. 


1843. Enchodus halocyon Acassız. Recherches V, p. 64, Taf. 25c, Fig. 1—16, 

1846. Spinax rotundatus Rzuss. Böhm. Kreide I. p. 13, Taf. 4, Fig. 12—14. 

1872—75. Enchodus halocyon Geinırz. Elbthalgeb. II. p. 226, Taf. 41, Fig. 5—21. 

1378. — — Fritsch. Reptilien und Fische, p. 32, Taf. 7, Fig. 1—4. 

Die langen, spitzen ZÀhne des Oberkiefers werden in Oppeln hÀufig gefunden. Ferner liegt ein 
Wirbel vor, welcher dem von GEınıTz zu dieser Art gestellten (Taf. 41, Fig. 21) entspricht. 


Fam. Salmonidae. 


Osmeroides Lewesiensis Ac. 


1870. Osmeroides Lewesiensis F. RoEmER. Oberschlesien, p. 324, 344. 

1872—75. — = Gemiıtz. Elbthalgeb. II. p. 228, Taf. 45, Fig. 10—14. 

1878. — — FrırscH. Reptilien und Fische, p. 32, Taf. 7, Fig. 5, 6; Taf. 8, Fie. 1. 

Von dieser Art sind nur geringe Reste, meist Schuppen erhalten, die schon F. RoEMER von Oppeln, 
dem Kalkmergel an der rothen MĂŒhle bei Bladen und aus dem Mergel von Hohndorf anfĂŒhrt. 


Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


[op] 
[0 0) 


Fam. Berycidae. 
Beryx Zippei Ac. — Textfigur 11. 


1843. Beryx Zippei Acassız. Poiss. foss. IV. p. 120, Taf. 15, Fig. 2, 
1545. _ — Reuss. Verst. böhm. Kreideform. I. p. 11, T. 1, Taf. 2, Fig. 1. 
1378. — —  Ferırsch. Reptilien u. Fische der böhm. Kreide, p. 41, Taf. 5, Fig. 1 und Holzschnitt Fig. 62. 


Diese bisher nur aus den Weissenberger Schichten Böhmens bekannte und daselbst nicht mehr 
seltene Art wird durch den Fund eines grösseren BruchstĂŒckes im Oppelner Turon um einen neuen Fund- 
punkt bereichert. Das erwĂ€hnte StĂŒck, welches unsere Textfigur wiedergiebt, ist im Besitze des Herrn 


Fig. 12. Beryx Zippei As. °/, der nat. Grösse. 


Schrammen in Hildesheim. Der Körper ist nur bis zum Ansatz der Bauchflosse erhalten. RĂŒcken- und 
Schwanzflosse fehlen vollstÀndig. Die LÀnge vom Aussenrande des Oberkiefers bis zum Ansatz der Bauch- 
flosse betrÀgt 20 em, die grösste Höhe des Kopfes 12 cm (!). Da die erstere Entfernung nur °/s der Ge- 
sammtlÀnge an den bisher abgebildeten Exemplaren ausmacht, so wÀre unser Exemplar, vollstÀndig erhalten, 
mit ca. 34 cm LÀnge und 15 cm Höhe das grösste bisher bekannt gewordene. Dasselbe zeigt einige geringe 
Abweichungen von den böhmischen Originalen. Das Oppelner Exemplar ist ein ungewöhnlich hohes; der 
SchÀdel ist sehr stumpf und höher als lang. Die Dicke des Unterkiefers ist ungewöhnlich gross; sie er- 
reicht am Mundwinkel 4 em. Die Schuppen sind schlecht erhalten. 


Polyptychodon interruptus Ow. 69 


Beryx spec. 


Schuppen, welche dieser Gattung angehören, sind im Oppelner Turon hÀufig. Sie besitzen den fast 
ovalen Umriss und die regelmĂ€ssige concentrische Streifung, welche fĂŒr die Schuppen von B. ornatus Ac. 
als characteristisch angegeben wird. Ob sie dieser oder der vorigen Art angehören ist zweifelhaft. Die 
ZÀhnelung des Aussenrandes ist durchgÀngig verloren gegangen. 


Fam. Ichthyodeetidae Croox. 


Saurocephalus marginatus Reuss. — Taf. VI, Fig. 17. 
1845. Spinax marginatus Reuss. Verst. der böhm. Kreideform. I. p. 8, Taf. 4, Fig. 10, 11. 
1872—75. Saurocephalus marginatus Geinırzz. Elbthalgeb. II. p. 226, Taf. 43, Fig. 3—8. 
Die ZĂ€hne sind seitlich zusammengedrĂŒckt, schwach gebogen. Der Vorderrand ist durchweg scharf- 
kantig, der hintere nur in seinem oberen Theile bis zu der zurĂŒckspringenden Ecke. 
Meist nur BruchstĂŒcke aus dem Scaphitenmergel der nördlichen Oppelner BrĂŒche. Strehlener 
PlÀnerkalk, Teplitzer und Priesener Schichten. 


Fam. Protosphyraenidae. 
Protosphyraena ferox Leıpy. — Taf. V, Fig. 7. 


1822. Tooth of an unknown fish Manrerz. Geology of Sussex, p. 228, Taf. 33, Fig. 7, 9. 

1843. Saurocephalus lanciformis Asassız. Rech. poiss. foss. V. p. 102, Taf. 25e, Fig. 21—29. 
? 21846. — _ Reuss. Verst. der böhm. Kreideform. I. p. 13, Taf. 4, Fig. 67. 
?21872—75. — —_ Gemiıtz. Elbthalgeb. I. p. 225, Taf. 43, Fig. 10. 

1887—90. Protosphyraena ferox Zırrev. Handbuch der Palaeontologie III. p. 263, Fig. 269. 

Der einzige vorliegende Zahn ist 3 cm lang, gerade, konisch, mit gleichmÀssig zugeschÀrften Seiten- 
kanten. Die feine LÀngsstreifung der OberflÀche ist etwas unregelmÀssig. Er gleicht durch seine sym- 
metrische Form der Fig. 27 bei Acassız. 

Fundort: Kalkmergel von Groschowitz. Upper Chalk von Lewes; Senon von Maestricht und von 
New Yersey. Die von Reuss und GemıTz angefĂŒhrten StĂŒcke aus dem böhmisch-sĂ€chsischen oberen Turon 
sind zweifelhaft. 


Sauropterygia. 


Fam. Plesiosauridae. 


Polyptychodon interruptus Owen. 
1850. Polyptychodon interruptus Owen. Geology of Sussex, p. 378, Taf. 37, Fig. 16, 17. 


1851. — _ — Monograph of British Reptilia Cret. Form. p. 55. Taf. 10, Fig. 7—9; 
Taf. 11, Fig. 1—7. 

1856. —_ — H. v. Meyer. Saurier der Kreideform. Deutschlands. Palaeontographica VI. p. 1ff. 
Taf. 2, Fig. 5—17. 

1868. — —_ GĂŒnger. Ostbayrisches Grenzgebirge, p. 751. 

1872—75. — — Geinıtz. Elbthalgeb. II. p. 230. Taf. 43, Fig. 16. 

1878. —_ — FrırscH. Reptilien und Fische der böhm. Kreideform. p. 1. Taf. 1, Fig. 3. 


1883. — = Koren. Reptilien der norddeutschen unteren Kreide. Z. D. G. G. XXXV, p. 789. 


70 Richard Leonhard, die Fauna der Kreideformation in Oberschlesien. 


Die ZĂ€hne, auf welche diese Gattung und Art errichtet wurde, finden sich nicht ganz selten im 
Turon von Groschowitz und Oppeln (S. und N.). Die grossen, kegelförmigen ZÀhne von rundlichem Quer- 
schnitt sind etwas gebogen; die Krone ist von den characteristischen zahlreichen Schmelzleisten bedeckt, 
von denen nur die stÀrksten die Spitze erreichen. 

Die Art ist rÀumlich wie zeitlich weit verbreitet. Sie ist bekannt aus dem Hils von Elligserbrink 
und Langelsheim, aus dem Cenoman: im GrĂŒnsand von Cambridge, von Essen, von Kelheim und Regens- 
burg, dem unteren Quader von Raspenau und aus dem Cenoman von Kursk. Im Turon ist sie, abgesehen 
von den englischen Vorkommen in Kent und Sussex, selten und bisher nur aus dem Unterturonen Wehlowitzer 
PlÀner in Böhmen bekannt. 


Plesiosauridarum gen. — Taf. VII, Fig. 16. 


Es liest ein Knochen aus dem Turon von Oppeln vor, der sich durch seine kurze, gedrungene 
Form, die ConcavitÀt der proximalen FlÀche und die Rundung des distalen Endes als Phalange eines 
Plesiosauriden kennzeichnet. Zum Vergleich ist die Ruderflosse eines Plesiosauriden aus dem oberen Kreide- 
kalk von Kent, die Owen (Monogr. of British Reptilia, p. 66, Taf. 17) dem Polyptychodon interruptus Ow. 
zuschreibt, heranzuziehen. Die Oppelner Phalange ist durch bedeutendere Grösse und vor allem durch 
schwĂ€chere EinschnĂŒrung in der Mitte von den englischen verschieden. Im ĂŒbrigen ist der Bau der gleiche. 


Pythonomorpha. 
Fam. Mosasauridae. 
Liodon anceps Owen. — Taf. V, Fig. 8. 
1550. Liodon anceps Owen bei Dixon. Geology of Sussex, p. 358, Taf. 37, Fig. 10—12; Taf. 38, Fig. 8, 9. 
1851. _ —_ -— Monograph British Reptilia Cret. Form. p. 42, Taf. 9, Fig. 1—6. 
1356. _ — H.v. Meyer. Saurier der Kreide Deutschlands. Palaeontogr. VI. p. 7. Taf. 2, Fig. 18, 19. 


Die ZĂ€hne, auf welche die Art begrĂŒndet ist, werden durch zwei scharfe Kanten in eine glatte 
Aussen- und eine lÀngsgefurchte, convexe Innenseite getheilt. 
Es liegen nur zwei ZĂ€hne aus dem Turon von Oppeln S. vor. 


FEB 24 1898 


Zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen 
und Mollusken Syriens. 


Die pliocĂ€nen und quartĂ€ren SĂŒsswasserbildungen im Orontesgebiet in Nord- und Mittelsyrien 
und ihre Beziehung zur heutigen SĂŒsswasserconchylienfauna Syriens 
von 


M. Blanckenhorn in Erlangen. 


Mit Taf. VII—X und S Figuren. 


Einleitung. 


SĂŒsswasserbildungen spielen in Syrien nach ihrer Ausdehnung und MĂ€chtigkeit eine ziemlich unter- 
geordnete Rolle, zumal sie nur in den jĂŒngst vergangenen Perioden, dem oberen Neogen oder PliocĂ€n, dem 
Diluvium und Alluvium zur Ablagerung gekommen zu sein scheinen. Das Interesse, welches sich gleichwohl 
an dieselben knĂŒpft, beruht zunĂ€chst auf dem Umstande, dass die Verbreitung und die LagerungsverhĂ€ltnisse 
dieser Gebilde manchen Aufschluss ĂŒber die Zeit und die Art wichtiger VorgĂ€nge in der jĂŒngsten geologischen 
Geschichte des Landes, in der Herausbildung der heutigen Bodenconfiguration zu ertheilen vermögen. Aber 
auch fĂŒr den PalĂ€ontologen bieten die SĂŒsswasser- beziehungsweise Binnensee-Ablagerungen, wie in manchen 
andern LĂ€ndern am Mittelmeer so auch in Syrien viel Anziehendes. Denn gerade bei ihnen ist es ja im 
Allgemeinen mehr als sonst die Regel, dass die Schichten eine an Individuen ungeheuer reiche, wenn auch 
an Arten oder Gattungen beschrÀnkte Conchylienfauna beherbergen, so dass, wenn mehrere solcher fossil- 
reichen Lagen ĂŒber einander aufgeschlossen sind, zu phylogenetischen Betrachtungen ĂŒber den Zusammen- 
hang einzelner Formen unter einander und mit der jetzigen Lebewelt reichlich Gelegenheit geboten ist. 

Unsere bisherigen Kenntnisse von SĂŒsswasser- oder Binnensee-Ablagerungen in Syrien erscheinen 
ausserordentlich lĂŒckenhaft und ergĂ€nzungsbedĂŒrftig. Sie beschrĂ€nken sich hauptsĂ€chlich auf mehr oder 
weniger ausfĂŒhrliche Mittheilungen von LArrTEr!, Trıstram?, Hurn? und Nöruıne* ĂŒber die Diluvial- und 


Exploration geologique de la Mer Morte 1877, p. 178. 

The Fauna and Flora of Palestine in Survey of Western Palestine 1884, p. 196—199. 

Mount Sir, Sinai and Western Palestine, p. 99—100 und Memoir on the geology and geography of Arabia Petraea, 
Palestine etc. 1889, p. 80. 


* Ueber die LagerungsverhÀltnisse einer quartÀren Fauna im Gebiete des Jordanthals. Zeitschrift der deutsch. geol. 
Gesellschaft 1886, p. 807, Taf. 23. 


1 
2 
3 


M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


— 
[0] 


Alluvialbildungen des Jordanthals und seiner SeitenthĂ€ler und eine Besprechung der SĂŒsswasserpliocĂ€nmergel 
von Zahle im Libanon durch O. Fraas!. Die letzteren sind seitdem nicht wieder untersucht worden. Das 
an Fossilien so arme Salzwasserdiluvium des Jordanthals und des Todten Meeres mit seinen verschiedenen 
unterscheidbaren Unterabtheilungen oder Terrassen, sowie die dortigen Bildungen und Ereignisse der Alluvial- 
zeit habe ich selbst vor Kurzem ausfĂŒhrlicher behandelt?. 

Es erscheint nun vor Allem wĂŒnschenswert, einmal derartige Studien auszudehnen auf das grosse 
Flussgebiet des Orontes oder Nahr el-“Asi, des lĂ€ngsten und bedeutendsten unter allen syrischen FlusslĂ€ufen. 
Von fluviatilen oder ehemaligen Binnensee-AbsÀtzen in dessen Umgebung oder Stromgebiet hat man bislang 
noch gar nichts gehört. Und doch sind solche in grosser Mannigfaltigkeit vorhanden und speciell in palÀon- 
tologischer und tektonischer Hinsicht ungleich interessanter als die der alten Jordanseen. Meine im Jahr 
1888 unternommene Reise nach Mittel- und Nordsyrien hat mich von dieser Thatsache ĂŒberzeugt. Da ich 
auf derselben den Orontes an den verschiedensten Stellen seines Laufes 12 mal ĂŒberschritt, habe ich aus- 
reichend Gelegenheit gehabt, nicht nur die umliegenden Gebirge, sondern auch das Thal seiner ganzen LĂ€nge 
nach von der Quelle des Orontes bis zu dessen MĂŒndung in seiner Beschaffenheit kennen zu lernen. 

An die Ergebnisse dieser eigenen Reisestudien und Aufsammlungen bezĂŒglich der SĂŒsswasserbild- 
ungen im Orontesgebiet schliesse ich hier noch die Resultate meiner Untersuchung von SĂŒsswasserkalken 
aus dem Antilibanon nach der Sammlung des Herrn Dr. Drexzr in Wien. FĂŒr die freundlichst gewĂ€hrte 
Frlaubniss zur Bearbeitung der betreffenden GesteinsstĂŒcke spreche ich genanntem Herrn, sowie Herrn Pro- 
fessor Dr. Surss als dem Direktor des geologischen Instituts der UniversitÀt Wien meinen wÀrmsten Dank aus. 


1 Geologisches aus dem Libanon. WĂŒrttemb. naturwissensch. Jahreshefte 1878, p. 361—363. 
? Die Entstehung und Geschichte des Todten Meeres. Zeitschrift des Deutsch. Pal. Ver. Leipzig, 1390. 


Die geologischen VerhĂ€ltnisse der pliocĂ€nen und quartĂ€ren SĂŒsswasserbildungen 
in Mittel- und Nordsyrien speciell im Orentesgebiet. 


PliocÀne Ablagerungen. 


Marines PliocÀn im Orontesgebiet. 
(Man vergleiche hierzu Taf. VII, Karte von Syrien). 


Bevor wir uns den eigentlichen SĂŒsswasser- oder Festlands-Ablagerungen zuwenden, empfiehlt es 
sich, einige Worte ĂŒber das marine PliocĂ€n vorauszuschicken, damit wir die einstmalige Ausdehnung des 
Meeres wÀhrend der verschiedenen PliocÀnphasen innerhalb des in Rede stehenden Orontesgebietes von vorn 
herein kennen. 

Wie ich schon frĂŒher! eingehend ausgefĂŒhrt habe, hat wĂ€hrend der PliocĂ€nepoche das Mittelmeer 
zweimal die Ufer des heutigen syrischen Festlandes ĂŒberschritten?, nĂ€mlich im MittelpliocĂ€n, der dritten 
Mediterranstufe und im OberpliocÀn, der vierten Mediterranstufe im Sinne von Surss. 


Marines MittelpliocÀn. 


Das mittelpliocĂ€ne Meer erfĂŒllte das ganze untere Orontesthal, indem es von dessen MĂŒndung eine 
Bucht zwischen dem Casius Mons oder Dschebel Akra“ und dem sĂŒdlichen Amanus Mons oder Dschebel el- 
Ahmar (tĂŒrkisch = Kyzyl Dagh) aufwĂ€rts sandte bis zum Knie des Orontes bei Dschisr el-Hadid. Die im 
N. hiervon gelegene Niederung el-“Amk mit dem heutigen, ca. 90 m ĂŒber dem Meere gelegenen See Ak 
Deniz muss von den Meeresfluthen der dritten Mediterranstufe bedeckt gewesen sein. GrĂŒnliche Mergelsand- 
steine, Mergel und kalkige Conglomerate mit Austern, Dentalien und anderen Conchylien treten in der sĂŒd- 
lichen und westlichen Umrandung dieses Beckens ebenso wie in dem flachhĂŒgeligen Gebiet am unteren 
Orontes westlich von AntÀkije auf. 

Vereinzelt gesellen sich den unbedingt vorherrschenden marinen Mollusken auch SĂŒsswasserformen 
zu, eingeschwemmt durch die von S. und N. einmĂŒndenden BĂ€che. So fand ich in den marinen Sedimenten 
des linken Orontesufers bei dem lieblichen wasserreichen Hain Bet el-MĂ€, dem alten Daphne, bei Antiochia 
Melanopsis laevigata Lam., auf dem rechten Orontesufer, 1'/), Stunden sĂŒdwestlich AntĂ€kTje, am Wege nach 
Sueidije Melanopsis cf. Maroccana Cmemn. emend. Boure. und M. minor BLAxck. 


{ BrAncKENHORN: Das marine PliocÀn in Syrien. Sitzungsbericht der phys. med. Soc. zu Erlangen. Habilitations- 
schrift 1891. 

? Im Gegensatz zu der veralteten, aber leider immer noch in populĂ€ren geologischen LehrbĂŒchern, so in der neuesten 
Auflage von Nrumayr, Erdgeschichte I, 1895, p. 374 und 375 und II, p. 408 geÀusserten Ansicht, dass das PliocÀnmeer die 
heutige KĂŒste der levantinischen Mittelmeerbucht ĂŒberhaupt nicht erreicht habe. Ich nehme hier Gelegenheit, gleichzeitig 
darauf hinzuweisen, dass in demselben sonst so sorgfÀltigen und die meisten Fortschritte der Wissenschaft bietenden Werk, 
Band II, p. 388, auch das von mir in den Denkschriften der Wiener Akademie, d. Wiss. Math. naturw. Cl. 1892 behandelte 
Vorkommen von marinem MiocĂ€n in Syrien ĂŒbersehen worden ist. 

Palaeontographica. Bd. XLIV. 10 


74 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Relativ unbedeutend ist die Meereshöhe, bis zu der die marinen AbsÀtze der alten Bucht ansteigen. 
Als Maximum wurde auf der Casius-Seite bei Bet el-MĂ€ 190 m, am Amanusgebirge sogar nur 128 m ge- 
messen. Soweit die horizontalen PliocÀnschichten unterhalb AntÀktje auf dem rechten Orontesufer liegen, 
zeigen sie sich weithin bedeckt von einer ausgedehnten Decke eines eigenartigen, grĂŒnlichen Eruptivgesteins, 
eines meist olivinfreien Uralitgabbro von Dolerit- oder Andesit-artigem Aussehen '. 

Das mittlere Orontesgebiet oder Rab, wie auch der oberste 
Theil des Thales, die BekĂ€â€œa zwischen Antilibanon und Libanon, blieb 


Mm von diesem Meer der dritten Mediterranstufe unbedeckt. Dagegen 
= sprechen mehrere Anzeichen dafĂŒr, dass sich einst an der Grenze von 
Nord- und Mittelsyrien an Stelle des heutigen Nahr el-Kebir im N. 

P = Marines MittelpliocÀn. = D ESTER RUE Be 
I von TarÀbulus ein schmaler Streifen des PliocÀnmeeres tief ins Innere 
d — Diluvialkonglomerat. des Landes erstreckt habe. Bei Homs, wo der Mittellauf des Orontes 


beginnt, hatte diese Bucht dann das heutige Orontesthal ĂŒberschritten. 
Nur ganz unbedeutende Spuren hat leider diese letzte Meeresbedeckung der dritten Mediterranstufe- hinter- 
lassen; sichere Reste nur östlich von dem Brunnen el-Forklus mitten in der palmyrenischen WĂŒste eine 
Tagereise von Homs entfernt, noch zweifelhafte, d. h. nicht genauer untersuchte bei Arka am Nordende 
des Libanon. Zwischen Homs und der heutigen MeereskĂŒste sind die vielleicht noch in der Tiefe existierenden 
marinen PlioeĂ€nschichten von einer mĂ€chtigen Basaltmasse, Ă€hnlich wie am unteren ÖOrontes von der er- 
wĂ€hnten relativ dĂŒnnen Gabbrodecke, verhĂŒllt. 

Zwischen den beiden genannten schmalen, aber tief ins Land eindringenden Meeresbuchten gab es 
zur MittelpliocĂ€nzeit in Syrien noch ein breites aber kĂŒrzeres Meeresbecken an der Westseite des Nusairier- 
sebirges oder Dschebel el-“Anserije im S. des Dschebel Akra‘, das Becken von LĂ€dikrje im Flussgebiet des 
(nördlichen) Nahr el-Kebir. Die Fluthen dieses Beckens erreichten den heutigen mittleren Orontes nicht 
mehr, vielmehr stellte sich ihnen das Nusairiergebirge als östliche Grenze entgegen. Meinen Beobachtungen 
zufolge steigt das marine PliocĂ€n hier bis zu Höhen von 130 m, allerhöchstens 200 m ĂŒber dem heutigen 
Seespiegel empor. Es sind petrefaktenreiche Nulliporenkalke, kalkige Conglomerate und dunkle, wohl- 
geschichtete, grobkörnige, mergelige Sandsteine, welche hÀufig mit fossilfreien, brÀunlichgelben, sandigen 
Mergeln mit vielen weissen Kalkconeretionen wechsellagern. 

An der KĂŒste Mittel- und SĂŒdsyriens ist marines PliocĂ€n bis jetzt unbekannt. 


Marines OberpliocÀn. 


Marine Schichten des OberpliocÀns oder der vierten Mediterranstufe sind aus Syrien bislang mit 
Sicherheit nur von der MĂŒndung des Orontes nachgewiesen. Es sind dunkelgrĂŒne, mittel- bis grobkörnige 
Sandsteine, wechselnd mit AusternbÀnken und Conglomeraten, welche in der Umgebung der alten Hafenstadt 


i An der wirklichen Gabbronatur dieses pliocÀnen Ergussgesteins kann nach der genauen mikroskopischen Unter- 
suchung kein Zweifel sein, trotzdem dieser Fall bis jetzt meines Wissens ohne Analogie ist. In Cypern nimmt wohl BErGEAT 
fĂŒr dortige Gabbros miocĂ€ne Eruptionszeit an, pliocĂ€nen noch dazu echt effusiven Gabbro aber hat man meines Wissens 
sonst noch nirgends nachgewiesen. Eine Specialuntersuchung dieses und anderer Eruptivgesteine Syriens und Kleinasiens wird 
demnÀchst veröffentlicht werden. 


SĂŒsswasserpliocĂ€n am unteren Orontes. 


I 
oa 


Seleucia Pieria den dortigen miocÀnen Lithothamnienkalken discordant auflagern bis zu einer Meereshöhe 
von SO m. Bei der Maulbeerplantage Mreier des armenischen Grossgrundbesitzers Missarrav fand ich in 
diesen Schichten neben zahllosen marinen Conchylien 


wie Ostrea, Modiola costulata, Lithodomus lithophagus, Mi & 


, 3 5 Partie bei Mreier am Gebirgsfluss des Dschebel MĂŒsa. 
Arca Noae, Cardita calyculata var. Seleuciae, Natica BE Sn y 
O. . 


Josephiniana, Cerithium vulgatum und Nassa Se- 


=] ; 
leuciae auch eine eingeschwemmte SĂŒsswasserschnecke DON op 
0 Q Tas OSS 
Melanopsis Lortetiana Loc. ! m a 
Se 


Een T 


Es erscheint noch unsicher, ob und wie re Tee Le 7er 7 

Bas 6 . 6 = m — Klippen des ObermiocĂ€nkalks, stellenweise mit vielen 
weit diese marinen Schichten sich lÀngs des unteren e : 

Bohrlöchern von Lithodomen 

‚Orontesthales aufwĂ€rts erstreckten. Ich selbst habe op — Oberer PliocĂ€nsandstein, reich an Molluskenschalen. 
sie nur in der Umgebung der deltaförmigen Alluvial- 
ebene bei Seleucia gesehen und möchte mich auch der Ansicht zuneigen, dass sie nicht mehr wie das Mittel- 
pliocĂ€n ĂŒber den Engpass am unteren Orontes hinaus bis in die Ebene von Antiochia reichten. 


PliocĂ€ne SĂŒsswasserbildungen in Syrien. 
(Vergl. Taf. VII, Karte von Syrien). 


SĂŒsswasserpliocĂ€n am unteren Orontes. 


Die weite rundliche Niederung el-“Amk, im NO. von AntĂ€k7je, welche noch heute grösstentheils von 
einem See Ak Deniz und ausgedehnten SĂŒmpfen ringsum eingenommen wird, war meiner Ansicht nach schon 
zur OberpliocĂ€nzeit ein grosser SĂŒsswassersee. Er setzte betrĂ€chtliche Sedimente ab, nach Aınswortk bis 
zu 90 m MĂ€chtigkeit. Von Fossilien fĂŒhrt Amsworte aus diesen „lacustrine deposits“ Melania (besser 
Melamopsis) costata und aus den höheren Theilen Bulimus labrosus, Paludina und Succinea, sowie schliess- 
lich Helix cariosa an. Der Name Paludina ist hier vermuthlich in seiner alten Lamarer’schen Bedeutung, 
also Bythinia und Hydrobia umfassend, gebraucht, nicht im engeren Sinne der spÀteren Conchyliologen gleich 
Vivipara Lam. WĂ€re letzteres der Fall, so bliebe zu beachten, dass die Gattung Vivipara bis jetzt lebend 
noch in keiner Art in Syrien vorgefunden ist, also es sich um eine ausgestorbene Art handeln mĂŒsste. Ein 
Schluss auf das Alter des SĂŒsswassersees kann also aus den kurzen Fossilienangaben Aıssworre’s noch nicht 
gezogen werden. Dahingegen ist besonders fĂŒr den Vergleich mit dem spĂ€ter zu besprechenden PliocĂ€n von 
Dschisr esch-Schurr die Bemerkung Aımsworre’s von Wichtigkeit, dass die Schichten mitunter schwach ge- 
faltet erscheinen, also noch Bewegungen der Erdkruste unterworfen waren. 


Nach SW. verengert sich die sumpfige Niederung el-“Amk zur Ebene im N. von Antiochia, nach 
welcher Seite zugleich der Abfluss des heutigen Sees zum Orontes stattfindet. Folgt man der Darstellung 
ÄINSWORTH’SÂź, so Ă€ndert sich im N. genannter Stadt und am Örontesthal der Charakter der Binnen- 
ablagerung. Es treten blaue Thone mit sandigen und mergelisen Lagen auf, welche zahlreiche Carditen, 


! FrĂŒher von mir als M. turcica Parr. citirt. (Das marine PliocĂ€n in Syrien, p. 46). 
? AınswortH: Researches in Assyria, Babylonia and Chaldaea. London 1838, p. 299. 
Sal ep300: 


76 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


echte Meeresbewohner, vermischt mit den bereits seltener gewordenen SĂŒsswasserconchylien, enthalten. Dar- 
nach könnte man sich an dieser Stelle eine ehemalige FlussmĂŒndung oder Aestuarium an einer Meeresbucht 
vorstellen, welche sich bis hierher in dem unteren Orontesthal aufwÀrts erstreckte. Ich selbst habe diese 
Schichten mit gleichmÀssig gemischter Fauna nicht beobachtet, da ich die Gegend im N. von Antaktje nicht 
kennen lernte. 

Im SW. der Stadt auf dem rechten Flussufer, 6 km unterhalb der BrĂŒcke, fand ich allerdings, wie 
oben gesagt, in den Mergeln des zweifellosen MittelpliocÀns zwischen den marinen Muscheln mehrere Melanop- 
siden in ganz derselben Erhaltungsweise, aber nicht eine Spur von Carditen. Letztere sind mir aus dem ganzen 
MittelpliocÀn am unteren Orontes und von el-Forklus nicht bekannt, bilden hingegen einen Bestandtheil der 
Fauna meines OberpliocÀns, die ich nÀher am Meere bei Seleucia Pieria ausbeutete und die unter anderen 
ebenfalls aber ganz vereinzelte BruchstĂŒcke von Melanopsiden aufweist. 

Dass jene Binnenablagerung des “Amk-Beckens keinesfalls dem MittelpliocĂ€n Ă€quivalent ist, geht 
daraus hervor, dass ja, wie oben gesagt, die echte marine Facies des letzteren sich noch nordöstlich Antakrje 
um den Rand dieses Beckens herumzieht und vielleicht sogar noch in derselben Richtung im “Afrinthal eine 
Strecke weit aufwÀrts reicht. 

Diese Formation von „lacustrine deposits“ soll nun nach Amsworrk westwĂ€rts bedeckt werden 
von einem Gerölllager, das oft zu Breccie verfestigt ist und aus TrĂŒmmern von Diallagfels, Euphotid 
(— Gabbro), Serpentin, Quarz und Jaspis besteht, die von den benachbarten Bergen herrĂŒhren. Es ist diese 
Bildung aller Wahrscheinlichkeit nach identisch mit den altdiluvialen mÀchtigen Geröll- und Conglomerat- 
massen, welche, wie obige Abbildung Fig. 1 lehrt, die FlussthÀler einschliessen und theils der Decke von 
Gabbro, theils dem marinen MittelpliocÀn diskordant auflagern. 

Hier bestehen die Gerölle in der That vorherrschend aus dem jungen Gabbro- oder Euphotidgestein 
und Àlteren Serpentinfelsen, die vielfach Bastit enthalten. Man hÀtte sich also eventuell noch zur Vervoll- 
stĂ€ndigung des Bildes nur die oberpliocĂ€ne (?) SĂŒsswasserformation (Amsworr#'s) ĂŒber der Gabbrobecke, 
aber unter dem Diluvialgeröll eingeschaltet zu denken. Obiges Diluvialgeröll enthĂ€lt ĂŒbrigens nach meinen 
Untersuchungen ausser vielen noch jetzt lebenden SĂŒsswasserformen auch eine fossile Art (Melanopsis 
bieincta n. sp.), die ich nur aus dem SĂŒsswasserpliocĂ€n am mittleren Orontes kenne. Es fĂ€llt danach diese 
Ablagerung am Orontes mindestens in sehr frĂŒhe Zeiten des Diluviums. 


SĂŒsswasserplioeĂ€n im Rab oder mittleren Orontesthal. 


Von grösstem Interesse sind die pliocÀnen Binnenseeablagerungen am mittleren Orontes zwischen 
Dschisr esch-Schurr und Kalfat Sedschar, ĂŒber die mir zahlreiche Daten vorliegen. 

Es handelt sich hier um Melanopsiden- und Viviparen-reiche Ablagerungen, fĂŒr die ich jedenfalls 
pliocÀnes Alter in Anspruch nehme. Sie besitzen eine unverkennbare Aehnlichkeit mit den fossilreichen 
Paludinenschichten der Levantinischen Stufe (MittelpliocÀn) im Osten Europas. Doch sprechen auch einige 
UmstĂ€nde fĂŒr ein etwas jĂŒngeres d. h. oberpliocĂ€nes Alter, so dass die Schichten dann auch mehr den 
Binnenseeablagerungen der Niederung el-“Amk zeitlich gleichkĂ€men oder wenigstens nĂ€herstĂ€nden. Die Fauna 
enthÀlt theils ausgestorbene, reich verzierte, charakteristische Melanopsiden und Viviparen, die lebhaft an 
die Formen der allerobersten, nicht aber der tieferen Paludinenschichten in Europa erinnern, theils 


SĂŒsswasserpliocĂ€n im RĂ€b oder mittleren Orontesthal. 


nn | 


viele noch jetzt lebende Arten der syrischen FlĂŒsse. Das VerhĂ€ltniss der ausgestorbenen Arten zu den noch 
jetzt lebenden ist 10:7 oder 58:42. Meines DafĂŒrhaltens fĂ€llt die Entstehung dieser Ablagerungen in die 
Zeit gegen Ende der Levantinischen oder MittelplioeÀnepoche, ja fast schon gegen den Anfang 
des OberpliocÀns, also ungefÀhr in den Uebergang zwischen beiden. 

Der wichtigste Punkt ist Dschisr esch-Schurr, ein grosses Dorf am Orontes an der Kreuzung der 
wichtigen Karawanenwege LĂ€dik1je Aleppo und AntĂ€ktje-HamĂ€, eine LokalitĂ€t, die ich das GlĂŒck hatte zwei- 
mal zu besuchen und grĂŒndlich zu untersuchen. 

Die tiefsten Lagen dieses SĂŒsswasserpliocĂ€ns sah ich auf dem linken Ufer des Orontes im W. ge- 
nannter Ortschaft, da, wo der Weg nach AntÀkıje abgeht, in einem zusammenhÀngenden Profil folgender- 
massen aufgeschlossen. 

Zu unterst steht dicht an der BrĂŒcke an: Weisser, marmorartiger EocĂ€nkalk mit dĂŒnnĂ€stigen 
Lithothamnien-Resten. 

Unmittelbar darĂŒber folgen in diskordanter Auflagerung unter einem Streichen in hora 10 und Ein- 
fallen mit 37 ° nach O. von unten nach oben: 

Profil I. 
1) Grauer Thon (erste Thonbank) mit 
Neritina Karasuna Movss. 
= Orontis n. Sp. 
Hydrobia ? (Bythinella ?) sp. 
Melania tuberculata MĂŒLn. 
Melanopsis minima n. Sp. 
5 vincta n. Sp. 
N multiformis n. sp. (ungemein hÀufig). 
% binodosa n. Sp., besonders transiens (Uebergang zu multiformis) . . . 1,00 m 
2) DĂŒnne, unbestĂ€ndige Lage von Mergelsandstein. 
3) Gelbgrauer Thon (zweite Thonbank) mit 
Unio homsensis LEA 
Hydrobia (Pyrgula ?) cf. acutecarinata Nzum. 
Melanopsis binodosa n. sp. typica (ungemein hÀufig). 


e DICLHEEOEDEUSDE RER En Eee 3,00 m 

As /weighÀrterewMercelbankeniyas er a ee 0,02 m 
5) Thon ohne Fossilien. 
Ö)plsockererzMerselumits weissengKalkconeretionengen 5 
7) BrÀunlichgelber Kalksand, Àusserlich weiss infolge Ausschwitzens des Kalkgehalts . 0,20 m 
8) Thon oder Mergel mit Kalkconcretionen, oben ohne dieselben. Eingeschaltet sind 

einzelne sandsteinartige BÀnke, die aber mit SalzsÀure heftig brausen . . . . . 5,00 m 
S)eBrÀunlich selber skalkiser# Sandstein Pe 0,30 m 
I)AGrauescharteyMereelbankaucs en Pe ee 1,00 m 
Ka VVeicherzSandsteinnoders Sand er... oe re ? 


Circa 10 m. 


78 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Es lÀgen hiernach nur aus zwei Thonschichten, also vollkommen isopischen Ablagerungen, Fossilien 
vor, freilich hier in zahlloser Menge, wohlerhalten und in den verschiedensten Altersstadien. Die an Indi- 
viduenzahl vorherrschenden Melanopsiden gehören alle einem einzigen grossen Kreise unter sich blutsver- 
wandter, verÀnderlicher Formen an, die von einer gemeinsamen Stammform ausgehen. Da die Faunen der 
beiden PetrefaktenbÀnke in ihrer prozentischen Zusammensetzung durchaus verschieden sind, wenn auch die 
meisten Arten in beiden Schichten vorkommen, so bietet eine genaue Betrachtung und Vergleich derselben 
vom phylogenetischen Standpunkt aus recht interessante Gesichtspunkte. Ich werde darauf spÀter aus- 
fĂŒhrlicher zurĂŒckkommen. Hier sei nur noch soviel gesagt, dass sich von der gedachten glattschaligen 
Stammform Melanopsis minima n. sp., die der lebenden Melanopsis minutula Bours. nahekommt, sich zwei 
parallele Reihen ableiten lassen, deren eine schon in der ersten Thonbank mit M. vincta endigt, wÀhrend 
die andere in M. multiformis und binodosa ausgeprÀgte Typen besitzt. MM. multiformis herrscht in der tieferen, 
M. binodosa unbedingt in der höheren Bank vor. M. bieinceta ist eine Endform des Multiformis-Zweiges, 
die sich durch Vereinfachung der Skulptur wieder der Stammform, sowie der M. vincta nÀhert. 


WĂ€hrend das linke Ufer des Orontes, auf dem der Ort Dschisr esch-Schurr selbst liegt, dort relativ 
schnell ansteigt und eine unregelmĂ€ssig wellige OberflĂ€che besitzt, ist das rechte Ufer gegenĂŒber tiefer ge- 
legen und viel ebener. Vermuthlich hat dieser Gegensatz unter anderem seinen Grund in postpliocÀnen 
Störungen, z. B. einer Senkung der Ostseite an einer wenn auch unbedeutenden lokalen Bruchlinie, ungefÀhr 
an Stelle des Flusses und einer damit verbundenen Schleppung der Schichten auf der stehen gebliebenen 
Scholle, die deren steiles Einfallen nach O. erklÀrt. 


Fig. 3. 
Querprofil durch das RĂ€b oder mittlere Orontesthal bei Dschisr esch-Schurr. n 
Massstab: 1:100000. LÀnge: Höhe = 1:5. GehÀngeschotter. 
Dschisr esch-Schurr 137—148 m. MischlamĂŒm. JĂŒngerer (postplio- 
- n - cÀner) Basalt. 
RĂ€b ! 
i SĂŒsswasserpliocĂ€n. 
n; >> | EocÀn. 
‚Orontes 134m H x N 
i& ST Senon. 
a Mask = zent Base | Cenomanturone Kalke 
rer TEE 58 Nor een is es mit Feuersteinknollen. 


Die EocÀnkalke sind auf dem rechten Ufer nicht mehr aufgeschlossen, so dass ein genauer Vergleich 
auch der PliocÀnschichten von unten nach oben nicht angÀneig ist, zumal dieselben hier etwas anders aus- 
gebildet sind trotz der geringen Entfernung. Direct ĂŒber dem Flussniveau findet sich auf dem rechten 
Ufer oberhalb der BrĂŒcke: 

Profil II: 
1) Weisser Thon mit Kalkconeretionen und nur wenig Fossilien: 
Unmio Homsensis LEA | 
Melanopsis multiformis n. SP. 
binodosa n. sp. var. transiens (ganz vereinzelt). 
DICINELA ME ISPE une ee le ee ee Be a ale 0 ern 


SĂŒsswasserpliocĂ€n im RĂ€b oder mittleren Orontesthal. 79 


2) Grobes Conglomerat mit Geröllen von (Àlterem) Basalt, Feuerstein, Jaspis und 
wenigen Conchylien 
Dreissensia Chantrei Loc. 
Melanopsis div. sp., nur TrĂŒmmer derselben Arten wie in der folgenden Schicht . 0,50 m 
3) Muschelkalk (Dreissensia-Bank) mit 
Dreissensia Chantrei Loc. (gemein). 
Melanopsis laevigata Lam. 


MR hiera LET. 
" minor BLANCK. 
" crassitesta n. SP. 
g tramsiens n. Sp. 
" eylindrata n. Sp. 
. oblonga n. SP. 
M hemimorpha n. Sp. 
r sancta LET. 
Neritina Karasuna Mouss. 
5 KONSENS Re Tr ae 0:20 
4) Weisser Melanopsiden-Mergelthon reich an \ 
Melanopsis unicineta n. SP. . 
n bieineta n. Sp. ‘ ce. 3,00 m 
5) Gelbweisser Mergelsand mit Knochenresten, Spuren von Melanopsis und Helix. 
6) Mergel mit weissen Kalkconeretionen. / 


DarĂŒber folgt in ca. 6 m Höhe ĂŒber dem Flussniveau: 


7) Weisser, knolliger Mergelkalk mit gelben Poren und Wurzelröhrchen auf den Schichtlagen 0,40 m 


ö)pMereelemitsweissen@k@lkconeretionene 00 
)eBraungelblichersMerselsandsteine. 2 er ? 
I0)BMercelemitsweissen@KalkeonGeretionens ? 


11) Decke von (jĂŒngerem) Basalt. 


In diesem Profil sind 5 PetrefaktenbÀnke von dreierlei Art oder Facies enthalten, zunÀchst wie im 
I. Profil vom linken Flussufer Thonlager als AbsÀtze aus ruhigen, tieferen Seetheilen mit schlanken, zierlichen, 
fein skulptirten, an der GehÀusespitze nie corrodirten Melanopsidenformen, dann Conglomerate oder kalkige 
Muschelbreceien mit lauter dickschaligen, mehr gedrungenen, wenig verzierten, meist corrodirten Melanopsiden 
und Dreissensien, schliesslich Mergelsande mit Knochenspuren und Helix. Die beiden letzten Facies tragen 
mehr festlÀndischen bezw. Ufercharakter oder sind fluviatil. Wie in ihrer Gesteinsbeschaffenheit haben diese 
verschiedenen Facies auch in ihrer Fauna keine Beziehungen zu einander. Mit den PetrefaktenbÀnken 1 
und 3 des I. Profils lassen sich nur die Thonlagen 1 und 4 des Il. Profils vergleichen. Die eingeschlossene, 
relativ spÀrliche Melanopsidenfauna weicht nicht wesentlich von der des linken Ufers ab. Im Allgemeinen 
aber macht sie den Eindruck eines wenig jĂŒngeren Alters. Melanopsis vincta aus Schicht I. 1, die sich 
von der gedachten Stammform der ganzen in Betracht kommenden Gruppe relativ am wenigsten entfernt 


so M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


hat, fehlt in II 1 ganz. Es herrschen H. multiformis und zwar hauptsĂ€chlich in vorgerĂŒckterem Zustande, bei 
dem die letzten Windungen wieder glatter werden, sowie M. bieincta, die von dieser als Endform sich ableitete. 
Die mit letzterer in I, 3 zusammen vorkommende, charakteristische M. binodosa aber fehlt hier fast ganz; 
sie scheint also nur lokale Verbreitung gehabt zu haben. Ich möchte Schicht H, 1 fĂŒr eine Ă€quivalente 
Vertretung der Schicht I, 3 halten, besonders mit BerĂŒcksichtigung der beiden gemeinsamen M. bicincta. 
Ich halte es nicht fĂŒr ausgeschlossen, dass, abgesehen von der M. bieineta, sich auf dem linken heutigen 
Ufer bei der grossen VerÀnderlichkeit der ganzen Formenreihe eine Tendenz zu auffallender Skulptur 
(Knotenbildung bei M. binodosa) bemerkbar machte, wÀhrend gleichzeitig in der NÀhe auf dem rechten 
heutigen Ufer mehr eine Vereinfachung der Skulptur eintrat, was sich auch in den schwachen Knoten der 
dort vereinzelt auftretenden Exemplare von M. binodosa ausspricht. So fand auch auf dem linken Ufer bald eine 
VerdrÀngung der M. multiformis, welche in schwankender Weise die Mitte zwischen den zwei Tendenzen hÀlt, 
statt, wÀhrend sie sie sich auf dem rechten Ufer lÀnger hielt. und weiter entwickelte zur M. unicincta. 


Der grösste Gegensatz des Profils II gegen I beruht in dem Auftreten der Conglomerat- und Muschel- 
kalkbank, die wir spÀter weiter aufwÀrts auf der rechten Seite des Rab oder mittleren Orontesthals bis nach 
Kal‘at el-Mdik hin werden verfolgen können. Man kann dieser Bank in I höchstens die kĂŒmmerliche Mergel- 
bank 4 parallelisiren. Im Uebrigen herrscht in den höheren Theilen der Profile einige Uebereinstimmung. 
Schicht 4 und 5 bei II entspricht 5 bei I, II 6—8 mit Kalkconcretionen der Lage I 6, der Sandstein I 9 
demjenigen in I 7; schliesslich II 10 = I 8. Der Basalterguss verhinderte dann bei II auf dem rechten 
Ufer eine weitere Sedimentbildung, wĂ€hrend links noch der höhere Theil von 8, sowie 9—11 abgesetzt wurde. 


Das Empordringen dieses (jĂŒngeren) Basalts von Dschisr esch-Schurr an die OberflĂ€che hĂ€ngt meinen 
Beobachtungen zufolge zusammen mit dem Aufreissen der grossen Bruchspalten an den RĂ€ndern des Rab- 
grabens am Fusse des Plateauabfalls, speciell der rechten Orontesthalseite. Im O. von Dschisr esch-Schurr 
wurde bei dem Dorfe MischlamĂŒm, am Fusse des östlichen Dschebel el-A‘lĂ€, gerade an der Stelle der 
zweifellos hier vorhandenen Randspalte ein BasalthĂŒgel beobachtet, dessen Masse offenbar zusammen mit der 
Basaltdecke im W. am Fluss ĂŒber dem PliocĂ€n ursprĂŒnglich einem Erguss angehörte, wie sie auch noch 
jetzt damit in ununterbrochenem Zusammenhang steht. Der Basalt kam 
also aus der Randspalte, wahrscheinlich unmittelbar nachdem sie aufge- 
rissen. WĂ€re dieses Ereigniss vor der Ablagerung des SĂŒsswasserpliocĂ€ns 
erfolgt, so mĂŒsste der Basalt nicht die Decke, sondern die Unterlage jener 
Sedimente bei Dschisr esch-Schurr bilden. 


Fig. 4. 


Noch charakteristischer und unzweideutiger als hier sind die Lagerungs- 
verhÀltnisse des PliocÀns im W. von Dschisr esch-Schurr am westlichen 
Thalrand. Steigt man auf dem Wege nach LĂ€dikije ĂŒber die wellige, all- 
mÀhlich ansteigende RÀbebene empor, so sieht man zunÀchst noch pliocÀne Mergel den Boden bedecken, 
dann treten EocÀnkalke unter ihnen auf, die bis zum Fusse des Dschebel el-Anserijeabfalls anhalten. Der 
Gebirgsfuss selbst wird von jĂŒngerem Geröll und Schotterablagerungen eingenommen, zwischen denen grosse 
abgestĂŒrzte Kalkblöcke liegen. - 

Der steile Gebirgsabfall zeigt beim Aufstieg lÀngs eines Trockenthals dicht im N. des zickzack- 
förmigen Karawanenwegs folgende Schichtenwechsel von O. nach W. (vergl. nebenstehendes Profil, Fig. 5)» 


SĂŒsswasserpliocĂ€n im Rab oder mittleren Orontesthal. s1 


Den Anfang bildet ein milchweisser, marmorartiger, zum Theil breceienhafter Kalk, der Lithothamnien, 
kleine Nummuliten und Spuren von Gastropoden enthĂ€lt und dem EocĂ€nkalk von der BrĂŒcke bei esch-Schurr 
entspricht. Er streicht in h. 1 und fĂ€llt mit 30—60° nach 0. ein. 


Fig. 5. 


Omen GehÀngeschotter. 


SS Oberes SĂŒsswasserpliocĂ€n. 


se so se2’ 


<eo0000% 


= Nummulitenkalk. 


= Kreidekalk mit Feuersteinknollen. 


Infolge einer Verwerfung (d) in hora 1 stösst er westlich direct an dĂŒnnschiefrige, weisse, weiche 
Kalkmergel und helle, lose Mergel mit weissen Kalkeoncretionen. Der Streifen dieser Schichten, welche 
gegen den Berg einfallen, nimmt an Breite etwas ĂŒber 200 m an der OberflĂ€che ein. 

Es folgt nun vermittelst der Verwerfung c plötzlich feuersteinfĂŒhrender, kieseliger Kalk der Oberen 
Kreide, der mit 45° gegen W. einfÀllt. 

Dann treten bei b wieder bis zur Spalte a Neogenschichten auf, weisse, dĂŒnnschiefrige Kalkmergel, 
die in h. 2 streichen und mit 30° gegen W. einfallen. Die Verwerfungen c, b und a sind gleichweit, nÀmlich 
ca. 70 m von einander entfernt. 

Den Schluss des Profils bildet obereretaceischer Kalk, der zuerst mit 45° nach W. einfÀllt, nach 
oben aber horizontale Lagerung einnimmt und so bis zum oberen Rande des Gebirgsabfalls zur Kante des 
Plateaus anhÀlt. Versteinerungen konnten hier in demselben nicht aufgefunden werden. Er charakterisirt 
sich durch Auftreten von Feuersteinknollen in Schichtlagen. 

Dass die eingesunkenen Streifen zwischen a und b und zwischen ce und d Neogenschichten darstellen, 
dĂŒrfte wohl nicht bezweifelt werden. Der Mangel an Versteinerungen an dieser Stelle erschwert freilich 
die Beantwortung der Frage, ob man es mit marinem MiocĂ€n, marinem PliocĂ€n oder SĂŒsswasserpliocĂ€n zu 
thun hat. Der Gesteinscharakter verweist uns ganz entschieden auf eine der beiden letzten Annahmen. 
Denn lose Mergel mit Kalkconcretionen habe ich nur in marinem und SĂŒsswasserpliocĂ€n Nordsyriens wahr- 
genommen, nie aber in dem Oberen MiocĂ€n des Nusairiergebirges und Dschebel Akra“ und des im N. auf 
das Nusairiergebirge folgenden Koseirplateaus. Die nÀchsten sicheren Ablagerungen von marinem PliocÀn 
aber, welche Ă€hnliche Bildungen aufweisen, liegen erst im W. des Nusairier GebirgsrĂŒckens am unteren 
Nahr el-Kebir bei LÀdikije, wo sie höchstens zu 200 m Meereshöhe emporsteigen, das Gebirge selbst 
(Wasserscheide stets ĂŒber 200 m) aber nicht ĂŒberschreiten. Es könnte höchstens die Ansicht Raum ge- 
winnen, dass sich das PliocĂ€nmeer von N. her aus der Niederung el-“Amk, deren RĂ€nder noch marinpliocĂ€ne 
Ablagerungen zeigten, lÀngs des Orontesthales bis in die Gegend von Dschisr esch-Schurr erstreckt habe. 
Ich kann hier nur anfĂŒhren, dass ich bei Dschisr und auf meiner Wanderung stromabwĂ€rts wenigstens bis 


HammĂ€m Scheich “Isa bei Derkusch in der Thalebene wie an den umgebenden PlateauabfĂ€llen keine als 
Palaeontographica Bd. XLIV. 11 


M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


[0 0) 
DD 


marines PliocÀn sicher zu deutenden Sedimentreste beobachten konnte. Es bleibt also als höchst wahr- 
scheinlich die Annahme ĂŒbrig, dass jene zwischen Verwerfungen am ÖOstabfall des Nusairiergebirges einge- 
sunkenen lockeren Schichten dem SĂŒsswasserpliocĂ€n angehören. In petrographischer Beziehung steht dieser 
Annahme nichts im Wege, denn ganz dieselben Gesteine, Mergel mit weissen Kalkconcretionen, lernten wir 
in den Profilen von Dschisr esch-Schurr noch ĂŒber den Melanopsidenreichen-Lagen in I 6, 8, II 6, 8, 10 kennen. 

Wendet man sich aus dem TrockenthÀlchen, welches uns das beschriebene Profil aufschloss, lÀngs 
des Gebirgsabfalls in sĂŒdlicher Richtung, so gelangt man nach Ueberschreitung des Weges von LĂ€dikrje bald 
in einen Àhnlichen kurzen Wasserriss, in welchem sich nunmehr folgender Durchschnitt darbietet. 


Die Verwerfungen e und d sind hier viel nĂ€her aufeinander gerĂŒckt. An den WĂ€nden des Thal- 
einschnittes lÀsst sich deutlich die gegen das Gebirge gerichtete Neigung der Spalte d erkennen, welche 
danach mit c unten convergirt. Die oberen Verwerfer b und a sind durch diesen Wasserriss nicht mehr 
aufgeschlossen. Die untere derselben (b) scheint hier betrĂ€chtlich hinaufgerĂŒckt zu sein, um sich etwas 
weiter sĂŒdlich mit der fĂŒnften a spitzwinklig zu schaaren. So erscheinen die VerhĂ€ltnisse wenigstens aus 
der Ferne gesehen vom östlichen Orontesufer aus, von wo man deutlich die hellen PliocÀnstreifen zwischen 
den Kalken erkennen kann. 

Fig. 7. 
LĂ€ngsansicht! des Steilabsturzes des Dschebel el-Anserije im W. von Dschisr esch-Schurr, gesehen 
von O©. vom rechten Orontesufer. 


Dschebel el-Anserije. Dschebel el-Koseir. 


a. Obere Kreide (Turon ?). Harter Kieselkalk mit Feuersteinen. 5. EocÀnkalk am Fusse des Ge- 

birgsabfalls mit Nummulites und Lithothamnien. c. MiocÀn des Dschebel el-Koseir. d. PliocÀne 

SĂŒsswasserschichten, theils in der Ebene am Fuss, theils in Schollen am Abhang. e. Gebirgsschotter 
am Fusse des Abhangs. 


Aus diesen LagerungsverhÀltnissen geht mit zwingender Nothwendigkeit hervor, dass wenn diese 
eingeklemmten Schichten d wirklich wie ich annehmen zu mĂŒssen glaube, oberpliocĂ€nen Alters und identisch 
mit denen der RÀbebene bei Dschisr esch-Schurr sind, dann jene Spalten im W., zwischen denen das TertiÀr 


1 IrrthĂŒmlich ist das ThĂ€lchen in der Mitte dieses Bildes, unser zweiter Wasserriss, zu weit aufwĂ€rts gezeichnet. 
Es endigt nach oben schon in den ersten als a bezeichneten Kreidekalken. 


SĂŒsswasserpliocĂ€n im Rab oder mittleren Orontesthal. 8 


[S4} 


einsank, ebenso wie die Randspalte im O. des RÀb erst nach Ablagerung des OberpliocÀns aufrissen. Die 
beiden Querprofile der westlichen Thalseite (Fig. 5 und 6), auf deren zweimalige sorgfÀltige Untersuchung 
auf meiner Hin- und RĂŒckreise ich einen ganzen Tag verwandte, lassen nicht die von Dieser! und Tınmze Âź 
in ihren Referaten ĂŒber meine „GrundzĂŒge der Geologie von Nordsyrien“ geĂ€usserte Vermuthung zu, dass 
PliocÀnbildungen dort einfach durch Transgression in jene Höhen vorgedrungen und in die geschilderte un- 
gewöhnliche Lage gekommen seien, ohne dass nachtrÀgliche Dislocation erfolgte. Die Behauptung, dass 
der Beweis fĂŒr meine Spalten-Hypothese noch nicht stricte gefĂŒhrt sei, darf ich jetzt wenigstens als un- 
berechtigt zurĂŒckweisen. 


Unterhalb Dschisr esch-Schurr, wo die Thalebene allmÀhlich zu höherem Niveau emporsteigt, so 
dass der Orontes eine tiefe Rinne in dieselbe eingraben musste, verschwinden die SĂŒsswasserthone und 
Mergel bald und die bisher von ihnen bedeckten EocÀnkalke und Marmore nehmen die ganze OberflÀche 
ein. Das Binnenseebecken des RĂ€b fand unterhalb Dschisr esch-Schurr seinen Abschluss nach N. 


Verfolgen wir nun das Auftreten der PliocĂ€nbildung im RĂ€b oberhalb oder sĂŒdlich von Dschisr 
esch-Schurr. Am Wege nach Kal at el-Mdık treten auf dem rechten Orontesufer unter der ausgedehnten 
Decke von jĂŒngerem Basalt mehrfach harte Kalke und Conglomerate oder auch dĂŒnngeschichtete Mergel- 
kalkbĂ€nke an die OberflĂ€che. Etwa 2 Stunden sĂŒdlich von Dschisr esch-Schurr fand ich darin 

Umio sp. 

Corbieula Hebraica Bourc. 

Neritina Orontis n. Sp. 

Vivipara Apameae n. Sp. h 
Melanopsis eylindrata n. sp. 
Solche MuschelbÀnke setzen nun fort bis etwa 4 Stunden von Dschisr esch-Schurr entfernt, wo der Weg 
von der Mitte der Thalebene sich dem Östrande derselben nĂ€hert. Dort sah ich zuletzt einen harten 
breccienartigen Muschelkalk mit viel Feuerstein- und Hornstein-Fragmenten als OberflÀchenbedeckung. Er 
enthielt besonders 

Vivipara Apameae n. sp. 

Neritina Orontis n. Sp. 
In der NĂ€he des im O. befindlichen steilen Plateauabsturzes, der mit ganz scharfer N-S. Linie die Ebene 
begrenzt, treten in letzterer dieselben grauen EocÀndolomite und Kalke zu Tage wie an der östlichen Ge- 
birgswand. Sie sind hier am Rande der Ebene nur von einer dĂŒnnen, jĂŒngeren Gesteinskruste ĂŒberzogen; 
so sah ich bei dem armseligen Dorfe Hauwasch auf dem EocÀn 10 em Conglomerat und 10 cm gelblichen 
Sandstein. 


In viel bedeutenderer MĂ€chtigkeit als hier in der RĂ€bebene finden wir dann dieselben SĂŒsswasser- 
ablagerungen auf dem östlichen Plateau, aber nur auf dessen sĂŒdlicheren, niedriger gelegenen Theilen, die 
wir bei Kal “at el-Mdik ersteigen. 

Der 247 m hohe Bergkegel, auf dem frĂŒher die Akropolis von Apamea, heute die Feste Kal ‘at 
el-Mdik liegt, stellt in Wirklichkeit nur ein durch Erosion isolirtes StĂŒck des Plateaus im O., auf dem die 


! PerermAanns Mittheilungen 1892. Litb. N. 234. 
? Verhandlungen d. k. k. geol. Reichsanstalt 1891, p. 188. 


S4 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Ruinen der Stadt Apamea liegen, vor. Nach W. fÀllt er direct zur breiten Orontesthalebene ab, die am 
Fusse des Kegels ca. 192 m hoch ist. Der Fuss des Burgkegels wie auch der des ganzen Plateauabfalls 
zum Orontes besteht aus dolomitischen EocĂ€nkalken. DarĂŒber folgen im S. und O. der Burg in discordanter 
Lagerung mit AusfĂŒllung der Unebenheiten des Untergrundes Sandsteinschichten, die mit Kies und Gerölle 
abwechseln und schwach gegen W. geneigt sind. Im NO. konnte ich nur Conglomerat-Gerölle und Kalkstein 
wahrnehmen, im W. herrscht jĂŒngerer Kalkstein vor, der im ganzen mehr die jĂŒngeren Ablagerungen dieses 
SĂŒsswasserschichtenkomplexes zu reprĂ€sentiren scheint. Wie der BurghĂŒgel zeigt sich auch das ebenso hohe 
Plateau von Apamea mit dem Ruinenfeld (ca. 255 m) von SĂŒsswasserkalken und Conglomeraten weithin be- 
deckt. An einer Stelle der Stadt-Ruinen sah ich anstehend eine rauhe, bröcklige, sandigkalkige Muschel- 
breccie mit EinschlĂŒssen von EocĂ€ndolomit und folgenden SĂŒsswasserschnecken : 

Neritina Orontis n. Sp. 

Vivipara Apameae n. sp., hÀufig. 

Melanopsis Chantrei Loc. | i 

5 cylindrata n. sp. | vereinzelt 

Das relativ niedrige Plateau von Apamea bildet eigentlich nur die sĂŒdliche Vorterrasse des höheren 
Dschebel Scheich SabĂŒ und der Gebirge von el-BĂ€ra, welche im N. und NO. folgen. Ob auch diese höheren 
Plateaus im O. des RÀb noch theilweise von pliocÀnen Binnenseeablagerungen bedeckt sind, muss ich dahin- 
gestellt sein lassen, da ich sie nicht betreten habe, möchte es aber bezweifeln. Vielmehr halte ich die etwa 
von OSO. nach WNW. streichende Grenze zwischen. dem höheren Dschebel el-BÀra und dem breiten Vor- 
plateau von Apamea, eine Grenze, die bei ihrer besonderen Richtung nichts mit der Entstehung der nord- 
sĂŒdlichen RĂ€bspalten zu thun hat, fĂŒr identisch mit der Grenze des alten pliocĂ€nen SĂŒsswassersees. Erst 
2—4 km nördlich von Apamea nahm meiner Ansicht nach diese alte Seegrenze' ebenso wie die des hohen 
Kalkgebirges Dschebel Scheich SĂ€bĂŒ eine sĂŒdnördliche Richtung an. Der spĂ€tere postpliocĂ€ne Einsturz des 
RÀbgrabens vollzog sich von dort an zufÀllig in gleicher Richtung mit der Erstreckung des PliocÀnbeckens. 

Auch sĂŒdöstlich von Apamea’s Ruinenfeld zeigt sich das von dem sumpfigen Rab durch die östliche 
Rabspalte wohl abgetrennte niedrige Plateau (26 m relativ hoch) auf dem Wege nach Kal “at Sedschar von 
SĂŒsswasserkalken bedeckt, unter denen das EocĂ€n kaum noch zu Tage tritt. 

Vor Kal “at Sedschar verlĂ€sst man in mehreren Stufen wieder das Plateau und durchquert das hier 
westöstlich gerichtete Thal des Orontes. Bei Kal “at Sedschar steigen auf beiden Ufern des Orontes wieder 
die eocÀnen Felsmassen zu einem Plateau von 300 m Meereshöhe auf, durch welches sich oberhalb des Orts 
der Fluss eine tiefe, unzugÀngliche Schlucht ausgehöblt hat. An dem Steilabfall dieses Plateaus zeigen sich 
im O. der Feste S@dschar die im ganzen dunkel erscheinenden, dolomitisch kalkigen EocÀnfelsen oben deutlich 
von einer hellen Kalkmasse bedeckt, welche an MĂ€chtigkeit nach NO. zu wĂ€chst. Es sind weissliche, mĂŒrbe 
SĂŒsswasserkalke, welche besonders auf dem rechten ÖOrontesufer die Decke des EocĂ€ns bilden bis gegen 
HamÀ hin. 

An dem vom Nahr el-“Ası oder Orontes umflossenen HĂŒgel inmitten der Stadt HamĂ€ zeigen sich 
etwas Ă€hnliche VerhĂ€ltnisse wie am Burgberg von Kal “at el-Mdik. Nur die Basis des HĂŒgels besteht aus 


{! Vergl. hierzu meine geognostische Kartenskizze von Nordsyrien in meinen „GrundzĂŒgen der Geologie von Nord- 
syrien.“ Berlin 1891. 


SĂŒsswasserpliocĂ€n in Mittelsyrien, Libanon und Antilibanon. S 


oa 


anstehendem, Ă€lterem, weisslichem Kalk des unteren EocĂ€ns (?). DarĂŒber folgen theils geschichtete und 
theils schichtungslose lockere Massen in Lehm mit eckigen Gesteinsfragmenten, Breccien und Gerölllagen mit 
Unio-Schalenresten. Im Gegensatz zu dem grösstentheils durch natĂŒrliche VorgĂ€nge bewirkten Aufbau des 
HĂŒgels von Kal at el-Mdik ist indessen hier in HamĂ€ sicher das Allermeiste kĂŒnstlich aufgeschĂŒttet. Es 
liest einer der in Nordsyrien so ausserordentlich hĂ€ufigen Tells oder kĂŒnstlichen HĂŒgel vor. Ob hier ĂŒber 
der EocĂ€nbasis auch noch in geringem Masse an Ort und Stelle verbliebene Reste der natĂŒrlichen, frĂŒher 
am mittleren Orontes ausgebreiteten Binnenseeablagerung der PliocÀnzeit vorliegen, die durch die Erosion 
des Flusses inselartig isolirt wurden, oder ob alles ohne Ausnahme als kĂŒnstlich zu betrachten ist, ist nicht 
leicht zu entscheiden. 

Weiter oberhalb HamĂ€ habe ich am mittleren Orontes sichere Spuren einer pliocĂ€nen SĂŒsswasser- 
bedeckung nicht vorgefunden. Danach möchte ich HamÀ vorderhand als den Àussersten noch eventuell in 
Frage kommenden Punkt in der sĂŒdöstlichen Begrenzung des grossen PliocĂ€nbeckens von Nordsyrien an- 
sehen, wie ich das auch auf der geognostischen Kartenskizze von Nordsyrien seinerzeit ausgedrĂŒckt habe. 


SĂŒsswasserpliocĂ€n in Mittelsyrien, Libanon und Antilibanon. 


An einigen Stellen des Libanon und des Antilibanon existiren SĂŒsswasserablagerungen aus jungtertiĂ€rer, 
vermuthlich pliocÀner Zeit. Dieselben sind unter allen isomesischen Bildungen Syriens in ihrer Erscheinungs- 
weise und Fauna so einzig, dass ein Vergleich mit anderen sehr erschwert wird. 

0. Fraas' machte zuerst auf jungtertiĂ€re SĂŒsswassermergel am Ostabfall des Libanon aufmerksam, 
die er auf seiner zweiten Orientreise im Jahre 1875 bei Zahle entdeckte. Nach einer ausfĂŒhrlichen brief- 
lichen Mittheilung, die Herr Professor OÖ. Fraas die LiebenswĂŒrdigkeit hatte, mir auf meine Bitte zu machen, 
liegt der Hauptfundort, welcher die von ihm angefĂŒhrten Versteinerungen enthĂ€lt, in einem SeitenthĂ€lchen 
der BekĂ€ ‘a am BardĂŒni noch oberhalb Zahle, genauer 4 km im NW. dieser Stadt. Ich selbst habe auf 
meiner flĂŒchtigen Reise durch Coelesyrien (Juni 1888) diese Stelle nicht mehr erreicht, ebensowenig wie 
auch Dr. Drexer 1885. Die angefĂŒhrte Lage dieser Gebilde ist zur Beurtheilung der Frage der BekĂ€ ‘a- 
Spalten von einiger Wichtigkeit. 

Der massgebende, sicherste Fundpunkt jener neogenen SĂŒsswasserschnecken befindet sich also gar 
nicht in der BekĂ€ ‘a, der Grabensenke zwischen Libanon und Antilibanon oder an deren Rande am Fusse 
des Ostabfalls des Libanongebirges, wie Diener es verstanden zu haben scheint, sondern mitten im Li- 
banon selbst. 

Von Fossilien fĂŒhrt FraAs aus den betreffenden lichtgelben Mergeln besonders eine Planorbis und 
eine Litorinella an, die er mit P. cornu Bronxcx. und L. acuta A. Braun identificiren zu können glaubt. 
Ausserdem sollen sich TrĂŒmmer von „Lymnaeen und Paludinenschalen“, sowie „Schmitzen von Braunkohlen 
einstellen, wodurch die Mergel „eine“ gewisse „Chokoladenfarbe erhalten.“ Die Fraas’sche Sammlung in 
Stuttgart enthĂ€lt leider keine BelegstĂŒcke eines der von Fraas besuchten derartigen Vorkommnisse jung- 
tertiĂ€rer SĂŒsswasserbildungen, wie mir Herr Professor Fraas selbst mittheilte. Doch war ich in der glĂŒck- 
lichen Lage eine kleine Probe lichten Mergelkalk mit der Fundortsangabe Zahle der Sammlung des Syrian 
Protestant College der amerikanischen Mission zu BeirĂŒt entnehmen und genauer untersuchen zu können. 


1 Fraas: Geologisches aus dem Libanon. WĂŒrttemb. naturw. Jahreshefte 1878, p. 361—363. 


s6 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Es fanden sich zwei neue weiter unten beschriebene Arten darin vor, mit denen ich wohl die obigen beiden 
von FraAs nĂ€her bezeichneten Schneckenformen vereinigen zu dĂŒrfen glaube: 

Planorbis major n. sp. mihi (= F. cornu FrAas). 

Hydrobia Fraasi n. sp. mihi (= Litorinella acuta Fraas). 

„Hinter Kerak NĂŒch‘“, das an der Strasse von Mu‘allaka nach Bafalbek liegt, soll sich nach Fraas 
„das Vorkommen der Planorbis-Mergel, die an Nerineenfelsen der oberen Kreide sich anlehnen,“ wieder- 
holen, „dessgleichen auf der linken Seite des Litani bei Serain, wo der YafĂŒfe aus dem Antilibanon her- 
vorkommt.“ 

Diese beiden Punkte! liegen allerdings an dem westlichen und östlichen GehÀnge oder Rande der 
BekĂ€â€˜a am Fusse der beiderseitigen Gebirge, auffallenderweise genau im OÖ. von dem Hauptfundpunkt im 
Thal des BerdĂŒni. Fraas scheint gerade aus diesen beiden letzten Vorkommnissen zu schliessen, dass 
„wahrscheinlich auch der Untergrund der BekĂ€a- Niederung lichte, bituminös berĂŒhrte SĂŒsswassermergel 
fĂŒhrt.“ Dieser hat in den von ihm besuchten Abschnitten der östlichen BekĂ€ ‘a speciell an den Westab- 
hĂ€ngen der HĂŒgelkette von Medschdel “Andschar, Taijibeh und BreitĂ€n ausgesprochene SĂŒsswassermergel 
tertiÀren Alters nicht angetroffen. Auch ich habe auf meiner allerdings beschleunigten Durchreise durch 
die BekĂ€ “a keine petrefaktenfĂŒhrenden SĂŒsswasserschichten gesehen. Ich möchte mich daher vorlĂ€ufig der 
Ansicht zuneigen, dass jene von FrAaAs glĂŒcklich beobachteten Vorkommnisse auf einen oder besser mehrere 
kleine, local beschrĂ€nkte, ehemalige SĂŒsswasserseen zurĂŒckzufĂŒhren seien, nicht aber auf einen grossen Binnensee, 
welcher die ganze BekĂ€ ‘a zwischen Libanon und Antilibanon erfĂŒllte. Die Frage, ob die BekĂ€ ‘a ĂŒberhaupt zur 
Zeit jener Ablagerungen schon existirte oder nicht, scheint mir am besten dahin beantwortet zu werden, dass 
diese meridionale Depression damals wohl in ihrer ersten Anlage als eine Mulde zwischen zwei” Falten von 
grosser Spannweite, aus denen spÀter Libanon und Antilibanon hervorgingen, theilweise, d. h. wenigstens 
in ihrem mittleren Theil schon vorgebildet war, so dass im W. sich SĂŒsswasserbildungen an die bereits auf- 
gerichteten Kreide- und EocÀnschichten diskordant auflagern konnten, dass aber der letzte und eigentliche 
Einbruch des BekĂ€ ‘a-Grabens die Herausbildung seiner heutigen Gestalt doch einer spĂ€teren Zeit angehört. 


Die Annahme mehrerer pliocĂ€ner SĂŒsswasserseen von geringer Ausdehnung innerhalb Mittelsyriens, 
sowie einer damals noch einförmigeren, weniger zerrissenen BodenoberflĂ€che findet eine gewisse StĂŒtze in 
dem Auftreten ganz Ă€hnlicher SĂŒsswasserkalke inmitten des Antilibanon, von denen ich in der Diexer’'schen 
Sammlung in Wien genĂŒgende BelegstĂŒcke, deren noch nirgendwo bisher ErwĂ€hnung geschehen ist, fand. 
Nach persönlicher freundlicher Mittheilung des Herrn Dr. Diener sind diese schneckenreichen blauen Kalke 
unweit AsÀl el-Ward im O. des Harf RÀm el-Kabsch (2376 m) in einer Meereshöhe zwischen 1800 und 
1900 m am Wadi Sahridschi an der grossen sich weithin ziehenden „Störung von ChĂ€n MeithlĂŒn“¼? zwischen 
Libanonkalkstein (Turon) und WĂŒstenkalkstein (EocĂ€n) gesammelt. Sucht man auf Diexer’s geologischer 
Karte von Mittelsyrien, auf der ĂŒbrigens die Vorkommnisse von SĂŒsswasserpliocĂ€n noch nicht aufgetragen 
sind, diesen Punkt, die Kreuzung der SW.—NO. gerichteten Grenzlinie zwischen Libanonkalkstein und EocĂ€n 
mit dem „Wadi Sahridschi“, so fĂ€llt als merkwĂŒrdiger, wahrscheinlich nur ganz zufĂ€lliger Umstand auf, dass 


! Auf unserer Karte von Syrien, Tafel I, ist der eine Fundpunkt von Kerak NĂŒh leider ĂŒbersehen worden. 

? Man vergleiche hierzu Diexers Profil durch den nördlichen Libanon und Antilibanon von der KĂŒste ĂŒber den 
Cedernpass und Ba‘albek nach Saidnaja in Dirxer’s „Libanon“, p. 71, Fig. 3. 

3 Vergl. Dieser: Libanon, Profil 3 auf p. 71 und 292. 


SĂŒsswasserpliocĂ€n in Mittelsyrien, Libanon und Antilibanon. 37 


der PliocĂ€npunkt im Antilibanon wieder fast genau östlich von den frĂŒher genannten Vorkommnissen am 
Jahfufe und BardĂŒni liegt. Kurz sĂ€mmtliche 4 bis jetzt beobachteten Vorkommnisse von pliocĂ€nen SĂŒsswasser- 
bildungen in Mittelsyrien reihen sich in einer Linie aneinander, wÀhrend die ganzen heutigen Strukturlmien 
der Gebirge Mittelsyriens, des Libanon, der BekĂ€ ‘a und des Antilibanon von SSW. nach NNO. verlaufen. 
Auch dieser Umstand könnte immerhin als ein weiterer Beleg fĂŒr die UnabhĂ€ngigkeit der pliocĂ€nen Binnen- 
seen und ihrer Ablagerungen von der Existenz der BekĂ€ “a geltend gemacht werden. 


Es scheint mir hier am Platze darauf hinzuweisen, dass die marinen PliocÀnbildungen des Mittel- 
pliocĂ€ns Mittelsyriens eine in gewissem Sinne Ă€hnliche Verbreitung besessen haben mĂŒssen. Denn wie ich 
in meiner Abhandlung: „Das marine PliocĂ€n in Syrien“ !, nachwies und auch oben auf Seite 74 kurz bemerkte, 
erstreckte sich damals eine tiefe, schmale Bucht in W-O. Richtung von der DschĂŒni-Ebene am unteren Nahr 
el-Kebir zwischen dem Libanon im S. und dem Dschebel el-*Anserije im N. hindurch ĂŒber Homs tief in die 
Palmyrenische WĂŒste bis zum Brunnen el-Forklus. Diese Meeresbucht war also unserer hypothetischen Kette 
von SĂŒsswasserseen in Mittelsyrien parallel und wie diese senkrecht zur Richtung der GebirgszĂŒge des 
Libanon und Antilibanon, die damals noch keinenfalls bestanden hatten. 

Die reiche Fauna besagter Kalke setzt sich nach meinen Untersuchungen theils aus den beiden 
schon vom Bardunithal angefĂŒhrten Arten, theils aus mehreren anderen Formen zusammen. Da trotz der HĂ€rte 
des Gesteins die Erhaltung eine relativ gute ist, indem in der Regel auch die Schalensubstanz noch er- 
kennbar ist, so liessen sich die Arten recht wohl bestimmen respective vergleichen: 

Limnaeus palustris MÜLL. var. 
Planorbis major n. Sp. 


5 corneus L. 
R spirorbis L. 
R umbilicatus var. Antilibanensis n. 


Valvata Sauleyi Bourc. 

Pisidium sp. 

Bythinia applanata n. sp. 

Hydrobia Fraasi n. Sp. 
Es konnten hiernach 5 Arten, also ĂŒber die HĂ€lfte der genau bestimmbaren, direct auf recente Arten be- 
zogen werden, die allerdings theilweise (Planorbis corneus und spirorbis) aus Syrien selbst lebend noch 
nicht eitirt worden sind. Die neue BDythinia-Art habe ich, wenn auch nicht gerade lebend, so doch in den 
jĂŒngsten quartĂ€ren SchlammabsĂ€tzen? des RĂ€b oder mittleren Orontesthals in vielen Exemplaren wieder- 
gefunden. 

Es dĂŒrfte hiernach wohl gerechtfertigt erscheinen, die Kalke von AsĂ€l el-Ward höchstens in das 

PliocĂ€n zurĂŒckzuversetzen; eine genauere Zeitbestimmung erscheint mir vorderhand zu gewagt. ‘Demselben 
Alter gehören nach der Uebereinstimmung der Fauna zweifelsohne auch die oben erwÀhnten Vorkommnisse 
von Zahle, Kerak Nuh und am JahfĂŒfe an. 


{ Sitzungsbericht der Phys. med. SocietĂ€t in Erlangen. 24. Heft. 1892, p. 20—22. Vergl. auch meine Strukturlinien 
von Syrien in RıcarHoren’s Festschrift. Berlin 1893, p. 158. 
? Vergl. weiter unten. 


ss M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen Mollusken Syriens. 


QuartĂ€re SĂŒsswasserablagerungen und Eluvialbildungen am oberen Orontes. 


Die SĂŒsswasserabsĂ€tze der QuartĂ€rperiode besitzen im Orontesthal und seiner Umgebung eine im 
Ganzen auffallend geringe Ausdehnung in horizontaler wie in vertikaler Richtung. Jedenfalls spielen sie 
bei Weitem keine so hervorragende Rolle wie die gleichzeitigen DiluvialabsÀtze (LisÀnschichten) im Jordan- 
thale. Eine Eintheilung der im Folgenden zu schildernden @QuartÀrbildungen nach ihrem Alter erscheint 
noch unthunlich, da es fĂŒr die meisten Vorkommnisse noch an Anhaltspunkten fĂŒr eine genaue Alters- 
bestimmung fehlt. Wir werden daher am besten in unserer Disposition rein topographischen Gesichtspunkten 
folgen, indem wir dem Laufe des Orontes in sĂŒdnördlicher Richtung nachgehen. 


Im obersten Orontesthal, der BekĂ€ ‘a zwischen Libanon und Antilibanon bedecken vor- 
zugsweise Geröllschichten den Boden der breiten Thalsohle. Anzeichen eines grossen, die BekĂ€ ‘a in dilu- 
vialer Zeit erfĂŒllenden Binnensees mit Terrassen und dergl. fehlen. Die diluvialen Schottermassen sind 
fluviatilen Ursprungs und finden sich sowohl in der Thalebene wie auch namentlich als Schuttkegel an den 
AussĂ€ngen der FlĂŒsse aus den beiderseitigen Gebirgen aufgeschĂŒttet. Man darf sie nicht verwechseln mit 
Ă€lteren Conglomeraten des EocĂ€ns, die theilweise den Untergrund der nördlichen BekĂ€â€˜a bilden und in den 
tief eingeschnittenen Wadis z. B. östlich HörmĂŒl unter den jĂŒngeren Bildungen mit steil aufgerichteter 
Lagerung und einem Einfallen unter 30—40° zu Tage treten. Die Trennung dieser EocĂ€n (?)-Bildungen 
von der Diluvialbedeckung ist nicht immer leicht. 

Zwischen Zahle und Mu ‘allaka am Ausgang des BardĂŒnithals beobachtete ich in dem Chaussee- 
einschnitt Conglomerate und Geröllschichten von zusammen mehr als 100 m MÀchtigkeit, welche steil auf- 
gerichtet unter 45° nach W. zur BekĂ€ ‘a fallen. Westlich oberhalb dieser Stelle im W. der Stadt Zahle wĂŒrden 
nach Fraas die oben erwĂ€hnten neogenen SĂŒsswassermergel sich „an die fast auf den Kopf gestellten 
NummulitenbĂ€nke anlehnen.“ Es erscheint mir vorlĂ€ufig zweifelhaft ob diese Conglomerate nur verfestigte 
diluviale SchotteranhĂ€ufungen des BardĂŒni, vielleicht aus einer Zeit der Vergletscherung des hohen Sannın 
sind, wie es Fraas nach seiner mir vorliegenden geologischen Kartenskizze aufgefasst zu haben scheint und 
nicht vielmehr der obersten Abtheilung des EocÀns entsprechen, wie die Conglomerate des nördlichen Anti- 
libanon und der BekĂ€a. Auf meiner durch FieberanfĂ€lle beschleunigten RĂŒckreise durch diese Gegend 
konnte ich damals diesen Fragen leider nur geringe Aufmerksamkeit widmen. Es wĂ€re wĂŒnschenswerth, 
wenn von spĂ€teren Reisenden genauere Beobachtungen ĂŒber die gegenseitigen Beziehungen der eocĂ€nen (?), 
geschichteten, versteinerungsleeren Conglomerate, der neogen SĂŒsswassermergel und -Kalke und der diluvialen 
Schottermassen etc. in der Beka‘a und deren Umgebung angestellt wĂŒrden, sowie eine kartographische 
Fixirung dieser Gebilde vorgenommen wĂŒrde. 


Die nordsyrische Ebene im 0. des Orontes, zwischen Homs und Hama, zeigt vielfach bis 
ĂŒber Selemije, mitten in die WĂŒste hinaus eine oberflĂ€chliche Bedeckung aus (diluvialen ?) SĂŒsswasser- 
bildungen, die ihrerseits wieder in eluviale oder subaerische Bildungen ĂŒbergehen oder von ihnen ver- 
treten werden. Es sind Conglomerate, Breccien, dichter Kalk mit eckigen GesteinseinschlĂŒssen, mehr poröser 
Kalktuff, helle, kalkige Mergel und Lehm. In Homs sah ich in der NĂ€he des Kastells in einem alten Stein- 
bruch im Boden der Ebene Kalk, Breccie und Conglomerat wechselnd mit kalkigen Mergelschichten in einer 
GesammtmĂ€chtigkeit von 5 m aufgeschlossen. Der HĂŒgel des Kastells selbst ist‘kĂŒnstlich durch AufschĂŒttung 
genannter Gesteinsarten der ebenen Umgegend hervorgerufen. Er besteht, abgesehen von Mauerresten, meist 


QuartĂ€re SĂŒsswasserablagerungen und Eluvialbildungen am Orontes. 89 


aus lockeren Schuttlagen, Lehm mit eckigen Gesteinsfragmenten und hellen mergeligen Lagen. In dem 
Lehm fand ich auf halber Höhe des HĂŒgels 
Melanopsis buccinoidea OL. 
a Chantrei Loc. 
Neritina Orontis n. Sp. 

In der einförmigen, ebenen WĂŒstenlandschaft im NO. von Homs gewĂ€hren ausser Cisternen nur 
einzelne Thaleinschnitte einen Einblick in die Beschaffenheit des Untergrunds. Ein solches Thal oder Thal- 
system wird 3 Stunden von Homs auf dem directen Wege nach Selemije ĂŒberschritten. Die ThalgehĂ€nge 
zeigen sich gebildet von 1 m hohen Felsen aus hartem, tuffartigem SĂŒsswasserkalk. Unter ihm tritt dort 
eine Lage Basalt zu Tage, der selbst von Kreidekalkschichten unterteuft wird. 

Auch an höheren, freieren, d. h. nicht von Quellen oder sonstigen SĂŒsswassern heutzutage oder 
frĂŒher heimgesuchten Theilen der Ebene zeigt sich an der ErdoberflĂ€che gewöhnlich harter Kalk. Aber hier 
ist er ganz anderer Entstehung wie derjenige in dem beschriebenen Thal ĂŒber dem Basalt. Er ist eine 
anogene, subaerische, eluviale WĂŒstenbildung. Wo kalkhaltige Schichten den Untergrund einnehmen — und 
in der syrischen WĂŒste ist das abgesehen von den basaltischen Regionen fast immer der Fall auch ohne die 
jĂŒngern SĂŒsswasserkalke — findet man auf der OberflĂ€che eine sich meist gleich bleibende Kalkkruste bis 
zu 50 cm Dicke, einen unregelmÀssig bald mehr bald weniger röthlich gefÀrbten, vorherrschend dichten, 
harten, splitterigen Kalkstein, der zahlreiche eckige Gesteinsfragmente, besonders Feuerstein, Jaspis und 
Basalt, sowie vereinzelte Schalen von Landschnecken, Helix vestalis Parr., einschliesst. Es sind hier also 
die oberflĂ€chlich liegenden TrĂŒmmer der unter der Kruste anstehenden Gesteine durch ein unreines Kalk- 
bindemittel breccienartig verbunden. Eine chemische Untersuchung dieses Bindemittels ergab bei zwei aus 
der WĂŒste mitgebrachten Proben, von denen die eine (I) dicht bei Selemije, die andere (II) in der Mitte 
zwischen Selemije und Hama geschlagen wurde, folgendes Resultat: 


1: | II. 
Quarzsand mechanisch gebunden . . | 0,402 0,64 
MO | 3,21 7,25 
AO ne ee 1,04 2,13 
INNE ee 0,8 1,21 
CHR le Yo ee RR 88,42 85,2 
NACITEN SOSE Ey 1,305 1,0 
VIaSSETI er nee 4,23 2,4 
SER ende Spuren Spuren 

99,407 99,83 


Die in Rede stehenden Kalke zeigen keine wirkliche Schichtung, höchstens zonale Anordnung verschiedener 
FÀrbung und Dichte parallel der welligen oder flachbuckligen ErdoberflÀche. Bei der völligen UnabhÀngig- 
keit vom Relief des Landes, dessen geringeren Unebenheiten sie ziemlich gleichmÀssig folgen, können sie 
nicht durch oberflÀchliche Wassermassen katogen abgesetzt sein. Die Kruste verdankt vielmehr ihre Ent- 
stehung der successiven Verdampfung der Wasser, welche die CapillaritÀt des Bodens aus der Grundwasser- 
schicht an die OberflÀche emporsteigen liess. Das Wasser zog hierbei leichtlösliche Bestandtheile wie Kalk 
nach der OberflĂ€che und setzte sie hier, selbst sofort verdunstend, ab. Es sind also AusblĂŒhungen des Kalk- 


elements aus dem Boden und ihre Bildung, die sich noch heute unverÀndert fortsetzt, ist gebunden an das 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 12 


90 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Vorhandensein und den schnellen Wechsel von heftigen RegengĂŒssen und rascher Verdunstung bei intensiver 
Sonnenbestrahlung. Die Kruste bekleidet besonders die welligen Erhebungen der WĂŒste, ĂŒberhaupt aus- 
gesetzte trockene Stellen, wo die Verdunstung am intensivsten ist. Aus allem geht hervor, dass aus dem 
Vorhandensein von jĂŒngerem Kalk oder Kalkbreccie an der OberflĂ€che noch nicht auf lacustre oder fluviatile 
Bildungen geschlossen werden kann. Die Ausdehnung der letzteren ist in Folge dieser nachtrÀglichen Ober- 
flÀchenbildung daher schwer festzustellen. 


QuartÀr im Rab. 

Die bisher aus dem RĂ€b, d.h. dem grabenartigen, sĂŒdnördlich gerichteten Theil des Orontesthals 
zwischen Kal‘at Sedscher und Dschisr esch-Schurr, beschriebenen SĂŒsswasserablagerungen sind nicht die 
einzigen und letzten der dortigen Thalebene. Sie bilden freilich ĂŒberall den Untergrund des Bodens und 
treten ĂŒber weite Strecken hin entblösst zu Tage. Aber in dem grösseren Theil der Ebene speciell auf 
dem niedrigen, ebenen, rechten Ufer sieht man diese Muschelkalke noch bedeckt von einem allerdings dĂŒnnen 
Ueberzug von schwarzem, hartgewordenem Schlamm, einem sehr jungen, lacustren Absatz. Er findet sich 
ĂŒbrigens nicht nur an tieferen, auch heute noch sumpfigen Stellen, sondern auch an solchen, die niemals 
heute mehr in der nassen Jahreszeit ĂŒberfluthet werden. 

An dem BĂ€chlein am Dorfe el--Amkije sammelte ich eine Handvoll dieser dort schneckenreichen 
Schlammerde, aus der spĂ€ter beim Schlemmen eine ganz erstaunliche FĂŒlle der verschiedensten Arten zu 
Tage gefördert wurden. 


Pisidium Oasertanum Por. var. Bythinia applanata n. Sp. 
Melanopsis minutula Bourc. e Syriaca n. SP. 
2 minor BLANCK. Succinea putris L.? 
M laevigata Lam. Planorbis contortus L. 
Pyrgula Barroisi Daurz. var. Rabensis m. 5 complanatus L. 
Valvata Saulcyi BourG. 5 Rabensis n. Sp. 
5 cristata MĂŒLL. Ancylus lacustris var. Mogquinianus BoUrc. 


Es ist eigenthĂŒmlicherweise eine minutiöse Fauna von lauter kleinen Arten oder nur jugendlichen 
Exemplaren grösserer Arten, eine Fauna, die in ihrer Zusammensetzung mehrfach an diejenige der harten, 
schwarzen SĂŒsswasserkalke vom Antilibanon erinnert. Die noch jetzt lebenden Arten verweisen ganz wie 
auch im PliocÀn von Mittelsyrien der Mehrzahl nach weniger auf schnell fliessendes als auf langsam fliessendes 
oder stehendes GewĂ€sser, mögen das nun locale PfĂŒtzen, SĂŒmpfe, GrĂ€ben oder gar ein grosser, einheitlicher 
Binnensee gewesen sein. Der Schlamm scheint also nicht lediglich von dem BĂ€chlein von “Amkije abgesetzt, 
sondern Àlterer Entstehung zu sein, als sich hier noch ein grosser, seichter, sumpfiger See befand, der die 
RĂ€bebene bis an deren RĂ€nder bedeckte. 

Es ist hier noch eine Beobachtung anzufĂŒhren, die man etwa 's Stunde nördlich von Kal ‘at el- 
Mdik am Ostrand der Ebene machen kann. Die steil sich aus der Ebene erhebende Kalkwand des östlichen 
Gebirges zeigt dicht an ihrem Fusse (etwa '/a—1’ hoch) eine Zeit lang in gleicher Höhe Ausnagung des 
Kalkfelsens, als ob in dieser Höhe einst hier die Wasser eines Sees das Steilufer bespĂŒlt hĂ€tten. Die 
Existenz dieses seichten Sees kann nicht sehr weit zurĂŒckliegen, denn sonst wĂ€ren diese den atmosphĂ€rischen 


QuartÀrbildungen am unteren Orontes. 91 


Einwirkungen ausgesetzten Spuren lÀngst verwischt. Um den PliocÀnsee kann es sich nach dem Voraus- 
gegangenen auch kaum handeln, da ja der Einsturz des RĂ€b und die Entstehung der Steilwand erst auf 
diesen folgte. Auch heutzutage sind grosse Theile der RĂ€bebene namentlich an ihrem Ostrande, wo starke 
Quellen austreten, von SĂŒmpfen bedeckt. Zur Zeit der höheren Nieder- 
schlĂ€ge der Diluvialzeit mussten sich diese SĂŒmpfe ausdehnen und zu einem 
gemeinsamen seichten See verschmelzen. Auffallend ist nur, dass nicht 
mehr Sedimente darin abgesetzt wurden oder erhalten blieben als die wohl 
alles ĂŒberziehende aber meist dĂŒnne Schlammlage. 

Die Fauna stimmt mit der heutigen SĂŒsswasserfauna keineswegs 
ĂŒberein. Es sind, abgesehen von vier neuen wahrscheinlich ganz ausge- 
storbenen Arten, mehrere charakteristische Schneckenformen mit unzwei- 
deutiger Sicherheit erkannt, deren heutige Verbreitung sich auf Nordasien 
und Europa beschrÀnkt, so Valvata cristata, Succinea putris und vor allem Planorbis contortus und com- 
planatus und Ancylus lacustris var. Moquinianus. Diese Zusammensetzung der Fauna liesse sich am besten 
durch ein damaliges nördliches Klima (der Eiszeit) erklĂ€ren, doch mĂŒsste diese Hypothese durch anderweitige 
Àhnliche Beobachtungen bestÀtigt werden. 


Fig. 8. 


e. EocÀner Marmorkalk. 
s. PliocĂ€ne SĂŒsswasserschichten. 


QuartÀrbildungen am untern Orontes. 


Am SĂŒdende der Stadt AntĂ€kije, dicht am linken Ufer des Nahr el-“Ası, sieht man deutlich in 
diskordanter Lagerung ĂŒber den am ganzen unteren Orontes verbreiteten marinen MittelpliocĂ€nsandsteinen 
ein Conglomerat fluviatilen Ursprungs, ausserordentlich reich an Schalthierresten: 


Dreissensia Chantrei Loc. Neritina Orontis n. sp. 
Unio Simonis TRISTR. Melamopsis costata On. 
Leguminaia Bourguignati Loc. n hiera LEr. 

5 Mardinensis Lea 5 stephanota Bour. 
Oorbieula Hebraica Bourc. S bieineta n. SP. 


Dieses Conglomerat begleitet den Orontes in seinem ganzen Lauf bis in die Ebene an seiner MĂŒn- 
dung und dieselben Bildungen findet man in mĂ€chtiger Entwicklung an sĂ€mmtlichen ZuflĂŒssen desselben. 
Die Thalfurchen derjenigen BĂ€che, die dem Orontes vom Amanus aus zueilen, stellen sich in der Ebene im 
WSW. von Antiochia durchschnittlich m der Weise dar, wie es Profil Fig. 1 auf Seite 74 zeigt. 

Das Conglomerat setzt sich im Wesentlichen aus Geröllen von Serpentin und Gabbro zusammen, 
die durch ein kalkig-sandiges Bindemittel verkittet werden. Mitten zwischen dem Conglomerat treten auch 
dĂŒnne, sandige und mergelige Lagen auf. Die MĂ€chtigkeit der ganzen Bildung erreicht 5 m. 

In die niederschlagsreiche Diluvialzeit fÀllt noch der Absatz der gewaltigen Kalktuffmassen auf dem 
linken Ufer des untern Orontes bei dem idyllischen Bet el-Ma (— Haus des Wassers), auf dem ausser dieser 
Niederlassung noch die Dörfer el-Harbije, Karije, ‘Ain Dscharmuz, Jakto und andere liegen. In Einschnitten 
treten unter dem Kalktuff zuweilen die pliocÀnen Thone und Mergel heraus. Nach unten geht der Tuff in 
braungelben, kalkigen Lehm mit vielen runden lösskindelartigen Kalkconeretionen ĂŒber. Eingeschlossen finden 
sich in dem Tuff ausser zahlreichen StĂŒcken fossilreichen marinen MiocĂ€nkalks Schalen von Melanopsis 


92 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


laevigata Lam. und minor Branck. Bei dem lieblichen, feuchtgelegenen Bet el-MĂ€ stĂŒrzt der noch jetzt 
wasserreiche Giessbach, in viele weisse Adern zertheilt, ĂŒber die Kalkschuttfelsen in reizenden Kaskaden 
herab, welche zugleich mehrere MĂŒhlen treiben. 

Die dreieckige Ebene an der MĂŒndung des Orontes ist ihrer ganzen Zusammensetzung nach eine 
quartÀre Bildung. Schon an den innern RÀndern derselben, an dem stufenförmigen Abfall des Plateaus im 
N. des Berges MĂ€r Sim “an zur KĂŒstenebene treten auf den pliocĂ€nen versteinerungsleeren Mergelsanden 
mehrfach grobe Schottermassen in grosser MĂ€chtigkeit auf, so am Dorfe “Ain Dscherab. Die Ebene selbst 
besteht aus horizontalen Ablagerungen von Schlamm, Lehm, Sand und Conglomerat. Letzteres herrscht mehr 
am Gebirge, die feineren Sedimente gegen die KĂŒste zu. Diese Schichten enthalten nach AmsswortH marine 
Schalthierreste von Arten, wie sie noch heute die benachbarten Gestade beleben, zugleich mit recenten 
Flussmuscheln vom Orontes und Landschnecken. Es ist hier also eine fluviomarine Bildung. Das Diluvial- 
meer, welches im Gegensatz zu dem oben beschriebenen Meer der OberpliocÀnzeit einen viel geringeren 
Stand einnahm, bedeckte doch immer noch theilweise die heutige Deltaebene des Orontes. 


PalÀontologisch-zoologischer Theil. 


I. Allgemeine Bemerkungen und Uebersicht. 


Wenn im vorhergehenden geologischen Theil nur von SĂŒsswasserablagerungen der pliocĂ€nen und 
pleistocÀnen Vergangenheit und deren fossiler Conchylienfauna die Rede war, so soll im folgenden Theil 
auch die jetzt lebende reiche Fauna der SĂŒsswasserconchylien berĂŒcksichtigt werden, damit die Beziehungen 
der vergangenen und jetzigen Fauna ersichtlicher werden. Von der fossilen SĂŒsswasserfauna Syriens, aus 
der ja nach der Deszendenztheorie die heutige erwachsen wĂ€re, war bisher von Fraas’ und Nöruises' kurzen 
Mittheilungen abgesehen, gar nichts bekannt. Aber auch unsere Kenntniss der lebenden, die sich wesentlich 
auf gelegentliche Aufsammlung einiger Reisender grĂŒndet, bedarf noch vielfacher ErgĂ€nzung, die hier freilich 
auch nur in geringem Maasse stattfinden kann. Immerhin hoffe ich durch Beschreibung aller von mir ge- 
machten Funde und Zusammenstellung der ganzen bis jetzt bekannt lebenden SĂŒsswasserfauna einige LĂŒcken 
ausfĂŒllen zu können. 

Mein besonderes Augenmerk habe ich auf die Melanopsiden gerichtet, die ja in erster Linie die 
SĂŒsswassermolluskenfauna Syriens vor allen andern Gattungen charakterisiren und zugleich in solcher Arten- 
fĂŒlle auftreten, dass man Syrien faunistisch das Land der Melanopsiden nennen könnte. Wir werden unter 
anderem sehen, dass bei den Melanopsidenschalen schon im PliocÀn die mannigfachsten Verzweigungsarten 
auftreten, die noch heute zu beobachten sind. . Aber es besteht ein Unterschied. FrĂŒher war die Ver- 
Ànderlichkeit wenigstens mancher Arten in Bezug auf Skulptur anscheinend noch viel grösser als jetzt. 
Damals konnte ein und dieselbe in sich aufs engste blutsverwandte Formengruppe oder gar Spezies die 
mannigfachsten SkulptureigenthĂŒmlichkeiten in den verschiedenen Entwicklungen der Individuen ja in ver- 
schiedenen Altersstadien eines und desselben Individuums vereinigt aufweisen, wÀhrend heute dieselben 
SchaleneigenthĂŒmlichkeiten mehr getrennt jede fĂŒr sich bei unverĂ€nderlichen Arten fixirt sind. Ob freilich 
diese so hoch verÀnderlichen PliocÀnformen, wie es die Deszendenztheorie glauben machen könnte, wirklich 
die directen Stammformen der jetzigen Melanopsiden Syriens sind, das ist eine andere schwierige Frage, auf 
die uns erst dann eine immerhin zweifelhafte Antwort möglich sein wird, nachdem wir die ganze fossile und 
heutige Artenfauna jener Gattung kennen gelernt haben. Um da ganz sichere Behauptungen aufstellen zu 
können, bedarf es vor allem noch der Entdeckung einer grösseren Reihe von auf einander folgenden Petre- 
faktenbÀnken. Es giebt meiner Ansicht nach nirgends auf der Welt, auch in Kroatien-Slavonien und Kos 
nicht, derartige, vollstĂ€ndige, sich an einander reihende AufschlĂŒsse von isopischen PetrefaktenbĂ€nken, die 
dazu nöthig wĂ€ren, um ĂŒber die Fortentwicklung von SĂŒsswasserconchylien von der TertiĂ€rzeit bis zur 
heutigen Fauna des betreffenden Landes ganz unanfechtbare SchlĂŒsse zuzulassen. Kleinere vorsichtige Schluss- 
folgerungen lassen sich indessen bereits vielfach und so auch in Syrien ĂŒber die Entwicklung innerhalb der 


1 Nörume: Ueber die LagerungsverhÀltnisse einer quartÀren Fauna im Gebiete des Jordanthals. Zeitschrift der 
deutsch. geol. Ges. 1886, XXXVIII, p. 807. 


94 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Formenreihen ziehen. Der Zusammenhang der Formenreihen unter einander bleibt hingegen in den meisten 
FĂ€llen ein RĂ€thsel. Ob wir in dieser Beziehung in Syrien einen Schritt weiter kommen und wie weit, wird 
sich aus dem Folgenden ergeben. 


A. Die fossile PliocĂ€n- und PleistocĂ€nfauna von SĂŒsswassermollusken in Mittel- 
und Nordsyrien. 


1. Von pliocĂ€nen SĂŒsswasserconchylien liegen mir vor vom Libanon und Antilibanon: 


Pisidium Sp. Planorbis major n. Sp. 

Valvata Sauleyi Boure. = corneus L. 

Bythinia applanata n. Sp. ch spirorbis L. 

Hydrobia Fraasi n. sp. en umbilicatus MÜLL. var. Antilibanensis. 


Limnaeus palustris MĂŒr. var. Antilibanensis n. 


2. Im PliocĂ€n des RĂ€b oder mittleren ÖOrontesthals sammelte ich: 


Dreissensia Chantrei Loc. Melanopsis binodosa n. sp. 
Unio Homsensis Lea. = bieincta n. Sp. 
Corbicula Hebraica Bourc. 2 unicincta n. Sp. 
Neritina Orontis n. SP. n oblonga n. Sp. 

n Karasuna Mouss. M hemimorpha n. Sp. 
Vivipara Apameae n. sp. 9 crassitesta n. Sp. 
Bythinia? oder Hydrobia? (Bythinella ?) sp. ve transitans n. sp. 
Pyrgula ct. acutecarinata NEUM. a minor BLANCK. 
Melania tuberculata MÜLL. n eylindrata n. Sp. 
Melanopsis minima n. Sp. 5 hiera Ler. 

» vincta n. SP. E laevigata Lam. 
> multiformis n. Sp. n Chantrei Loc. 


3. Aus dem PleistocÀn Nordsyriens besitze ich folgende fossile Formen: 


Dreissensia Chantrei Loc. Melanopsis minor BLANck. 
Unio Simonis TRISTR. 5 laevigata Lam. 
Leguminaia Bourguignati Loc. % buccinoidea On. 

5 Mardinensis Lra. " bicineta n. Sp. 
Corbicula Hebraica Bourc. n costata OL. 
Pisidium Casertanum Po. var. 5 hiera Lern. 
Neritina Orontis n. Sp. > stephanota Boure. 
Valvata Sauleyi BoURÂź. Planorbis contortus L. 

„ cristata MÜLL. ” complanatus L. 
Bythinia applanata n. sp. = Rabensis n. sp. 

F Syriaca n. Sp. Ancylus lacustris var. Moquinianus BOURG. 
Pyrgula Barroisi Daurz. var. Rabensis n. Succinea putris L. 


Melanopsis minutula Boure. 


B. Zur recenten SĂŒsswasserfauna Syriens. 


1. Von der jetzt lebenden SĂŒsswasserconchylienfauna Syriens sammelte ich: In *Ajun MĂŒsa am Berge 
Nebo im Ostjordanland (1894): 
Neritina Anatolica Recı. var. Bellardi Mouss. 
Melanopsis laevigata Lam. 


Zur recenten SĂŒsswasserfauna Syriens. 95 


2. Am Wadi HesbÀn östlich Jericho (1894): 
Melanopsis laevigata Lam. 
3. Aus dem See Tiberias bei Tiberias erhielt ich durch Herrn Dr. ToRRAncE zugesandt: 
Neritina Jordani Burı. 
Melania tuberculata MĂŒLn. 
Melanopsis Jordanica Rorn. 
4. In dem Bach von Ba ‘albek sammelte ich (1888): 
Pisidium Casertanum Por. var. 
Bythinia Sidoniensis Mouss. 


5. Im Sande eines verfallenen ausgetrockneten Aquadukts bei Selemije in der nordsyrischen WĂŒste 
fand ich in halbfossilem Zustande (1888): 


Unio Emesaensis Lea. Melanopsis Jebusitica Ler. 
Neritina Orontis n. sp. 5 Sauleyi Bour@. 
= Karasuna Mouss. a Locardi n. sp. 


Melanopsis buccinoidea Ou. 


6. Im untern Orontes in AntÀkije auf einer Sandbank und am Ufer: 


Dreissensia Chantrei Loc. Corbicula Syriaca Boure. 
Unio Homsensis Lea. “ Feliciani Boure. 
„  Simonis 'TRıSTR. Neritina Orontis n. sp. 
„ Zorteti Loc. „ Karasuna Mouss. 
Corbicula fluminalis MĂŒun. Sp. Melanopsis costata OL. 
" crassula Mouss. = Chantrei Loc. 


7. Im Bach von Bet el-Ma: 
Valvata Sauleyi Boure. 
8. Im Hafen von Seleucia Pieria: 


Melanopsis laevigata Lam. 
Pisidium Casertanum Par. ? 


9. Im Kara SĂŒ, einem nördlichen Zufluss des Sees von Antiochia fand ich bei GĂŒlköi Ismak: 


Unio Homsensis Lea. Neritina Karasuna Movss. 
Leguminaia Mardinensis LÂŁaA. Melanopsis stephanota Bourc. 
A Bourguignati Loc. 5 Ohantrei Loc. 


Neritina Orontis n. sp. 5 costata On. 


Il. Beschreibung sÀmmtlicher von mir (bezw. Herrn Dr. Diener) gesammelten fossilen 
und recenten SĂŒsswassermolluskenschalen Syriens in systematischer Anordnung, 


A. Lamellibranchiata. 


Dreissensia Chantrei Loc. — Taf. VIII, Fig. 1. 
1883. Dreissensia Chantrei Locarv. Malacologie des Lacs de Tiberiade, d’Antioche et d’Homs. Archives du musde 
d’histoire naturelle de Lyon, t. III, p. 261, Taf. 23, Fig. 3—4. 

LĂ€nglich dreieckig, stark gewölbt, dĂŒnnschalig durchscheinend mit groben, blĂ€ttrigen Anwachs- 
streifen. Der Oberrand mit dem Ligament ist stets etwas gebogen, besonders vorn, niemals in seiner ganzen 
LĂ€nge vollkommen gerade, langgestreckt und geht in sehr stumpfem, zuweilen abgerundetem Winkel in den 
gebogenen Hinterrand ĂŒber, der genau ebenso lang ist. Ober- und Hinterrand bilden zuweilen einen fast regel- 
mĂ€ssigen Kreisabschnitt. Der Unterrand geht in den Hinterrand durch ein abgerundetes Eck ĂŒber, ist meist 
in seiner ganzen LĂ€nge eingebogen, seltener fast gerade und nur in der vorderen HĂ€lfte mit leichter Ein- 
buchtung am Byssusausschnitt versehen. Von dem spitzen Wirbel aus lÀuft auf jeder Klappe ein stumpfer, 
gekrĂŒmmter Kiel zur hintern Ecke, welche Hinter- und Unterrand mit einander bilden. In der NĂ€he des 
Wirbels ist der Kiel stark bogig dem Oberrand genÀhert, zu dem die Schale hier vollkommen senkrecht 
abfÀllt. Gegen hinten nÀhert sich der Kiel dem Unterrande. 

Die LÀnge der Schalen, d. h. die grösste Erstreckung vom Wirbel zum Hinterrande betrug an 5 


gemessenen Exemplaren: 
25'/ mm, die Breite 11 mm, Dicke 11 mm. 


19 D) ” 2) 8 al 2» ’ 5 
1 d a ” ” ” 6 ” ” 5 ” 
15 D) » » 7 ” » on 
1 2 ” ” ” 5 ” ” 6 » 


Das Innere der Schale entspricht dem bei Dreissensia polymorpha. Die zur Aufnahme des vordern 
Schliessmuskels dienende Septalplatte hat keinen löffelföormigen Fortsatz zur Aufnahme des vordern Byssus- 
muskels, wie die Arten der verwandten Gattung Congeria‘. Wir haben also ebenso wie ĂŒbrigens in der 
zweiten selteneren syrischen Art D. Bourguignati Loc. eine echte Dreissensia vor uns. 

Die Art zeichnet sich vor andern Dreissensien aus durch ihre betrĂ€chtliche KrĂŒmmung, die Con- 
cavitÀt der Vorder- bezw. Unterregion, die LÀnge des gebogenen Oberrandes mit dem Ligament und den 
unmerklichen Uebergang vom Oberrand zum Hinterrand. Sie könnte höchstens mit D. Bourguignati LocArD, 


! Vergl. Opprnneim: Die Gattungen Dreissensia van BExeDen und Congeria Partsch etc. Zeitschrift der deutsch. 
geol. Ges. 1891, p. 923, 959. 


Unio Homsensis Lra. 9m 


l. ec. p. 260, Taf. 235, Fig. 1—2, verwechselt werden, mit der sie nach LocArp wenigstens im See von 
Antiochia gemeinschaftlich vorkommen soll. Doch unterscheidet sich letztgenannte durch mehr gerade ge- 
streckte Form und geringere Wölbung, den dreieckigen, weniger abgerundeten Umriss, geradlinigen Ober- 
rand, geraden Unterrand, schliesslich geringere Breite (fast nur '/s der LĂ€nge) und Dicke. 


Vorkommen: Fossil sehr hĂ€ufig im oberen SĂŒsswasserpliocĂ€n von Dschisr esch-Schurr, speciell im 
Dreissensia-Conglomerat und im Diluvium von AntÀkTje (7). 
Lebend im See von Antiochia (Ak Deniz) und im Orontes bei AntÀklje, 


Unio Homsensis Lea. — Taf. VIII, Fig. 2a und b. 


1869. Unio Homsensis Lea. New Unionidae, Melanidae etc. chiefly of the United States. Journ. Acad. sc. Phila- 
delphia, VI, 3e part, new ser. p. 249, Taf. 29, Fig. 63. 

1883. —_ — Locarp, 1. c. p. 275. 

1889. —_ _ var. major BLANCKENHORN. BeitrĂ€ge zur Kenntniss der Binnenconchylien-Fauna von Mittel- 
und Nordsyrien. Nachrichtsbl. der Deutsch. Malak. Ges. p. 81. 

Die Definition dieser Art durch Lea, welche spÀter Locaxp, dem keine Exemplare vorlagen, wörtlich 
wiedergab, stĂŒtzt sich auf Exemplare von höchstens 65 mm LĂ€nge und 35 mm Höhe. Da ich selbst sowohl 
kleine Schalen als solche von fast riesigen Dimensionen sammelte, bin ich in der Lage die Beschreibung 
Lra’s zu vervollstĂ€ndigen. 

Grösste LÀnge 105 mm, Höhe 58 mm, Dicke ca. 30 mm. Schale dick, besonders vorn. Die starke, 
innere, blĂ€ttrige Schalenschicht ist hellviolett gefĂ€rbt; die Ă€ussere, prismatische Schicht dĂŒnner, fleischfarben 
bis weisslich. Epidermis brÀunlich. 

Umriss queroblong, vorn regelmÀssig gerundet, hinten mit abgestumpftem Winkel, zu dem vom 
Wirbel aus eine starke Wölbung verlÀuft. Eine seichte Einfurchung zieht sich vom Wirbel zur Mitte des 
Unterrandes, wodurch eine Einbuchtung des letzteren entsteht. Im Innern der Schale entspricht dieser 
Furche ein deutlich markirter vom Wirbel ausgehender Wulst. 

OberflÀche mit concentrischen Anwachsstreifen. Nur auf dem Area-artigen oberen Abfall der Hinter- 
seite, der sich hinter dem Wirbel befindet, nimmt man auf sÀmmtlichen Exemplaren deutliche, wellige Radial- 
falten wahr, die von der stumpfen Kante schrÀg nach hinten gegen den Schlossrand verlaufen. Sie reichen 
bis zu einer Entfernung von 40, höchstens 45 mm hinter dem Wirbel, weiter hinten verschwinden sie. Diese 
Radialfalten sind das charakteristischste Kennzeichen der U. Homsensis und auch auf Lea’s Abbildung zu 
erkennen. 

Der Wirbel ist schwach gewölbt, wenig ĂŒberragend, corrodirt, nur ganz unbedeutend gerunzelt. 

Schloss relativ schwach. Schlossplatte schmal. Linke Schale mit 2 breiten, rechte mit einem hohen 
gekerbten Schlosszahn. SeitenzÀhne dick, aber nicht hoch. 


Vorkommen: Fossil im PliocÀn von Dschisr esch-Schurr auf dem linken Orontesufer in der zweiten 
Melanopsis-Thonbank. 

Lebend im Orontes in AntÀkTje (1 kleines Exemplar), im Kara Su, nördlichem Zufluss des Ak Deniz 
zwischen Islahije und Hassanbek bei GĂŒlköi Ismak (4 grosse Exemplare, davon eines abgebildet auf Taf. VIII, 


Fig. 1), nach Locarp im See von Homs. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 13 


98 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Unio Emesaensis Lra. 


1864. Umio Emesaensis Lea. Proceed. Acad. Sc. Philadelphia, p. 286. 
1869. Journ. Acad. Sc. Philadelphia, VI, 3e part, p. 254, Taf. 30, Fig. 68. 


1883. — — Locarn, 1. c. p. 240 und 276. 


Auch von dieser Art liegen mir BruchstĂŒcke grösserer Exemplare vor, als sie Lea abbildete. Er- 
gÀnzt weisen dieselben hin auf Dimensionen von 70 mm LÀnge, 41 mm Höhe, 35 mm Dicke. 

Schale dick. Umriss rundlich. Wirbel am Ende des vordersten Drittels der SchalenlÀnge. Schloss- 
oder Oberrand fast gerade, unter dem Wirbel nur leicht eingekrĂŒmmt, bildet mit dem Hinterrand einen 
stumpfen Winkel. Vorderseite gerundet. Unterrand gebogen, geht allmÀhlich in den Vorder- und Hinter- 
rand ĂŒber. 

Wirbel niedrig, wenig gewölbt, kaum ĂŒber den Schlossrand vorspringend, zuweilen corrodirt. 

Concentrische Anwachsstreifen auf der ganzen OberflÀche. Am Wirbel starke, wellige Runzeln. 
Vom Wirbel laufen mehrere undeutliche, vertiefte Strahlen zum Hinterrand. 

Schloss sehr dick. Schlossplatte ‘sehr breit. ZĂ€hne dick, aber nicht sehr vorragend. Linke Schale 
mit einem grossen, breiten aber niedrigen, dreieckigen Zahn unter dem Wirbel und einem kleinen, schmalen, 
vordern Zahn, welche zusammen eine rauhe, tiefe Grube umgeben. Rechte Schale mit einem hohen, spitzen, 
dreieckigen Zahn. 

Vorkommen: Halbfossil im Alluvialsand eines Aquaducts zwischen Selemije und HamÀ (7 Bruch- 


stĂŒcke mit Schloss). 
Lebend nach Locarov zahlreich an den Ufern des Sees von Homs, im Orontes und im See von Antiochia. 


Unio Simonis Tkristk. 


1865. Umnio Simonis Trıstram. Proceed. geol. Soc. London, p. 544. 
183. — —  Locarp, l. c. p. 203 und 239, Taf. 20, Fig. 1—6. 


Vorkommen: Fossil im Diluvium von AntÀk1je (3 Exemplare). 
Lebend im Orontes in AntÀkije (3 Exemplare); ferner im See von Antiochia, Leontes und Jordan. 


Unio Lorteti Loc. 
1883. Umio Lorteti Locanp, 1. c. p. 245, Taf. 21, Fig. 7—9. 


Ein grösseres Exemplar von 26 mm LÀnge, 34 mm Höhe und 22 mm Dicke. 
Vorkommen: Orontes in AntÀkije (1 Exemplar); nach Lea im See von Tiberias. 


Leguminaia Mardinensis Lea sp. 


1864. Monocondylaea Mardinensis Lra. Proceed. Ac. of nat. Sc. Philadelphia, p. 268. — 1869. Journ. Ac. nat. Sc. 
Philadelphia new. ser. VI, part. III, p. 252, Taf. XXX, Fig. 67. 

1865. Leguminaia Mardinensis Coxran. Rem. on the gen. Monoc. and Pseudod., in Amer. Journ., no. 3, juillet p. 253. 

1883. — — Locarv. Ma). des Lacs de Tib., d’Ant. et d’Homs, p. 251, 276. 


Corbieula erassula Movss. sp. 99 


Bei starker AbblÀtterung der Schale bei fossilen Exemplaren zeiel sich im vorderen Theil der Schale 
zuweilen eine deutliche Radialstreifung. 


Vorkommen: Fossil im Diluvial-Conglomerat am untern Orontes bei AntÀkije (6 Exemplare). 
Lebend im Kara Su (10 Exemplare). Seen von Antiochia und Homs. 


Leguminaia Bourguignati Loc. 
1885. Leguminaia Bourguignati Locarp, p. 252, Taf. 19, Fig. 11—13. 


Vorkommen: Fossil im Diluvium von AntÀkjje. 
Lebend im Kara Su (4 Exemplare) und See von Antiochia. 


Corbicula fluminalis Mörr. 


1774. Tellina fluminalis MĂŒLLer. Verm. terr. et fluv. hist. II, p. 205, no 390. 
1818. Cyrena orientalis, cor et fwscata Lamarcr. Anim. sans vert. Taf. V, p. 552, no 2—4. 


1823. —  consobrina CaıraupD. Voy. & Meroe, Atlas tome II, Taf. 61, Fig. 10—11 und 1827 tome IV, p. 263. 
1835. _ _ Des#ayes in Lam. Anim. sans vert., II. edition, tome VI, p. 273. 

1853. —  fluminalis Boursuisxar. Cat. rais. moll. Saurcy, Orient, p. 79. 

1861. —  fluviatilis und cor Moussox. Coqu. terr. et fluv. rec. p. Rorz. Vierteljahrsschrift Naturf. Gesellsch. 


ZĂŒrich. VI, p. 152—153. 
? Corbiceula fluminalis Jıcreri. Fauna Land- und SĂŒssw.-Moll. Nordostafrika, p. 283, Taf. 11, Fig. 4— 
1879. _ consobrina Bror in CHexsirz. Conch. Cab. p. 160, Taf. 28, Fig. 4—6. 
1883. —_ fluminalis Locarn, 1. c. p. 223, Taf. 22, Fig. 17—18 und p. 256. 
Vorkommen: Lebend im Orontes bei AntÀklje (3 Exemplare), ferner in den Seeen von Antiochia, 
Homs und Tiberias; Kuweik, Leontes, SĂŒr, Jaffa, Jordan. 


Corbicula crassula Mouss. sp. 


1854. Oyrena fluviatilis var. crassula Moussox. Cogq. terr. fluv. rapp. Betrarpı en Orient, p. 54, Fig. 12. 

1877. Corbicula erassula Boursvisnar (Ms.). 

1833. = —_ LocarD, p. 258, Taf. 22, Fig. 24—26. 

1889. — fluminalis var. erassula BLANCKENHORN. Nachr. der deutschen Mal. Ges. p. 31. 

Diese Form wie auch die drei folgenden, welche v. Martens! nach persönlicher Mittheilung sÀmmt- 
lich mit Corbicula fluminalis vereinigt, dĂŒrften bei der BestĂ€ndigkeit ihrer EigenthĂŒmlichkeiten, die Locarno 
klar auseinandergesetzt hat, doch wohl davon zu trennen sein. Sie unterscheiden sich von einander allerdings 
hauptsÀchlich durch ihre Grösse und Umrissform, Unterschiede, die aber stets wiederkehren, auch da, wo 
man, wie ich’ selbst, mehrere Arten an einem Fundorte in zahlreichen Exemplaren gesellig vereinigt findet. 


Vorkommen: Zusammen mit voriger und den folgenden 2 Arten auf einer Sandbank im Orontes 
in AntÀkıje (5 Exemplare); ferner im See von Antiochia und bei Jaffa. 


1 Vergl. auch v. Martens: Vorderasiatische Conchylien nach Hauskxecht’s Sammlungen, p. 37. 


100 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Corbicula Syriaca Bovrc. 


1882. Corbicula Syriaca BöURGUIGNAT (Ms.). 
1883. — — Locarp, p. 223 und 258, Taf. 22, Fig. 22—24. 
1889. — fluminalis var. Syriaca BLANCKENHORN |. c. p. 81. 


Vorkommen: AntÀkTje (5 Exemplare), See von Tiberias, Homs und Antiochia. 


Corbicula Feliciani Bovre. 
1882. OCorbicula Feliciani Bour@uisnar (Ms.). 
1883. — u Locarv, p. 257, Taf. 22, Fig. 19—21. 
1889. — fluminalis var. Feliciani Braxck. ]. c. p. 81. 


Vorkommen: AntÀkıje am Orontes zusammen mit vorigen (6 Exemplare). 


Corbicula Hebraica Bourc. 
1882. Corbicula Hebraica Boursvisnar (Ms.). 
1883. _ — Locarnp. Taf. 22, Fig. 27—29. 
Vorkommen: Fossil im PliocĂ€n nördlich Kal ‘at el-Mdik und im Diluvial-Conglomerat in AntĂ€ktje 
am Orontes (2 Exemplare). 
Lebend nach Locarn im See von Antiochia. 


Pisidium Casertanum Pouı var. 


1791—1827. Pisidium Casertanum Porı. Test. utr. Sucliae, Bd. I, Taf. 16, Fig. 3. 
? Pisidium Cazertanum Mogvin-Tanvox. Hist. Moll. France II, p. 584, Taf. 52, Fig. 16—32, non Porı. 


1853. _ Casertanum Boursvisnart. AmeÂŁnites I, p. 151. 

1873. — fossarinum Cuessın in WesterLunnd. Fauna Moll. Suec. p. 544. 

1974. — Casertanum v. Martens. Vorderasiat. Conchylien, Novitates conchologicae, p. 69. 

1877. — fossarinum Cuessin in Westervuxpd. Fauna Moll. Suec. p. 544. 

1879. _ _ — Fam. der Cycladeen in MArrını-CHeustrz. Syst. Conch. Tab. I. 24, p. 32, Taf. 3, 
Fig. 15—20. 

1884. _ _ — Deutsche Exk. Moll. Fauna, p. 569, Fig. 401. 

1889. —  Casertanum BLANCKENHoRN. Beitr. zur Kenntn. der Binnenconch.-Fauna von Mittel- und Nordsyrien. 


Nachr. der Deutsch. Malakozool. Ges. p. 81. 


DĂŒnnschalig, hornfarbig, glĂ€nzend, fein gestreift, rundlich eiförmig, sehr aufgeblasen. Umriss ĂŒberall 
abgerundet, nirgends gerade oder eckig. Wirbel breit, aber kaum merklich vortretend, normal gestellt. 
Rechte Schale mit 1 kurzen, gebogenen Kardinalzahn und jederseits zwei SeitenzÀhnen. 

LÀnge 3 mm, Höhe 2,4 mm, Dicke 1,5 mm. 

Der Name fossarinmum Cuessıw’s hat dem Ă€lteren Casertanum unbedingt zu weichen. Ünessin’s 
Namengebung ist hier, wie mir Herr Prof. Dr. Börreer mittheilte, als zu wenig kritisch zu verwerfen. 

Vorkommen: Fossil im QuartĂ€rschlamm von el-“Amkije im RĂ€b, nördlich Kal ‘at el-Mdik (7 Ex.). 

Lebend in (?) Seleucia Pieria (1 Exemplar), Ba“albek (5 Exemplare), Damaskus. 


Pisidium sp. 
Vorkommen: Fossil im PliocÀnkalk von Harf Ram el-Kabsch im Antilibanon (3 Exemplare). 


Neritina Karasuna Movss. 101 


B. Gastropoda. 


Neritina Orontis n. sp. — Taf. VIII, Fig. 3—5. 


1889. Neritina anatolica v. HausknecHht. BLANCKENHORN, Beitr. zur Kenntn. der Binnenconchyl. von Mittel- und 
Nordsyrien. Nachrichtsbl. Deutsch. Malakozool. Ges. p. 81. non MARTENS. 


Schale klein, so hoch als breit, schief eiförmig bis abgestumpft kegelförmig. OberflÀche mit violetten 
oder violettschwarzen Streifen gezeichnet, welche selten gerade parallel der MĂŒndung, meist ziekzackförmig 
verlaufen, vielfach zusammenfliessen und die weisse Grundfarbe nur als kleine Flecken ĂŒbrig lassen. Gewinde 
vorstehend, stumpf, meist angenagt, höchstens '/, der GehÀusehöhe einnehmend. Naht stark vertieft, mit 
einspringendem Winkel, bedeutend herabsteigend, aber nicht so schnell wie bei N. Jordani. Letzte Windung 
oben und unten mit stumpfer, abgerundeter, zuweilen wulstartiger Kante, dazwischen in der Mitte abgeflacht 
oder selbst etwas concay; daher erscheint die Schale, von der Seite gesehen, im LĂ€ngsschnitt dreieckig. 
MĂŒndung birnförmig, hinten zugespitzt. Aussenlippe vorn wohl gebogen, hinten fast geradlinig. Columellar- 
rand nur schwach ausgebuchtet, fast geradlinig, ungezÀhnelt. ColumellarflÀche breit, stark gegen die Axe 
geneigt, weiss, hinten scharf begrenzt, die Grenze dem Columellarrand parallel, gegen den unteren Bogen 
oft mit deutlicher Rinne. 

Dimensionen: Höhe 7 mm, grösster Durchmesser (schief zur Axe) 8 mm, Breite 7 mm. Breite 
der ColumellarflĂ€che 2'/, mm, Breite der MĂŒndung 3 mm. Zahl der UmgĂ€nge 2'/.. Das Gewinde ragt 
höchstens um ?/r der GehÀusehöhe, also 2 mm hervor. 

Verwandtschaft: Diese Form, welche mir von verschiedenen Punkten Nordsyriens aus dem Fluss- 
gebiet des Nahr el-“Ası oder Orontes vorliegt, könnte wohl als Jugendstadium von N. Jordani Sow. ange- 
sehen werden, mit der sie in Gestalt und Farbe so ziemlich ĂŒbereinstimmt. Die constant geringere Grösse 
sÀmmtlicher gesammelter Exemplare bei der gleichen Zahl von Windungen wie bei N. Jordani und der Um- 
stand des Fehlens typischer N. Jordani-Formen in ganz Nordsyrien, ferner einige kleinere, freilich nicht 
immer constante Unterschiede, so das geringere Hinabsteigen der meist auffallend vertieften Naht, das 
stÀrkere Hervortreten des oberen Kiels am letzten Umgang, schliesslich die Rinne hinter der ColumellarflÀche 
veranlassen mich, die vorliegenden Formen mindestens als kleine, nordsyrische VarietÀt oder besser als gleich- 
berechtigte Art, welche die N. Jordan: in Nordsyrien vertritt, dieser gegenĂŒberzustellen. Da sie fossil schon im 
PliocĂ€n auftritt, könnte man in ihr sogar den Stammvater der grösseren N. Jordan? des SĂŒdens erblicken. 

Vorkommen: Fossil im PliocÀn von Dschisr esch-Schurr, untere Thonbank des linken (1 Exemplar) 
und in der Dreissensiaschicht des rechten Ufers (1 Ex.), im Diluvial-Conglomerat am unteren Örontes bei 
Antakıje (1 Ex.); recent in allen CanĂ€len bei Selemije (1 Ex.), im Nahr el-“Ası in AntĂ€ktje (2 Ex.) und 
im Kara Su bei Hassanbek (7 Ex.). 


Neritina Karasuna Movuss. — Taf. VIII, Fig. 6—8. 
1843. Neritina Anatolica Rerve. Conch. icon. Fig. 148a non Recrvz 1841. 
1374, —  Karasuna Moussox. Journal de Conchyliologie XXI, p. 34. 
21879. — Anatolica var. B. Hausknechti Martens. Gattung Neritina in MArTısı-CHEmsıTz: Neues System. 


Conchyl. Cab. II, 10, p. 86 non cet. var. 


103 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


1879. Neritina MacrĂŒ var.B. Karasıma Marızns. Ibidem, p. 88. 
1889. — —  DBiAnckEnHoRN. BeitrĂ€ge zur Kenntn. der Binnenconch.-Fauna von Mittel- und Nordsyrien. 
Nachr. der Malak. Ges. p. 81, non Recrvz. 
Schale klein, eiförmig, breiter als hoch; Breite 7 mm, Höhe 6 mm, grösster Durchmesser (schief) 
8 mm. 2—2'/, Windungen, schnell zunehmend, regelmĂ€ssig gewölbt. Gewinde meist kaum vorstehend. 
OberflÀche mit schwarzen oder violettschwarzen, breiten Zickzackstriemen versehen, die zuweilen zu einer 
dunkelvioletten Grundmasse verschmelzen, aus der sich zerstreut meist dreieckige, weisse Flecken abheben. 


Verwandtschaft: Von der vorigen, mit ihr ĂŒberall zusammen vorkommenden Art unterscheidet 
sich N. Karasıma leicht durch die abgerundete Form der UmgÀnge und Aussenlippe, weniger vorragendes 
Gewinde, flachere Naht und geringere Neigung der ColumellarflÀche gegen das Innere, wÀhrend die Grösse 
und FÀrbung ungefÀhr die gleiche ist. Da ich in Bezug auf den letzten Charakter bei allen von mir ge- 
sammelten (ca. 12) Exemplaren, namentlich auch den fossilen dieselbe Beschaffenheit wahrnahm, nÀmlich 
schrÀge, violettschwarze, mehr oder weniger breite Zickzackstreifen und nicht ein einziges rein schwarzes 
Exemplar dazwischen antraf, so halte ich auch diese Eigenschaft fĂŒr wesentlich und trenne daher N. Kara- 
suna Mouss. von den verwandten aber einfarbig schwarzen Formen N. Maecrii Rzcuvz und N. Michoni Boure. 
Martens (Gattung Neritina 1879, p. 88) hat die drei genannten als VarietÀten unter dem Artnamen N. 
Macrii vereinigt. Die eigentliche N. MacrĂŒi sowohl wie N. Michoni sind ĂŒbrigens auch aus Nordsyrien 
noch nicht bekannt, im Gegensatz zu N. Karasuna, die ScHLÄrLı aus demselben FlĂŒsschen Kara Su, wie 
ich, aufsammelte. Ausser dieser wurde aus Nordsyrien bisher noch eine von Hauskxecar bei Aleppo ge- 
sammelte Form eitirt, die v. Marrens als VarietĂ€t Hausknechti an die OLivıer’sche spiral gebĂ€nderte N. 
Anatolica Rectuz von Westkleinasien und Saida anschliesst. Da auch diese Aleppenser Form dunkle Zick- 
zackstriemen aufweist, ein sie von N. Karasuma besonders unterscheidendes Merkmal, aber nicht ersichtlich 
ist, möchte ich sie mit der letztgenannten vereinigen. StĂŒcke in der Sammlung des Herrn Prof. BörtsEr 
in Frankfurt aus dem See Tiberias, die derselben VarietÀt Hausknechti zugehören sollen, unterscheiden sich 
freilich nach BörTtGer durch weniger gewölbte Spindelplatte. 

Vorkommen: N. Karasuna hat wie N. Orontis ihre Hauptverbreitung in Nordsyrien. 

Fossil im PliocÀn von Dschisr esch-Schurr am Orontes in der unteren Thonhank des linken Ufers 
(1 Exemplar) und in der Dreissensiaschicht des rechten Orontesufers (10 Exemplare, zur HĂ€lfte mit wohl 
erhaltener FĂ€rbung). 

Halbfossil in einem verfallenen Canal bei Selemije in der nordsyrischen WĂŒste (2 Ex.). 

Lebend im Nahr el-“Ası in AntĂ€klje (1 Ex.) und im Kara Su (1 Ex.). Nach HAUSKNECHT-MARTENS 


auch bei Aleppo und Beirut. 


Neritina Jordani Sow. 


1832. Neritina Jordani Sowergy. Conch. Ill. @. Neritina, Nro. 48, Fig. 49. 


1839. — —  Rorm. Molluse. spec. Diss. inaug. p. 26, Taf. 2, Fig. 14—16. 
1883. Theodoxia — Nocarp. Mal. des Lacs de Tib. Archives du Mus. d’hist. nat. de Lyon III, p. 37. 
1885. — —  Nörtie. Ueber die Lag. ein. quart. Fauna i. G. d. Jord. p. 813, Taf. 23, Fig. 12—13. 


Vorkommen: Fossil im Diluvium des Jordanthals, den sog. Lisanschichten im S. des Sees von Tiberias. 
Lebend in den Seen von HĂŒle und Tiberias (10 Ex.), Jordan und JarmĂŒk. 


Paludina (sg. Tulotoma) Apameae n. sp. 103 


Neritina Anatolica Recr. var. Bellardii Movss. 


1854. Neritina Bellardii Moussox. Coq. terr. et fluv. de Berrarpı. Mittheil. der naturfr. Ges. in ZĂŒrich, Bd. III, 
p. 2, Taf. 1, Fig, 11. 


1374. —_ — Martens. Vorderasiatische Conchylien, p. 34. 

1879, — Anatolica var. A. Bellardii Martens. Gattung Neritina in Marrısı und Cuemsırz. Syst. Conch, 
Cab. p. 86, Taf. 13, Fig. 25—26. 

1884. — Bellardii Trısrrau. Flora and Fauna of Palestine in Survey of West-Palestine, p. 200. 


Grösster Durchmesser 6 mm, kleiner Durchmesser 4 mm, Höhe 5'/’ mm, Columellarrand 3 mm. 
Breite der ColumellarflÀche 1° mm. 

Halbkugelig. Gewinde vorstehend angefressen. Naht tief, gegen die MĂŒndung zu herabsteigend. — 

Farbe schwarz. Aussenlippe der MĂŒndung blĂ€ulich. ColumellarflĂ€che blĂ€ulich-weiss. Columellarrand 
ohne ZÀhnchen. Deckel grau, glÀnzend gestreift, wie Perlmutter schillernd, mit undeutlichem, schwach 
röthlichem Saum. Innenlippe mit schwachem, stumpfem Vorsprung. Zapfen und Rippe gut entwickelt, 
letztere stark aufsteigend. 

Vorkommen: Nur recent: BrumÀna im Libanon, Leontes, Damaskus, Jordanquellen, See Tiberias, 
Jabbok, Ajun MĂŒsa (35 Exemplare), Jaffa. 


Valvata Sauleyi Bourc. 


1852. Valvata Sauleyi Bourscısnar. Cat. rais. des Moll. rec. par Saurcy, Taf. 2, Fig. 31—32. 
1894. — — Dautzengere. Liste des Moll. rec. par Barkoıs, Lille, p. 21. 


Vorkommen: Fossil in schwarzem QuartĂ€rschlamm am “Ain el-“AmkTje im RĂ€b, gemein (50 Ex.). 
Lebend in Bet el-MÀ bei AntÀkıje (6 Ex.), Homs, Damaskus, See Tiberias (nach Barroıs). 


Valvata cristata MĂŒLr. 
1774. Valvata eristata MĂŒtter. Verm. hist. II, p. 198. 


1852. —_ — KĂŒster. Gattung Paludina, Valvata in Marrısı-ORemsırz. Syst. Conch. Cab. I, 21, p. 88, 
Taf. 14, Fig. 22—26. 
1884. Gyrorbis — Cuessin. Deutsche Exk. Moll. Fauna, p. 462. 


Durchmesser nur 2 mm. 3 UmgÀnge. Oberseite flach oder etwas eingesenkt. 
Vorkommen: Fossil hĂ€ufig (16 Exemplare) im QuartĂ€rschlamm des “Ain el-“Amkije zusammen mit 
voriger Art. 


Paludina (sg. Tulotoma) Apameae n. sp. — Taf. VIII, Fig. 9—14 und Taf. X, Fig. 22. 


GehĂ€use dickschalig, konisch eiförmig, an der Spitze abgestumpft, ungenabelt. 5—6 seitlich flache 
Windungen. Die ersten 1—2 Windungen sind, wie an Jugendexemplaren oder Embryonen deutlich zu er- 
kennen ist, schwach genabelt, stÀrker, fast regelmÀssig gewölbt und ganz glatt oder mit sehr feinen Spiral- 
linien in der Mitte des Umgangs versehen. Der GehÀusewinkel betrÀgt anfÀnglich in den ersten 2 Wind- 
ungen ca. 120°. Von der Seite gesehen macht ein solcher Embryo den Eindruck einer kleinen Natica. 


104 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Die zweite oder dritte Windung wird in ihrem oberen Theil flacher und es stellen sich allmÀhlich Spiralreifen 
ein. Zuerst entwickelt sich derjenige, welcher im oberen Theil des GehÀuses noch von dem jeweilig folgen- 
den Umgang verdeckt, erst am letzten Umgang gerade unter der Naht an der MĂŒndung zu Tage tritt. 
Dieser Kiel bildet zugleich die Kante zwischen dem oberen, flachen Theil der Windungen und der Basis, 
Ă€hnlich wie bei Paludina Vucotinovici und Pauli (vergl. PExEckeE'), doch mit dem Unterschiede, dass er 
bei diesen oberhalb der Naht liegt, also auf allen Windungen hervortritt. In der VerlÀngerung der Naht- 
linie selbst erscheint bei kleinen Exemplaren der P. Apameae zugleich ĂŒber dem ersten Kiel eine Furche 
und darĂŒber folgt die erste Andeutung eines zweiten Kiels, des tiefsten im oberen, flachen Theil der Wind- 
ungen. Bevor hier dann die ĂŒbrigen zu Tage treten, sind bereits auf der Basis 6—7 Spiralkiele sichtbar 
geworden. Nach dem Schwanz der Columella zu rĂŒcken sie dichter aneinander und verschmelzen fast. Im 
oberen, flachen Theil der Windung scheiden sich endlich ĂŒber dem bereits existirenden unteren Kiel, der 
dicht ĂŒber der Naht liegt, 3 oder 4 Kiele aus durch Bildung von zuerst ganz schmalen, spĂ€ter breiten 
Furchen. Auf den letzten Windungen sind die Furchen anderthalbmal so breit als die viereckigen Kiele. 
Der oberste der letzteren ist der stÀrkste und dickste. Er veranlasst bei ausgewachsenen Exemplaren den 
Eindruck eines schwach treppenförmigen Ansteigens der letzten Windungen. 

Der GehÀusewinkel betrÀgt bei den spÀteren, ganz regelmÀssig wachsenden Windungen in der Regel 
35°, seltener 45°. 

MĂŒndung rundlich wie bei P. Vucotinoviei und Pauli, nur ein wenig mehr nach unten vorgezogen, 
stets niedriger als die Spira. 

Phylogenese der Art: Die an vielen Exemplaren verschiedenster Grösse verfolgte ontogenetische 
Entwicklung lÀsst darauf schliessen, dass die vorliegende Form als Endglied einer phylogenetischen Ent- 
wicklungsreihe angehört, die ausging von Formen mit regelmÀssig gewölbten, glatten UmgÀngen. SpÀter 
flachten sich die UmgĂ€nge ab. Auf der gegen die MĂŒndung hin sich zuschĂ€rfenden Kante, zwischen Seite und 
Basis des Umgangs, erhob sich bei einer folgenden Mutation des Stammes ein Kiel, dem sich bald ein zweiter 
darĂŒber anlegte. Schliesslich erschienen auch im ĂŒbrigen Theil des Umgangs auf der Basis und im oberen 
Theil Spiralkiele. 

Es ist dies ganz dieselbe Reihe von VerÀnderungen, wie sie innerhalb der slavonischen Paludinen- 
Schichten thatsÀchlich an einer sogenannten Formenreihe von Viviparen von NEUMAYR verfolgt worden ist, 
bei welchen V. Pauli das letzte Glied bildet. Diese Reihe beginnt mit der gewölbten P. Neumayri, der 
P. Fıuchsi und Sadleri mit flacheren UmgĂ€ngen folgen. P. alta und Herbichi von Arapatak in SiebenbĂŒrgen, 
mit spitzerem GehÀusewinkel und Andeutung eines schwachen LÀngskieles in der Mitte der Windung, stellen 
dann einen Uebergang zu der scharf gekielten P. Vucotinoviei aus den oberen Paludinen-Schichten Slavoniens 
dar, welche ihrerseits nach Prxecke durch unmerkliche UebergÀnge mit P. Pauli Brus. verbunden ist. 
P. Pauli, das Endglied dieser Formenreihe, steht unserer syrischen Art ausserordentlich nahe. Speciell die 
Abstumpfung an der Spitze, das RegelmÀssige im Wachsthum der spÀteren Windungen stimmen bei beiden 
ĂŒberein. Als Unterschiede sind anzufĂŒhren: Die GlĂ€tte der oberen Windungen bei P. Apameae, die grössere 
Flachheit der spÀteren Windungen an der Seite, wÀhrend ihre Basis mehr nach unten verlÀngert erscheint, 


i BeitrÀge zur Kenntniss der Fauna der Slavonischen Paludinen - Schichten. (Beitr. zur Pal. Oesterr.-Ungarns und 
des Orients. Taf. 11, Fig. 20—21). 


Bythinia Sidoniensis Mouss. 105 


der kleinere GehÀusewinkel, schliesslich die viel geringere Anzahl der Spiralkiele. P. Pauli hat deren 
12—13 schĂ€rfere, zwischen denen sich noch auf der Unterseite 1—2, auf der Oberseite 3—4 sehr zarte 
Spirallinien unregelmÀssig einschieben. 

Vorkommen: Nur fossil in den pliocĂ€nen SĂŒsswasser - Conglomeraten des RĂ€b zwischen Dschisr 
esch-Schurr und Kal‘at el-Mdik (20 Ex.) und auf dem Ruinenfeld von Apamea (4 Ex.). 


Bythinia applanata n. sp. — Taf. VII, Fig. 15—16. 

Klein, 4 mm hoch, 2!/s mm breit, verlÀngert eiförmig. Gewinde kegelförmig. 4 UmgÀnge, langsam 
zunehmend, fast flach. Letzter Umgang sehr gross, die HÀlfte der GehÀusehöhe erreichend. Naht vertieft. 
MĂŒndung oval. MundrĂ€nder zusammenhĂ€ngend, auf der Spindel weit umgeschlagen, eine scharfe Nabelritze 
offen lassend. Deckel kalkig, mit wenigen concentrischen Linien um einen fast centralen Kern. 

Die Exemplare sehen Jugendexemplaren von BDythinia tentaculata Àhnlich, doch ist das ganze 
GehÀuse etwas spitzwinkliger und besonders sind die UmgÀnge flacher, als es bei jener Art die Regel ist. 

Vorkommen: Fossil im schwarzen PliocÀnkalk des Antilibanon (3 Ex.) und im quartÀren Schlamm 
von el-“Amkije im RĂ€b zwischen Kal‘at el-Mdik und Dschisr esch-Schurr (1 Ex.). 


Bythinia Syriaca n. sp. — Taf. VIII, Fig. 17. 


Höhe 4!/; mm, Durchmesser 3 mm. 3!/—4!/ UmgĂ€nge, mĂ€ssig zunehmend, ziemlich gewölbt, 
durch tiefe Naht getrennt. Der letzte Umgang gross, an der MĂŒndung ?/—'/2 der GehĂ€usehöhe einnehmend. 
MĂŒndung rundlich eiförmig, oben ohne Ecke. Mundsaum scharf, zusammenhĂ€ngend. Spindelrand kaum 
zurĂŒckgeschlagen. Nabelritze deutlich. Deckel weisslich, eiförmig, mit centralem Kern und concentrischen 
Anwachsstreifen. 

Verwandtschaft: Wie die vorige Art an Bythinia tentaculata, so erinnert diese mehr an BD. 
ventricosa Gray. Doch sind, abgesehen von der geringeren Grösse, die UmgÀnge nicht so regelmÀssig ge- 
wölbt und der letzte Umgang ist ungleich stÀrker entwickelt. 

Vorkommen: QuartĂ€r von el-‘Amkije, gemein (50 Ex.). 


Bythinia Sidoniensis Mouss. 


1855. Bythinia rubens Boursuisnar. Cat. Moll. terr. et fluy. rec. par De Sauccy, p. 62 (non Mexke). 


1861. —_ — var. Sidoniensis Mousson. (og. terr. et fluv. rec. par Rora, p. 56. 
1891. _ Sidoniensis KoBELT in RossmAzsster’s Iconograph. V, p. 71. 
1894. _ _ DAuTzEnBERG. Liste des moll. terr. et fluv. rec. par Barroıs. Revue biolog. du Nord 


de la France VI, p. 18. 
Höhe 5 mm, Breite 3 mm. 4'/a—5 rundliche UmgĂ€nge. MĂŒndung rundlich, eiförmig, neben ihr 
ein feiner Nabelschlitz. 
Wie DAUTZENBERG |]. c. halte auch ich diese Form fĂŒr verschieden von Bythinia (2!) (Paludina) 
Phialensis Conr. sp. in Lynch, Official Report of the U. St. expedition, p. 229, Taf. 22, Fig. 131, nicht 


aber wegen des bei letzterer deutlicheren Nabels, da die Abbildung CoxrAv’s nur denselben Schlitz zeist 
Palaeontographica. Bd. XLIV, 14 


106 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


wie meine Exemplare von Ba “albek, sondern wegen des geringeren GehĂ€usewinkels, also schlankerer Gestalt, 
und der viel grösseren Höhe (8 mm) der BD. Phialensis bei der gleichen Zahl (5) von Windungen. 


Vorkommen: Lebend in Saida, Ba ‘albek (20 E.), Damaskus, Phialasee oder Birket er-RĂ€m, “Ain 
el-Musaieh, et-Tell (Furth des Jordan). 


Bythinia ? oder Hydrobia ? (Bythinella ?) sp. — Taf. VIII, Fig. 18. 


Höhe 3 mm. Grösster Durchmesser 1,9—2 mm. MĂŒndung 1,4 mm hoch. (GehĂ€use eiförmig zu- 
gespitzt. Gewinde stumpf. 4—5 UmgĂ€nge, wenig gewölbt, steil abfallend, unten d.h. dicht ĂŒber der untern 
Naht mit einer schwachen, stumpfen Kante versehen. Naht tief. Letzter Umgang gross, fast die HĂ€lfte 
der GehÀusehöhe erreichend, oben abgeflacht bis zu der abgestumpften Kante in der Mitte, von da an in 
regelmĂ€ssiger Wölbung zur untern Spitze abfallend. MĂŒndung nicht verengt wie bei den sonst Ă€hnlichen 
Nematuren, sondern etwas erweitert mit umgeschlagenem Saum, eiförmig, oben mit rechtem Winkel. RÀnder 
zusammenhÀngend. Deckel unbekannt. 

Da mir nur wenige zum Theil fragmentarische Exemplare ohne Deckel vorliegen, unterlasse ich die 
EinfĂŒhrung eines neuen Speciesnamens, zumal das Genus nicht genau feststeht. 


Vorkommen: Untere Thonbank des linken Örontesufers in Dschisr esch-Schurr im dortigen 
PliocÀn (4 Exemplare). 


Hydrobia Fraasi n. sp. — Taf. VIII, Fig. 19—23. 


1878. Litorinella acuta Fraas. Geologisches aus dem Libanon, p. 363, non A. Bravn. 


Ziemlich spitz, kegelförmig, am obern Ende abgestumpft, 6 mm hoch, 3 mm breit. 5 wenig ge- 
wölbte UmgĂ€nge durch tiefe Naht getrennt. Die Spitze ist immer abgestumpft. Im ĂŒbrigen aber nehmen 
die (3 letzten) Windungen ganz regelmÀssig an Breite und Höhe zu, ohne auffÀlliges Ueberwiegen der 
letzten. Diese nimmt etwa °/ der Gesammthöhe der Schalen ein, wÀhrend ihre Breite der HÀlfte der 
GehÀusehöhe entspricht. \ 

Diese Form, von der bekannten H. oder Litorinella acuta des MiocÀns nicht nur durch ihre Grösse, 
sondern auch durch flachere Wölbung der UmgÀnge augenfÀllig geschieden, könnte höchstens mit H. obtusa 
Sınpe. sp. aus dem Hochheimer Landschneckenkalk und Kleinkarbener Cerithienkalk in nÀhere Beziehung 
gebracht werden. Doch wird auch diese nicht höher als 3 mm und der letzte bauchige und schwach ab- 
wÀrts geneigte Umgang nimmt die HÀlfte der GehÀusehöhe ein. 

Vorkommen: Fossil im PliocÀnkalk von Zahle im Libanon und Harf Ram el-Kabsch im Anti- 
libanon hÀufig. 


Hydrobia ? sp. 
32 mm hoch. Das spitz kegelförmige GehÀuse besteht aus 4'/, nur schwach gewölbten, abgeflachten 
UmgĂ€ngen, deren letzter einen abgerundeten Kiel trĂ€gt. MĂŒndung rundlich, viereckig, leider verletzt, daher 


unbestimmt, ob die RÀnder deutlich zusammenhÀngend. 
Diese zierlich schlanke Form erinnert sehr an Hydrobia acutecarinata NEum. aus Slavonischen 


Pyrgula Barroisi Daurz. var. RĂ€bensis, 107 


Paludinen-Schichten, die durch das Auftreten des Kiels sich der Gattung Pyrgula nÀhert. Bei der syrischen 
ist der Kiel noch wenig auffallend und auch die Seiten der UmgÀnge nicht so eben. 

Vorkommen: Fossil in der II. Thonbank des PliocÀns auf dem linken Orontesufer bei Dschisr 
esch-Schurr, der Schicht mit Melanopsis binodosa. 


Pyrgula Barroisi Daurz. var. RĂ€bensis. — Taf. VIII, Fig. 24. 
1894. Pyrgula Barroisi Dautzengere. Liste des Moll. fluv. et terr. rec. par Barroıs en Palestine et en Syrie. 
Revue biologique du Nord de la France VI, 1893--1894, p. 18, Fig. 2. 

Das GehÀuse ist kegel- bis thurmförmig, 2'/ı mm hoch, 1'/s mm breit und besteht aus 4!/, Um- 
gĂ€ngen. GehĂ€usewinkel ca. 34°. Die beiden ersten UmgĂ€nge rundlich, die ĂŒbrigen an den Seiten voll- 
kommen flach, direct ĂŒber der untern Naht mit einem scharfen, vorspringenden Kiel, der steil zur Naht 
abfĂ€llt, so dass hier ein einspringender, rechter Winkel entsteht. Letzter Umgang an der MĂŒndung 1 mm hoch. 

MĂŒndung oval, birnförmig bis viereckig (rhombisch). An der Aussenseite, wo der Kiel aufsitzt, ein 
stumpfer Winkel, oben ein spitzer, an der Innenseite und unten abgerundet. Innenlippe etwas umgeschlagen. 

PH. DauTzengerg hat 1894 1. ec. die erste Pyrgula-Art aus Syrien (See Tiberias) beschrieben, mit 
der die unsrige mindestens grosse Verwandtschaft zeigt. Immerhin bestehen Unterschiede, welche eine directe 
Identificirung der nordsyrischen Formen mit den palÀstinensischen zweifelhaft machen. P. Barroisi ist grösser 
(3,2 mm hoch) und vor allem schlanker (2'/, mal so hoch als breit), indem die grösste Breite 1'/, mm bei 
3°/s mm LĂ€nge betrĂ€gt. Der erste Unterschied liesse sich einfach darauf zurĂŒckfĂŒhren, dass mir nur Jugend- 
exemplare vorliegen, die weniger (4'/,) Windungen als jene von Barroıs im Seegrund gedredschten (7) auf- 
weisen. Die relativ grössere Breite meiner Exemplare beziehungsweise ihr bedeutenderer GehÀusewinkel 
nöthigt mich indessen doch, die nordsyrischen Formen als besondere VarietÀt von P. Barroisi abzutrennen. 

Beim Vergleich der syrischen mit sonstigen echten Pyrgula-Arten kommen natĂŒrlich nur solche mit 
einem Nahtkiel in Betracht: Pyrgula Eugeniae Here. und Nrum. aus den Congerienschichten SiebenbĂŒrgens, 
Hydrobia Attica FucHs aus den Mergeln der Levantinischen Stufe von Megara, P. Nodoti Tour. aus dem 
ÖberpliocĂ€n von Bligny in Frankreich und die in Armenien noch lebende P. Sieversi Börtrc. 

P. Eugeniae' mit 7 Windungen unterscheidet sich durch etwas höhere Lage des Kiels, der sich 
zwischen dem untersten und mittleren Drittel der Windungen erhebt und weniger steil zur unteren Naht 
abfÀllt, so dass hier ein stumpfer Winkel einspringt. 

Hydrobia AtticaŸ hat bei 6 UmgÀngen 5 mm Höhe und 2 mm Breite, also die doppelte Grösse. 
Die UmgÀnge sind leicht gewölbt. Der Kiel wird auf dem letzten Umgang undeutlich oder verschwindet 
bisweilen am ganzen GehÀuse. Mundöffnung oval. 

Pyrgula Nodoti? besitzt bei 9 mm Höhe und 5 mm Breite 7 UmgÀnge. Im Uebrigen kommt diese 
Art der nur kleineren P. Barroisi am nÀchsten, ja sie zeigt im allgemeinen Habitus so vollkommene Ueber- 


‘ Hersıcun und NeumAyr: Beitr. zur Kenntn. foss. Binnenfaunen. VII. Die SĂŒsswasserablag. im sĂŒdöstl. SiebenbĂŒrgen 
(Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. 25. 1875. p. 423, Taf. 17, Fig. 9—11). 

? Fuchs: Denkschr. der Wien. Acad. der Wiss. Bd. 37. 1877. 

Âź ToOURNOgER: Bull. soc. geol. France. II. ser. t. 23, p. 729. — SANDBERGER: Land- und SĂŒsswasserconch. der Vor- 
welt, p. 745, Taf. 34. Fig. 22. 


108 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


einstimmung mit derselben, dass letztere fast als Jugendzustand der P. Nodot sich deuten liesse, wenn nicht 

in der Sculptur (P. Nodoti hat „starke Anwachsrippchen“ und „zarte LĂ€ngsgĂŒrtel“) Unterschiede bestĂ€nden. 
P. Sieversi' hat einen stumpferen GehÀusewinkel und ist doppelt so gross als P. Barroisi. 
Vorkommen: QuartĂ€rschlamm von el-“Amkije im RĂ€b (5 Exemplare). 


Melania tuberceulata MĂŒrr. sp. 


1774. Nerita tuberculata MĂœĂŒLLer. Verm. terr. et fluv. hist., II, p. 191. 
1804. Melamoides fasciolata Ouıvıer. Voy. Emp. Ottom., II, p. 10, Taf. 31, Fig. 7. 
1853. Melania tuberculata Bourcvicnar. Cat. moll. rec. par de Saurcy, p. 65. 


1861. —_ — und Rothiana Movssox. Coq. terr. et fluv. rec. par Rorz, p. 60 und 61. 

1865. —  Rothiana und rubro - punetata Trıstram. Rep. terr, fluv. Moll. Palestine in: Proceed. Zool. Soc. 
London, p. 541 und 561. 

1874. —  tuberculata Bror. Die Melaniaceen, p. 247, Taf. 26, Fig. 11. 

1883. _ — Locarp. Mal. des lacs de Tiberiade etc. p. 31. 

1884. _ — Bourevıenar. Histoire des Melaniens, p. 5. 


Vorkommen: Fossil im PliocÀn von Dschisr esch-Schurr, I. Thonbank des linken Orontesufers 
(2 Exemplare), nach Huru in den höchstgelegenen AbsÀtzen des Todten Meeres (Àltestes Diluvium), an der 
Quelle Abu Weride im WĂ€di el-“Araba. 

Recent in der Umgebung des Todten Meeres, im Jordan, See Tiberias (11 Exemplare), Umgebung 
von SĂŒr und Palmyra, fehlt aber heute im ganzen Orontesgebiet. 


Gattung Melanopsis. 


A. Formenreihe der Melanopsis (?sg. Melanosteiren Opp.) vincta n. mut., minima n. m., 
multiformis n. m., binodosa n. m., unicincta n. m. und bicincta n. m. aus dem PliocÀn von 
Dschisr esch-Schurr. 


Diese neue Gruppe von zierlich gebauten, thurmförmigen Melanopsiden aus den pliocÀnen Thon- 
bÀnken von Dschisr esch-Schurr am Orontes bietet in mehr als einer Hinsicht ein ganz hervorragendes 
Interesse. 

ZunÀchst liegt von keiner anderen Gruppe der ontogenetische Entwicklungsgang der einzelnen Glieder 
und deren phylogenetischer Zusammenhang durch die einzelnen Schichten hindurch so klar und vollstÀndig 
vor Augen als hier. Der ausserordentliche Fossilienreichthum der verschiedenen ĂŒber einander folgenden 
ThonbÀnke an den Ufern des Orontes ermöglichte mir bei meinem zweimaligen Besuche dieser interessanten 
LocalitĂ€t die reichsten Aufsammlungen, so dass ich zum Studium eine herrliche FĂŒlle von Material an 
Melanopsiden in den verschiedensten Altersstadien (viele 100 Exemplare) besitze. Dabei liegen geologische 
Aufzeichnungen ĂŒber die Schichtenfolge in wĂŒnschenswerther Genauigkeit vor. Kurz, es ist hier wieder 
einmal die Möglichkeit und Gelegenheit gegeben zur entwicklungsgeschichtlichen Verfolgung einer Formen- 


1 Börrger: Sechstes Verzeichniss transkaukas. armen. und nordpersischer Mollusken. (JahrbĂŒcher der deutschen 
malakozool. Ges. 8. Jahrg. 1881). 


Gattung Melanopsis. 109 


reihe, wie in den slavonischen Paludinen-Schichten, in denen der Insel Kos und Aetoliens und im Steinheimer 
SĂŒsswassermiocĂ€n mit Planorbis multiformis. 

Zweitens sind die hier in Betracht kommenden Formen zum Theil ganz eigenartig und auffallend 
durch die Verschiedenartigkeit des Verhaltens der Windungen in den verschiedenen AlterszustÀnden ein und 
desselben Individuums wie das in dem Maasse nur bei wenigen slavonischen und griechischen Melanopsiden 
beobachtet wurde. Und diese Wachsthumsstadien, welche ausgewachsene Individuen gurchgemacht haben, 
lassen sich bei dem reichen vorliegenden Material auch an der Hand junger Exemplare von verschiedener 
Grösse ganz genau verfolgen. 

Schliesslich giebt die Entwicklungsgeschichte dieser Formen auch einige Fingerzeige fĂŒr die Auf- 
hellung der recenten Melanopsidenfauna Syriens, indem wir bereits innerhalb dieser einen zusammenhÀngenden 
pliocÀnen Reihe die Haupttypen der heutigen nordsyrischen Melanopsiden vorgebildet erkennen. 
| Der ganze Kreis von Formen zeichnet sich durch mehrere gemeinsame Merkmale aus. Die GehÀuse 
sind alle ungewöhnlich schlank und spitzwinklig (ein wesentlicher Unterschied gegen die Gruppe Melanosteiren 
OppEnHEIM’S oder der Melanopsis Aetolica Nzum. in Mittelgriechenland). Die Schale ist stets glĂ€nzend und 
wenig angewittert, die Spitze nur selten corrodirt. Die Zahl der Windungen ist gross. 

Fast sÀmmtliche Exemplare beginnen mit einem spitz conischen, vollkommen glatten Gewinde von 
2 bis höchstens 5 UmgĂ€ngen, das bei allen gleich beschaffen ist. Dann erst beim dritten, vierten, fĂŒnften 
oder sechsten Umgang stellen sich bei den meisten Individuen Erhabenheiten auf der SchalenoberflÀche ein, 
mit der die Verschiedenheiten der Formen anheben. Es zeigt sich theils Sculptur in Radialrichtung, d. h. 
quer gegen die einzelnen UmgÀnge, theils in Spiral- oder LÀngsrichtung und zwar tritt zunÀchst nur eine 
von diesen beiden Arten auf, die Quersculptur oder die Spiralsculptur. Entweder herrscht nun wÀhrend 
des ganzen weiteren Wachsthums eine dieser beiden Berippungsarten bis zum Schlusse allein vor, oder es 
wechseln beide ab, indem z. B. auf die zuerst vorhandene Quersculptur die Tendenz zu solcher in Spiral- 
richtung folgt, die aber dann doch nicht immer allein das Uebergewicht behÀlt, sondern ab und zu noch 
von Quersculptur unterbrochen wird. 

Solche VerhÀltnisse hat man in Àhnlicher Art bereits kennen gelernt an Melanopsiden-Formen der 
slavonischen und Àtolischen Paludinen-Schichten, speciell Melanopsis recurrens Nzum.!, Braueri Neum.? und 
Slavonica Neun.” aus den oberen Paludinen-Schichten Slavoniens und Melanopsis Aetolica Nzum.* von Stamna 
in Mittelgriechenland, welch’ letztere OrpExhem° spĂ€ter durch einen neuen Gruppennamen Melanosteiren 
besonders hervorheben zu mĂŒssen glaubte. Alle die genannten theilen mit der in Rede stehenden syrischen 
Formenreihe die Verschiedenheiten in der Ausbildung der einzelnen Windungen. Bei M. recurrens und 
Braueri ist die Embryonalwindung glatt, bei M. Aetolica sollen wenigstensÂź nach Neumayr die 4 ersten 


1 NeumAyr und Pavr: Die Congerien und Paludinen - Schichten Slavoniens und deren Fauna. Abhandl. der k. k. 
geol. Reichsanstalt Wien. VI, 1875, p. 44, Taf. 8, Fig. 20—21. 

? Neomayr und PaAuvr: p. 43, Taf. 8, Fig. 26—27. 

3 Ibidem, p. 45, Taf. 8, Fig. 25. 

* Denkschr. d. Acad. d. Wiss. Math. nat. Cl. XL, 1880, p. 126, Taf. 6, Fig. 13—17. N. Jahrb. fĂŒr Min. 1883. II, p. 37 

° Oprexsent: Zeitschrift der deutsch. geol. Ges. 1890, p. 529 und 1891, p. 468, Taf. 27, Fig. 1-6. 

% OppexHeim, der zahlreichere von Pnıtiprson gesammelte Exemplare untersuchte (Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 
1891, Taf. 17, Fig. 1—6), erwĂ€hnt p. 469 hiervon nichts. „Die ersten Windungen sind mit auf beiden Endigungen geknoteten 
LĂ€ngsrippchen“ (hier so viel als Querrippen nach unserer im Anschluss an Zırrer’s und Sremsanw’s Handbuch gewĂ€hlten 


110 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Windungen glatt sein. Dann folgen bei den 3 genannten Formen Windungen mit Querrippen, bei M. Braueri 
2—4, bei recurrens etwa 4, bei Aetolica 4—7. M. Slavonica schliesst sich in der UnregelmĂ€ssigkeit des 
Wachsthums an recurrens an, bleibt aber ganz (?) ungerippt. Die letzten Windungen sind bei den 3 slavo- 
nischen Formen wieder glatt. 

Spiralverzierungen werden bei allen slavonischen Melanopsiden, wenn man von der Knotenreihe in 
dieser Richtung unter der Naht bei M. claviger« Neum. absieht, nicht besonders erwÀhnt, doch kommen sie 
auch dort als aberrante Bildung vor. Ich selbst besitze ein Exemplar von M. recurrens von Malino in 
Slavonien (vergl. Taf. IX, Fig. 1), bei welchem eine deutliche EinschnĂŒrung auf der Seite des letzten Um- 
gangs einen obern Wulst von einem untern trennt. Auffallender ist das Auftreten von Spiralsculptur bei 
der griechischen Formenreihe Melanosteiren Orr. Dort zeigen sich wie bei M. clavigera Knoten auf den 
Querrippen, aber an deren beiden Enden in zwei Spiralreihen. Diese Knoten verschmelzen auf den letzten 
Windungen zu wirklichen, krÀftigen Kielen, die in ihrem Character freilich noch Schwankungen unterworfen 
sind und streckenweise sich wieder in Knotenreihen auflösen. 

NEUMAYR und PENEcKkeE fĂŒhren die Formengruppe der M. recurrens und Braueri  entwicklungs- 
geschichtlich zunĂ€chst auf Formen mit mittelstarker Berippung zurĂŒck, M. lancevata, harpula und Bouei, 
und weiterhin auf einen ungerippten Stammvater. In dem ZurĂŒcktreten der Sculptur bei den Endgliedern 
dieser Formenreihe, als deren letztes Schlussglied die wieder ganz von Rippen entblösste M. Slavonica gelten 
kann, sieht Neumayr eine Recurrenz auf die Stammform, einen Atavismus. 

Diese bei den 3 Melanopsiden recurrens, Braueri und Slavonica wahrgenommene Variationsrichtung 
steht im Gegensatz zu den sonst innerhalb anderer Formenreihen von Melanopsiden und sÀmmtlichen Vivi- 
paren in den Paludinen-Schichten beobachteten VerĂ€nderungen. Die allgemeine Regel bei den SĂŒsswasser- 
schnecken des slavonischen PliocÀnbeckens ist nÀmlich eine VerstÀrkung der OberflÀchenverzierungen bei den 
zeitlich auf einander folgenden Mutationen einer und derselben Formenreihe. Und zwar herrscht bei den 
Melanopsiden Querberippung vor, wobei die Rippen sich zuweilen ein- bis dreimal knotig verdicken. Aus 
den verschmelzenden Knoten können nachtrĂ€glich SpiralwĂŒlste hervorgehen. Bei den Viviparen treten hin- 
gegen durchgehend zuerst Spiralkiele oder WĂŒlste auf, welche dann in einzelne Knoten sich auflösen. Quer- 
rippen, die ĂŒber die UmgĂ€nge laufen, sind selten (P. (sg. Tylopoma) avellana NEum.) und stellen sich spĂ€ter 
als die Spiralsculptur ein. Es besteht also hier auch ein durchgreifender Unterschied in der Variations- 
richtung beider Gattungen. Die Seulptur der OberflÀche von P. avellana, welche derjenigen der letzten 
UmgÀnge bei Melanopsis Conemosiana BorrTte.' und der im folgenden beschriebenen M. unieineta Àhnlich 
ist (unter der Naht ein Spiralkiel, darunter Querrippen ĂŒber die Seiten des Umgangs), ist phylogenetisch 
anders entstanden als bei letztgenannten Formen. Die der P. (Tylopoma) awellana unmittelbar vorhergehende 
Mutation P. oncophora besitzt bereits Spiralsculptur in Gestalt eines Kiels unter der Naht und einer Ein- 
schnĂŒrung darunter, dagegen noch keine Querrippen, wĂ€hrend die bei jenen beiden Melanopsiden dem aus- 
gewachsenen Zustand vorangehenden Jugendstadien nur geknotete Querrippen und noch Àltere Windungen 
einfache -Querrippen aufweisen. 


Bezeichnungsweise) „besetzt“. Unter den mir gĂŒtigst von Herrn Dr, Orrexueim zum Vergleich ĂŒberlassenen Exemplaren von 
M. Aetolica von Stamna sah ich ĂŒbrigens eins mit sehr wohl erhaltener, nicht corrodirter Spitze, an der die beiden ersten 


Windungen glatt erscheinen. 
1 OPPENHEIM in Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. XLIII, 1893, p. 469, Taf. 27, Fig. 7—8. 


Gattung Melanopsis. 111 


Zwischen der Entwicklungsgeschichte der slavonischen und besonders der griechischen Melanopsiden 
nach deren bisheriger Auffassung einerseits und derjenigen der syrischen Formenreihe von Dschisr esch- 
Schurr andererseits besteht nun ein wesentlicher Unterschied. Die Tendenz zu Spiralsculptur stellt sich bei den 
griechisch -slavonischen Formen stets secundÀr oder nachtrÀglich erst als Folgeerscheinung von vorheriger 
Quersculptur ein. Bei der syrischen Gruppe ist das nicht immer der Fall; vielmehr kann man wenigstens 
an einer Anzahl von Individuen ein alleiniges Auftreten von Spiralsculptur erkennen. Es lassen sich so zwei 
von gemeinsamem Ursprung (glattschaligen Formen) ausstrahlende parallele Reihen konstruiren: 

Bei der ersten derselben fehlt alle Quersculptur auch auf den Àlteren oder mittleren UmgÀngen und 
man bemerkt auf den spÀteren UmgÀngen nur breite, wulstartige LÀngsbÀnder, getrennt durch eine spirale 
EinschnĂŒrung. Diese Form (Melanopsis vineta n. f.) wĂŒrde unter den slavonischen Melanopsiden der M. 
Slavonica NEum. der oberen Paludinen-Schichten am nÀchsten stehen, von der es heisst, dass alle UmgÀnge 
(soweit sie nicht corrodirt erscheinen) glatt, d.h. mindestens ohne Quersculptur seien. Nur nimmt Neumayr 
an, dass sie als extreme Variation aus quergerippten Formen durch Recurrenz auf die glatte Urform hervor- 
gegangen sei, nicht direct aus glattschaligen. Bei Dschisr esch-Schurr tritt ihre Parallelform gerade in der 
tiefsten Thonlage zusammen mit quergerippten Melanopsiden auf und es ist hier kaum daran zu zweifeln, 
dass gleichzeitig zwei verschiedene Tendenzen in der Sculpturirung der vorher vorhanden gewesenen glatten 
Urformen sich geltend machten. WĂ€hrend aber die erste Reihe der von Anfang an spiral verzierten Formen 
mit der ersten Thonschicht auch zu erlöschen scheint, setzt sich die zweite Reihe, die schon dort durch 
Individuenzahl unbedingt vorherrschte, noch in höhere Thonlagen fort. Bei dieser formenreicheren Reihe 
weisen die UmgĂ€nge zunĂ€chst Verzierung in Querrichtung auf, die dann entweder bis zur MĂŒndung allein 
vorherrscht oder nachher von Spiralsculptur theilweise oder ganz abgelöst wird. Innerhalb letzterer Gruppe 
stellen sich auch bei spÀterem Verschwinden der Querrippen Formen ein (M. bieincta), die der Melanopsis 
vincta der ersten Reihe nahe kommen. Aber diese AnnÀherung bezieht sich dann nur auf die letzten Um- 
gÀnge; auf den mittleren sind wie bei M. recurrens und Aetolica noch deutlich die Spuren der Querberippung 
wahrzunehmen. Die hier bei den Endformen aus der Verschmelzung von Knoten der Querrippen ent- 
standenen Spiralkiele sind zudem immer viel ausgesprochener und krÀftiger als die direct entstandenen 
SpiralbÀnder bei der Àlteren M. vincta. 

In der tiefsten Thonbank des linken Orontesufers, die dicht neben dem Ort Dschisr esch- Schurr 
direct discordant auf EocÀn aufruht, lassen sich, wenn man die verschiedenen kleinen Exemplare als Jugend- 
zustÀnde auffasst, im Ganzen nur 3 Arten oder besser Mutationen derselben Formenreihe unterscheiden, 
nÀmlich eine glattschalige Stammform mit ganz regelmÀssigen ebenen Windungen auch im ausgewachsenen 
Zustand und neben ihr je ein Vertreter der beiden erwÀhnten Variationsrichtungen, deren Jugendentwicklung 
indess einer besonders eingehenden Beschreibung zum bessern VerstÀndniss auch der heutigen ganzen 
Melanopsidenfauna Syriens bedarf. 

Die in Rede stehende Formenreihe zeigt nach dem AusgefĂŒhrten mindestens die gleiche „schranken- 
lose VariabilitĂ€t“ der einzelnen Formen, wie solche bei den Gastropoden des kroatisch - slavonischen und 
mittelgriechischen TertiÀrbeckens und bei Steinheim beschrieben ist, und, wenn wir von der einen Ausnahme 
Melamopsis vincta absehen, auch dieselbe Variationstendenz. Fragen wir nun nach den Ursachen dieser 
in so verschiedenen LĂ€ndern schon beobachteten Erscheinung, so fĂŒhrt deren Allgemeinheit unbedingt zu 
dem Schlusse, dass ihr auch eine gemeinsame innere Ursache zu Grunde liegen muss. Die Mehrzahl 


112 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


der AnhÀnger der Deszendenztheorie unter den Naturforschern hat ebenso wie Darwın sich darin gefallen, 
fĂŒr die ganze Umformung der organischen Welt lediglich Ă€ussere zufĂ€llige oder nur lokal wirkende 
Faktoren als Agens heranzuziehen. So fĂŒhrt NzumarYr in den slavonischen Congerien- und Paludinen- 
Schichten die Ausbildung stark gekielter und geknoteter Typen aus einfachen, glatten Urformen auf die Aus- 
sĂŒssung der betreffenden Seebecken und auf die rĂ€umliche Verminderung der WasserflĂ€che zurĂŒck. OPPpEn- 
HEIM * hat dagegen im Jahr 1891 bereits mit Recht hervorgehoben, dass wohl die gleichen Resultate in der 
UmprĂ€gung von Stamna zu bemerken ist, dass aber fĂŒr die angefĂŒhrten Ursachen dort durchaus keine Be- 
lege gegeben sind. Im Gegentheil habe man dort „eher an eine Aussalzung als eine AussĂŒssung zu denken.“ 
So wĂŒrden wir mit Neumayr’s Hypothese „zu der Annahme gefĂŒhrt, dass in beiden FĂ€llen contradiktorisch 
entgegengesetzte Faktoren die gleichen Resultate gezeitigt haben, was natĂŒrlich sehr unwahrscheinlich‘ ist. 


Die VerhÀltnisse in Nordsyrien lassen uns noch einen dritten von jenen beiden verschiedenen Fall 
erkennen. Hier kann weder von einer AussĂŒssung noch einer Versalzung des Beckens im RĂ€b die Rede 
sein, da die jungtertiĂ€ren SĂŒsswasserablagerungen ĂŒberall unmittelbar dem EocĂ€n aufliegen, ĂŒber ihnen aber 
keine marinen oder brackischen Schichten mehr folgen. Die Àussern Lebensbedingungen haben also wÀhrend 
des PliocÀns in dieser Hinsicht gar keine VerÀnderungen erlitten. Andererseits scheint sich die Ausdehnung 
des Beckens nicht verringert, sondern vergrössert zu haben, da die Àltesten ThonbÀnke nur im Norden dicht 
bei Dschisr esch-Schurr sich vorfanden, das jĂŒngere „‚Dreissensia-Conglomerat‘‘ aber ĂŒber das ganze RĂ€b 
verbreitet ist. So sprechen die in Syrien beobachteten Erscheinungen mit fĂŒr die von OPPENHEIM aus- 
gesprochene Annahme, ‚„‚dass die Ursachen, welche an den Ufern der Rhöne, der Sawe, des Achelous“ (und 
des Orontes) ‚dieselben VerĂ€nderungen in der organischen Welt hervorzurufen im Stande waren, mehr uni- 
verseller als lokaler Natur waren, dass hier VerhÀltnisse obwalten, deren Existenz wir wohl constatiren, deren 
ErklĂ€rung und ursĂ€chliche BegrĂŒndung wir aber bei dem jetzigen Stande unserer Kenntnisse noch nicht zu 
geben in der Lage sind.‘ 

Aehnlich dachte O0. Börtser 1878°, als er sagte: „„Der Grund zu der auffallenden VariabilitĂ€t 
(der Formen in den Binnenfaunen in SĂŒdamerika und Osteuropa) ist also kein lokaler, sondern ein ganz 
allgemeiner, der sich wahrscheinlich ĂŒber alle SĂŒss- und Brackwasser-Bewohner aller Zeiten und aller Zonen 
erstrecken dĂŒrfte.“ 

An dieser Stelle geziemt es sich auch auf die vorsichtigen Schlussfolgerungen W. WAAGEns hinzu- 
weisen, zu denen dieser Forscher in seiner palĂ€ontologischen Musterabhandlung: „Die Formenreihe des 
Ammonites subradiatus“¼ schon im Jahre 1869 kam: „Der Grund dieser merkwĂŒrdigen Erscheinung kann 
also nicht ausserhalb, nicht in der Àusseren Umgebung des Ammoniten, er muss im Ammonitenthier selbst 
gesucht werden, hier aber kann er nur in einem dem Organismus innewohnenden Gesetze liegen, nach welchem 
sich derselbe im Laufe der Zeiten verÀndert. Dieses nun ist ein wesentlicher Punkt, worin ich von den 
Anschauungen Darwın’s abzuweichen mich gezwungen sehe, da er ja allein von den Ă€usseren UmstĂ€nden 
die Entwicklung der Arten abhÀngig gemacht hat. Gewiss ist nicht zu leugnen, dass die Àusseren UmstÀnde 
diesen Vorgang begĂŒnstigten, in vielen FĂ€llen, und ich glaube, dass dies noch hĂ€ufiger eintrat, denselben 


1 BeitrÀge zur Kenntniss des Neogen in Griechenland. Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 1891, p. 470. 
? Die TertiÀrfauna von Pembas am oberen Maranon. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt Wien, 28. Bd., 1878, p. 504. 
% BEnEcKkE: Geognost. palÀont. BeitrÀge II, p. 239. 


Gattung Melanopsis. 113 


aber auch zu verzögern, zu verhindern oder selbst so sehr zu unterdrĂŒcken im Stande waren, dass RĂŒck- 
bildungen hervorgerufen wurden. Allein das Gesetz der Entwicklung, das dem Organismus innewohnte, 
konnte nie vernichtet werden, stets ging das Streben, wenn auch vielleicht nach einer andern Richtung, 
wieder aufwÀrts zu grösserer Komplizirung der Organe, zu vollkommener Ausbildung der Form. Wie im 
Grossen und Ganzen, so bestĂ€tigt sich dies auch im Kleinen und Einzelnen.“ 

„Welches nun das Gesetz selbst sei, sowie die Art und Weise seiner Wirksamkeit zu erkennen, so 
dass wir aus einer gegebenen Grundform schon alle möglichen Umbildungen zu entwickeln im Stande wÀren, 
das zu ergrĂŒnden wird noch viele MĂŒhe kosten. Vorderhand mĂŒssen wir uns damit begnĂŒgen, nur erkannt 
zu haben, dass ĂŒberhaupt ein im Organismus selbst begrĂŒndetes Gesetz hier vorliege.“ 

Am grĂŒndlichsten legt sich neuerdings in dieser Hinsicht J.G. Vogr', „der Philosoph der Naturforschung‘“, 
gegen die Einseitigkeit vieler Darwinisten ins Zeug. Sein kritischer Standpunkt, wie die darauf aufgebaute 
hochphilosophische Weltanschauung verdienen jedenfalls die allgemeinste Beachtung nicht nur bei den Philo- 
sophen, sondern vor allen auch den Naturforschern. „Wenn man die Darwinisten hört, könnte man glauben, 
die Organismen wĂŒrden einfach von aussen gestossen, getrieben, gedrĂŒckt, geknetet, umgeformt wie eine 
anorganische Masse, es entstÀnden Organismen, wie etwa Berge, ThÀler und Landschaften durch die Schie- 
bungen, Hebungen, Senkungen, Abwaschungen, Anschwemmungen etc. der ErdoberflÀchenmassen, also durch 
den ausschliesslichen Einfluss Ă€usserer Faktoren entstehen.‘ „Die Hauptsache ist die Aufdeckung des 
specifisch organischen treibenden Agens.. Wer da glaubt, dieses Agens in den Ă€usseren EinflĂŒssen oder 
Faktoren finden zu können, wird sich vergeblich abmĂŒhen und kann solche Versuche ĂŒberhaupt nur unter 
vollstÀndiger Verkennung der wirklichen, wunderbaren Beschaffenheit der organischen Welt unternehmen. 
Vor den allereinfachsten organischen Erscheinungen wird unsere ganze menschliche Weisheit zu Schanden. 
Wer an diese Welt der Wunder den jÀmmerlichen Maassstab physikalischer GesetzmÀssigkeit allein an- 
lesen will, der hat von dem Begriff Organismus ĂŒberhaupt keine blasse Ahnung, in dem hat es noch nicht ein- 
mal gedĂ€mmert, mit welchen Problemen er sich zu befassen hat. Gewiss, Ă€ussere Bedingungen mĂŒssen immer 
gegeben sein, allein damit ist keineswegs gesagt, dass das Leben durch sie allein angeregt, unterhalten und 
geregelt werde. Das Leben fliesst sicherlich aus dem tiefinnern Verhalten der Substanz und ist aller- 
wenigstens abhĂ€ngig von der Reaktionsweise der Substanz gegen die Ă€usseren EinflĂŒsse. Wir werden bei 
nĂ€herer PrĂŒfung unabweislich zu der Ueberzeugung gedrĂ€ngt, dass das Leben ĂŒberhaupt nur durch die 
innigste und unaufhörliche Wechselwirkung innerer und Ă€usserer Faktoren bedingt ist.‘“¼ „‚Wollen wir der 
entscheidenden Frage nach den Ursachen der Variation nĂ€her treten, dann mĂŒssen wir vor allem uns ĂŒber 
das Lebensprinzip selbst irgend eine Vorstellung machen können“ u. s. w. — 


Zur besseren Uebersicht des genetischen und zeitlichen Zusammenhangs der einzelnen Mutationen 
der in Rede stehenden Formenreihe möge hier gleich deren sogenannter Stammbaum folgen, wie er sich 
aus dem aufmerksamen Studium der Thonschichten von Dschisr esch-Schurr (vergl. oben) und ihrer reichen 
Fauna ergibt: 


! Die Menschwerdung. Die Entwicklung des Menschen aus der Hauptreihe der Primaten und die BegrĂŒndung der 
weiten Kluft zwischen Thier und Mensch. Leipzig 1892, p. 52—61. 
2 Vergl. J. G. Vogr: „Das Empfindungsprinzip und die Entstehung des Lebens“, sowie „Das Empfindungsprinzip 
und das Protoplasma auf Grund eines einheitlichen Substanzbegriffs“. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 15 


114 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


II. fossilfĂŒhrende Thonbank auf dem 


bieincta unicincta 
rechten Orontesufer. 


I. Thonbank auf dem rechten Ufer | bicincta binodosa 
und | 


II. Thonbank auf dem linken Ufer. 
multifor mis | 


binodosa 


Be 


I. Thonbank auf dem linken nr Itiformi, 
Orontesufer in Dschisr esch-Schurr. N Ben a 


Melanopsis minima 


Melanopsis minima n. mut. — Taf. IX, Fig. 2—5. 


Höhe des grössten mir vorliegenden Exemplars 6—7 mm, Breite 3 mm. Höhe des letzten Um- 
gangs an der MĂŒndung 3—3'J, mm, der halben GehĂ€usehöhe gleich. 

GehĂ€use spitz kegelförmig. Winkel an der Spitze 35—40°. Spitze nie corrodirt. 8 flache, ganz 
glatte UmgÀnge, durch eine kaum merkbare Naht geschieden, langsam und durchaus regelmÀssig zunehmend. 
Letzter Umgang im obern Theil kegelförmig, gegen die Basis mit abgerundeter Kante schnell abfallend. 
MĂŒndung spitz eiförmig, elliptisch, vorn ein wenig verschmĂ€lert. Columella unten gedreht. Knotenförmiger 
Callus mÀssig, stumpfkantig. 

Möglich, ja wahrscheinlich ist es, dass es in Ă€lteren, noch unbekannten pliocĂ€nen SĂŒsswasserschichten 
Syriens auch noch grössere Exemplare als die beschriebenen von derselben Form und glatten Beschaffenheit 
der UmgÀnge aber mit einer grösseren Zahl (bis 12) gegeben hat. In der tiefsten Thonbank von Dschisr 
esch-Schurr fand ich sie nicht. Das grösste Exemplar von dort ist Taf. IX, Fig. 5 dargestellt und zÀhlt 
8 glatte UmgÀnge. Die grösseren Melanopsiden-Individuen dieser Formenreihe haben alle nicht mehr den 
ursprĂŒnglichen einförmigen Typus der M. minima bewahrt; die Ausbildung ihrer letzten UmgĂ€nge lĂ€sst sie 
als den folgenden vorgeschrittenen Mutationen zugehörig erscheinen. 

Verwandtschaft: Diese kleinste mir bekannte Melanopsis-Form oder -Mutation, deren Jugend- 
zustand zusammenfĂ€llt mit demjenigen der ĂŒbrigen Mutationen dieser Formenreihe, könnte in ihrem aus- 
gewachsenen Zustand bei oberflÀchlicher Betrachtung noch als Brut einer grösseren glattschaligen Melanopsis- 
Art gedeutet werden. Die hÀufigsten der hierher gehörigen syrischen Arten: M. laevigata, buccinoidea, 
prophetarum, minor besitzen aber einen weit stumpferen GehÀusewinkel, besonders an der meist noch ab- 
gestumpften Spitze. M. laevigata und minor kommen zudem wegen der grösseren Höhe des letzten Umgangs 
ausser Betracht. Die engsten Beziehungen scheinen mir zu M. minutula Bourc., der kleinsten bisher be- 
kannten unter den glatten Melanopsiden Syriens, zu bestehen, die nach Boursvisnar‘ und NörLing ? im 


1 Histoire des Melaniens 1884, p. 92. 
2 Ueber die LagerungsverhÀltnisse einer quartÀren Fauna im Gebiete des Jordanthals. Zeitschrift der deutsch. geol. 


Ges. 1886, p. 816, Taf. 23, Fig. 5. 


Melanopsis vincta n. sp. 115 


ausgewachsenen Zustande mit S—9 UmgĂ€ngen nur 10, höchstens 12 mm Höhe erreichen wĂŒrde. In der 
That scheint mir die Annahme gerechtfertigt, dass die lebende M. minutula Bourc. mit der vorliegenden 
pliocÀnen Mutation (und damit auch dieser ganzen Formenreihe) blutsverwandt, wenn auch keineswegs 
identisch ist. Denn M. mönima unterscheidet sich auch von der letztgenannten Zwergform durch noch 
geringere Grösse trotz des Vorhandenseins derselben Anzahl UmgÀnge, sowie grössere Schlankheit oder 
geringeren GehÀusewinkel und geringere Höhe des letzten Umgangs. 


Vorkommen: In der tiefsten Thonbank des linken Orontesufers bei Dschisr esch-Sehurr (PliocÀn) 
(7 Exemplare). 


Melanopsis vinceta n. mut. — Taf. IX, Fig. 6—7. 


Höhe der ausgewachsenen Individuen 14 mm. 
„ des letzten Umgangs Tan 
2 gl 
Breite » ” b}) 9 la „ 
Schale glĂ€nzend, lanzettlich, thurmförmig. 7—8 UmgĂ€nge von: verschiedener Beschaffenheit. 


a) Jugendzustand oder Minima-Stadium (6 Exemplare). 

Die ersten 3—5 UmgĂ€nge bilden wie bei voriger Mutation einen regelmĂ€ssigen Kegel mit 35—40° 
an der Spitze, glatten, flachen SeitenflÀchen und oberflÀchlicher Naht. Die Spitze ist gewöhnlich lÀdirt. 
OberflĂ€che mit feinen Anwachslinien versehen. Höhe dieses GehĂ€uses 5—6 mm, Breite 2'/,—3 mm. Letzter 
Umgang halb so hoch als das ganze GehĂ€use, Innenlippe der MĂŒndung callös, oben mit starker Verdickung. 


b) Ausgewachsener Zustand oder Vincta-Stadium (18 Exemplare). 


Mit dem vierten, fĂŒnften oder erst sechsten Umgang beginnen VerĂ€nderungen in der Beschaffenheit 
derselben. Der erste derartige abweichende Umgang wird ungleich höher und auch ein wenig breiter als 
die frĂŒheren und erhĂ€lt eine geringe seitliche Wölbung speciell im oberen Theil, so dass die Nahtlinie oben 
deutlicher wird und der Umgang treppenförmig abgesetzt erscheint. Ueber der unteren Naht zeigt sich 
zugleich erst schwach (vergl. Taf. IX, Fig. 6) dann stĂ€rker eine Einsenkung oder SchnĂŒrung auf dem 
Umgang, welche auf dem jedesmal letzten Umgang ein oberes, breites, erhabenes Spiralband oder GĂŒrtel 
von einem untern trennt. Durch das relativ schnellere Wachsthum der UmgÀnge in die Breite, wenigstens 
etwa vom vierten an, erscheint das GehÀuse von M. vinceta im Ganzen etwas stumpfwinkliger als das der 
vorigen Mutation. Durch die Zunahme der UmgÀnge an Höhe aber wird mit der gleichen Zahl derselben 
hier eine bedeutendere Gesammtgrösse des GehÀuses erzeugt als bei der gleichmÀssig wachsenden kleinen 
Stammform. \ 

Anwachsstreifen sind wohl zu erkennen, aber keine Querberippung. Die MĂŒndung ist vorn gerundet, 
hinten zugespitzt. Innenlippe mit scharf umrandetem Callus, der aber nie so mÀchtig anschwillt wie bei 
den Àhnlichen slavonischen Melanopsiden M. Oroatica und recurrens (vergl. von letzterer die Abbildung auf 
Taf. IX, Fig. 1), vielmehr etwa demjenigen von M. decollata Stou. entspricht. 


Vorkommen: Nur in der I. Thonbank des linken Orontesufers bei Dschisr esch-Schurr zusammen 
mit voriger und folgender Mutation (24 Exemplare). 


116 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Melanopsis multiformis n. mut. — Taf. IX, Fig. S—17. 


GehĂ€use von brĂ€unlich-weisser Farbe, verlĂ€ngert thurmförmig. 10—11 Windungen, die bald durch 
seichte, bald tiefe NĂ€hte von einander getrennt und in verschiedenen Wachsthumsstadien sehr verschieden 
geformt und verziert sind. Spitze nur in sehr wenigen FĂ€llen corrodirt. 


a) Erster Jugendzustand. Minima-Stadium. 
Ganz ebenso wie bei der vorigen Mutation. 5 UmgÀnge. 


b) Stadium der feinen Berippung. Sauleyi-Jebusitica-aterrima-Stadium (5 Exemplare). 
Taf. IX, Fig. 8. 

GehĂ€use 7—8 mm hoch. Letzte Windung 3’,—4'/, mm hoch und 3'/,—4 mm breit. Die spitz 
conische Schale besteht aus 6—6'/, Windungen, deren obere 5—5'/» glatt sind. Die '/—1'/a letzten er- 
scheinen mit zarten, dĂŒnnen Querrippen geziert, die durch breitere ZwischenrĂ€ume geschieden sind. Zuerst 
zeigen sich die Rippen nur im oberen Theil der Windungen wie bei M. Sauleyi Bourg.' und ziehen sich 
spÀter erst tiefer hinab bis zum Rand der Basis, die selbst frei von Rippen bleibt. Die letzte Windung 
trĂ€gt 10—11 Rippen. MĂŒndung eiförmig, kurz. 

Eins der mir vorliegenden Exemplare stellt eine vollkommene Zwischenform zwischen M. Sauleyi 
Boure.! und Jebusitica Ler.” dar. Das bauchige, an beiden Enden wenig verlĂ€ngerte GehĂ€use und die 
eiförmige, oben kaum zugespitzte MĂŒndung spricht entschieden mehr fĂŒr M. Jebusitica, aber die scharfen 
geraden Rippen sind nur kurz und auf den obern Theil der letzten UmgĂ€nge beschrĂ€nkt, was wieder fĂŒr 
M. Sauleyi charakteristisch ist. ? 

Ein anderes Exemplar hingegen schliesst sich durch seine Berippung und Form ganz an M. aterrima 
Bourg. nach Boursvıgnar's Beschreibung? an. Die feinen Rippen sind nicht gerade, sondern von der Naht 
an schief nach vorn geschwungen und bis ĂŒber den Basisrand zu verfolgen. Ausserdem ist das Gewinde 
mehr verlĂ€ngert, spitz. Die Naht ist auch ĂŒber dem letzten Umgang noch ganz linear. 


c) Hiera-Stadium* mit breiten Rippen und stufenförmigem Gewinde (5 Exemplare). 
Taf. IX, Fig. 9. 


8—10 mm hoch. 6!/—7 UmgĂ€nge, die ersten 6 wie bei voriger Form, der letzte halbe oder ganze 
in Folge plötzlicher Verbreiterung namentlich in der oberen Nahtregion stufenförmig abgesetzt, oben mit 
einspringendem Nahtwinkel. Die 11—12 Rippen sind dick, breiter als ihre ZwischenrĂ€ume; sie beginnen 
mit ihrer ganzen Breite an der oberen Naht und verschmÀlern sich allmÀhlich nach unten, um in der Mitte 
des Umgangs oder erst an dem gerundeten Basisrand zu verschwinden. Die UmgÀnge zeigen noch keine 
deutliche spirale Einsenkung in ihrer Mitte, die Rippen haben noch keine knotigen Verdickungen. 


d) Costata-Stadium mit stufenförmig aufsteigenden, in der Mitte eingesenkten UmgÀngen 
und schwach knotigen Rippen (10 Exemplare). — Taf. IX, Fig. 10—13. 

Höhe 7—13 mm. Letzte Windung 4—6!/a mm hoch, etwas höher als las Gewinde, 5'/s mm breit. 

5 UmgÀnge glatt, °/ı Umgang Jebusitica-Stadium, '/. Umgang Hiera-Stadium. Von da an macht sich in 


1 Boursvignar: Histoire des Melaniens, p. 127. 

2 Idem ibidem, p. 126 und Nörume 1. c. p. 816, Taf. 23, Fig. 10. 

3 Bovrsuignat: Histoire des Melaniens, p. 127. 

* Nach Melanopsis hiera Ler., einer jetzt in Syrien verbreiteten Art. 


Melanopsis binodosa n. f. 117 


der Mitte der folgenden 1Y,—2 UmgĂ€nge eine Einsenkung in Spiralrichtung bemerkbar, wodurch die 10 
bis 12 Rippen in 2 Theile zerlegt werden, einen oberen umgekehrt eiförmigen oder rechtwinklig dreieckigen 
Knoten, der an der Naht verbreitert und mit der Spitze nach unten gerichtet ist, und einen untern, feineren 
Rippentheil, der an der Basiskante anschwillt und dann noch oft bis zur untern Schalenspitze sich hinzieht. 

Die Berippung ist vollkommen identisch mit der von M. costata OLıvıEr, FErussac und Hörnes. 
Der Unterschied von der lebenden Form besteht nur in der Unberipptheit der ersten conisch aufgebauten 
Windungen und dem relativ niedrigeren letzten Umgang und MĂŒndung. Beide EigenthĂŒmlichkeiten sind 
indess schon an der fossilen Form VerÀnderungen unterworfen. Bald sind 5, bald nur 3 der obern Win- 
dungen ganz glatt und auch in der Grösse der letzten Windung finden AnnÀherungen an die lebende MY. 
costata statt. 

Einige Exemplare (Fig. 11—12) liegen mir vor, die sich in der grösseren Zahl und LĂ€nge und in 
der sonstigen Beschaffenheit der Rippchen mehr an M. Croatica Brus. (= M. costata NEUMAYR non OLIVIER) 
als an M. costata On. anschliessen. 


e). Multiformis-Stadium. Ausgewachsener Zustand. (Etwa 150 Exemplare). — Taf. IX, Fig. 14—17. 


GehĂ€use bis 24 mm hoch. Letzter Umgang an der MĂŒndung 10 mm hoch, 9 mm breit. S—10 
UmgÀnge. 

Die Tendenz nach Verzierung in Spiralrichtung, die schon mit dem vorigen Stadium begonnen hat 
in der EinschnĂŒrung der UmgĂ€nge und Zerlegung der Rippen in lĂ€ngliche Knoten, treibt weitere BlĂŒthen. 
Die oberen Knoten der Rippen verbreiten sich auf den letzten 2'/),—3 UmgĂ€ngen seitlich und können so 
auch streckenweise zu einem oberen, kantigen Wulst verschmelzen, oberhalb dessen die Naht und tiefste 
Zone des vorhergehenden Umgangs sich tief einsenkt. Es ist hier ausdrĂŒcklich zu betonen, dass dieses 
Aufgehen der oberen Rippentheile in eine gemeinsame Spiralwulst sich bei dieser Art M. multiformis der 
tiefsten Thonbank des linken wie rechten Orontesufers nur unregelmÀssig, d. h. auf kurze Strecken vor sich 
geht. Es zeigt sich dabei hĂ€ufig genug die eigenthĂŒmiiche Erscheinung, dass eine GehĂ€useseite des Indi- 
viduums mehr die Wulstbildung auf allen 2—35 letzten UmgĂ€ngen zum Ausdruck bringt, wĂ€hrend die 
gegenĂŒberliegende Langseite ĂŒberall Costata- Stadium bis zur MĂŒndung hin bewahrt (vergl. Taf. IX, 
Fig. 16a und b). So wechseln in der Spiralrichtung wulstig ausgebildete Partieen noch mit solchen, die 
deutliche Knoten oder Querrippen tragen. 

Es gibt aber auch ziemlich ausgewachsene Exemplare, bei denen eine Wulstverschmelzung der 
oberen Rippenknoten kaum merklich ist. So liegt mir ein Exemplar von 20 mm Höhe vor, das bis zum 
Schlusse noch das Costata-Stadium beibehÀlt mit 11 etwas unregelmÀssig vertheilten Rippen auf dem letzten 
Umgang. Dasselbe mĂŒsste, wenn nicht die Spitze des GehĂ€uses anders beschaffen, nĂ€mlich glatt wĂ€re, ent- 
schieden zu M. costata Oz. gerechnet werden, bei der alle Windungen gleichmÀssig berippt sind. Einer 
speeifischen Trennung dieser so sehr costata-artigen fossilen Schalen der ersten Thonbank von Dschisr von 
M. multiformis kann ich indessen nicht zustimmen. Ein Vergleich der Abbildungen wird dies rechtfertigen. 


Melanopsis binodosa n. mut. — Taf. IX, Fig. 18—34. 


Schon in der tiefsten Thonbank des linken wie auch in derjenigen des rechten Flussufers finden 
sich zwischen den zahllosen schlanken, sozusagen auseinandergezogenen GehÀusen der unbedingt vorherrschen- 


118 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


den M. multiformis einzelne Exemplare von gedrungenerer Gestalt. An ihnen ist die unberippte, kegelförmige 
Spitze etwas kĂŒrzer, indem sie aus 5—4 glatten Windungen besteht, und die spĂ€teren berippten Windungen 
gewinnen besonders in Folge Anschwellens des oberen Knotenwulstes mehr an Breite, wÀhrend sie zugleich 
an Höhe einbĂŒssen. WĂ€hrend die Zahl der Rippen auf den letzten Windungen der M. multiformis in der 
Regel nicht unter 9 betrug (in den mittleren Jebusitica-, Hiera- und Costata-Stadien sind es mehr, 10—12), 
sinkt dieselbe auf den betreffenden, weniger schlanken Exemplaren der M. binodosa auf 8 bis 6. Die Be- 
schaffenheit dieser Querrippen ist auch eine andere; sie bestehen mehr aus 2 unter einander liegenden 
rundlichen, halbkugeligen Knoten. Die obere Reihe verschmilzt wohl noch zu einer wulstartigen Erhebung, 
geht aber nie völlig in derselben auf. Der letzte Umgang ist in Folge schnellerer EinwĂ€rtskrĂŒmmung unter 
der gerundeten Basiskante etwas verkĂŒrzt. 

Diese charakteristische Form herrscht in der zweiten Thonbank des linken Orontesufers (ca. 200 
StĂŒck); seltener ist sie wie gesagt in der tieferen Melanopsiden - Thonbank des linken und rechten Ufers, 
von wo mir namentlich einzelne den Uebergang zu M. multiformis vermittelnde Zwischenformen vorliegen, 
(Taf. IX, Fig. 18— 19). 


a) Schon die Jugendexemplare unterscheiden sich von denen der vorhergehenden Art. Sie tragen 
auch eine glatte, conische Spitze mit demselben GehÀusewinkel, aber diese ist allerhöchstens halb so hoch 
als bei M. multiformis, indem die 3—4'/g UmgĂ€nge langsamer an Höhe zunehmen. Bei ausgewachsenen 
Individuen ist die kurze Spitze noch dazu stets corrodirt, so dass die GehÀuse stumpfer erscheinen, 


b) Nötlingi-Stadium! (5 Exemplare). — Taf. IX, Fig. 20—22. 

Mit dem fĂŒnften Umgang etwa beginnen die UnregelmĂ€ssigkeiten. Der Umgang schwillt schon hier 
merklich an Breite an und ziert sich mit 7—11 (durchschnittlich 10) Rippen, die von Anfang an schĂ€rfer 
und höher sind als bei M. multiformis im zweiten oder Jebusitica-Stadium. Die Rippen verlaufen in deut- 
licher KrĂŒmmung nach vorn bis zum Rand der Basis. 

c) Costata-Staaium (5 Exemplare). — Taf. IX, Fig. 23—27, 

Auf dem zweiten der gerippten UmgÀnge verdicken sich die Rippen unter der Naht und in der 
Mitte des Umgangs zu schwachen, lĂ€nglichen Knoten. Meist treten die oberen Knoten ein wenig frĂŒher und 
deutlicher auf als die untere Reihe, mit der die Rippen gewöhnlich wie bei M. costata var. Hörnesi m.” 
endigen. In diesem Falle geht dem Costata-Stadium ein Olavigera-Stadium mit einer oberen Knotenreihe 
entsprechend der Sculptur bei der slavonischen M. celavigera. Nzum. vorher oder vertritt die Stelle des 
Costata Stadiums. 


d) Ausgewachsenes oder Binodosa-Stadium. (Ca. 200 Exemplare). — Taf. IX, Fig. 28—34. 


Auf dem siebenten Umgang, seltener schon auf dem sechsten, senkt sich jetzt die Schale ein. Die 
Knoten, die oberen wie die bei vorhergegangenem Olavigera-Stadium jetzt erst aufkommenden unteren, ent- 
wickeln sich zu krÀftigen, rundlichen Höckern, die in zwei ganz gleichmÀssig ausgebildeten Reihen bis zur 
MĂŒndung anhalten. Sie verschmelzen niemals zu einem gleichförmigen Spiralwulst, wie das bei M. multi- 


1 Nach der recenten M. Nötlingi Bovurs. in Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 1886, p. 817, Taf. 23, Fig. 6 benannt. 
? Vergl. weiter unten. 


Melanopsis unicincta n. f. 119 


formis stellenweise, bei unzcincta regelmÀssig mit der oberen Knotenreihe der Fall ist und bei der folgen- 
den Mutation bieineta mit beiden Reihen. Die ursprĂŒngliche Quersculptur wird also bei M, binodosa nicht 
vollstĂ€ndig von der Spiralsculptur zurĂŒckgedrĂ€ngt, vielmehr halten sich beide die Wage, nachdem durch ihr 
gleichzeitiges Auftreten die Höcker entstanden sind. 

Die Zahl der Doppelknoten betrÀgt bei den meisten Exemplaren nur 6 auf einem Umgang. Ge- 
wöhnlich entsprechen sich die Knoten der verschiedenen UmgÀnge der Lage nach, so dass die 3 letzten 
UmgÀnge von oben nach unten zusammenhÀngende Radialknotenreihen aufweisen. wÀhrend die viertletzte mit 
dem Costata- oder Olavigera-Stadium in Folge seiner zahlreichen knotigen Rippen nicht mehr damit stimmt. 
Bei mehr ausgezogenen GehÀusen sind auf allen 3 letzten UmgÀngen beide Knotenreihen zu sehen, indem 
auch die tiefere unter der Naht zur HĂ€lfte herausschaut. 


Melanopsis bieineta n. mut. — Taf. IX, Fig. 35—40. 


Diese Form ist hervorgegangen aus schwÀcher berippten M. multiformis, bei denen die schwache 
Querseulptur bald vollstÀndig durch Spiralsculptur ersetzt wurde, die in Spiralkielen sich Àussert. Sie hÀngt 
trotz dieser letzten Eigenschaften phylogenetisch nicht unmittelbar mit M. vincta zusammen. Denn in der 
Mitte sind wie bei M. multiformis 1—4 UmgĂ€nge gerippt. Die SpiralwĂŒlste sind nicht wie bei vincta zuerst 
da, sondern gehen deutlich aus der seitlichen Verschmelzung der Knoten der Querrippen hervor und sind 
auch krÀftiger ausgebildet als bei jener. 

Der Umstand, dass der tiefere Kiel stets durch den folgenden Umgang verdeckt wird, so dass auf 
dem vorletzten Umgang nur der obere zu Tage tritt, unterscheidet diese Form wesentlich von M. Aetolica 
Neum., bezw. der Formenreihe der Melanosteiren Opp., womit sonst eine gewisse Aehnlichkeit in der Variations- 
richtung unverkennbar ist. 

Noch auffallender ist die Àussere Aehnlichkeit unserer Melanopsis mit M. recurrens Neum., welche 
in den oberen Paludinen-Schichten Kroatiens ebenfalls als Endform einer gerippten Formenreihe erscheint. 
Diese Aehnlichkeit wird Jeder ohne Weiteres zugeben, wenn er nur die Abbildung des syrischen Exemplars 
Taf. IX, Fig. 39 vergleicht mit Taf. IX, Fig. 1, einer mir gehörigen Melanopsis recurrens von Malino. Wenn 
nicht der Wulst der Innenlippe bei letzterer doppelt so krÀftig und breit wÀre, könnte man die beiden in 
der That fĂŒr dieselbe Art halten. 

Vorkommen: In der zweiten Thonbank des linken Orontesufers (25 Ex.) und der ersten (3 Ex.) 
und zweiten (7 Ex.) des rechten Ufers. 


Melanopsis unieineta n. mut. — Taf. IX, Fig. 41—44, 


Diese Art erscheint ebenfalls als ein directer Nachkomme von M. multöformis, mit der sie die meisten 
Eigenschaften gemein hat. Da sie aber in einer viel höheren Bank liest, in welcher die echte MU. multi- 
formis nicht mehr vorkommt, darf sie nicht als einfaches weiteres Altersstadium aufgefasst werden, sondern 
ist als besondere Mutation unter anderem Namen von ihrem Stammyvater getrennt zu halten. 

Der Unterschied beruht darin, dass die Verschmelzung der oberen Rippentheile in Spiralrichtung 
weitere Fortschritte gemacht hat, indem die letzten 3'/, UmgÀnge einen ganz regelmÀssigen, nicht mehr 
kantigen, sondern abgerundeten Wulst tragen. Die Entstehung desselben aus Rippen lÀsst sich noch oft an 


120 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


rundlichen, knotigen Erhebungen auf dem Wulst in regelmÀssigen Entfernungen erkennen. Indess fehlen 
tiefe EinschnĂŒrungen zwischen diesen rundlichen, sanften Anschwellungen wie bei der Ă€lteren M. multiformis. 

Es entsteht die Gefahr, M. unicineta genetisch fĂŒr eine Uebergangsform von M. multiformis zu 
bieincta zu halten, was sie ja auch der Àusseren Form nach in der That ist. Die. geologisch-stratigraphischen 
Befunde beweisen aber mit Bestimmtheit, dass M. unicineta eine spÀtere selbstÀndige Abzweigung von 
M. multiformis ist, allerdings in derselben Richtung wie vorher bei M. bicincta, also einer Abzweigung, in 
welcher die schon frĂŒher in M. bieincta zum Ausdruck gekommene Tendenz sich noch einmal von neuem 
geltend macht, freilich nur mit halbem Erfolg. 

Vorkommen: Nur in der obersten Melanopsiden - Thonbank des rechten Orontesufers bei Dschisr 
esch-Schurr (7 Exemplare) zusammen mit M. bieineta. WĂ€hrend in der tiefsten Thonbank des rechten Ufers 
mit letztgenannter zusammen noch M. multiformis vorkommt, ist in der zweiten Thonbank M. multiformis 
ganz verschwunden beziehungsweise durch M. unicineta ersetzt. Es ist auf dem rechten Orontesufer der 
dem ersten Umwandlungsprozess in M. bieineta entgangene Rest an M. multiformis der zweiten Umwandlung 
in M. unicincta verfallen. 


In den bis jetzt beschriebenen Melanopsiden hat sich uns eine geschlossene Gruppe von phylo- 
genetisch eng mit einander verknĂŒpften, aufs Ă€usserste variablen Mutationen reprĂ€sentirt. Ihre ungewöhnliche 
VerÀnderlichkeit spricht sich auch ontogenetisch in der Entwicklung jedes einzelnen Individuums aus. Die 
verschiedenen Altersstadien der Mutationen konnten nach ihrer Sculptur mit den wichtigsten der jetzt lebenden 
Melanopsidentypen Syriens direct verglichen werden. 

Es entsteht nun die Frage: Ist diese Formenreihe der PliocÀnzeit mit den beschriebenen Formen 
abgeschlossen oder hat sie sich weiter entwickelt zu der jetzigen Fauna desselben Orontesgebiets? Ferner 
ist es etwa möglich, dass die bei der Ontogenese jener Formen erkannten Verschiedenheiten nicht nur der 
Spiegel der Verschiedenheit der heutigen zahlreichen Artengruppen darstellen, sondern ihre Ursache ? 
Konnten sich die einzelnen abweichenden Altersstadien einer Mutation erhalten und phylogenetisch in ebenso 
vielen Arten oder gar Artengruppen fixiren, so dass sie jetzt selbstÀndig und unabhÀngig neben einander 
stehen? Eine definitive Beantwortung dieser Frage wird nicht eher gestattet sein, als bis wir genau wissen, wie 
es eigentlich in der jetzigen Melanopsidenfauna aussieht. Ontogenetisch sind die heutigen Formen jedenfalls 
im Allgemeinen keinem oder doch nur mÀssigem Wechsel unterworfen. Die gerippten Formen erscheinen 
meistens von der Spitze bis zur MĂŒndung berippt und ohne glattes Gewinde. Die SculptureigenthĂŒmlich- 
keiten sind bestÀndiger und erstrecken sich auf alle Windungen gleichmÀssig, womöglich bis zum Embryonal- 
stadium. Aber auch da gibt es Ausnahmen, wie wir solche z.B. in M. Sauleyi und Jebusitica sehen werden. 
Bei letzteren wird es sehr wahrscheinlich, dass sie mit dem Sauleyi-Stadium der M. multiformis einen 
genetischen Zusammenhang haben. Das gleiche erscheint mindestens möglich fĂŒr M. costata und ihre nĂ€chsten 
Verwandten, die hÀufigsten und charakteristischsten unter den heute im Flussgebiet des Orontes lebenden 
Arten, welche wir im Folgenden kennen lernen werden. 

Die aus dem Studium der ersten Melanopsiden-Formenreihe gewonnenen Erfahrungen sollen bei der 
Behandlung der noch ĂŒbrigen zu besprechenden fossilen und recenten Melanopsiden verwerthet werden. Ich 
habe die letzteren zu Formengruppen zusammengestellt, innerhalb deren eine engere phylogenetische Ver- 
wandtschaft wahrscheinlich wird. Die einzuhaltende Reihenfolge dieser Gruppen ist durch die Ergebnisse 


Melanopsis laevigata Lam. 191 


der Untersuchung ĂŒber die Entwicklung von M. multiformis ete. bestimmt. Der durch diese Ergebnisse 
wieder bestÀtigte Satz, dass die glattschaligen Melanopsidenformen (Melanopsis genus sensu stricto) die 
ursprĂŒnglicheren sind, gewinnt noch durch den Umstand an Wahrscheinlichkeit, dass im Ă€lteren marinen Mittel- 
pliocÀn Syriens' bis jetzt nur glatte Formen (M. laevigata, minor und Maroccana) gefunden wurden und 
findet auch in der ontogenetischen Entwicklung der heutigen Arten eine weitere StĂŒtze. Ich habe daher 
in der folgenden Behandlung die glatten Arten mehrfach vorangestellt. Von den noch folgenden 7 Formen- 
gruppen, die theilweise nach Art und etwa im Umfange der BourcvignArT'schen Gruppen zusammengestellt 
sind, gehören die ersten 5, nÀmlich B bis F, zusammen, indem sie als fortlaufende Reihe gedacht werden 
können, entsprechend der Entwicklung innerhalb der einen Formenreihe A oder speciell der vielgestaltigen 
Art M. multiformis. Wie weit dieser zunÀchst nur vermuthete Zusammenhang der Gruppen B bis F unter 
einander und mit A begrĂŒndet ist, mĂŒssen kĂŒnftige Untersuchungen lehren. Diese sĂ€mmtlichen 5 Formen- 


‚gruppen enthalten lauter Arten mit relativ schlankem, spitzem, dĂŒnnschaligem GehĂ€use und zuerst glatten, 


dann mehr und mehr verzierten UmgÀngen. 

Die sechste Gruppe G und die siebente H bilden jede fĂŒr sich meiner Ansicht nach einen ge- 
schlossenen ganzen Kreis, der in seiner Entwicklung seinen eigenen Weg ging, unabhÀngig von den Gruppen 
A bis F, und sie stehen so beide den 5 andern zusammen als Parallelbildungen gegenĂŒber. Beide enthalten 
dickschalige Melanopsiden, hauptsÀchlich diejenigen der pliocÀnen Conglomerate, Brececien und Muschelkalke 
des Rab. In der sechsten @ finden sich die bauchigen Parallelformen zu den Gruppen B bis F vereinigt. 
Die Gruppe H endlich umschliesst eigenthĂŒmliche Melanopsiden mit abgestumpftem GehĂ€use, unregelmĂ€ssiger 
Zunahme der UmgĂ€nge und sehr entwickelter CallositĂ€t an der MĂŒndung. In G sowohl wie in H lĂ€sst sich 
die Entwicklung von glatten zu berippten Formen sehr wohl verfolgen. 

Die Gruppe H verdiente vielleicht unter dem Namen eines besonderen Subgenus den ĂŒbrigen syri- 
schen Melanopsiden gegenĂŒber gestellt zu werden. Denn diese Formen tragen einige gemeinsame Merkmale, 
abgestumpftes Gewinde, dicke Schale, mÀchtigen, knotenförmigen Callus, durch welche sie von den gewöhn- 
lichen syrischen oder sonst orientalen Arten abweichen und wie mir scheint eine gewisse AnnÀherung zu 
einigen in westlichen MittelmeerlÀndern verbreiteten Arten, M. Gwiraoi, Lorcana, cariosa bekunden. Ob 
dem in der That so ist, mĂŒssen erst noch genauere Vergleichsstudien unter Zuhilfenahme fossiler Formen 
feststellen. Vorderhand halte ich es noch nicht fĂŒr angebracht, die Nomenclatur durch einen neuen Subgenus- 
Namen zu bereichern beziehungsweise die Wissenschaft zu beschweren. Von den bisher fĂŒr Melanopsiden, 
wenigstens fĂŒr die lebenden, aufgestellten Subgeneribus haben sich nachher bei genauerer Untersuchung die 
meisten als jedesmal unhaltbar herausgestellt (so z. B. Canthidomus und Lyrcea H. und A. Anams 1858), 
wenn sie nicht in ganz engen Grenzen gehalten wurden. 


B. Melanopsiden mit schlankem, glattem GehÀuse und regelmÀssigem Wachsthum der 
UmgÀnge. Melanopsis genus sensu strieto. Bucceinoidiana Bourc. z. Th. 


Melanopsis laevigata Lau. — Taf. X, Fig. 1—2. 


1822. Melanopsis laevigata Lamarcxk. Anim. sans vert. VI, 2, p. 168. 
1823. — buccinoides FĂ€russac. Mon. du genre Mel. M&m. soc. d’hist. nat. I, p. 148 (pars), Taf. 7, Fig. 10. 
(non ÖLIVIER nec cet. aut.). 


! Vergl. oben 8. 73. 
Palaeontographica. Bd. XLIV, 16 


122 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


1839. Melanopsis laevigata Rotes. Moll. spec. Inaug. Din. p. 24. 


1839. — praerosa RossmArssLer. Iconographie der Land- und SĂŒssw.-Moll. II. Bd., Heft IIIT—IV, p. 41, 
Taf. 50, Fig. 677 (non 676) non! Linse. 

1864. _ praemorsa Boursvisnar. Mal. de l’Algerie II, Taf. 16, Fig. 16 und 18 (non! Lixn£.). 

1374. _ praerosa Bror. - Melaniaceen, p. 421 (pars), Taf. 45, Fig. 16 —18. 

1580. — —  Koperr. Icon. VII, p. 14, (pars), Taf. 187, Fig. 1876, 1881—82, 1885—86, 1888—91, 
Taf. 188, Fig. 1892, 1893, 1897 non cet. 

1883. —_ buceinoidea LocarD, 1. c. pars. 

1384. u laevigata Bourevicnar. Histoire des Melaniens, p. 95. 

1886. n— — Nöruing, 1. c. p. 812; Taf. 23, Fig. 3. 

1889. _ praerosa BLANCKENHORN. BeitrÀge zur Kenntniss der Binnenconch. Nachricht. der deutsch. Mal. 
Ges. 5—6, p. 79. 

1891. — laevigata BLANCKENHORN. Das marine PliocĂ€n in Syrien Sitzungsbericht phys. med. SocietĂ€t zu 


Erlangen, 24. Heft, 1892, p. 10. 


GehÀuse ei- bis spindelförmig. Schale dick und undurchsichtig, von einer einfarbigen, schwÀrzlichen, 
glÀnzenden Epidermis bedeckt. Wenn diese abgewittert ist, erscheint die Spira und der oberste Theil der 
letzten Windung dunkel gelbbraun, der ĂŒbrige Theil heller. 

Mittlerer GehĂ€usewinkel 45°. Winkel an der Spitze stumpfer, 50—65°. Spira relativ kurz, an 
der Spitze abgenagt. 6—7 fast ebene UmgĂ€nge, langsam zunehmend. Naht oberflĂ€chlich, meist deutlich 
markirt, zuweilen etwas rinnenförmig oder fadenförmig gerandet. 

Letzter Umgang an den Seiten flach, nur schwach gewölbt, im untern Theil mehr, allmÀhlich zur 
Columella abfallend. Höhe des letzten Umgangs fast °/s, jedenfalls mehr als die HÀlfte der GehÀusehöhe 
erreichend (bei M. praemorsa Lisx& = praerosa L. im Sinne BourGuvıcnAT's (1883) — °/ı der GehĂ€usehöhe). 
Mundöffnung birnförmig, oben durch einen starken knotenförmigen Callus zu einem tiefen Canal verengert. 
Der Àussere Mundsaum reicht an der Basis weit unter die Spitze der Columella hinab. Columella unten 
fast plötzlich nach rechts gedreht, verkĂŒrzt. 


Höhe 20—24 mm (bei M. praemorsa Lisnı&t — 13—14 mm nach Bour@vıgnAr). Grösster Durch- 
messer 10—11 mm (bei M. pr. = 8 mm) etwas unterhalb der Mitte der Höhe, aber relativ höher als bei 
M. buceinoidea On., wo er in die untere HÀlfte des GehÀuses fÀllt. 


Vorkommen: M. laevigata ist sowohl fossil wie heutzutage die verbreitetste und hĂ€ufigste SĂŒss- 
wasserschnecke ganz Syriens, namentlich aber in Nordsyrien, im Gebiet des Orontes, wo M. buceinoidea ' 
bislang lebend noch nicht gefunden worden ist. Es liegen mir Exemplare vor. 

1) Fossil aus dem marinen MittelpliocÀn von Bet el-MÀ bei AntÀkije (1 Ex.), aus dem oberpliocÀnen 
Muschelkalk (Dreissensiaschicht) von Dschisr esch-Schurr (4 Ex.), des RĂ€b (1 Ex.), dem SĂŒsswasserkalk von 
Böt el-MÀ (12 Ex.). Nöruıne fand sie im Diluvium (LisÀnschichten) am See Tiberias. 

2) Orontes bei AntÀkije (4 Ex.) vergl. Taf. I, Fig. 2, Hafen von Seleucia Pieria (14 Ex.) siehe Taf. I, 
Fig. 1, Kara SĂŒ (2 Ex.). In PalĂ€stina fand ich sie an den ‘Ajun Musa am Berge Nebo (6 Ex.) und am 
Wadi HesbĂ€n (13 Ex.). Sonstige Fundorte sind SadjĂŒr Su, BeirĂŒt, Libanon, Ba“albek, Antilibanon, Ebene 
des Bahr HĂŒle, Wadi el-“Arab und ez-Zahar im AdschlĂŒn, “Ain es-SultĂ€ne bei Jericho. 


! M. buceinoidea im Sinne ihres Autors Orıvızr und nach BourevisnAar (Hist. des Mel. p. 86) scheint in Syrien seltener 
und zwar hauptsÀchlich mehr auf Mittelsyrien (Libanon) und das innere Nordsyrien (Kuweik und Sadjur Su) beschrÀnkt zu sein. 


Melanopsis buceinoidea Or. sp. 123 


Melanopsis buceinoidea Or. sp. 


1804. Melania buccinoidea Orıvier. Voyage dans l’Empire Othomane 1801—1807, I, p. 297 et Atlas Taf. 17, Fig. 8. 
1839. Melanopsis Ferussaci Rorm. Moll. spec. Dissert. p. 24, Taf. 2, Fig. 10. 


1855. _ buccinoidea Moussox. Coq. foss. rec. par Berraroı. (Mitth. der naturf. Ges. ZĂŒrich, II, p. 397). 
1864. 2 praemorsa Bourstisnar. Mal. de l’Algerie II, p. 262 pars, Taf. 16, Fig. 17, 19, 20 non cet. 
1377. - praerosa Tourxover. Coq. foss. d’eau douce de File de Rhode. (M&m. de la Soc. g6ol. de France, 
3. ser., tome 1), p. 5l, Taf. 1, Fig. 14. 
1883. _ buccinoidea Locarv. Malac. des Lacs de Tib., d’Ant. et d’Homs. (Archives du Mus. d’hist. nat. 
de Lyon, III, p. 227 und 264 (pars). 

221884. — — Trısırau. The Fauna and Flora of Palestine in Survey of Western, Palestine p. 197. 
18S4. _ _ Boursviexar. Hist. des Melaniens du syst. europ. (Ann. de Malac. Paris II, p. 86). 
1834. — Ferussaci Boursuisnar. Ibidem, p. 98. 

1885. — buccinoides Harr. Quart. Statement. Palest. Expl. Fund, p. 264. 

1586. — buceinoidea Nörtine. Ueber die LagerungsverhĂ€ltn. einer quart. Fauna im Gebiet des Jordanthals. 
(Zeitschrift der deutsch. geol, Ges. XXXVII, p. 814, Taf. 23, Fig. 1). 

1889. _ buceinoides Hurr. Memoir on the geology and geography of Arabia Petraea, Palestine etc. Survey 
of Western Palestine, p. 80. 

1889. — buceinoideu BuanckexHorn. BeitrĂ€ge zur Kenntniss der Binnenconch. in Nordsyrien, p. 87. 


GehĂ€use spitz conisch, schlanker als vorige Art, mĂ€ssig dickschalig, in der NĂ€he der MĂŒndung 
durchscheinend, meist einfarbig, schwĂ€rzlich, röthlich, kastanienbraun, gelbbraun oder grĂŒnlich. Der letzte 
Umgang zuweilen im untern Theil mit 1—2 helleren BĂ€ndern zwischen dem herrschenden dunklen Farbenton. 
Callus milchweiss bis violett. 


Gewinde regelmÀssig kegelförmig, spitz; GehÀusewinkel an der Spitze = 50°, nachher durchschnitt- 
lich 45°. Spitze an Ă€lteren Exemplaren meist corrodirt. 7—9 flache UmgĂ€nge von regelmĂ€ssigem Wachs- 
thum, getrennt durch eine oberflÀchliche Naht. 

Letzter Umgang oben flach, nach unten schnell in starker KrĂŒmmung zur Columella abfallend und 
direct ĂŒber derselben zu einer Furche eingesenkt. Die Höhe des letzten Umgangs kommt durchschnitt- 
lich derjenigen der Spira gleich, meist ist sie ein klein wenig grösser, oft aber auch geringer. 

Mundöffnung eiförmig, oben mit einem nur wenig tiefen Canal. Aeusserer Mundrand scharf, an 
der Basis dicht am Schnabel ein wenig unter denselben hinabreichend. Columella in der Mitte stark ge- 
krĂŒmmt, verlĂ€ngert, unten gedreht, Spitze nach aussen gerichtet. CallositĂ€t mĂ€ssie. Die obere knotige 
Verdickung nur schwach und mÀssig hoch, in Folge dessen der Canal zwischen ihr und dem Aussenrand 
wenig ausgeprÀgt. 

Höhe des GehĂ€uses in OLivıer’s typischer Abbildung. 28'/; mm, grösster Durchmesser 11 mm in 
der unteren HĂ€lfte des GehĂ€uses. Höhe des letzten Umgangs an der MĂŒndung 14!’ mm. 


Vorkommen: Fossil in PalĂ€stina in den diluvialen LisĂ€nschichten, im Wadi el-“Arabah am “Ain Abu 
Werideh', in der Umgebung des Todten Meeres (?)° und am Ufer des Sees Tiberias; in Nordsyrien im 
Diluvium von Homs. 


! Butt, 1. c. p. 80. Quart. Stat. P. E. F. 1885, p. 264. 

° Trıstran, 1. c. p. 197. Vergl. dazu Larrer: Exploration geologique de la Mer Morta 1877, p. 178, Anm. 1. — 
Hvrv: Mount. Seir. Sinai a. Western Palestine, p. 162, sowie BLAncKENnHoRN: Entstehung des Todten Meeres. Zeitschrift des 
Deutsch. PalÀst. Ver. 1886, p. 41 und 44 Anm. 


124 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Lebend seltener in GewĂ€ssern PalĂ€stina’s (? Seen von Tiberias und Merom, Jerusalem). HĂ€ufig in 
Mittelsyrien (Saida, Nahr el-Kelb, Libanon, Wadi BaradÀ). In Nordsyrien fehlt die echte typische M. 
buceinoidea im Sinne OLivier’s und BourcvıgnAar's auffallender Weise am Orontes, wo ich sie nur in halb- 
fossilem Zustand aus einem alten Canal von Selemije besitze (2 Ex.); sie wird aber aus dem Innern Nord- 
syriens angefĂŒhrt vom Kuweik und SadjĂŒr Su, sowie von Biredjik. 


Melanopsis Maroccana CHemn. var. media Boursc. — Taf. X, Fig. 4. 


1795. Buceina Maroccana Cuenmsirz, Conch. Cab., XI, p. 285 (pars), Taf. 210, Fig. 2073—2079 non cet. 
21854. Melanopsis brevis Parreys in Moussox. Coquilles Bervaros, p. 51 (non! SowErsgy). 


1864. _ Maroccana Boursvisnar. Malacol. Algerie, II, p. 257 (pars), Taf. 15, Fig. 12—14. 

1884. — _ — Histoire des Melaniens. Ann. de Malacolosie. Paris II, p. 99. 
?1884. — brevis Bours. Ibidem, p. 100 (non DAUTZENBERG 1894, Revue biol. du Nord de la France IV, p. 341). 
1891. _ cf. Maroccana BLAnckenHuorn. Das marine PliocÀn in Syrien, p. 30 (wo genauere Beschreibung), 


Taf. 2, Fig. 5. 
Betreffs des Charakters und der verwandtschaftlichen Beziehungen dieser Art verweise ich auf meine 
eitirte Arbeit. Der von Mousson eingefĂŒhrte Name M. brevis ist zu vermeiden, da er schon vorher von 


SowErpy fĂŒr eine fossile tertiĂ€re Art verbraucht war. 
Vorkommen: Fossil im marinen MittelpliocÀn am unteren Orontes (1 Ex.). 
Lebend am Bahr el-HĂŒle, am Leontes, in Ba‘albek, im Libanon und Antilibanon. 


D) 


Melanopsis minutula Bourne. — Taf. X, Fig. 3. 


1884. Melanopsis minutula Bourcvisnar. Histoire des Melaniens, p. 92. 
1886. _ _ Nörring, 1. c. p. 816, Taf. 25, Fig. 5. 


Eine der kleinsten glattschaligen Melanopsiden. Höhe S—10 mm. Breite 3Y’—4 mm. 8—9 langsam 
zunehmende UmgĂ€nge. Gewinde spitz. Letzter Umgang höher als die HĂ€lfte des GehĂ€uses. MĂŒndung 


oben spitzwinklig. 
Vorkommen: Fossil im altalluvialen Flussschotter am untern JarmĂŒk im Ostjordanland, sowie im 


QuartĂ€r von “Amkije im Rab (2 Ex.). 
Lebend nach Bovrevıcnar in BÀchen Syriens wie in Kleinasien und Algerien. 


C. Kleine spindelförmige GehÀuse mit schwacher unvollkommener Berippung. Sauleyana 
Boure. z. Th. Formengruppe der Melanopsis Sauleyi, Jebusitica, aterrima und faseolaria. 


Aus dieser Gruppe liegen mir nur zwei Vertreter vor: 
Melanopsis Sauleyi Boure. 


1853. Melanopsis Sauleyi Bourcvicnar. Cat. rais. des Moll. terr. et fluv. rec. par DE SauLcy, p. 66, Taf. 2, Fig. 52—53. 


1865. _ —  Trıstram. Report on the terr. a. fluv. Moll. of Palestine in Proc. Zool. Soc. of London, p. 542. 
1374. _ — Brorin Cuemstrz-Martını. Conch. Cab. Melaniaceen. p. 429, Taf. 46, Fig. 10—11 non 12. 
1883. = — LocaArp, p. 287. 

1885. —_ — Horr. Mount Seir, Sinai a. Western Palestine, p. 100, Fig. 12. 


1886. — — Nöruine, p. 816, Taf. 23, Fig. 9 und 9a. 


Melanopsis sancta Ler. 125 


Klein, 10—15 mm (bei Hurn 17 mm) hoch, 4—6 mm breit, spitz kegelförmig. 7 flache, regel- 
mĂ€ssige UmgĂ€nge. Der letzte so gross oder nur wenig grösser als das Gewinde. Die ersten 3—4 UmgĂ€nge 
sind wenigstens auf dem mir vorliegenden Exemplar noch glatt und rippenlos ohne corrodirt zu sein. Nach 
BOURGUIGNAT wÀren Rippen auf allen UmgÀngen vorhanden, aber in Folge Corrosion der Spitze oft nicht 
sichtbar. 

Die letzten 3 UmgĂ€nge tragen im oberen Theil dĂŒnne, zarte Querrippen. Der untere Theil (HĂ€lfte) 
des letzten Umgangs ist glatt. 


Vorkommen: Fossil im Ă€lteren Diluvium (LisĂ€nschichten) des Wadi el-“Arabah bei “Ain Abu Werideh 
(nach Hurr), im altalluvialen Flussgeröll im Thal des JarmĂŒk (nach Nörume). 

Halbfossil fand ich sie im Sande eines Aquadukts in der WĂŒste bei Selemije (1 Ex.). Als jetzige 
Verbreitungspunkte werden genannt ArtĂŒs, Sultanquelle bei Jericho, eine Quelle in der Ebene des Bahr 
HĂŒle und der See von Homs. 


Melanopsis Jebusitica Let. — Taf. X, Fig. 5. 

1884. Melanopsis Jebusitica Boursuisnar. Histoire des Melaniens, p. 12. 

1886. E — Nörzins, p. 816, Taf. 23, Fig. 10. 

GehĂ€use kegelförmig bauchig, weniger verlĂ€ngert als M. Sauleyi, 10—11 mm hoch. 6—6}s flach 
gewölbte UmgĂ€nge. Die ersten 2—4 Windungen sind ganz glatt, die letzten 3 oder 2 mit je 12—13 Rippen 
versehen. Dieselben sind unter der Naht am dicksten, verlaufen von hier etwas schrÀg nach vorn, vom letzten 
Umgang bis zum Basisrand, wo sie plötzlich, zuweilen in schwachen Knoten endigen. Die ZwischenrÀume 
sind breiter als die Rippen selbst. 

Vorkommen: Halbfossil im Sand eines Aquadukts bei Selemije (4 Ex.), nach Nöruise im Alt- 
alluvium des JarmĂŒkthals bei el-Hawijan (Ostjordanland). 

Lebend in der Umgegend von Jericho. 


D. Formengruppe der Melanopsis sancta Ler., Lortetiana Loc. und Turcica Pırr. Schlanke 
GehÀuse mit einfachem, nicht stufenförmig aufsteigendem, oben ein wenig stumpfem Gewinde 
und einfachen, knotenlosen Rippen. 


Melanopsis sancta Lrr. — Taf. X, Fig. 6. 


1850. Melanopsis costata Koszrr. Iconogr. Fig. 1901 (non Orıvızr). 
1884. — sancta BOURGUIGNAT, 1. c. p. 129. 


GehĂ€use lĂ€nglich, oben ein wenig stumpf. 5—8 UmgĂ€nge; die obersten 1—3 glatt, stets corrodirt, 
die ĂŒbrigen gerippt. Auf dem letzten Umgang sind die Rippen auf die obere HĂ€lfte beschrĂ€nkt. 


Vorkommen: Fossil in der Dreissensia-Schicht bei Dschisr esch-Schurr am Orontes (3 Ex.). 


Lebend in der Elias- und Jeremias-Quelle bei Jericho, im unteren Jordan nahe dessen MĂŒndung 
und im ‘Ain el-Plasa in der Ebene des Bahr el-HĂŒle. 


126 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Melanopsis Lortetiana Loc. 


1883. Melanopsis Lortetiana Locarno, p. 271, Taf. 23, Fig. 50—51 und 
1884. — _ BOURGUIGNAT, p. 135. 
1891. _ Turcica BLANcKENHORN. Das marine PliocÀn in Syrien, p. 46. 


Schlank eiförmig, lanzettlich, mit spitzem Gewinde, oben corrodirt. 7—8 UmgĂ€nge mit regelmĂ€ssigem 
Wachsthum, getrennt durch oberflÀchliche Naht. Der letzte kleiner als die HÀlfte der Gesammthöhe. Die 
2 Embryonalwindungen sind glatt, die andern UmgĂ€nge gerippt. Rippen knotenlos ĂŒber die ganze Seite 
der UmgÀnge sich erstreckend, nur an der Basis des letzten Umgangs verschwindend. 

Vorkommen: Fossil in der oberpliocÀnen Dreissensia-Schieht von Dschisr esch-Schurr (2 Ex.) und 
im marinen OberpliocÀn von Seleucia Pieria (1 Ex.). 

Lebend im See von Antiochia. : 

Hieran wĂŒrde sich als Endform dieser Reihe die nur lebend aus Nordsyrien bekannte M. Tureica 
Pırr. (vergl. Mousson und LocArp) anschliessen, bei der die Rippen in gleicher Dicke auch ĂŒber den letzten 
ganzen Umgang bis zur Columella verlaufen. 


E. Formengruppe mit schwach abgestuftem Gewinde und knotenlosen Rippen. 
GehÀuse schlank. 


Melanopsis hiera Ler. — Taf. X, Fig. 7. 


1874. Melanopsis costata Bror. Melaniaceen, Taf. 46, Fig. 4 non 5—7 (non ÖLIVIER). 


1880. — —  Koszeur. Iconogr. Fig. 1904. 

1883. — — var. curta und gracilis LocarD, p. 267, 288. 

1884. — hiera Bourguisnar. Histoire des Melaniens, p. 121. 

1887. — costata Woopwarn-FiscHer. Manuel de Conchyliologie, Taf. 8, Fig. 30. 


Gewinde schwach stufenförmig. Naht etwas vertieft. Der letzte Umgang etwas höher als das Ge- 
winde. Rippen auf der Spira und im obern Theil des letzten Umgangs ebenso breit wie ihre ZwischenrÀume, 
gegen die obere Naht hin unmerklich anschwellend, aber ohne besondere knotige Verdickung. Nach unten 
verfeinern sich die Rippen, sind aber meistens bis zur Columella sichtbar. 


Vorkommen: Fossil im Diluvial-Conglomerat von AntÀkije (7 Ex.). 
Lebend im Kara Su (2 Ex.), Seeen von Antiochia und Homs, “Ain el-MellĂ€ha in der Ebene des 


Bahr el-HĂŒle. 


Melanopsis stephanota Bourne. — Taf. X, Fig. 8. 


1880. Melanopsis costata (non Orıvıer) Koserr, Fig. 1899 und 1900. 
1884. —_ stephanota Boursuisnar, Hist. p. 75 und 120. 


Gewinde schwach stufenförmig ansteigend. NÀhte ausgesprochen. Der letzte Umgang meist 
niedriger als das Gewinde. Rippen knotenlos, aber dick, vorspringend, auf dem letzten Umgang nur in 


dessen oberer HĂ€lfte. 


Melanopsis costata Or. sp. 127 


Vorkommen: Fossil im Diluvium von AntÀklje (2 Ex.) und Homs (1 Ex.). Aus dem Diluvial- 
Conglomerat von Antakije liegt mir ein ausgewachsenes Exemplar von 8 UmgÀngen vor mit thurmförmigem, 
deutlich abgestumpftem Gewinde, auf dessen letztem Umgang die sonst einfach knotenlosen Rippen bereits 
völlig verschwunden sind. 

Lebend im Kara Su (5 Ex.) und in “Aimtab (Sadjur Su). 

Zwischen den beiden letztbeschriebenen Formen ist keine scharfe Grenze vorhanden. Sie stellen 
nur Mutationen einer Entwicklungsreihe dar, zwischen denen auch Uebergangsformen vorliegen. Als weiteres 
und letztes Glied dieser Entwicklungsreihe wĂŒrde schliesslich theoretisch eine Form folgen, bei der auch 
auf den oberen UmgÀngen die Rippen verschwunden sind. In diesem glattschaligen Endglied mit mehr oder 
weniger deutlich abgestuftem Gewinde wĂŒrde diese Formenreihe mit der nĂ€chstfolgenden vollstĂ€ndig ĂŒberein- 
stimmen. Der Unterschied zwischen diesen beiden einander parallelen Formenreihen besteht nÀmlich wesent- 
lich in der Art der Berippung, die ja bei der Endmutation beider fehlen wĂŒrde. Ich werde diese glatte, eben- 
falls fossil gefundene Form als Melanopsis Locardi n. sp. im Anschluss an die nÀchste Gruppe beschrieben. 


F. Formenreihe der Melanopsis costata, Ohantrei und Locardi mit stufenförmigem Gewinde 
und knotigen Rippen. 


Melanopsis costata Or. sp. — Taf. X, Fig. 9—10. 


1804. Melania costata OLıvier. Voyage dans l’Empire Othoman II, p. 294, Taf. 31, Fig. 3. Typus am mittl. Oront. 
1823. Melanopsis costata Ferussac. Mon. des esp. foss. et viv. du genre Mel. (Mem. Soc. d’hist. nat. Paris I, 
p. 155 (pars), Taf. 7, Fig. 14—15, fossile VarietĂ€t von Sestos). 


1839. _ —  Rosssassster. Iconographie, p. 41 (pars), Fig. 678 (non 679). 

1874, _ —  Bxror. Die Melaniaceen (Syst. Conch. Cab. von Marrıı und Cuenxızz), p. 426 (pars), 
(non! Taf. 46, Fig. 4—7). 

1877. — — Hörnes. Ein Beitrag zur Kenntniss fossiler Binnenfaunen. Sitzungsber. der Akad. Wiss. 
Math. nat. Cl. Wien. Jahrg. 1876, Bd. 47, 1, p. 20, Fig. 6—7. 

1883. — —  Locarp. Mal. des Lacs de Tiberiade, d’Antioche et d’Homs (Arch. du Mus. d’hist. nat. 
Lyon III), p. 229 und 267. 

1834. _ —  Teıstram. Fauna and Flora of Palestine, p. 199. 

1885. —  Bourevıenar. Histoire des Melaniens (Ann. de Mal. II, p. 139). 

1894, — —  Dauwtzengere. Liste des Moll. terr. et fluv. rec. par Barroıs, Reyue biolog. du Nord de 
la France, Lille VI, 1895—1394. 

non! —_ —  Rors 1893. Moll. sp. p. 25, Taf. 2, Fig. 12—13. 


RossmAssster, 1. c. Fig. 679. 

Neumayr 1869. Slavonische Congerienschichten. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst. Wien 
XIX, Taf. 13, Fig. 2—3 (mit deutlichem oberem Kiel). 

— — —  Fucas 1570. Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst. XX, p. 353 (von Radmanest). 

— —_ —  DBarusına 1874. Foss. Binnenmollusken aus Dalmatien, p. 40, Taf. 7, Fig. 9—10. 

—_ _ —  Bror 1874 ]l. c. Taf. 46, Fig. 4-7 (= M. hiera und Jordanica). 

_ —_ — Neumayr und Paun 1875. Cong. und Paludinenschichten Slavoniens (Abh. der geol. Reichs- 

Anstalt Wien VII, 5), Taf. VII, Fig. 11—12. 

_ _ — v. Martens 1877. Vorderas. Conch. Novit. conch. Suppl. X, p. 32. Taf. 5, Fig. 38—40. 

Fuc#s 1877. JĂŒng. TertiĂ€rb. Griechenlands. Denkschr. der k. Akad. Wiss. Wien, 37. Bd. 
Taf. 2, Fig. 1—12. 

Koserr 1880. Iconographie, Fig. 1899—1906. 

— — — WoopwArp-FiscHher 1887. Manuel de Conchyliologie, p. 703, Taf. 8, Fig. 30, 


128 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


GehĂ€use oblong, gethĂŒrmt, bis 32 mm hoch. Gewinde ausgezogen. UmgĂ€nge 6—8, fast cylindrisch, 
treppenförmig abgesetzt. Der letzte Umgang bleibt an der MĂŒndung immer niedriger als die HĂ€lfte der 
GehÀusehöhe, das VerhÀltniss seiner Höhe zu der Gesammthöhe schwankt zwischen den Extremen 3:7 und 1:2. 

9—12 krĂ€ftige Querrippen beginnen an ihrem oberen Ende unter der oberen Naht plötzlich in ihrer 
grössten Breite und Höhe mit einer knotigen Anschwellung und verdĂŒnnen sich dann mehr oder weniger 
umgekehrt keulenförmig nach unten bis zur unteren Naht. Der letzte Umgang zeigt hier in der Mitte der 
Seite eine schwache spirale EinschnĂŒrung, an der die Rippen am schmalsten und niedrigsten sind. Darunter 
setzen die Rippen etwas undeutlicher als im obersten Drittel des Umgangs bis zur Columella oder nur bis 
zum Basisrand des GehÀuses fort. 

Mundöffnung eiförmig, am oberen Ende mit breiter, tiefer Rinne. Columella gedreht. Innenlippe 
oben mit knotenförmigem Callus. Aussenlippe in der Mitte der Aussenseite etwas eingesenkt. 

Geschichtliches: Diese oft eitirte, vielumstrittene Art, welche auf eine ungenĂŒgende Beschreibung 
und Abbildung bei OLıvier ]. c. von einer Schnecke aus dem Canal am mittleren Orontes bei Dschisr esch- 
Schurr? gegrĂŒndet ist, hat bei spĂ€teren Autoren die verschiedenartigste Deutung erfahren. Die Abbildung 
im Atlas Ouıvıer’s lĂ€sst 7 deutlich treppenförmig aufsteigende Windungen erkennen, deren obere etwa 10 
dicke, knotenfreie, gerade Querrippen tragen, die in ihrer ganzen LĂ€nge gleichbreit erscheinen. Nur am 
letzten Umgang, der in der Mitte der Seite eine fast unmerkliche EinschnĂŒrung erkennen lĂ€sst, gewinnt es 
nach der undeutlichen Abbildung den Anschein, als ob die etwas welligen Rippen am oberen Ende relativ 
dicker als in der mittleren Zone darunter seien. 

Wie schon Hörnzs hervorhob, stimmen bei Ffrussac, wenn man vom Text (Beschreibung der leben- 
den Art) absieht, die abgebildeten kleinen fossilen Exemplare von Sestos mit stark ausgezogener Spira 
und geringer Höhe des letzten Umgangs (fast nur '/s, genauer °/Jıı der GehÀusehöhe) nicht mehr vollkommen 
mit der Orıvıer’'schen Form, können aber immerhin derselben noch zugerechnet werden. 

Von den beiden Rossmazsster’schen Typen ist die bauchige VarietĂ€t mit geraden, ganz knotenlosen 
Rippen, Fig. 679, vom Jordan identisch mit Rorm’s Melanopsis costata var. Jordanica, der wir in Ueberein- 
stimmung mit Mousson, Locard, BOURGUIGNAT und Nöruing besser als bauchige AbÀnderung der M. hiera 
eigenen Artcharakter zusprechen. In jedem Fall ist sie von M. costata On. zu trennen. -Die schlankere 
Form Fig. 678 bei RossmAzssLer (vom Orontes ?) hingegen zeigt auf allen UmgÀngen die knotige Verdickung 
der Rippen unter der Naht und die EinschnĂŒrung unterhalb des Knotens noch ausgeprĂ€gter als Orıvıer’s Typus. 

Dieser Rossmazsster’schen M. costata stehen die von Hörxzs abgebildeten Exemplare des Wiener 
naturhistorischen Hofmuseums nahe, welche Kotschy „auf Schilf des Orontes“ sammelte. Herr Director 
Professor BRAUER in Wien hatte die GĂŒte, mir auf meine Bitte eins der Originale zum Vergleich zu ĂŒbersenden, 
sowie zwei andere auf der Etiquette von Korschy als „M. aleppensis“ bezeichnete Exemplare, welche ich 
auf Taf. X, Fig. 9 und 10 habe abbilden lassen. An diesen drei Exemplaren ist die obere Knotenreihe 
sehr stark entwickelt, unterhalb der deutlichen EinschnĂŒrung zeigt sich eine zweite, schwĂ€chere Knotenreihe 
resp. Anschwellung der Rippen, unter der am Rande der Basis die letzteren verschwinden. Bei einem aus- 
gewachsenen Individuum dieser Korscay’schen Exemplare ist die untere Knotenreihe gegen die MĂŒndung 
hin nicht mehr entwickelt und die Rippen werden schon unterhalb der EinschnĂŒrung des letzten Umgangs 
ganz undeutlich. 


Nicht bei Aleppo, wie Ferussac es verstanden hat. 


Melanopsis costata Or. sp. 129 


Locarp, der sich auf Cmantre’s Aufsammlungen stĂŒtzt, beschreibt M. costata von den Seen von 
Tiberias, Homs und Antiochia. Die typischen, vom See Tiberias, waren geziert mit Rippen, verÀnderlich an 
Zahl, die sich ĂŒber die ganze Höhe jedes Umgangs erstrecken und an der Naht nur eine leichte An- 
schwellung zeigen. Von einer zweiten tieferen Knotenreihe erwÀhnt Locarp nichts. Die ZwischenrÀume 
zwischen den Rippen sollen etwa ebenso breit als die Rippen sein. Vom See von Homs und Antiochia, also 
aus dem Flussgebiet des Örontes, lag Locarn nach p. 267 und 280 nicht mehr der Typus der Art vor, 
sondern nur eine kleinere VarietÀt mit weniger ausgebildeten Rippen, die zuweilen in der unteren Partie 
des letzten Umgangs verschwinden, und mehr oberflÀchlicher Naht. 

Bourgvignar' möchte letztere Formen lieber zu M. hiera Ler. ziehen. Die echte M. costata kennt 
auch er nur vom Jordanbecken, namentlich vom See von Tiberias?. Auf diese Weise gelangte er p. 140 
zu der Hypothese, dass „gegenwĂ€rtig in Folge klimatologischer VerĂ€nderung in der Temperatur des Landes 
die Art M. costata in den GewĂ€ssern des Orontes sehr selten geworden“ ist. „Der Typus ist beinahe ver- 
schwunden aus diesem Becken, wo er sich ersetzt findet durch VarietĂ€ten oder gar verschiedene Formen.“ 

Auch ich selbst habe im Jahre 1888 im Flussgebiet des Orontes keine lebenden (!)Âź Formen ge- 
sammelt, die den Abbildungen bei Orıvıer oder Frrussac vollkommen entsprÀchen. Freilich muss ich be- 
kennen, dass ich nur am unteren Orontes der lebenden (!) SĂŒsswasserfauna besondere Aufmerksamkeit zu- 
gewandt, bei Dschisr esch-Schurr am mittleren Orontes aber speciell die dortigen BewÀsserungs-CanÀle auf 
der linken Uferseite, aus denen das Original OLıvırr's (]. ec. p. 293) stammt, nicht abgesucht habe, theils 
weil mir damals das Reisewerk Orıvıer’s und die Bedeutung dieses Fundpunktes unbekannt war, theils weil 
meine Aufmerksamkeit vollkommen durch die dortigen interessanten, fossilreichen, pliocĂ€nen SĂŒsswasser- 
ablagerungen, die auch M. costata enthalten, in Anspruch genommen war. Erst ein nochmaliger Besuch 
und PrĂŒfung dieses Fundortes wird die Fragen zum Austrag bringen können, ob die echte M. costata s. str. 
noch am Orontes lebt und zweitens, ob mit dem Typus Orıvızr’s auch wirklich die M. costata Fhrussac's 
(ex parte) und Hörnes’ identisch ist. 

VorlÀufig kann ich mich nur der Auffassung des ausgezeichnetsten Melanopsidenkenners BoURGUIGNAT an- 
schliessen, der in M. costata RoSSMAESSLER Fig. 678 die echte M. costata erblickt, damit also als wesentliche Merk- 
male der Art eine knotige Anschwellung der Rippen und EinschnĂŒrung in der Mitte des letzten Umgangs ansieht. 
Ein allerdings weniger wichtiger Unterschied von der nahestehenden, im Orontesgebiet jetzt viel hÀufigeren M. 
hiera bleibt dann noch die geringe Höhe des letzten Umgangs, der nie die HÀlfte der GehÀusehöhe erreicht. 

Die fossilen Formen aus den Paludinen-Schichten Slavoniens, SiebenbĂŒrgens und Griechenlands, 
welche frĂŒher von Neumayr, Paun, Fuchs und Brusıya als M. costata angefĂŒhrt worden sind, können, wie 
Schon SANDBERGER“, Hörnes°, Brusina°, PENEckÂźR’, BÖTTGER* und zuletzt Oppen#ermÂź hervorgehoben haben, 


ı Histoire des Melaniens, p. 121. 

° Aus dem Bahr el-FĂŒle wird M. costata neuerdings durch Daurzenger@ ]. c. p. 14 angefĂŒhrt, der sie in sehr schönen 
variablen Exemplaren durch Barroıs erhielt. 
Fossil liegen mir allerdings solche Exemplare vor. Vergl. weiter unten. 
* Land- und SĂŒsswasser-Conchylien der Vorwelt 1875, p. 689. 
Sitzungsbericht Ak. Wiss, Wien. 74. 1876, p. 20. 
Die Fauna der Cong. von Agram in Kroatien (Beitr. zur Pal. von Oest -Ungarn III, 1884, p. 168), 
Beitr. zur Kenntn. der Fauna der Slav. Palud. (Ibidem IV, 1884, p. 21). 
Neu. Jahrb. fĂŒr Min. 1884, p. 46. 

° Zeitschr. der deutsch. geol. Ges. 1890, p. 591. 

Palaeontographica. Bd. XLIV. 17 


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03 


130 M. Blanckenkorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


nicht damit identificirt werden. Die slavonische, seit 1884! M. Croatica Brus. genannt, welche ihr ĂŒbrigens 
recht nahe steht, unterscheidet sich durch zahlreiche und weniger breite Rippen, die stets bis zur Columella 
reichen; die griechischen von Megara durch Anlage zu zwei förmlichen Spiralkielen in der Mitte und dem 
unteren Drittel des letzten Umgangs, eine EigenthĂŒmlichkeit, welche sie der slavonischen M. elavigera NEum. 
nÀhert, die aber in dem noch jetzt in Syrien lebenden Theil der nÀheren Verwandtschaft von M. costata OL. 
kaum mehr beobachtet wird. 


VarietÀten und deren Vorkommen in Syrien: 


1) Grundform oder Typus, nach Orivıer und RossmAeEssLer (ex parte). Die Mundöffnung 
kommt der Höhe der Spira gleich. Die Rippen verlaufen ĂŒber den ganzen letzten Umgang bis zur Spindel 
wie bei M. Croatica, sind aber breiter und weniger zahlreich. Nur eine obere Knotenreihe vorhanden. 

Vorkommen: Fossil im Diluvial-Conglomerat von AntÀkije am unteren Orontes (2 Exempl.); nach 
Trıstram auch halbfossil in den diluvialen LisÀnschichten rings um das Todte Meer. 

Lebend nach OrıvıEr in den BewÀsserungs-CanÀlen am mittleren Orontes, auf dessen linkem Ufer 
in Dschisr esch-Schurr, nach Trıstram, LocAarp und DAUTZENBERG in den Seenn von HĂŒleh und Tiberias 
und im oberen Jordan. 

3) var. Hörnesi m. Taf. X, Fig. 9—10, vergl. Hörses ]l. c. Fig. 6—7. Höhe der letzten Windung 
ungefÀhr °/, der GehÀusehöhe. Die Rippen beschrÀnken sich auf dem letzten Umgang auf dessen obere 
zwei Drittel, verschwinden aber an der Basis. In der verlÀngerten Nahtlinie bei '/, Höhe des letzten Um- 
gangs sind die Rippen schwach. Ueber dieser Zone im obersten Drittel sind sie am stÀrksten und schwellen 
bis zur oberen Naht an, wo sie mit knotiger Verdickung plötzlich endigen. Eine untere Knotenreihe ist 
meist im zweiten Drittel schwach entwickelt. 


Vorkommen: Fossil im Diluvial-Conglomerat bei AntÀkfrje. 

Lebend am unteren Orontes von KorscHy und mir (1) gesammelt, desgleichen im Kara Su, einem nörd- 
lichen Zufluss des Sees von Antiochia (2) und im SadjĂŒr Su bei Aleppo. 

Diese VarietĂ€t Hörnesi m. leitet direct ĂŒber zu der folgenden Locarv’schen Art. Es liegen mir 
hier zahlreiche UebergĂ€nge vor, ja ich möchte fast behaupten, dass im ÖOrontesgebiet die UebergĂ€nge von 
M. costata var. Hörnesi zu M. Ohantrei ebenso hÀufig sind als M. costata in ihren beiden Mutationen selbst. 
In dieser Zwischenform, Taf. X, Fig. 11, werden die Rippen auch im mittleren Drittel des letzten Umgangs 
undeutlich, sind aber immerhin noch schwach angedeutet. 


Melanopsis Chantrei Loc. — Taf. X, Fig. 11—14. 


1822. Melanopsis costata (non OLıvier) Lamarcr. Hist. nat. des Anim. sans vert. VI, 2, p. 168. 
1827 —_ —  DBru6tiire, Lamancr et Desmayes. Encyclopedie method. Vers, Coquilles, Mollusques et 
Polypiers, tome III, Taf. 458, Fig. 7. 
1833. = —  Dessayes. An. s. vert. 2. edition VIII, p. 489 (non M. costata DrsH. Cog. foss. environs 
de Paris 1824, tome II, p. 122, Taf. 19, Fig. 15—16). 
? — bullio PArREySS ms. 
? — subcostata PARREySS ms; non! D’OrRBIGNy. Prodröme de pal. strat. 1847, p. 301. 


! Der spĂ€tere Orrexuerm’sche Name M. pseudocostata Opr. 1890, Zeitschr. der deutsch. geol. Ges., 42. Bd., p. 591, 
ist daher zu streichen. 


Melanopsis Chantrei Loc. en 


" 1874. Melanopsis costata var. bullio Brot, Taf. 46, Fig. 7. 


1880. — —  Koperr. Iconographie XII. p. 17, Fig. 1802—1903. 

1881. = — var. bullio Koserr. Kat. europ. Binnenconchylien, p. 150. 

1883. _ Chantrei LocArp, p. 268, Taf. 23, Fig. 44—47. 

1584. —_ —_ BovurevienAar. Histoire des Melaniens, p. 122. 

1884. = subeostata BOURGUIGNAT, p. 137. 

1889, = Chantrei BLANCKENHORN, p. 79. 

1894. — bullio Dau1zeneere. Liste des Moll. terr. et fluv. rec. par Barroıs. Lille, p. 16. 


Beschreibung: Oblong thurmförmig, 20 mm hoch, 8 mm breit (Bourgvıenar gibt fĂŒr seine M. 
subeostata 25—30 mm Höhe und 10 mm Durchmesser an). Spira etwas abgestumpft, zuweilen an der Spitze 
eorrodirt. 6—7 UmgĂ€nge, flach, stufenförmig ansteigend, getrennt durch eine tiefe Naht. Letzter Umgang 
ungefÀhr ebenso hoch oder wenig grösser als die HÀlfte der GehÀusehöhe, 


9—11 breite, hohe Rippen von unregelmĂ€ssig eckiger Gestalt auf sĂ€mmtlichen UmgĂ€ngen, auf dem 
letzten nur in dessen oberem Theil. Die grösste Breite der Rippen befindet sich oben wenig unter der Naht 
im Beginn des Steilabfalls des Umgangs. Sehr oft bilden sich hier am oberen Ende der Rippen förmliche 
in Spiralrichtung gestreckte Knötchen aus, die seltener miteinander zu einem wellig auf und nieder gehen- 
den Spiralkiel sich verbinden. Von diesen ganz oben gelegenen kĂŒrzeren Knötchen schnĂŒrt sich durch eine 
unmerkliche Einsattelung der Rippen ein tieferer, lÀngerer Theil der letzteren ab, den man als zweite Reihe 
von Knoten, die aber in senkrechter (Radial-) Richtung gestreckt sind, auffassen kann. Die auf diese Weise 
oft zweiknotigen Rippen entsprechen im ganzen nur dem oberen, knotenförmig angeschwollenen Theil der 
Rippen bei M. costata. Der untere, bauchig angeschwollene Theil des letzten Umgangs ist glatt. 


Stellenweise werden die Rippen so breit, dass sie auf ihrer ganzen LĂ€nge quer mit einander ver- 
schmelzen zu einem breiten Spiralwulst. Diese stets nur auf kleinere Partieen des GehÀuses beschrÀnkte 
Verschmelzung wurde aber nur innerhalb der beiden letzten Windungen wahrgenommen. 

Der obere grobberippte Theil der UmgÀnge ist in der Regel braun gefÀrbt, darunter folgt in der 
Nahtgegend ein helles Band und im unteren Theil des letzten Umgangs noch 2 braune BĂ€nder. Das letzte 
reicht bis zu dem Wulst, der die Columella umzieht. 

MĂŒndung eiförmig, oben mit Rinne. Knotenförmige Verdickung des Callus meist schwach und 
schmal, nur bei sehr grobgerippten Formen zuweilen stÀrker. 


Verwandtschaft: Was zunÀchst die richtige Benennung der beschriebenen Art betrifft, so hat 
schon BouURGUIGNAT 1884, p. 123 den Àlteren Manuskriptnamen M. bullio Parr. als entgegen allen Regeln 
der Nomenclatur gebildet zurĂŒckgewiesen. BOURGUIGNAT fĂŒhrt ausser der Locarn’schen Art noch M. sub- 
costata Parr. als hÀufige Form des Orontesgebiets auf. Da abgesehen von der betrÀchtlicheren Grösse 
(30 mm) von BourGuIGnAT kein sie von M. Ohantrei unterscheidendes Merkmal angefĂŒhrt wird, die hervor- 
gehobenen Eigenschaften sonst aber auch auf letztgenannte passen, so habe ich besonders in Anbetracht der 
gleichen Verbreitung beide Arten BoursuvignAr's vereinigt. Der Name subcostata hÀtte nun freilich als der 
Ă€ltere den Vorzug, ist aber abgesehen davon, dass er ursprĂŒnglich ebenfalls nur im Manuskript angewandt 
ist, aus dem Grunde zu vermeiden, weil bereits 1347 p’Orzıcny |. c. eine fossile Art des unteren EocĂ€ns 
des Pariser Beckens (= M. costata Desmayes 1524, Taf. 19, Fig. 15—16) so benannt hat. 

Die nahe Namensverwandtschaft der M. Chantrei mit M. costata Or. zeigt sich in dem Umstand, 
dass junge Individuen derselben mit erst 3—5 UmgĂ€ngen von M. costata schwer zu unterscheiden sind, 


132 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


indem hier fast immer die Rippen auf dem letzten Umgange noch tiefer hinablaufen bis zur Basis und an deren 
Rande im mittleren Drittel der Umgangshöhe sich in einem schwachen Knoten erheben. So bieten sie un- 
gefĂ€hr ein Bild wie M. costata bei FĂŒrussac, Monogr. Taf. 17, Fig. 15, nur dass im Gegensatz zu dieser 
wie zur typischen M. costata der letzte Umgang an Höhe die HĂ€lfte der GehĂ€usehöhe ĂŒbertrifft. Bei aus- 
gewachsenen Individuen von M. Chantrei habe ich dieses Herablaufen der Rippen bis zum Basisrand oder 
zur Columella fast nie beobachten können. Man könnte vielleicht die erwÀhnte Abweichung jener jungen 
Exemplare dadurch erklĂ€ren, dass man sie direct fĂŒr Brut von M. costata ausgibt. Doch steht diesem Aus- 
weg der Umstand entgegen, dass ich an jenem Fundort nie ausgewachsene Exemplare der typischen M. 
costata Or. und Rossm. gefunden habe, ebensowenig anders geartete junge Individuen von M. Chantrei, 
sondern ausser den beschriebenen nur zahlreiche ausgewachsene Individuen der letzten Art. 

Die Schlussfolgerung, dass M. Ohantrei von einer vollstÀndig gerippten Art (M. costata) abstammt 
und sich nur die Beschaffenheit der Vorfahren ontogenetisch, d. h. in der Entwicklung der Individuen bei 
M. Chantrei wiederholt, ist daher nicht zu umgehen. Es liegt also hier in der weiteren Stammesentwicklung 
ein RĂŒckschritt zur einfachen nicht komplieirten glatten Form vor, die allem Anschein nach ĂŒberall der Aus- 
gangspunkt fĂŒr alle komplieirter sculpturirten war, also eine Recurrenz auf die Urform oder ein Atavismus. 

VarietĂ€ten: Indem ich als Typus der M. Ohantrei die in der Iconographie Fig. 1902—1903, bei 
Bror Taf. 46, Fig. 7 und Locarp abgebildete Form ansehe, trenne ich als Spielart binodosa solche ab, wo 
sich bei den rippenförmigen dicken Knoten eine Anlage zur Theilung in zwei Knötchen zeigt, deren oberer 
in Spiralrichtung gestreckt ist (siehe Taf. X, Fig. 13—14). 

Vorkommen: M. Ohantrei ist die hĂ€ufigste gerippte Melanopsidenform im FlĂŒsschen Kara SĂŒ, dem 
nördlichen Zufluss des Sees von Antiochia, wie auch in diesem See (Ak Deniz) selbst. Auch im Örontes 
bei AntÀklje ist sie sehr verbreitet. 

Fossil fand ich sie ganz vereinzelt im OberpliocÀn von Dschisr esch-Schurr in der dortigen Dreis- 
sensiaschicht, hÀufig im Diluvial-Conglomerat von AntÀktije und Homs. 

Neben typischen Exemplaren dieser Art fand ich fossil bei Homs und lebend im Kara Su Formen, 
bei denen die Rippen auf dem letzten Umgang noch weiter verschwinden und blos noch leichte unmerkliche 
Knötchen an der oberen stumpfen Kante des treppenförmig abgesetzten Umgangs unter der Naht erkennbar 
sind oder auch diese ganz fehlen, wÀhrend die Windungen der Spira noch mehr oder weniger dick gerippt 
erscheinen, Deutlich lÀsst sich an diesen Exemplaren verfolgen, dass die Tendenz zum Glattwerden der 
UmgĂ€nge von der MĂŒndung ausgeht und sich erst allmĂ€hlich bei den Ă€lteren Windungen geltend macht. 

Ein charakteristisches Exemplar von Homs zeigt nur die oberen Windungen noch mit dicken Rippen 
geziert, bereits auf dem vorletzten verschmelzen diese zu einem breiten Wulst, der sich mehr und mehr 
verflacht. Der letzte Umgang ist auf der Seite flach und glatt, in der Mitte unmerklich eingesenkt, und 
oben unter der Naht mit einer stumpfen, wulstigen Kante an Stelle des Wulstes des vorletzten Umganges 
versehen. Dieses Exemplar leitet direct ĂŒber zu folgender Mutation, der Endform dieser Reihe: 


Melanopsis Locardi n. sp. — Taf. X, Fig. 15. 


1874. Melanopsis Sauleyi var. ß Bror ]. c. p. 429, Taf. 46, Fig. 12. 
1883, — Chantrei var. laevigata LocArD, p. 269, Taf. 23, Fig. 43—49. 


Eiförmig oblong. 6 UmgÀnge, seitlich abgeflacht, stufenförmig aufsteigend mit einer abgestumpften 
Kante unter der Naht, glatt; nur Anwachsstreifen sehr deutlich ausgeprĂ€gt. MĂŒndung eiförmig. Callus der 


Melanopsis minor Brasck. 133 


Innenlippe schmal, am obern Ende kaum knotenförmig. Columella gebogen, von einem schwachen kamm- 
artigen Wulst begleitet. Obere UmgÀnge mit einem, der letzte mit drei dunklen BÀndern geziert genau 
entsprechend denen von M. COhantrei. 


Verwandtschaft: Locarnp hat diese glatte Form als VarietÀt noch zu M. Chantrei gezogen und 
damit ihre Stammesverwandtschaft richtig erkannt. Es ist aber wohl kaum mit den GrundsÀtzen, die heut- 
zutage bei den Artumgrenzungen obwalten, in Einklang zu bringen, dass man eine grob gerippte und eine 
ganz glatte Form unter einem Namen vereinigt. 


Vorkommen: Lebend im See von Antiochia. Halbfossil bei Selemije (1 Ex.). 


-G. Formengruppe der Melanopsis minor Buanck., prophetarum Bourc., crassitesta n. Sp., 
transiens n. Sp., ovum Bourc. und Jordanica Rorm mit bauchigem, meist ziemlich dick- 
schaligem GehÀuse und regelmÀssigem Wachsthum der UmgÀnge. 


Melanopsis minor Branck. — Taf. X, Fig. 16—17. 
1883. Melanopsis prophetarum Locarv, p. 265, Taf. 23, Fig. 52—55 (non BourGvienan). 
1884, — — var. minor BourevısnAr. Histoire des Melaniens, p. 99. 
1891. — minor BLANCKENHORN. Das marine PliocĂ€n in Syrien, p. 29, Taf. 2, Fig. 4. 
21894. —— brevis DaunzenBerG, Liste des Moll. terr. et fluv. rec. par Barroıs en Palestine et Syrie. Revue 


biolog. du nord de la France VI, 9, p. 341 (non! Sowersy nec Mouss.). 


Klein, spindelförmig, bauchig. Grösster Durchmesser in der Mitte der GehÀusehöhe. Schale un- 
durchsichtig. Spira kurz, regelmĂ€ssig spitz kegelförmig, meist nicht corrodirt. Winkel an der Spitze 55—70°. 

UmgĂ€nge 4'—6, ganz eben oder nur schwach gewölbt. Naht fast unmerkbar oder nur wenig 
vertieft. Letzter Umgang sehr gross, bauchig, °/;—*/ı der GehĂ€usehöhe erreichend, oben flach, in der Mitte 
und unten regelmĂ€ssig gewölbt. Sieht man bei ausgewachsenen Individuen gegen die MĂŒndung, so erscheint 
links wie bei einer Spindel die grösste Aufwölbung der Schale in der Mitte der LÀngsausdehnung. Dieser 
Umstand ist charakteristisch. 

MĂŒndung oval, oben mit tiefem Canal. Spindel am Schnabelende gegen aussen gekrĂŒmmt, abge- 
stumpft. Der untere Rand der MĂŒndung reicht noch unter das Spindelende hinab, dann geht er in leichtem 
Bogen in den Aussenrand ĂŒber. CallositĂ€t krĂ€ftig, oben verdickt. 

Höhe 7—12 (bei Locarn 16) mm, Breite 4—6'/: (bei Loc. 8) mm, MĂŒndung 5—8!/» (bei Loc. 10) 
mm hoch. 

Verwandtschaft: Diese Form könnte allenfalls fĂŒr eine bauchige, zwerghafte VarietĂ€t der M. 
laevigata Lam. oder buccönoidea OL. oder fĂŒr einen Jugendzustand von der ebenfalls bauchigen M. prophe- 
tarum Bourg. gehalten werden. Dem gegenĂŒber sei hervorgehoben, dass wenigstens sĂ€mmtliche von ver- 
schiedenen Punkten mir vorliegenden Exemplare theilweise schon bei 10 mm Höhe dieselbe Anzahl (6) 
Windungen erkennen lassen, wie sie M. prophetarum nach BouRGuIenAT erst in ausgewachsenem Zustande 
(20—22 mm Höhe) besitzen soll. Da letztere Art bis jetzt aus Nordsyrien nicht bekannt geworden ist, 
könnte die vorliegende Form immerhin als lokaler, fossiler wie lebender Vertreter derselben im Örontesgebiet 
aufgefasst werden. 


134 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Von den nahestehenden Zwergformen M. Saharica Bours. und sphaeroiden Bourg. aus der Gruppe 
der Praemorsiana Bourc., die beide lebend im Orontesgebiet aufgefĂŒhrt werden, unterscheidet sich M. minor 
durch grössere Zahl der Windungen, stÀrkeres Hervortreten der selten corrodirten Spira, regelmÀssigere 
conische Zuspitzung der oberen HÀlfte des GehÀuses und grössere Flachheit im oberen Theil der letzten 
Windung; von M. minutula Bourg. andererseits durch bauchigeres GehÀuse, relativ geringere Zahl der 
Windungen (bei M. minutula 8—9), kĂŒrzere Spira und grössere Höhe des letzten Umgangs. 


VarietÀten und Vorkommen: Unter den mir vorliegenden Exemplaren von verschiedenen Fund- 
orten lassen sich zwei VarietÀten unterscheiden: 


A. UmgÀnge ganz flach. Spira genau kegelförmig. Naht kaum merkbar. 

1, hĂ€ufig im marinen MittelpliocĂ€n (dritte Mediterranstufe) am unteren Orontes, 7 km sĂŒdwestlich 
AntĂ€kije, zusammen mit echt marinen KĂŒstenconchylien (8 Ex.). Farbe nicht erhalten. Vergl. Taf. X, Fig. 16. 

3, vereinzelt im diluvialen SĂŒsswasserkaik von Bet el-MĂ€ neben Melanopsis laevigata (1 Ex.). FĂ€r- 
bung ebenso wie bei M. laevigata gelbbraun in 2 Tönen: Gewinde und oberes Drittel des letzten Umgangs 
dunkelbraun, der ĂŒbrige Theil des letzten Umgangs heller, gelblich gefĂ€rbt. Feine, unregelmĂ€ssige, dunkle 
Anwachslinien. 


B. UmgÀnge flach gewölbt. Naht deutlicher, ein wenig vertieft: 

1, fossil im pliocÀnen Dreissensia-Muschelkalk und Conglomerat bei Dschisr esch-Schurr (5 Ex). 
Gelbbraune Farbe der Schale nur auf der Spira und im oberen Theil der letzten Windung als breites Band 
erkennbar. 

2, fossil im quartĂ€ren Schlamm des RĂ€b bei el-“Amkije. Dunkelbraune, gleichmĂ€ssig vertheilte 
Epidermis noch in Spuren vorhanden. Darunter zeigt die Spira, das obere und untere Drittel der letzten 
Windung, einen gelbbraunen Ton mit zahlreichen, in regelmÀssiger Entfernung folgenden Anwachsstreifen. 
In der Mitte des letzten Umgangs breites, helles Spiralband, das an der MĂŒndung direct unter der Naht 
hervortritt (2). Taf. X, Fig. 17. 

3, lebend nach Locarp im See von Antiochia. Farbe grĂŒnlichbraun mit 2 breiten, dunklen Spiral- 
streifen, die durch regelmÀssige, dunklere Anwachsstreifen wie bei B2 modifieirt werden. 


Anmerkung: Die bei der VarietÀt B durch die FÀrbung auffallenden, ganz regelmÀssigen Anwachs- 
streifen scheinen mir insofern beachtenswerth, als man sie vielleicht mit dem spÀteren Auftreten von Quer- 
rippen genetisch in Verbindung bringen kann. 

DAUTZENBERG |]. c. gibt noch als Fundorte seiner M. brevis Parr., die er als identisch mit M. pro- 
phetarum Loc. hinstellt, an: “Ain el-Min, Nahr el-Lebueh und Sultansquelle bei Jericho. Der PArrzyss’sche 
Name M. brevis ist besser ganz einzuziehen, da er einerseits schon fĂŒr eine tertiĂ€re Art durch SOwERBY 
vergeben ist, andererseits auch zu Verwechslung mit der neukaledonischen M. brevis MoRELET Anlass gibt. 


Melanopsis cerassitesta n. sp. — Taf. X, Fig. 18. 


Schale krÀftig. Eiförmig, bauchig. Höhe 19 mm. Spira kurz, stumpf, Spitze meist corrodirt. 
5 flach gewölbte UmgÀnge, getrennt durch eine vertiefte Naht, unter der die UmgÀnge eine stumpfe, ab- 
gerundete Kante bilden, von der sie schrÀg zur Naht abfallen. UmgÀnge oberflÀchlich rauh, mit groben, 


Melanopsis Jordanica Rorn. 135 


unregelmĂ€ssigen Anwachsstreifen versehen. Zuweilen zeigt sich gegen die MĂŒndung zu Ansatz zu groben 
Rippen, die zuerst an der oberen Kante erscheinen. 

Letzter Umgang gross, bauchig, an der MĂŒndung 11 mm breit, 12 mm hoch, also fast °/s der 
GehÀusehöhe erreichend, oben durch den plötzlich dick anschwellenden Callus der Innenlippe fast geschlossen, 
unten mit tiefer Canalrinne. 

Verwandtschaft: Nahe steht diese Form der M. prophetarum Boure. (non Locarp) (= M. prae- 
rosa ROSSMAESSLER, Iconographie, Fig. 676, 1879—1880 und 1894 = M. prophetarum Nöruina 1. c. Taf. 23: 
Fig. 2). Sie unterscheidet sich wesentlich durch die diekere Schale, die vertiefte Naht beziehungsweise die 
obere stumpfe Kante der Windungen. Nicht unwahrscheinlich ist ĂŒbrigens, dass M. crassitesta sich aus 
einer rein kegelförmigen, glatten Mutation wie M. prophetarum oder M. minor entwickelt hat. M. minor, 
die bei Dschisr esch-Schurr mit ihr zusammen vorkommt, bleibt, abgesehen von denselben Unterschieden, 
bei der gleichen Anzahl UmgÀnge viel kleiner und ist oberflÀchlich ganz glatt ohne alle Rauhigkeiten. 

Ich halte die beschriebene Art und nicht M. prophetarum fĂŒr die unmittelbare Stammform der 
gerippten, bauchigen M. ovum und Jordanica, theils weil hier die OberflÀche der UmgÀnge rauh und zu 
Unebenheiten geneigt ist, theils wegen des Vorhandenseins einer oberen stumpfen Nahtkante, also schwacher 
Abstufung der UmgÀnge, was in vielen FÀllen dem Auftreten von Rippen vorausgeht, beziehungsweise das- 
selbe begĂŒnstigt. 

Vorkommen: Nur fossil in der pliocÀnen Dreissensiaschicht von Dschisr esch-Schurr (7 Ex.). 


Melanopsis transiens n. sp. — Taf. X, Fig. 19. 

Diese Form stellt nur ein Uebergangsstadium der vorigen Art, mit der sie die wesentlichsten Eigen- 
schaften theilt, zu den folgenden, nur in PalÀstina vorkommenden Mutationen M. ovum Boure. und Jor- 
danica Ror# dar. Die letzten 1'/, UmgÀnge sind mit Querrippen verziert, die auf dem letzten Umgange 
aber nur von der oberen “Naht bis zur Mitte des Umgangs deutlich sind. 

Vorkommen: In der Dreissensiaschicht von Dschisr esch-Schurr (2 Ex.). 


Melanopsis Jordanica Roru. — Taf. X, Fig. 20—21. 
1839. Melanopsis costata var. Jordanica Ror#. Moll. spec. p. 25, Taf. 2, Fig. 12—13, 
1839. —_ — Rossmarsster, lIconogr. II, p. 41 (ex parte), Fig. 679 (non Otivıer). 
1853. — — var. Boursvienar. Cat. Mol. orient., p. 67. 
1861. —_ Jordanica Moussox. Cogq. Rora, p. 59. 
1865. _ _ Trısrrau. Moll. Palest. in: Proceed. zool. Soc. London, p. 542. 
1379. —_ costata Kogert. Iconogr. VII, p. 17, Taf. 188, Fig. 1905. 
1883. _ Jordanica Locarv. Malac. lacs Tiber., p. 236. 
1884. — —_ Trıstrau. Fauna and Flora of Pal. p. 199. 
1886. —_ — Nöruıns, p. 816, Taf. 23, Fig. 7. 


Im Gegensatz zu voriger Form laufen hier ebenso wie bei der verwandten M. ovum Bourg. 11—15 
dicke, knotenlose Rippen ĂŒber die ganze OberflĂ€che aller Windungen. 

M. Jordamica ist hÀufig genug mit M. costata vereinigt oder verwechselt worden, obwohl sie mit 
dieser eigentlich wenig gemein hat. Es ist nicht nur die Àussere Form, nÀmlich die viel bauchigere, eiförmige 


136 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Gestalt, die Beschaffenheit der einfachen, knotenlosen Rippen, welche sie beim ersten Blick von jener trennt. 
Trıstram hat darauf aufmerksam gemacht, dass auch in der Lebensweise ein grosser Unterschied besteht. 
M. costata wurde von ihm immer ansitzend gefunden an Stengeln und der untern BlattflÀche von Wasser- 
pflanzen, M. Jordanica hingegen an Felsen und Geröllsteinen. Damit hÀngt es offenbar auch zusammen, 
dass letztere ebenso wie ihre nÀchsten Verwandten, die andern Mutationen der in Rede stehenden Formen- 
reihe, ein relativ widerstandsfÀhigeres, dickschaligeres GehÀuse besitzt als M. costata und deren schlanke, 
zierlicher gebaute Verwandte. WĂŒrde M. Jordanica und ovwum schon im PliocĂ€n von Dschisr esch-Schurr 
vorkommen, so hĂ€tten wir sie sicher nicht in der Facies der ThonbĂ€nke mit den schlanken, dĂŒnnschaligen 
Melanopsiden, den Voreltern der heutigen M. costata, sondern in Gesellschaft der M. crassitesta und minor 
und anderer dickschaliger Schnecken in dem Conglomerat und dem Dreissensiakalk zu suchen. M. costata 
und Jordanica scheinen sich in der That in gewisser Weise gegenseitig auszuschliessen. So hat auch 
TRISTRAM erstere lebend nur im oberen Jordangebiet bis zum See Tiberias, letztere nur im See von Tiberias 
und unteren Jordan beobachtet. 

Von M. ovum, die ebenfalls im Tiberiassee vorkommt, unterscheidet sich M. Jordanica durch ihre 
eiförmige bis kegelförmige Gestalt und die deutlich treppenförmig abgesetzten Windungen, wÀhrend M. ovum 
die gedrungene kugelige Ausbildungsweise ohne Stufen im Gewinde reprÀsentirt, auch kleiner bleibt. Beide 
können als die wohlgerippten Endformen unserer Reihe G gelten. 

Vorkommen: Fossil im altalluvialen Flussschotter des JarmĂŒk zusammen mit M. ovum. 

Lebend im See von Tiberias (ca. 125 Ex.), unteren Jordan und JarmĂŒk. 


H. Glatte oder berippte, dickschalige Melanopsiden mit ungleichem Wachsthum der 
UmgÀnge und wechselndem GehÀusewinkel, an der Spitze abgestumpft. Melanopsis cylin- 
drata n. sp., oblonga n». sp. und hemimorpha n. sp. 


Melanopsis eylindrata n. sp. — Taf. X, Fig. 22—24. 

Sehr dickschalig, lÀnglich walzenförmig. Spira deutlich abgestumpft, ausserdem ausnahmslos an 
allen Exemplaren mehr oder weniger corrodirt. UmgÀnge 5, schnell zunehmend, von ungleichem Wachsthum. 
Die ersten bauchig aufgetrieben, daher Jugendexemplare bauchig eiförmig. Die letzten UmgÀnge abgeflacht. 
Naht vertieft, unten fadenförmig gerandet. Letzter Umgang oben flach, fast cylindrisch, unten allmÀhlich 
zur Spindel abfallend. MĂŒndung oval, am obern Ende gerundet ohne Canal infolge der starken Entwicklung 
des Callus, höher als die Spira, °/s der GehÀusehöhe einnehmend. Callus sehr krÀftig, besonders unten, wo 
er die ganze Spindel bedeckt und oben, wo seine knotenförmige Anschwellung die MĂŒndung abschliesst und 
zwischen sich und dem Aussenrand derselben keinen Canal lÀsst. 

Höhe des GehĂ€uses 18—20 mm. 
Dicke „ S 8—10 „ 
Höhe der MĂŒndung 10—13 „ 

Verwandtschaft: Diese walzenförmige Melanopsidenform, deren HaupteigenthĂŒmlichkeit die un- 
gewöhnliche Dickschaligkeit, das ungleiche Wachsthum der UmgÀnge und die dadurch hervorgerufene Ab- 
stumpfung, die starke Corrosion und schliesslich der krÀftige Callus bilden, nimmt, wie es scheint, eine 


Melanopsis oblonga n. sp. 137 


ziemlich isolirte Stellung ein. Relativ am nÀchsten steht sie vielleicht noch der M. laevigata Lam. speciell 
der corrodirten Form, welche Kogeurt 1880 in RossmazssLer’s Iconographie, VII. Bd., Taf. 188, Fig. 1897 
als M. praerosa abbildet (aus dem Dianenbad bei Smyrına), die aber BourGviGnAT zur M. laevigata zieht. 
Die grössere Höhe der Spira, die wenigen schneller zunehmenden Windungen, die schiefer aufsteigende Naht, 
die Dicke der Schale und speciell des Callus, das Fehlen des oberen Canals in der MĂŒndung unterscheiden 
sie aber hinlÀnglich auch von dieser noch am meisten Àhnlichen Form unter den glatten Melanopsiden. 


Vorkommen: Gemein (25 Ex.) im pliocÀnen Conglomerat im RÀb zwischen Dschisr esch-Schurr und 
Kal‘at el-Mdik. Selten (1 Ex.) in der pliocĂ€nen Dreissensiaschicht von Dschisr esch-Schurr auf dem rechten 
Orontesufer. 

An diese ungewöhnliche Form möchte ich noch anschliessen die Formenreihe der M. oblonga n. sp. 
und hemimorpha n. sp., zweier fossiler Melanopsiden, die mit ihr zusammen vorkommen. 


Melanopsis oblonga n. sp. — Taf. X, Fig. 25. 

Oblong eiförmig, dickschalig. Gewinde kurz, stumpf, an der Spitze stets corrodirt. 4 UmgÀnge 
treppenförmig abgestuft, an der Seite flach, senkrecht abfallend. Oben unter der oberen Naht eine stumpfe 
Kante, oberhalb welcher die Windung zur Naht abfÀllt, die so in stumpfem Winkel eingesenkt erscheint. 
OberflÀche mit groben Anwachsstreifen. Letzter Umgang fast cylindrisch, in der Mitte der Seite, in der 
Fortsetzung der letzten Naht schwach eingeschnĂŒrt, unten langsam zur Columella abfallend. MĂŒndung °/ 
der GehÀusehöhe einnehmend. Callus knotenförmig, sehr entwickelt. Höhe des grössten Exemplars 17 mm, 
Breite an der MĂŒndung 9 mm. 


Verwandtschaft: Dieser fossilen Form steht unter den lebenden syrischen Melanopsiden wohl am 
nĂ€chsten M. callichroa Bourg.!, welche nach diesem Autor in der Höhle des Nahr el-Kelb bei BeirĂŒt wohnt 
und sich ebenfalls von M. laevigata und variabilis durch ihre oblonge, oben abgestutzte Gestalt mit kurzer 
Spira und hoher MĂŒndung (°/s der GehĂ€usehöhe) auszeichnet. Indessen sind hier die UmgĂ€nge wieder viel 
gewölbter und die Schale wird als dĂŒnn und durchscheinend bezeichnet. x 

In Bezug gerade auf diese Eigenschaften, Beschaffenheit der UmgÀnge und Dicke der Schale, möchte 
ich andererseits M. oblonga vergleichen mit der spanischen M. Guwiraoi Boure.” aus den sĂŒssen GewĂ€ssern 
der Provinz Murcia. Die wesentlichen Unterschiede, welche ich hier bemerke, sind die grössere Breite des 
GehÀuses und die relativ geringere Höhe des letzten Umgangs im Vergleich zur GehÀusehöhe bei der syri- 
schen Form. Bei der schlanken M. Gwraoi ist die Spira noch etwas kĂŒrzer, der letzte Umgang noch mehr 
ausgezogen. Weniger wichtig ist die geringere Gesammtgrösse der mir vorliegenden syrischen Exemplare, 
die aber auch weniger UmgĂ€nge zĂ€hlen als die spanischen. Letztere haben bei 26—31 mm GehĂ€usehöhe 
5—6 UmgĂ€nge. M. Guiraoi gehört zu der Gruppe Scalariana Boursuıgnar’s, deren Vertreter man bisher 
nur aus Spanien, Marokko und Algerien kennt. 

Vorkommen: In der Dreissensiaschicht von Dschisr esch-Schurr (3 Ex.). 


! BoURGUIGNAT, Histoire des Melaniens 1884, p. 91. 
? Boursticnar, 1884 ]. c. p. 108 (= Melanopsis obesa GuıRAo ms. in Bror 1862, Mater., II, p. 57, Taf. 1, Fie. 14 
bis 15 und 1874 die Melaniaceen, p. 438, Taf. 47, Fig. 16—17, non M. praemorsa var. obesa Gassıes, Cog. Mayran 1856, p. 12, 
Fig. 11—12). 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 3 18 


138 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Melanopsis hemimorpha n. sp. — Taf. X, Fig. 26. 
Hier trĂ€gt der obere Theil der abgestuften Windungen oberhalb der EinschnĂŒrung an der Sutural- 
linie 10 kurze, dicke, gerundete Rippen, die ebenso breit sind als ihre ZwischenrÀume. Der untere Theil 
des letzten Umgangs ist glatt. Im ĂŒbrigen ist kein Unterschied vorhanden. Durch UebergĂ€nge ist sie mit 


der vorigen Art verbunden. 
Vorkommen: PliocÀn von Dschisr esch-Schurr, Dreissensiaschicht (4 Ex.). 


Limnaeus palustris MĂŒrr. var. Antilibanensis mihi. — Taf. X, Fig. 27. 


GehÀuse verlÀngert. OberflÀche mit Anwachsstreifen. Gewinde lang ausgezogen, thurm-kegelförmig. 
UmgĂ€nge 6'/;—7, langsam und gleichmĂ€ssig zunehmend, flach gewölbt. Der letzte nicht aufgeblasen, nicht 
ganz ?/), der GehĂ€usehöhe erreichend. MĂŒndung eiförmig, ebenso hoch oder ein wenig höher als das Gewinde. 

Die vorliegende Spielart der als variabel bekannten L. palustris weicht von dem Typus dieser Art 
wesentlich nur durch ein etwas weniger ausgezogenes GehĂ€use ab, dessen letzte Windung und MĂŒndung 
verhĂ€ltnissmĂ€ssig hoch erscheint (bei Z. palustris erreicht die MĂŒndung sonst in der Regel nicht die HĂ€lfte 
der GehÀusehöhe). Auf diese Weise nÀhert sich unsere Form etwas dem fossilen L. subpalustris 'THOMAE, 
einer seltenen und wenig bekannten Art in den oberoligocĂ€nen SĂŒsswasserkalken Böhmens und des Mainzer 
Beckens und angeblich aus den pliocĂ€nen SĂŒsswassermergeln Dalmatiens und den Schichten von Pikermi in 
Attika. Hier ist das GehĂ€use freilich noch bedeutend gedrungener, der letzte Umgang erreicht ”/s—°/s der 
Gesammthöhe, ausserdem sind vor allem weniger (5'/.) UmgÀnge vorhanden. Eine Vereinigung mit Z. sub- 
palustris ist danach ausgeschlossen, vielmehr hat man es mit einem directen VorlÀufer des lebenden Z. 
palustris zu thun, der wie in ganz Europa auch in Vorderasien zu den verbreitetsten Limnaeen gehört. 

Vorkommen: Fossil im PliocÀnkalk des Harf Ram el-Kabsch im Antilibanon (3 Ex.). 

Auch lebend in Syrien nach GAILLARDOT. 


Planorbis (sbg. Coretus) major n. sp. — Taf. X, Fig. 28—30. 
1878. Planorbis cornu Fraas |. c. 


Schale dick, sehr gross und breit, flach scheibenförmig. Durchmesser bis 32 mm. OberflÀche mit 
deutlichen Zuwachsstreifen und undeutlichen Spirallinien. Oberseite vertieft. Unterseite flach concav. Um- 
gĂ€nge 5—5"s, von quer-eiförmigem Querschnitt, oben und unten fast gleich gewölbt, ohne Kiel. Die ein- 
zelnen UmgĂ€nge greifen ĂŒber die vorhergehenden betrĂ€chtlich ĂŒber. Der letzte erscheint oben wie unten 
dreimal so breit als der freiliegende Theil des vorhergehenden und nimmt an der eiförmigen MĂŒndung °% 
des Schalendurchmessers ein. 

Diese Art nÀhert sich den als Planorbis cormuı BronGx., NOULET und NEUMAYR, solidus THOMAE 
und SANDBERGER und pseudammonius ZIETEN et Reuss non SCHLOTHEIM und Mantelli DunkEr bezeichneten 
hÀufigen Formen des OligocÀns, MiocÀns und der Congerienschichten. Als unterscheidende Eigenheiten sind 
indess zu beachten der ungewöhnliche Breitendurchmesser des GehÀuses, die Flachheit der kantenlosen Um- 
gĂ€nge, sowie das schnellere Anwachsen und die InvolubilitĂ€t derselben. Im Gegensatz dazu ĂŒbertrifft z. B. 
beim typischen Planorbis cormı der letzte Umgang nur zweimal den vorhergehenden an Breite. Unter den 


Planorbis (sg. Tropodiseus) umbilicatus MĂŒrr. var. Antilibanensis n. 139 


vielen von NouLET' und NEUMAYR? zum P. cornu vereinigten, verschieden benannten Formen steht P. Man- 
telli Dusx.” jedenfalls unserer Art noch am nĂ€chsten, indem derselbe ebenfalls einen eiförmigen Querschnitt 
der Windungen aufweist und der letzte Umgang wenigstens auf der Unterseite das Dreifache der unbedeckten 
Zone des vorletzten an Breite erreicht. 

Vorkommen: Fossil im PliocÀnkalk von Zahle im Libanon (1 Ex.) und Harf RÀm el-Kabsch im 
Antilibanon (4 Ex.). 


Planorbis (sg. Coretus) corneus L. — Taf. X, Fig. 31. 


Eine Anzahl Exemplare von Planorbis, die von der eben beschriebenen Art scharf geschieden sind, 
dĂŒrfte auf den lebenden P. corneus L. zurĂŒckzufĂŒhren sein. Bei einem Vergleich mit Schalen dieses letzteren 
liess sich nicht der geringste Unterschied wahrnehmen. 

In Syrien ist diese ĂŒber Mitteleuropa verbreitete Art lebend noch nicht gefunden worden. 

Vor dem sonst verwandten oligocÀnen P. erassus DE SERRES* zeichnen sich die vorliegenden Formen 
durch Mangel einer deutlichen Kante in der Nabelumgrenzung aus. 

Vorkommen: Im PliocÀnkalk des Harf RÀm el-Kabsch im Antilibanon (5 Ex.). 


Planorbis (sg. Tropodiscus) umbilicatus MĂŒur. var. Antilibanensis n. 
Taf. IX, Fig. 15 und Taf. X, Fig. 32—35. 

1774. Planorbis umbilicatus MÜLLER, verm. hist. II, p. 160. 

1805. — marginatus DrArArnauD. Hist. moll. p. 45, Taf. 2, Fig. 11. 12, 15. ; 

1885. — — Cressin in: MArtını-Önensızz, I, 17, p. 73, Taf. 14, Fig. 17—20. 

Die Art heisst der PrioritĂ€t nach besser umbilicatus MÜLL. 1774 als marginatus, die Namen MÜLLER’S 
verdienen sogar vor Linx#'s Namen den Vorrang, da er der erste wissenschaftliche Conchyliologe war, weit 
exakter als selbst Linnz. 

Klein, niedergedrĂŒckt scheibenförmig. Durchmesser 7 mm, Höhe 1,4 mm. 4'1.—5 UmgĂ€nge von 
ungefÀhr quer-eiförmigem Querschnitt, oberseits fiach gewölbt, unten fast eben, an der Seite stumpf gekantet, 
ohne fadenförmigen Kiel. Die Kante liegt im untersten Drittel der Höhe. Der letzte Umgang ist beider- 
seits ungefÀhr doppelt so breit als der freiliegende Theil des vorhergehenden. Die OberflÀche ist mit zahl- 
reichen Anwachsstreifen dicht besetzt. 

Ein Vergleich mit zahlreichen Exemplaren des lebenden P. umbilicatus zeigte, dass letzterer bei dem 
gleichen Breitendurchmesser ganz dieselbe Zahl von ebenso breiten Windungen besitzt. Man könnte daher 
die Formen wohl fĂŒr Jugendexemplare von P. umbilicatus halten, von dessen Typus sie sich wesentlich nur 
durch das Fehlen des scharfen fadenförmigen Kieles unterscheiden. Da die geringere Grösse aber bei 
sÀmmtlichen syrischen Exemplaren constant ist (der typische P. umbilicatus erreicht im Gegensatz dazu 


! Novrer: Memoires sur les terrains d’eau douce du Sud-Quest de la France. 2. edition 1868, p. 72, 159. 

Ÿ Neumayr: BeitrÀge zur Kenntniss foss. Binnenfaunen. Jahrb. der k. k, geol. Reichsanst. Wien 1869, p. 369. 

° Dunser: Ueber die in der Molasse bei GĂŒnzburg unfern Ulm vorkommenden Conchylien- und Pflanzenreste. 
Palaeont. I. p. 159, Taf. 21, Fig. 21, Fig. 27—29. 

* SANDBERGER: SĂŒsswasserconchylien der Vorwelt, p. 346, Taf. 18, Fig. 11. 


140 M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


14 mm im Durchmesser und 3,5 mm Höhe bei 6—7 UmgĂ€ngen), kommt sie als weiteres Unterscheidungs- 
moment in Betracht. 

Unter den VarietÀten aus der Verwandtschaft des P. umbilicatus stehen. die in Westasien weitver- 
breitete Spielart subangulata Priv. und der in Griechenland lebende P. Atticus Rorm!, die beide ebenfalls 
einfach gewinkelte UmgÀnge ohne Kiel aufweisen, nahe. Von letzterem unterscheidet sich die syrische Form 
durch bedeutendere Grösse und langsamere Zunahme der zahlreicheren Windungen. 

P. umbilicatus MĂŒtn. wurde von GAILLARDOT lebend in Syrien beobachtet. 

Fossil liegt sie mir in zahlreichen Exemplaren aus dem PliocĂ€n des Antilibanon (Diexer’sche 


Sammlung) vor. 


Planorbis (sg. Gyrorbis) spirorbis L. sp. 


1758. Helix spirorbis LinxĂŒ, Syst. nat. 

1801. Planorbis rotundatus PoırEr, Prod. p. 9. 

1384. —_ — Cuessim, Deutsche Exk. Moll. Fauna, p. 415, Fig. 275. 

Sehr hÀufig fossil im PliocÀnkalk vom Harf RÀm el-Kabsch im Antilibanon. 

Lebend aus Syrien noch nicht bekannt, sonst in ganz Europa und Theilen Asiens verbreitet. 


Planorbis (sg. Bathyomphalus) contortus L. sp. 


1758. Helix contortus Lınıt, Syst. nat. ed. X, I, p. 770. 
1784. Planorbis contortus Cvessis, Deutsch. Exk, Moll. Fauna. 
1786. Physa und Planorbis in: MArTını-CHEuNITzZ, p. 73, Taf. 14, Fig. 17—20. 


Fossil im quartĂ€ren Schlamm bei el-“Amkije im Rab (3 Ex.). 
Lebend nur in Europa und Nordasien verbreitet. 


Planorbis (sg. Gyraulus) Rabensis n. sp. — Taf. X, Fig. 36. 

Durchmesser an der MĂŒndung 4—5 mm. Höhe 1'/),—2 mm. Klein, glatt, sehr fein gestreift. 
Oben in der Mitte eingesenkt mit tiefen NÀhten, unten concav. 3'/, UmgÀnge, oben mehr gewölbt als 
unten. Der letzte Umgang sehr erweitert, auf der Oberseite viermal, auf der Unterseite dreimal so breit 
als der vorhergehende. Der Querschnitt der UmgÀnge wechselt; er ist anfangs hoch rundlich, spÀter wieder 
flacher quer-eiförmig. Der vorletzte Umgang mit abgestumpfter Kante, der letzte mit deutlichem Kiel, der 
nur sehr wenig unter der Mitte der Höhe liegt. MĂŒndung schief, gedrĂŒckt eiförmig bis herzförmig. Mund- 
saum einfach scharf. 

Von Gyraulus albus MĂŒn., G. piscinarum Bourg.” und Homsensis Daurz.° weicht diese zur selben 
Gruppe gehörige Art durch das Auftreten des deutlichen Kiels am letzten Umgang nicht unwesentlich ab. 


! Rorm: Spilic. moll. in Mal. Bl. 1855. — Bourcvisnar: Cat. rais. des Moll. rec. par SauLcy pendant son voyage en 
Orient, p. 55, Taf. 2, Fig. 35—37. — Cressin: Syst. Conch.-Cab. v. Marrısı und CHrmnItz,. I. Bd. 17, 1885, Die Familie der 
Limnaeiden, p. 81, Taf. 12, Fig. 4—6. 

2 Bourevisnan: Test. nov. 1852, p. 22, N. 2. — Idem, Cat. moll. SauLcy voy. autour Mer Morte, p. 56, Taf. 2, 
Fig. 32—34. — Cressis, Die Familie der Limnaeiden in MArrını-Cuensırz I, 17, 1886, p. 190, Taf. 29, Fig. 4. 

Ÿ DAUTZENBERG: Liste des Moll. rec. par Barroıs. Lille 1884, p. 9, Fig. 1. 


Ancylus (sg. Velletia) lacustris L. var. Moquinianus Bours. 141 


Nur der von diesen am nÀchsten verwandte P, Homsensis Daurz. hat auf seinem letzten Umgang einen 
schwachen Kiel an der Basis, aber dieser letzte Umgang ist nach DAUTZENBERG’s Abbildung relativ schmĂ€ler, 
nĂ€mlich nur 2—2'/,mal so breit als der vorletzte. Der gekielte, aus Dalmatien bekannte Gyraulus Stossichi 
Cress.‘ andererseits hat eine noch viel gedrĂŒcktere Form der UmgĂ€nge. Auch liegt dort der Kiel mehr 
der Unterseite genÀhert. Im Ganzen hÀlt Planorbis Rabensis eine Zwischenstellung zwischen P. piscinarum, 
Homsensis und Stossichi ein. 

Sehr nahe verwandt scheint ĂŒbrigens noch der in der Grösse vollkommen ĂŒbereinstimmende, genau 
in der Mitte gekielte P. Ehrenbergi Becx”, der in Aegypten heimisch ist. Nach Cressin’s Beschreibung¼ 
zeichnet er sich im Gegensatz zu P. Rabensis durch gleichmÀssig auf beiden Seiten gewölbte UmgÀnge und 
tiefe Einsenkung des Centrums gerade auf der Unterseite aus. 

Fossil im PleistocÀn des RÀb bei el-"Amklje (25 Ex.). 


Planorbis (Hippeutis) complanatus L. sp. 


1758. Helix complanata Linse, Syst. nat. ed. X, p. 769. 

1886. Planorbis complanatus Cressin, Physa und Planorbis in: MArtını-CHenmsızz I, 17, p. 69, Taf. 15, Fig. 12, 
Fossil zusammen mit den beiden vorigen im PleistocĂ€n von el-“Amkije (2 Ex.). 

Lebend in Europa und Nordasien bekannt. 


Aneylus (sg. Velletia) lacustris L. var. Moquinianus Bovre. 

1863. Ancylus lacustris BoURGUIGNAT, Cat. Ancyl. in Journ. Conch. IV, p. 197, Taf. 6, Fig. 9. 

1884. —_ — Crvzssis, Deutsch. Exk. Moll. Fauna, p. 443, Fig. 306. 

GehĂ€use sehr verlĂ€ngert eiförmig bis rechteckig. LĂ€nge 5—6 mm, Breite 2!/—3 mm. Wirbel 
sehr spitz, ausserhalb der Mittellinie gelegen, stark auf die Seite gerĂŒckt, nach der Seite ĂŒberhĂ€ngend. 

Fossil im pleistocĂ€nen Schlamm des RĂ€b bei el-“Amkije (5 Ex.). Es ist dies das dritte bis jetzt 
erwÀhnte Vorkommen von Vertretern der Gattung Ancylus in Syrien. Die erste Beobachtung in dieser 
Hinsicht machte NörLme*, der Aneylus sp. ef. luviatilis MĂŒLL. in einer altalluvialen Geröllschicht im Wadi 
JarmĂŒk fand. SpĂ€ter erhielt Dautzengere° lebend ebenfalls Ancylus fluviatilis durch Barroıs von “Ain 
Afka (?im Libanon). 

Recent ist diese charakteristische Form nur aus Nordeuropa: Frankreich, England, Oldenburg und 
Böhmen bekannt. 


1 Cressıx: Familie der Limnaeiden, 1886, p. 103, Taf. 19, Fig. 3. 

Âź Index, p. 119. 

3 MARTINI-CHEMNITZ: S. C. C. I, 17, 1886, p. 201, Taf. 31, Fig. 3. 

* Ueber die Lagerung einer quartÀren Fauna im Gebiete des Jordanthals, p. 813, Taf. 23, Fig. 14. 

5 Liste des Moll. terr. et fluv. rec. par Barroıs en Palestine et en Syrie. Revue biolog. du Nord de la France VI, 
1893—1894, Lille, p. 6. 


Ill. Die heutige SĂŒsswasserconchylienfauna von Syrien‘. 


A. Lamellibranchiata. 


Dreissensia Chantrei Loc. 1883. See von Antiochia. 
„ Bourguignati Loc. 83. " 
Unio Simonis Trıstr. 65. See von 
Leontes, Jordan. 
„ Zothi Bourc. 65. Jordan, See von Tiberias. 
„ Zuynesi Boure. 81. Jordan. 
„ Galilaei Loc. 80. See von Tiberias. 
„ timius Bourc. Sl. Jordan. 
„ rhomboidopsis Loc. 83. See von Tiberias. 
Emesaensis Lea 64. See von Antiochia, Orontes, 
See von Homs. 
„ Homsensis Les 64. Kara Su, See von Homs. 
„ Zaymondi Boure. 81. See von Tiberias. 


” ” 
Antiochia, ÖOrontes, 


„ Tristrami Loc. 83. Sechs a 
„ Pietri Loc. 80. a, ” 
„  ellipsoideus Boure. 80. „ „ rn 
„ Genezarethanus Lern. Sl. „ „ " 


Grelloisianus Bourg. 56. Jordan. 

„ lumulifer Boure. 56. Jordan. 

„ Zabulonicus „ > n 

axiacus Ler. Sl. See von Antiochia, Orontes. 
Hwueti Boure. 55. Kuweik ?, See von Antiochia. 
'eueirrus Boure. 57. See v. Antiochia, Nahr BeirĂŒt. 


„ Antiochianus Loc. 83. , „ ki Orontes. 
„ Tripolitanus Boure. 52. Tripolis. 
Delesserti N „ Krokodilfluss, Jafta. 


Damascensis Lza 66. Damaskus. 

litoralis Drar. 05. See von Tiberias. 

„  episcopalis Trıstr. 65. Orontes, Leontes. 

„ Orontesensis Lea 64. Orontes. 

„ . Syriacus en " 

„  delicatus Le n 

„ Lorteti Loc. 80. See v. Antiochia, See Tiberias. 
„ Tiberiadensis Let. 81. See von Tiberias. 


Unio terminalis Bourg. 52. Leontes, See Tiberias. 
„ Jordanicus 56. Jordan, „ 5 
„ prosacrus 5 = = 
„ subtigridis Ler. 83. See von Antiochia. 
„ anemprosthus Bours. 83. See von Antiochia. 
„  Chantrei Loc. 83. See von Antiochia. 
„ Jauberti Boure. 8l., , 5 
Margaritana Sauleyi Bourc. 52. Jafia. 
„  Tripolitana n » Tripolis, 
„  Michoni n „  Krokodilfiuss, Jaffa. 
Leguminaia Mardinensis Lea sp. Kara Su, See von 
Antiochia und Homs, 
„ COhantrei Loc. 83. Orontes, 
„ BDourguignati Loc. 83. Kara Su, Seen v. Antiochia. 
„ Wheatleyi Iza sp. 63. Seen v. Antiochia u. Homs. 
Pseudodon Chantrei Loc. 83. See von Antiochia. 
Anodonta pseudodopsis Loc. 80. „  , 5 
Oorbieula fluminalis MĂŒnr. sp. 1774. Kuweik, See von 
Antiochia, Homs und Tiberias, Orontes, Leontes, 
Jordan, SĂŒr, Jaffa. 
„ Sauleyi Bourg. 1868. Jordan bei Jericho. 
» ÖSyridcd 82. Seen v. Antiochia, Homs und 
Tiberias, im S. des Todten Meeres. 
„ Feliciani Boure. 82. See von Antiochia, Orontes. 
„. crassula Mouss. 54. ,„ » # P 
Adonisfluss, Leontes, Jaffa. 
„ Hebraica Bourc. 82. See von Antiochia. 
Pisidium Casertanum Por. 27. Wadi Kadischa, Ba‘albek, 
Damaskus. 
„ cedrorum Cuess. 79. Antilibanon. 
„ obliguatum ,„ 90. *Ain el-Musaieh, ‘Ain el-Kassah, 
‘Ain el-Dschaz (BARRoIS). 
? Sphaerium lacustre MĂŒvrz. 74. ‘Ain el- Musaieh 
(BARROIS). 


! In diesem Verzeichniss sind bei den einzelnen Arten bezw. VarietÀten nur deren bis jetzt bekannte Fundstellen 
innerhalb der Grenzen Syriens, also ausschliesslich Kleinasiens und Mesopotamiens angefĂŒhrt. Die meisten Fundorte (mit Aus- 
nahme der sĂŒdlichsten) sind auf der beifolgenden Karte von Syrien Taf. VII verzeichnet. 


B. Gastropoda. 


143 


B. Gastropoda. 


Neritina Syriaca Bours. 1552. MĂ€r asch, BeirĂŒt. 

„ Anatolica Rec. var. A) Bellardi Mouss. 54. Li- 
banon, BekĂ€â€˜â€œa, Damaskus, Jordanquellen, Tibe- 
rias, Nahr Jabbok, *AjĂŒn MĂŒsa. 

„ Anatolica Recr. var. B) Hausknechti Marr. 79. 
Aleppo, BeirĂŒt, See Tiberias. 

„ Anatolica Reer. var. C) Olivieri Marr. 79. Saida, 
‘Ain el-Fidsche bei Damaskus. 

„ Anatolica Recr. var. D) Trojana Cmarr. Ale- 
xandrette. 

„ Karasuna Mouss. 74. Aleppo, Kara Su, AntĂ€kijje, 
Selemije, BeirĂŒt. 

„ Macrii Recı. 41. Haifa. 

„ Michoni Bourc. 52. See v. Antiochia, SĂŒr, Jafta, 
‘Ain el-Min, Tell el-KĂ€di, Nahr el-HarĂŒn, Da- 
maskus, ‘Ain el-MellĂ€ha, et-Tell, Tiberias, See 
v. Tiberias, RĂ€s el-Ain, Bir DschalĂŒd, Jericho, 
‘Ain Feschcha, “Ain Ruwer, “Ain Dschidi, Quellen 
am Todten Meer. 

„  Jordani Sow. 32. See HĂŒle u. See Tiberias, Jordan. 

„ Orontis Buanck. 96. Kara Su, Orontes bei AntĂ€- 
kije, Selemije. 

VYalvata Sauleyi Boure. sp. 52. AntĂ€kije, Homs, BekĂ€ ‘a, 
Damaskus, Saida, See Tiberias. 

Bythinia Sidoniensis Mouss. 61. Saida, Baalbek, Damas- 
kus, Birket er-RĂ€m, HĂŒlesee, et-Tell (Jordanfurt). 

„  badiella Parr. 54. See v. Homs, Nahr el-Sebueh, 
Tell el-KĂ€di, BeirĂŒt, Libanon, Damaskus. 

„ Hawadieriana Bourg. 53. Bafalbek, See HĂŒle, 
See von Tiberias. 

„ Hebraica Bourc. 53. PalĂ€stina. 

„ (2) Phialensis Con. sp. 52. Birket er-RĂ€m. 

„ longiscata Bourc. 53. Syrien. 


„ Sauleyi n 52. BekĂ€fa. 

„ (sg. Amnicola) Gaillardoti Bours. 53. Saida. 

& 5 Putoni „ men, 

5 = Moquiniana , = 3 
Hebraeorum ‘Ain Fid- 


” ” 
scheh im Antilibanon. 
Bythinella contempta Daurz. 94. Nahr el-HarĂŒm, ZerĂ€fa, 
‘Ain el-Musaieh, Damaskus, et-Tell. 
„ FPalmyrae Daurz. 94. Palmyra. 
Pyrgula Barroisi Daurz. 94. See Tiberias. 
Melania tuberculata MĂŒrn. 1784. Tyrus, See v. Tiberias 
und im SĂŒden des Todten Meeres. 


Melania Judaica Rotu 1855. Bach am Todten Meer. 
Melanopsis Saharica Bours. 64. See von Antiochia, 


” 


Orontes. 

minutula Bourg. 84. Nahr Antelias. 

laevigata Lam. 22. Gemein in ganz Syrien, z. B. 
Kara Su, Seleucia Pieria, Orontes bei AntÀkije, 
BeirĂŒt, Libanon, Ba‘albek, Damaskus, Ebene 
des Bahr el-HĂŒle, See Tiberias, Dschenin, Jericho, 
Wadi HesbĂ€n, “AjĂŒn Musa, Umgebung d. Todten 
Meeres, 

buccinoidea Or. 04. SadjĂŒr Su, Selemije, Nahr el- 
Kelb, BeirĂŒt, Saida, Libanon, Wadi BaradĂ€, Da- 
maskus, Jerusalem, 

eremita TRISTR. 65. 
Todten Meeres: 

Salomonis Bourg. 80. SadjĂŒr Su, “Ain Fidschi, 
Wadi BaradÀ, BÀniÀs, Libanon. 

Doriae Iss. 65. BeirĂŒt. 

Ammonis Trısır. 65. Hesbon, Ammon. 

variabilis Prsın. 47. BeirĂŒt, Nahr el-Kelb. 

callichroa Bours. 80. Nahr el-Kelb. 

Maroccana , 64. Damaskus, ‘Ain Plasa am 
Bahr el-HĂŒle. 

sphaeroidea Bours. 34. Orontes. 

microcolpia R 82. Jericho. 

minor Buanck. 91. See v. Antiochia, “Ain Fidschi, 
Ebene des Bahr el-HĂŒle, Jericho. 

prophetarum Bourc. 82. *Ain el-MellÀha, Dsche- 
nin, BÀniÀs, Jericho. 

Isseli Bourg. 84. Nahr el-Kelb. 

Olivieri „ »  SadjĂŒr Su, Nahr el-Kelb, Liba- 
non, Wadi BaradÀ, Jericho. 

callista Bours. 84. SadschĂŒr Su. 

Jebusitica Ler. 82. Jericho. 

faseolaria Parr. Nahr Na‘mĂ€n (Belus) bei ‘Akka. 

Sauleyi Bourc. 53. See v. Homs, BrumÀna (Liba- 
non), Ebene des Bahr el-HĂŒle, ArtĂŒz, Jericho. 

aterrima Bourc. 84. Jericho. 

cerithiopsis , „ Ebene des Bahr el-HĂŒle. 

sancta Ler. S2. Ebene des Bahr el-HĂŒle, Jordan, 
Jericho. 

Lortetiana Loc. 83. See von Antiochia. 

Tureica PArr. Kara Su, See v. Antiochia, Orontes. 

hiera Lrr. See von Antiochia, unterer Orontes, 
Ebene des Bahr el-HĂŒle. 


Wadi Mubarrak im SW des 


144 


M. Blanckenhorn, zur Kenntniss der SĂŒsswasserablagerungen und Mollusken Syriens. 


Melanopsis stephanota Bourc. 1884. “AintĂ€b, Kara Su, 


unterer Örontes. 

Nötlingi Boure. 86. JarmĂŒk. 

costata On. 04. Aleppo, Kara Su, mittlerer Orontes 
bei Dschisr esch-Schurr, See HĂŒle, oberer Jordan 
und See von Tiberias. 

Chantrei Loc. 83. Kara Su, See von Antiochia, 
unterer Orontes. 

insignis PArr. See von Antiochia. 

Sesteröi Bourg. 84. SadschĂŒr Su, Ebene des Bahr 


el-HĂŒle. 
Aleppi Boure. 84. Aleppo. 
ovum " 82. See von Tiberias, JarmĂŒk. 
Jordanica Rota 61. „ „ „ unterer Jor- 


dan, JarmĂŒk. 
Hebraica Ler. 82. ‘Am Saâ€œĂ€de bei Haifa. 
lampra Boure. 84. Belus. 
Phaeniciaca Bourg. 84. Belus. 
Belusi Let. 82. Belus. 
desertorum Boure. 84. Ebene des Bahr el-HĂŒle. 
Tanousi Ler. 83. DBelus. 


obligqua 5 „ 

Feliciani Boure. 84. Jordan. 

eumorpha „  Eb.d. Bahr el-HĂŒle, Jordan. 
egregia H „  Belus, Jordan. 


inngens truncatulus MĂŒur. sp. 1774. Saida, Ba ‘albek, 


Damaskus, Bahr el-HĂŒle. 
palustris MĂŒrn. 1774. Syrien. 
ovatus Drar. 1805. Syrien. 
Syriacus Mouss. 61. Baalbek, Damaskus. 
colpodius Bourg. 62. See von Homs. 
callopleurus Loc. 8. „ » m 


Limnaeus Reneanus Loc. 1883. See von Homs. 


Chantrei en 


er} b2] 7) 


Lagodeschinus Bourg. 81. „ „ 5 


Homsensis Loc. 83. 


lagotis SCHRANK 1803. 


lagotopsis Loc. 83. 


Tripolitanus Ler. 81. 


subpersicus Loc. 83. 
peregriformis „  „ 
ALTACUus N 
Antiochianus „, 


” ” ” 
5 AmtIochıas 


” bz] ” 


tener Parr. 61. Damaskus, Phiala-See, See HĂŒle, 
et-Tell im N. des Tiberias-Sees, Nahr el-HarĂŒn. 


pereger Drar. 1305. 


Im S. des Todten Meeres. 


en glutinosa MĂŒrn. sp. 1774. BeirĂŒt. 


Physa contorta MicH. 


Im S. des Todten Meeres. 


Planorbis (Tropodiscus) umbilicatus MĂŒrn. 1774. Syrien. 
R submarginatus DE ÜHRIST. et 
Jan 1832. Damaskus. 
(Gyrorbis) vortex Linn. 1758. ? 
(Gyraulus) albus MĂŒrn. 1774. Rör es-SĂ€fije. 


” 


er) 


Pr piscinarum Bourg. 1852. Saida, Ba- 
‘albek, ZebdĂ€ni, Damaskus. 
1: Hebraicus Bourg. 52. Homs, Phiala- 


See, *Ain el-Musaieh, Damaskus, Saida, “Ain 
MellĂ€ha am Bahr HĂŒle, et-Tell am Tiberiassee. 
Homsensis Daurz. 94. See von Homs. 
(Armigerus) Alexandrinus RotH. ? 
heliciformis Rork 39. 
Antiochianus Loc. 83. 


Sauleyi Boure. 52. 


? 


KĂŒnetra im Dschölan. 
See von Antiochia. 


An ylus fluviatilis Möın. 1774. “Ain Afka (Libanon). 


Die mittelliasische Brachiopodenfauna der 


östlichen Nordalpen. 


Nebst einem Anhange 
ĂŒber die Fauna des unteren Dogger im bayerischen Innthale. 
Von 
Emil Böse. 


Mit Tafel XI—XVI. 


Die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Buimallesittiuente: 


Schon seit einer lĂ€ngeren Reihe von Jahren sind ziemlich zahlreiche Arbeiten ĂŒber die Brachiopoden 
des unteren Lias, des unteren, mittleren und oberen Dogger der deutsch-österreichischen Nordalpen ver- 
öffentlicht worden, ich erinnere an die Publicationen von OpreL, ROTHPLETZ, FINKELSTEIN, NEUMAYR, GEYER 
u. A. m.; die reichen Lias-Faunen des Hierlatz, der Vilser Alpen, des Hirschberges bei Hindelang, die Dogger- 
Faunen des Rothenstein und Laubenstein, der Klausalp bei Hallstatt, des Legam bei Vils, sowie die von 
Teissendorf und Stauffeneck sind in ausfĂŒhrlicher Weise beschrieben worden. Ganz spĂ€rliche Nachrichten 
liegen dagegen ĂŒber den mittleren Lias vor, wenigstens ĂŒber die Brachiopoden dieser Schicht. WĂ€hrend aus 
Sicilien, dem Appennin, sowie dem SĂŒdabhang der Ostalpen mittelliasische Brachiopodenfaunen von grossem 
Artenreichthum bekannt waren, wusste man von denjenigen der Nordalpen bisher so gut wie gar nichts, 
trotzdem diese jenen sĂŒdlichen an Reichthum der Arten kaum nachstehen. Nur von wenigen LocalitĂ€ten 
waren Fossillisten publieirt worden, so durch Roruprerz (Vilser Alpen, Karwendel). An palaeontologischen 
Arbeiten ĂŒber die mittelliasischen Brachiopoden der Nordalpen lag dagegen fast nichts vor, nur RotupLaTz 
hatte einige Arten beschrieben und abgebildet, bei wichtigen Arten, wie Ter. Adnethensis Svzss, fehlte es 
sogar an ausfĂŒhrlichen Beschreibungen und guten Abbildungen. So erschien denn eine Bearbeitung dieser 
Fauna wohl am Platze. 

Die Hauptfundpunkte fĂŒr die Brachiopoden des mittleren Lias sind der Hilariberg bei Kramsach 
(Unterinnthal) und der Hinterschafberg bei Ischl im Salzkammergut. Zwischen diesen beiden von einander 
weit entfernt liegenden LocalitÀten sind jedoch mehrere Fundpunkte vorhanden, welche allerdings eine weniger 
reiche Ausbeute geliefert haben. Von Westen nach Osten fortschreitend haben wir zu nennen: Vorderthiersee bei 
Kufstein, die Kammerkihr oder Steinplatte bei Waidring, die Ramsau bei Berchtesgaden, die Scharitzkehlalm, 

Palaeontographica. Bd. XLIV. 19 


146 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


den Fagstein und den Kallersberg, ebenfalls in der Umgegend von Berchtesgaden; ausserdem findet sich 
mittlerer Lias an der Rothen Wand bei Vallepp (Schliersee), am Gschöllkopf (Sonnwendjoch), Pfonsjoch (Kar- 
wendel), sowie in der Umgebung von Hohenschwangau und Vils. Diese AufzÀhlung macht keineswegs auf 
VollstĂ€ndigkeit Anspruch; es ist mir nur darum zu thun, einige Punkte anzufĂŒhren, an denen sich mit Sicher- 
heit mittelliasische Brachiopoden nachweisen liessen. Die meisten dieser Fundpunkte sind recht arm an 
Brachiopoden; in dieser Arbeit sollen nur folgende LocalitĂ€ten vorzugsweise berĂŒcksichtigt werden: der Hilari- 
berg bei Kramsach, der Fagstein, die Ramsau, Vorderthiersee und die Rothe Wand bei Vallepp. Reich sind 
nur die beiden zuerst genannten PlĂ€tze, alle ĂŒbrigen haben wenige Arten geliefert, die Rothe Wand sogar 
nur eine einzige. Das Material befindet sich zu einem grossen Theile in der MĂŒnchener palaeontologischen 
Staatssammlung, zum andern in der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien und im Carolino-Augusteum 
in Salzburg. Alles was vom Hilariberg, Vorderthiersee, Fagstein, Ramsau, Rothe Wand stammt, liegt in 
MĂŒnchen und wurde von verschiedenen Sammlern z. Th. von Herrn Geheimrath v. ZırreL selbst zusammen- 
gebracht; am Hilariberg sammelte bereits Graf MĂŒnster, spĂ€ter Dr. ScHLosser und ich; der grösste Theil 
wurde durch Dr. SchLosser gesammelt. Das MĂŒnchener Material vom Hinterschafberg sammelte seiner Zeit 
Herr Geheimrath v. Zırrer, der auch in neuester Zeit eine kleine Collection ankaufte; etwa ebensoviel wie 
die MĂŒnchener Sammlung besitzt die k. k. geologische Reichsanstalt, doch merkwĂŒrdiger Weise meistens 
andere Arten. Das reichste Material erhielt ich aus dem Museum von Salzburg, doch war nur Weniges 
prÀparirt und vorlÀufig bestimmt; aus den noch nicht zerschlagenen Blöcken prÀparirte ich eine grosse An- 
zahl von Arten heraus, wobei mir auffiel, dass auch hier wieder im Allgemeinen ganz andere Arten vorlagen, 
als in den ĂŒbrigen mir zur VerfĂŒgung gestellten Suiten. Soviel ĂŒber das Material, bei den Originalen werde 
ich in der TafelerklĂ€rung stets anfĂŒhren, wo sie zu finden sind. 

An dieser Stelle bleibt mir nur noch ĂŒbrig, den Herren Geheimrath v. ZırTeL und Dr. ScHLoSsER 
in MĂŒnchen, Director G. v. STAcHE und Dr. GEYER in Wien, sowie Prof. EB. FusgEr in Salzburg meinen 
verbindlichsten Dank auszusprechen fĂŒr die liebenswĂŒrdige Bereitwilliskeit, mit welcher mir das gesammte 
Material der einzelnen Sammlungen zur VerfĂŒgung gestellt wurde. 


Ueber den mittleren Lias der nördlichen Östalpen. 


In den folgenden Zeilen handelt es sich natĂŒrlich nur um den mittleren Lias, soweit dieser als 
Brachiopoden fĂŒhrender Kalk ausgebildet ist. Fast stets ist dieser Kalk von rother Farbe und zwar von 
ziemlich dunkler, so am Fagstein, in der Ramsau, an der rothen Wand und an einigen FundplÀtzen vom 
Hilariberg und Hinterschafberg; seltener ist ein blassrother oder weisser Kalk (Hinterschafberg, Hilariberg, 
Hohenschwangau, Gschöllkopf), noch seltener ein gelber, zÀher Kalk (Hinterschafberg). Vielfach, ja meistens 
ist das Gestein von Crinoidenstielen erfĂŒllt, seltener besteht es aus blossen Schalenresten; im Ganzen ist es 
wenig von dem des unteren Lias verschieden, doch sind manche GesteinsvarietÀten von dem Vilser Kalk, 
sowie von dem Dogger-Kalk an der Klausalp bei Hallstatt nicht zu unterscheiden. Bemerkenswerth ist, dass 
in den rein weissen Kalken sich gewöhnlich andere Arten als in den ĂŒbrigen GesteinsvarietĂ€ten finden; so 
z. B. kommt die Ter. ascia Gır. sowohl am Hilariberg wie am Schafberg meistens in einem schneeweissen 
Kalk vor, ohne dass sich andere Arten in diesem fÀnden, dagegen tritt 7. ascia im rothen Kalk beider 
LocalitÀten viel seltener auf. Aehnlich steht es mit Ter. gracilicostata. Andererseits findet sich Z. Adneth- 
ensis nur in dem rothen Kalk und ebenso die T. Gozzanensis. Diese VerhÀltnisse deuten darauf hin, dass 


Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen. Nordalpen. 147 


die weissen und rothen Kalke zuweilen wohl Stufen innerhalb des Mittellias darstellen, doch ist bisher noch 
nicht nachgewiesen, welche die höhere ist; auch können die Unterschiede nur geringe sein. 

Sehr merkwĂŒrdig ist es, dass in den verschiedenen Suiten auch verschiedene Fossilien vorherrschen. 
In der MĂŒnchener Sammlung befinden sich ausser zahlreichen Exemplaren der Terebratula Adnethensis SuEss 
nur einige wenige Terebrateln und Waldheimien aus dem mittleren Lias des Schafberg; so ist 7. Gozzanensis 
Par. nur durch zwei schlecht erhaltene StĂŒcke vertreten; auch die Wiener k. k. geologische Reichsanstalt 
hat vom Fundpunkt Hinterschafberg nur wenige StĂŒcke dieser Art; dagegen eine grosse Anzahl vom oberen 
Burgaugraben (Nordseite des Schafberg); die Arten, welche als vom Burgaugraben stammend im palaeonto- 
logischen Theile aufgefĂŒhrt werden, hat man, soweit sich dies aus den Etiquetten erkennen lĂ€sst, aus einem 
grossen Findlingsblock erhalten, der sich vermuthlich von den höheren Theilen des Schafberges abgelöst hat. 
In der Salzburger Sammlung finden sich dagegen zahlreiche Exemplare der 7. Gozzanensis aus verschiedenen 
Fundpunkten des Schafberges; die Art erfĂŒllt zuweilen das Gestein vollstĂ€ndig. Ebenso ist Ah. Stachei 
im MĂŒnchener und Wiener Material nur durch wenige StĂŒcke vertreten, wĂ€hrend sie sich unter dem Salz- 
burger Material sehr hÀufig findet. Ich könnte in dieser Weise noch eine ganze Reihe von Beispielen an- 
fĂŒhren, begnĂŒge mich aber darauf hinzuweisen, dass unter dem MĂŒnchener Material eine Spiriferinenart sehr 
hĂ€ufig ist, welche in den andern Sammlungen fast ganz fehlt, im Uebrigen haben allerdings die MĂŒnchener 
und Wiener Sammlung nur wenige Spiriferinen, wÀhrend zahlreiche Individuen dieser Gattung im Salzburger 
Material vorhanden sind. Diese eigenartige Vergesellschaftung der Species lÀsst sich wohl zum Theil darauf 
zurĂŒckfĂŒhren, dass das MĂŒnchener und Wiener Material aus wenigen Fundpunkten stammt, wĂ€hrend dasjenige 
des Carolino-Augusteum aus zahlreichen LocalitÀten gewonnen wurde. Andererseits ist aber auch die Wahr- 
scheinlichkeit vorhanden, dass im Salzburger Material viel mehr BĂ€nke vertreten sind als in dem ĂŒbrigen, 
und dass einige Arten nur in einzelnen BĂ€nken abundiren, in anderen dagegen sehr selten sind. 

Dies ist natĂŒrlich nicht viel mehr als eine Vermuthung, welche sich bisher nicht beweisen lĂ€sst, da 
am Schafberg noch nicht bankweise gesammelt worden ist. Wollen wir zu einer einigermaassen sicheren 
Kenntniss der Vergesellschaftungsweise der Arten kommen, so mĂŒssen wir die Fossillisten der verschiedenen 
Fundpunkte getrennt anfĂŒhren, wie dies zum Theil schon durch ScHrosser' fĂŒr Kramsach geschehen ist. 


Ich beginne im Westen und zwar mit den einzelnen Fundpunkten bei Kramsach. Im sogenannten 


„weissen Bruch“ kommt nur 
Terebratula ascia GIR. 


vor; aus einzelnen Blöcken rothen Kalkes wurde gesammelt: 


Terebratula ascia GIR. Rhynchonella Sancti Hilarii mihi 
- ‚Schlosseri mihi _ Sordellii Par. 
_ punctata Sow. — Zitteli Gemm. 
—_ aspasia Men. — polyptycha Oper. 
n— Adnethensis SUESS — cfr. latifrons STUR 
— graeilicostata mihi = Caroli GEMM. 
Waldheimia -Mariae D’ORE. Spiriferina semieireularis mihi 
—_ numismalis Lam. — efr. Salomoni mihi 
— subnumismalis Dav. . —_ efr. obtusa Opr. 
— Waterhousi Dav. — angulata Oper. 
E= mutabilis Oper. _ cefr. sicula GEMM. 


! Scatosser, Zur Geologie von Nordtirol (Verh. der k. k. geolog. Reichsanstalt. 1895) p. 351 #. 


148 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Aus einem mÀchtigen weissen Block am Wege vom Glashaus nach Ladoi gewannen SCHLossER und 
ich durch Sprengung: 


Terebratula gracilicostata mihi Rhynchonella Sancti Hilarii mihi 
— Schlosseri mihi — sp. ind. 
Waldheimia Sarthacensis DEsL. Spiriferina Salomoni mihi 
n— mutabilis. Opp. —_ rostrata SCHLOTH. 
_ Thurwieseri mihi .— gryphoidea Unt. 


Ein riesiger Block aus dem rothen oder Hagauer Bruch lieferte: 


Terebratula Adnethensis Surss KRhynchonella Briseis GEuM. 

—_ Gozzanensis PAR. — Zitteli GEuM. 

2 Aspasia Mrx. n PaolĂŒ Can. 
Waldheimia apeninica Zimt. — fraudatriz mihi 

— furlana Zur. _ pseudo-scherina mihi 

— bicolor mihi —_ sejuncta mihi 

— oenana mihi _ inversa Orr. 

— subnumismalis Dav. — subpectiniformis mihi 

_ Waterhousi Dav. — sublatifrons mihi 
Rhrpnchonella flabellum Men. Spiriferina globosa mihi 

—_ Hagavwiensis mihi —_ semicircularis mihi 

_ triquetra GEMM. — sicula GEMM. 

—_ Greppini Ope. —_ angulata Oper. 

_ variabilis SCHLOTH. — cfr, alpina Orr. 


Die roth- und weissgefleckten Kalke des Hagauer Bruches lieferten: 


Terebratula Adnethensis Sunss Rhynchonella efr. Orsinii 
Rhynchonella Greppini Orr. Spiriferina Salomoni mihi 
—  flabellum Mex. - sicula GENM. 
_ variabilis SCHLOTH. _ _ angulata Opr. 
_ Zitteli GEMM. — cfr. alpina Opp. 
_ efr. polyptycha Op». — segregata DI STEF. 


Dass alle diese Fundpunkte zum mittlerŸn Lias gehören, beweisen schon die Untersuchungen 
ScHvosser’s; die spĂ€ter hinzugekommenen Arten bestĂ€tigen nur die Anschauung dieses Autors. Wir werden 
auf die Frage weiter unten noch zurĂŒckkommen. : 

In den weissen Kalken von Thiersee wurden gefunden: 


Terebratula punctata Sow. typ. Rhrnchonella Caroli Gen. 
— — var, ovatissima Qu. _ Sancti Hilarii mihi 
_ ascia GIR. _ Zitteli Gem. 
Waldheimia oenana mihi “ Spiriferina obtusa Orr. 
— Waterhousi Dav. — angulata Orr. 
_ subnumismalis Dav. — rostrata SCHLOTH. 


Rhynchonella Zugmayeri GEM. 
Die Rothe Wand bei Vallepp (Schliersee) lieferte nur 7. Adnethensis Suess; dieselbe Species allein 
auch die rothen Kalke zwischen Ramsau und Hintersee bei Berchtesgaden, von der Kammerkihr (Steinplatte) 
bei Waidring ist mir ausser dieser Art nur noch W. bicolor mihi zu Gesicht gekommen. 


Am Steinberg in der Ramsau und zwar am Weg zwischen Mitterkaser und SchĂ€rtenhĂŒtte fanden sich: 


Terebratula Aspasia Mex. 
— Adnethensis SuEss 
Spiriferina saximontana mihi 


Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 149 


Die rothen Kalke des Fagstein bei Berchtesgaden lieferten: 


Terebratula Adnethensis SuEss Rhpnchonella Paolii Can. 
_ Erbaönsis SuEss —_ altesinuata mihi 
—_ Aspasia Men. Spiriferina vostrata SCHLOTH. 
cfr. nimbata Opr. — obtusa Orr. 
Waldheimia subnumismalis Dav. Darwini Gem. 
_ Furlana Zum. Koninckodonta Fuggeri Bırın. 
— oenana mihi Amphielinodonta Bittneri mihi 
Rhynchonella Zitteli Ges. 


An unserer nÀchsten und letzten. LocalitÀt ist nun wieder eine ganze Reihe von Fundorten zu 
unterscheiden. Ich fĂŒhre sie hier einzeln auf, doch mache ich darauf aufmerksam, dass der sogenannte 
Fundplatz „Hinterschafberg“ vielleicht mehrere LocalitĂ€ten umfasst. Es lieferten die einzelnen Fundpunkte 


folgende Arten: 


1. Hinterschafberg: 


Terebratula punctata Sow. 
— Adnethensis SuEss — 
_ Salisburgensis mihi — 
— Gozzanensis Par. = 
—_ Aspasia Mes. — 
— ovimontana mihi — 
Waldheimia bicolor mihi — 
— subnumismalis Dav. — 
—_ Waterhousi Dav. = 
— Furlana Zım. — 
—_ oenana mihi — 
—_ apeninica ZLIT. — 


Rhynchonella quinqueplicata Zier. 


‚ptinoides DI STEF. 
pseudo-scherina mihi 
Glyeinna Gem. 
Scherina GEnn. 
serrata Sow. 
Stoppaniti Par. 
margaritati mihi 
atlaeformis mihi 
diptycha mihi 
altesinuata mihi 
sejuneta mihi 


_ ovimontana mihi y 

_ Fuggeri mihi — 
Rhynchonella variabilis SCHLOTH. —_ subfurcillata mihi 

— Briseis GENM. Spiriferina rostrata SCHLOTH. 

— subdiscoidalis mihi — Sylvia GENM. 

_ subpectiniformis mihi — oblusa Orr. 

— PaolĂŒ Can. — Darwini Geun. 

—_ Stachei mihi E= sicula GEMM. 

—_ subcostellata Geum. Koninckodonta Fuggeri Bınry. 

_ flabellum Men. = Geyeri Bırın. 

_ Greppini Opp. — Eberhardi Bırıy. 

_ polyptycha Opr. Amphielinodonta liasina Bırıy. 


triquetru GEM. 
Dalmasi Dvn. 


9. Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee: 


Terebratula Adnethensis SuEss Rhynchonella quingueplicata Zıer. 
—_ Gozzanensis PAR. —_ altesinuata mihi 
— ascia GIR. = Dalmasi Dvm. 
_ Aspasia Men. Spiriferina rostrata SchLoTH. 
Waldheimia bicolor mibi — eordiformis mihi 
— Fuggeri mihi — nov. sp. afl. alpina Orr. 
Rhnynchonella Paolii Can. — aft. capuliformis SEsv. 
_ Stachei mihi — semieircularis mihi 


150 


Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen, 


3. Feuchteneck: 


Terebratula Adnethensis Scess 
—_ Gozzanensis Par. 
Waldheimia bicolor mihi 
— subnumismalis Dav. 
— apeninica ZiTT. 
— ovimontana mihi 


Waldheimia Fuggeri mihi 

Rhynchonella Stachei mihi 
— triquetra GEMmM. 
— Dalmasi Dun. 

Spiriferina cordiformis mihi 


4. Oberer Burgaugraben: 


Terebratula sphenoidalis (Mex.) Can. 
— cerasulum ZITT, 
_ Adnethensis SuEss 
— Gozzanensis PAR. 
Waldheimia bicolor mihi 
u subnumismalis Dav. 
== apeninica Zum. 


5. MĂŒnichsee: 


Terebratula punctata Sow. 
_ ascia GIR. 
— Gozzanensis Par. 


6. GrĂŒnsee: 


Terebratula sphenoidalis (Mem.) Can. 
— cerasulum Zimt, 
= Adnethensis SuEss 
n_ Gozzanensis PAR. 
— ovimontana mihi 
Waldheimia bicolor mihi 
— subnumismalis Dav. 
— apeninica Zimt. 
— ovimontana mihi 
— Ewaldi Opr. 
— cefr. Furlana Zum. 
—_ Fuggeri mihi 
Rhynchonella Stachei mihi 
— atlaeformis mihi 
— altesinuata mihi 


Waldheimia ovimontana mihi 
Rhynchonella PaolĂŒ Can. 
— Glyeinna GEM. 
— serrata Sow. ? 
—_ StoppanĂŒi PAR. 
— margaritati mihi 


Waldheimia apeninica Zimr. 
SpĂŒniferina obtusa Opr. 


Rhynchonella quinqueplicata Zıer,? 
— Hagaviensis mihi 
—_ PaolĂŒi Can. 
_ cfr. variabilis SCHLOTH. 
_ Glyeinna GEMM. 
— pseudo-scherina mihi 
— triquetra GENM. 
—_ Scherina GEN“. 
— Dalmasi Dunu. 
— sejuncta mihi 
_ subfureillata mihi 
—_ diptycha mihi 
Spiriferina rostrata SCHLOTH. 
— Salomoni mihi 
— obtusa Opp. 


7. Nord- und Ostwand bei Hotel Schafberg: 


Terebratula Adnethensis SuEss 
—_ Gozzanensis Par. 
— Aspasia Men. 

Waldheimia bicolor mihi 


Waldheimia subnumismalis Dav. 
Rhynchonella subpectiniformis mihi 
— altesinuata mihi 

Spiriferina sicula GEMM. 


8. Schafberg Thörl und Schwarzensee: 


Waldheimia bicolor mihi 
Rhynchonella Paolii Can. 


‚Rhynchonella altesinuata mihi 
— atlaeformis mihi 


Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 1 


au 
Pi 


Aus diesen Listen geht aufs Deutlichste hervor, dass alle FundplÀtze des Schafberges, soweit sie 
berĂŒcksichtigt sind, einem Horizont angehören und zwar, wie die von GEYER! beschriebenen Cephalopoden 
beweisen, dem mittleren Lias. Eine ganz Àhnliche Ammonitenfauna weisen die FundplÀtze bei Kramsach 
auf. Wie die Listen zeigen, haben die verschiedenen Brachiopoden-FundplÀtze zahlreiche Arten gemeinsam; 
ich verzichte darauf diese aufzufĂŒhren und gebe hier nur diejenigen Species, welche nur an je einem Fund- 
punkte vorkommen; diese sind bei Kramsach: 


Terebratula gracilicostata mihi Rhynchonella cfr. latifrons STuR 

— Schlosseri mihi _ sublatifrons mihi 
Waldheimia Mariae D’ORB. 2 inversa OPP. 

— mutabilis Opp. — sp. indet. 

— numismalis Lam. Spiriferina globosa mihi 

— Thurwieseri mihi —_ gryphoidea UHr. 
Rhynchonella cfr. Orsinii GEuM. — efr. alpina Opp. 

—_ SordellĂŒi Par. — segregata DI ÖTFF. 


_ fraudatrix mihi 
Von den 17 hier aufgefĂŒhrten Arten sind 7 neu, die Uebrigen sind fast ausschliesslich Formen des 
mittleren Lias, doch kommen manche davon auch im unteren Lias vor. 


Am Schafberg allein kommen. vor: 


Terebratula sphenoidalis (Mex.) Can. Rhynchonella serrata Sow. 
— cerasulum ZI. _ StoppamĂŒ Par. 
_ Salisburgensis mihi —_ margaritati mihi 
— ovimontana mihi — atlaeformis mihi 
Waldheimia ovimontana mihi == diptycha mihi 
—_ Fuggeri mihi — Dalmasi Dvm. 
_ Ewaldi Opp. _ subfurcillata mihi 
Rhynchonella subdiscoidalis mihi Spiriferina cordiformis mihi 
== Stachei mihi _ Sylvia GEMM. 
subcostellata GEM. = aft. capuliformis Seen. 
— quinqueplicata ZIET. —_ n. sp. af. alpina Opr. 
—_ ptinoides DI STEF. Koninckodonta Geyeri Bırrn. 
_ Glycinna GEuN. —_ Eberhardi Bırrın. 
_ Scherina GEMM. Amphiclinodonta liasina Bırrn. 


Unter diesen 28 Arten sind 11 neue, und die anderen gehören bis auf die Koninckinen und die 
Amphiclinodonta fast ausschliesslich dem Mittellias an. 


Thiersee hat nur eine einzige Art, welche nicht an den andern PlÀtzen vorkommt, nÀmlich Rhyn- 
chonella Zugmayeri GEMM., diese gehört sowohl dem unteren wie dem mittleren Lias an, wurde in den Nord- 
alpen aber wohl noch nicht im unteren Lias gefunden. Der Steinberg bei Ramsau hat nur Spir, saximontana 
mihi fĂŒr sich allein, eine neue Art, welche der Sper. rostrata ScHLorH. nahe steht. Der Fagstein hat vier 
Arten, welche ihm ausschliesslich zukommen, nÀmlich: 7. Erbaönsis Suzss, T. cf. nimbata Opr., Rh. cf. f£. 
ind. Par., Amphiel. Bittneri n. sp., also eine oberliasische und eine nicht sicher bestimmbare Terebratel, eine 
unterliasische Rhynchonella, welche nicht sicher zu bestimmen ist, und eine neue Amphielinodonta. 


! Geyer, Die mittelliasische Cephalopoden-Fauna des Hinterschafberges (Abh. der k. k. R.-A. 1893). 


152 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Nachdem wir so die Vergesellschaftung der Arten an den einzelnen FundplÀtzen betrachtet und 
uns ĂŒberzeugt haben, dass alle LocalitĂ€ten im Grossen und Ganzen demselben Horizont angehören, können 
wir daran gehen eine vollstÀndige Liste aller in dieser Arbeit beschriebenen Arten zu geben: 


1. Terebratula punctata Sow. 45. Rhynchonella polyptycha Oper. 

2. —_ sphenoidalis (Mes.) Cas. 46. n quinqueplicata Zıer. 

3. —_ cerasulum ZıtT. 47. — ‚ptinoides DI STEF, 

4. — Adnethensis Sunss 48. — pseudo-scherinanov.sp. 

5. —. Erbaönsis SuEss 49. _ Glyeinna GENMM. 

6. — Salisburgensis nov. SP. 50. _ Scherina GEuM. 

ls _ Gozzamensis PAR. 51. — serrata Sow. 

8. — ascia GIR. 52. —_ StoppanĂŒi Par. 

9. _ gracilicostata nov. Sp. 53. — margaritati nov. Sp. 
10. —_ Aspasia Men. 54. _ atlaeformis nov. Sp. 
uk _ cf. nimbata Opr. 55. _ diptycha nov. Sp. 
12. _ ovimontana nov. Sp. 56. — altesinuata nov. Sp. 
13. _ Schlosseri nov. Sp. 57. — sejuncta nov. SP. 
14. Waldheimia Mariae v’Ore. 58. — Hagaviensis nov. Sp. 
15. — bicolor nov. Sp. 59. — triquetra GEMM. 

16. _ Sarthacensis Dest. 60. - Caroli GEM. 

I7e — Ewaldi Opp. 61. — Dalmasi Den. 

18. — mutabilis Opp. 62. — inversa Opp. 

1E), — subnumismalis Dav. 63. — subfurcillata nov. Sp. 
20. _ numismalis Lam. 64. — ef. f. indet. ParoxA 
21. — Waterhousi Dav. 65. — sp. ind. 

22. _- Tharwieseri nov. Sp. 66. _ sp. nov. 

23. — Furlana Zur. 67. Spiriferina rostrata SCHLOTH. 

24, _ venana Nov. Sp. 68. — ceordiformis nov. Sp. 
25. _ apeninica ZımT. 69. — saximontana nov. Sp. 
26. — ovimontama nov. SP. 70. — globosa nov. Sp. 

27. _ Fuggeri nov. sp. 71. — Sylvia GEMM. 

28. Rhynchonella variabilis ScHLoTH. 72. = af. capuliformis SEst. 
29. — Briseis GeuM. 73. —_ Salomoni nov. Sp. 

lo); — Zitteli Geum. 74, _ gryphoidea UHt. 

öl. _ Zugmayeri GEUN. 75. — cfr. alpina Ope. 

32. — efr. Orsinii GEMM. 76. - nov. sp. aft. alpina Opp. 
33. — Saneti Hilarii nov. sp 77 semieircularis nov. Sp. 
34. — SordellĂŒ Par. 78. _ obtusa Oper. 

Eh} _ subdiscoidalis nov. sp 79 — sicula GEMM. 

36. — subpectiniformisnov.sp 80. = angulata Op. 

37. _ fraudatrixz nov. sp. 31. —  Darwim Gem. 

38. — Paolii Can. 32. — segregata DI STEF. 
39. _ Stachei nov. Sp. S3. Koninckodonta Fuggeri Bırın. 
40. _ subeostellata Gem. 84. — Geyeri Bırın. 

41. — efr. latifrons Stur 85. — Eberhardi Bırzn. 
42, _ sublatifrons nov. Sp. 86. Amphiclinodonta liasina Bırın. 
43. — flabellum Men. 37. — Bittneri nov. Sp. 
44, _ Greppini Opp. 


Unter den 87 aufgezÀhlten Arten befinden sich 29 neue, wobei ich die nicht benannten ausser Acht 
lasse. Um nun zu sehen, wie sich unsere nordalpine Brachiopodenfauna des mittleren Lias zu den Faunen 
anderer LocalitÀten verhÀlt, stelle ich in der beigegebenen Tabelle sÀmmtliche bekannte Arten, sowie die neuen, 


Ueber den mittleren Lias der nördlichen Ostalpen. 153 


soweit sie aus anderen FundplÀtzen beschrieben sind, zusammen, und gebe ihr Vorkommen im mittleren und 
unteren Lias Italiens und der Alpen an. Eine weitere Rubrik zeigt welche Arten auch im Lias der mittel- 
europÀischen Provinz, also hauptsÀchlich in Deutschland, England und Frankreich, vorkommen, wobei ich nicht 
bloss die Litteratur, sondern auch die in der MĂŒnchener Sammlung vorhandenen Arten berĂŒcksichtigt habe. 


Unterer Lias Mittlerer Lias 
1: OT oe n a | © © Ar | © ii 
Mittlerer Lias deı S s |33 ee: | ir a es 
undilmen ass: > 
= 3 SZ S as FoE 3 2= = E58 
1. Terebratula punctata Sow.. . ö | + = ze + | —_ IE | —L = 4 
2, —_ sphenoidalis (Mex.) Can. _ = — = en en + ZI 
9. = cerasulum v. ZITTEL . . = _ —+ | —n2 = 
4. — Adnethensis SuEes . . — | +? _ _ = | 
ab — Erbaönsis Suss . . . — _ Ob.Lias — a, 
6. _ Gozzanensis Par. . 0 _ +? — |. — — — . — = | — 
7 _ Aspasia MEN... . . Er oe Au ıL AL ee ar 
8. — cf. nimbata Orr. . . .» _ — — — —ı Ze 
9. — ovimontana BösE . . . I — — — — ger 42 ı = | a 
10. Waldheimia Mariae D’ORe. . er: + — — _ | L 
il, — Sarthacensis DESL. . . — + u | — — — — | + 
12. _ Ewaldi Opr. Fe Al | L = 1 
13. — mutabilis Opp. . ; — — + N — — — Be a? | Z 
14. — subnumismalis Dav. . . — — | | | ? p) 2 I 
15; _ numismalis Lam. . | AR | | eu 
16. — Waterhousi Dav.. . . de) — . | = 
17% n— Furlana v. ZinTeL ? — | | — =+ w zn FR > 
18. — apeninica v. ZITTEL . — = — — 
19. Rhynchonella variabilis SCHLOTH. . | | eu + ? + en 
20 == Briseis GEM. . . . | | + 1.2 = | wie 
@ile — Zitteli GENM. 6 = —? u — _ le 0 |: 
22. n Zugmayerti GEMM. . . —- | — + + _ _ — — | Je I 
23. _ efr. OrsinĂŒi GENM.. . —_ —_ | + =: 
24. = Sordellii Pan. . . . _ B| | ger en u % 
28. — fraudatrix BösE . . | | | | | | 
26. —_ BDaoliĂŒ Can. . 2.2. +? u En Dr 
27. — subcostellata GENM. — en) | | | >= = 
28. — efr. latifrons STUR + + — — — A - | 
29. _ flabellum Men. 6 — — a N — — | u AL | ar 
30. —_ Greppini Orr. . . . + | _ Ar — = — — El | 
3l. _ polyptycha Opr. + | + ? — = - | — zu 4 ar 
32. — quinqueplicata ZIET. . _ | + 
33. — ptimoides DI STEF... . = — | WE — = Ne + | — 
34. —_ Glyeinna Gew. . . — | | | —) | — + — 
35. — Scherina GENM.. . . = = ı | = — — + (| + > 
36. —_ SInatanSOWE — = = | = == AL — | — == 4 
37. —_ StoppanĂŒ PAR. . . . = _=- | = — — — + | — — a 
38. — sejuncta BösE . . . = _-— 0 —_- ll — — en | (= de 
39, — triquetra GEMM. °. . | _ — u > — 


Palaeontographica. Bd. XLIV. 20 


154 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Unterer Lias Mittlerer Lias 

: eg & © | © 

Mittlerer Lias der 8 3 ee | a Ioceldaaı © 38 Eines 

Nordalpen € Zee = Bere = je 8 

z a sH 2 En en 3 (7) Ein | un el 
40. Rhynchonella Caroli Grun. + 1 + — — BEN |. == 
41. — Dalmasi Dvm. — | — — er AL U 
42. —_ inversa Orr. . a — = em Ri + ar 
43. — cf. £. ind. Par. . —_— | + — — er see Bu. | — 
44. Spiriferina rostrata SCHLOTH. . + + + 4 + + = a a ge 
45. — Sylvia GEMM. — _ — D| | — IL | — 
46. — aft. capuliformis SESU. . _ — = ul Sn es N 
47. — gryphoidea Uurie . — —? En —_ + A| + ne 
48. —_ cfr. alpina Orr. 4 A | es au N Er ir +). 
49. _ obtusa Orr. . SL + + _ zu — |, de — | #+ 
50. — sieula GEMM. = In ae | A 
51. _ angulata Oper. . g= Pr | sr ae — —-— | + ı | — 
52. u Darwini Gemm. + a — | | —. ee | 2 
53. — __ segregata DI STEF. . _ — — ln 
54. Koninckodonta Geyeri Bıtın.. . . — — + | = | = | = 
55. _ Eberhardi Bırın. + — | _ — — —a, | _—ı — 
56. Amphielinodonta liasina Bırrz. . Er | Seele — _ = | — | Zr — | = 


| 

Unter den aufgefĂŒhrten Arten befindet sich eine grosse Anzahl, welche sowohl im unteren wie im 
mittleren Lias vorkommt. Zum Theil sind dies Formen, welche hauptsÀchlich dem unteren Lias angehören 
und nur in wenigen oder nicht sicher bestimmbaren Exemplaren vorhanden sind, dahin gehört Ter. punctata, 
T. efr. nimbata, Rhynch. cfv. latifrons, Rh. Greppini, Rh. polyptycha, Rh. Caroli, Spir. cfr. alpina, Spir. 
obtusa, Spir. angulata, Spir. Darwini, Koninckodonta Eberhardi, Amphiclinodonta liasina. Zu einem weiteren 
Theil sind es auch Formen, welche im Mittellias ihre Hauptentwicklung haben und aus dem unteren Lias 
nur spÀrlich bekannt sind, z. B. Ter. cerasulum, Ter. Aspasia, Waldh. Mariae, W. Sarthacensis, W. apeninica, 
Rh. PaolĂŒ, Rh. flabellum, Rh. Scherina, Spir. sicula. Wieder andere Formen finden sich sowohl im unteren 
wie im mittleren Lias hÀufiger: doch bleibt uns immerhin eine ganze Reihe von Formen, welche nur dem 
mittleren Lias angehören. Bevor ich auf diese, als die eigentlichen „Leitfossilien“ eingehe, muss ich eine 
kurze Bemerkung ĂŒber die Fauna von Saltrio und Arzo machen. Ich habe schon vor einigen Jahren darauf 
hingewiesen, dass diese Brachiopodenfauna sehr viele unterliasische Formen enthÀlt; daneben sind, wenn auch 
bedeutend in der Minderzahl, mittelliasische aufgezÀhlt, wozu u. A. T. Adnethensis Surss gehört, welche 
bisher nur aus dem mittleren Lias bekannt geworden ist. Ich selbst habe im Museum von Pavia sowie in 
einer von Dr. Söstz gesammelten Collection nur unterliasische Arten gesehen; sollte da vielleicht eine Ver- 
mischung zweier Faunen durch den Sammler stattgefunden haben? Dergleichen ist ja nicht selten, habe 
ich doch selber in einer Collection vicentinischer EocÀnfossilien Doggerbelemniten aus Franken gefunden! 
Bei Saltrio kommt nun auch sicher oberer Lias vor, wÀre es da nicht wohl möglich, dass in dem rothen 
Kalk zwei Brachiopodenfaunen enthalten wÀren ? Ich muss einstweilen diese Fragen unentschieden lassen, 
doch habe ich in der Tabelle jedes Vorkommen im unteren und mittleren Lias, soweit es sich um Saltrio 
und Arzo handelt, stets als fraglich angegeben. 


Ueber die VerwandtschaftsverhÀltnisse zwischen den mittelliasischen Brachiopoden-Arten etc. 155 


Eine weitere Bemerkung verdienen die Faunen von Sospirolo und Set. Cassian. Man hat diese meistens 
als unteren Lias angesehen; im Allgemeinen fehlen dort jedoch die gewöhnlichen Formen des Hierlatzkalkes. 
Ein Theil des weissen Kalkes vom Piz Lavarella bei Set. Cassian ist aber sicher mittelliasisch; ich habe dort 
selber Zih. variabılis und Rh. Briseis in typischen Exemplaren gesammelt. Da nun die Fauna von Sospirolo 
fast ganz dieselben Arten aufweist wie die von Set. Cassian, so halte ich beide fĂŒr mittelliasisch; die gleiche 
Anschauung hegt ĂŒbrigens auch Canavarı. Nach dieser Abschweifung will ich zu der AufzĂ€hlung der fĂŒr 
den Mittellias bezeichnenden Formen ĂŒbergehen; es sind: Ter. Adnethensis, T, Gozzanensis, T. ovimontana, 
Waldh. numismalis, W. Furlana, Rh. variabilis, Rh. Briseis, Rh. Zitteli, Rh. Orsinii, Rh. SordellĂŒ, Rh. frau- 
datriw, Rh. quinqueplicata, Rh. ptinoides, Rh. Glyeinna, Rh. serrata, Rh. StoppanĂŒ, Rh. sejuncta, Rh. tri- 
quetra, Rh. Dalmasi, Spir. gryphoidea, Spir. segregata. Am hÀufigsten und an den meisten LocalitÀten, 
wenigstens der Nordalpen, vorkommend, sind 7. Adnethensis, T. Gozzanensis und Rh. variabilis, welche 
ausserdem sehr charakteristische Arten sind, und somit sich zu „Leitfossilien“ vortrefflich eigenen. Bei den 
beiden HauptfundplÀtzen, Schafberg und Kramsach, der in dieser Arbeit beschriebenen Fauna ist ja ein Be- 
weis dafĂŒr, dass sie in den mittleren Lias gehören, unnöthig, weil dies bereits durch die Ammoniten gezeigt 
wird; aber die charakteristischen Brachiopoden sind als Leitfossilien desshalb wichtig, weil an den meisten 
Àrmeren LocalitÀten Ammoniten selten oder gar nicht vorkommen und die Lamellibranchiaten sich kaum zur 
Altersbestimmung eienen. 


Ueber die VerwandtschaftsverhÀltnisse zwischen den mittelliasischen Brachiopoden-Arten 
und denjenigen Ă€lterer und jĂŒngerer Schichten. 


Obgleich im folgenden Theil bei jeder Art darauf hingewiesen ist, welche andere ihr am nÀchsten 
steht, so ist eine Zusammenstellung von Formenreihen oder Sippen doch nicht ĂŒberflĂŒssig, da bei der grossen 
Anzahl der vorkommenden Arten nicht leicht eine Uebersicht gewonnen werden kann. Hierbei sind nun 
manche der von RoruptÂŁrz aufgestellten Reihen zu ergĂ€nzen oder zu berichtigen. Auch RoraprLerz’ System 
ist natĂŒrlich ein kĂŒnstliches, da es sich nur auf Ă€ussere FormenĂ€hnlichkeit stĂŒtzt; aber wie soll ein natĂŒrliches 
aufgestellt werden, da wir bei den meisten Arten das Innere nicht kennen? Nun findet sich allerdings bei 
den jurassischen Terebrateln und Waldheimien nur eine geringe VariabilitĂ€t des ArmgerĂŒstes, und meistens 
lĂ€sst sich die Gestalt des GerĂŒstes aus der Gestalt des GehĂ€uses ableiten, es ist ja z.B. bekannt, dass die 
nucleaten Waldheimien ein bedeutend lĂ€ngeres und breiteres GerĂŒst haben als die uniplicaten oder eincten. 


Trotzdem ich die MĂ€ngel, welche dem System RorupLÂŁrz’ vorgeworfen werden, sehr wohl erkenne, 
schliesse ich mich diesem doch an, weil es bisher, wenigstens fĂŒr die Jura-Brachiopoden, das einzige prak- 
tische ist. Ich behalte also die grossen Gruppen bei und Àndere nur an den Sippen, wo es nothwendig ist. 
Ausserdem will ich hier keineswegs ein allgemeines System aufstellen, sondern nur, wie schon der Titel dieses 
Abschnittes besagt, auf die VerwandtschaftsverhÀltnisse der mir vorliegenden mittelliasischen Brachiopoden 
hinweisen. 


Terebratula punctata Sow. und T. Salisburgensis mihi gehören in die Sippe der T. punctata, und 
finden in jĂŒngeren Schichten ihre Verwandte in 7. Havesfieldiensis Dav. und T. trilineata Priwn. Auffallend 
ist jedoch die merkwĂŒrdig dĂŒnne Schale der 7. Salisburgensis, eine Schale, welche wir hauptsĂ€chlich in der 
Gruppe „Pygope“ beobachten. Trotzdem 7. sphenoidalis Mrx. nach Rorspuerz’ System in die Gruppe der 


156 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


„Cincten“ gehört, können wir sie doch nicht gut von 7. pumetata trennen, um so mehr als es nicht einmal 
sicher ist, ob sie nicht eine blosse VarietÀt der 7. pumectata darstellt. 

Zu der Sippe Ter. vitrea gehören T. ascia Gr. und T. gracikicostata mihi, doch dĂŒrfen wir nicht 
ausser Acht lassen, dass beide gestreift sind; sie sind desshalb wohl in eine Nebenreihe dieser Sippe zu 
bringen, falls es nicht angezeigt wĂ€re fĂŒr die gestreiften Terebrateln eine besondere Gruppe aufzustellen, 
welche sich als Gruppe der Striaten an die Gruppe der Costaten schliessen mĂŒsste; doch sind bisher zu 
wenige gestreifte Formen bekannt, als dass man Sippen fĂŒr eine solche Gruppe schaffen könnte. 

Zur Gruppe der Cincten gehören 7. Adnethensis Surss, T. Erbaönsis Suzss und T. cerasulum Zırmr. 
Die beiden ersteren gehören einer Sippe an und haben im Dogger die T. laticora Orr. als nÀchste Formen- 
verwandte; vielleicht wÀre es richtig die Triangwlus-Sippe als eine Nebenreihe der Adnethensis-Sippe zu 
betrachten, so dass der 7. Adnethensis Suess die 7. bilobata Zırr. beigeordnet wĂŒrde. T. cerasulum hat 
ihre Verwandte im Dogger, nÀmlich T. Erycina Gemm., wobei ich mehr Gewicht auf die Gestalt des Schnabels 
als auf die kugelige Form des GehÀuses lege; nebengeordnet ist ihr im mittleren Lias 7. globulina Dav. 

Aus der Gruppe der Nucleaten haben zwei Sippen in unserem Material Vertreter. Der Nucleata- 
Sippe gehören T. Aspasia Mex. und T. cf. nimbata Opp. an; als Nebenreihe möchte ich die Vespertilio-Sippe 
abtrennen, welche sich durch den zungenförmig verlÀngerten Wulst der grossen Klappe auszeichnet; dahin 
gehören die mittelliasische 7. chrysilla Uur. und die T. vespertilio Bösz des unteren Doggers. Der Sphenoidea- 
Sippe sind 7. Gozzanensis und T. ovimontana zuzutheilen, welche im Dogger ihre Verwandte in 7. fylgia 
Orr. finden. 

Der Gruppe der Biplicaten ist 7. Schlosser mihi zuzutheilen; sie gehört in die Dorsoplana-Sippe 
und schliesst sich an 7. gregariaeformis Zug=m. im RhÀt und 7. Euplasta Rot#pLerz im Dogger an. 

Unter den Waldheimien gehört W. Sarthacensis Desz. zur Sippe der W. elliptica der Gruppe der 
Uniplicaten. Zur Gruppe der Cincten gehören W. bicolor mihi und W. Mariae vD’Ore. und zwar beide zur 
Pentagonalis-Sippe. 

Zur Gruppe der Cornuten gehört eine ganze Reihe von Arten, und zwar zur Cornuta-Sippe: W. 
numismalis, W. submumismalis, W. mutabilis und W. T’hurwieseri mihi; zur Digona-Sippe: W. Waterhousi; 
diese Gruppe lÀsst sich schwer von derjenigen der Cincten trennen, weil bei den einzelnen Arten einete und 
cornute VarietÀten vorkommen. 

Ebenfalls zur Gruppe der Nucleaten gehören mehrere Arten und zwar zur Impressa-Sippe: W. ape- 
ninica Zırr. und W. ovimontana mihi; zur Carinata-Sippe W. Fuggeri mihi. Eine weitere Sippe ist aufzu- 
stellen, dazu gehören W. Furlana Zırr. und W. oenana mihi, welche sich durch einen flachen, breiten Sinus 
der kleinen Klappe auszeichnen; vielleicht gehört auch W. Ewald: dazu. 

Bei den Rhynchonellen lĂ€sst sich RoTHPpLETZ Eintheilung kaum durchfĂŒhren, wenn man nicht un- 
endlich viele Arten machen will. Semilaeves und Laeves kann man nicht trennen, weil an einer Art beide 
Berippungsweisen vorhanden sein können; gerade wie dies bei Spiriferina und Rhynchonellina der Fall ist. 
Vielleicht wĂŒrde man am besten beide Gruppen zu einer Gruppe der Laeves-Semilaeves vereinigen und in 
dieser Sippen aufstellen. Zu dieser Gruppe haben wir nun eine ganze Reihe von Arten des Mittellias zu 
rechnen; nÀmlich zur Bipartita-Sippe: Rh. atlaeformis mihi, zur Acuta-Sippe: Rh. diptycha mihi und Rh. 
ptinoides vı Ser. Gar nicht unterzubringen sind Rh. PaolĂŒi Can., Rh. Stachei mihi und Rh. altesinuata, 
Formen, welche einander nahe stehen. Zh. altesinuata liesse sich zur Noth an die Acuta-Sippe oder Triplicosa- 


Ueber die VerwandtschaftsverhÀltnisse zwischen den mittelliasischen Brachiopoden-Arten etc. 157 


Sippe anschliessen, je nachdem man die glatten oder die berippten Formen als Typus ansieht. Rh. Paolii 
ist jedoch sicherlich der Vertreter einer eigenen Sippe, zu welcher im mittleren Lias noch Rh. Stachei mihi 
und Rh. fraudatrix gehören; in der Trias hat sie ihren Vertreter in Rh. familiaris Bırıx. und Rh. Coulanti 
Bırın., im Dogger in Rh. brentoniaca Opp. R 

Sehr schwierig unterzubringen ist ferner der Formenkreis der Rh. Scherina Gemm. Dass ein Extrem 
dieser Gruppe die Ah. StoppaniĂŒ Par., das andere aber Rh. pseudo-scherina mihi bildet, lĂ€sst sich kaum 
leugnen, weil diese Formen durch Rh. Glyeinna Gemm. und Rh. Scherina miteinander verbunden sind. Nach 
RoTHPLETZ' System aber ist Ah. Stoppanii zur Subundata-Sippe (Undata-Sippe RoturLerz), zu eben dieser 
auch Ah. margarıtati mihi zu stellen, Rh. Scherina Gemm. und Rh. pseudo-scherina mihi etwa zur Serrata- 
Sippe, und Rh. Glyeinna Gemm. findet ĂŒberhaupt keinen Platz, wenn man sie nicht zu den Rimosen stellen 
will. In Wirklichkeit gehören aber diese Arten nebeneinander, da sie, wie im folgenden Theil auseinander 
gesetzt ist, durch UebergÀnge miteinander verbunden sind. Die Gruppe der Rh. Scherina hat im unteren Lias 
ihre Vertreter in der Gruppe der Rh. GĂŒmbeli Opp., wenigstens steht Rh. pseudo-scherina dieser Art sehr nahe. 

Uebrigens fehlt bei Rotuprerz in der Gruppe der Costaten mit seitlichen Areolen eine Sippe, bei 
welcher auf der kleinen Klappe ein deutlicher Wulst entwickelt ist; dahin gehören Rh. BiĂŒseis, Rh. Zitteli 
und die von mir im Text citirte Form aus dem Lias von Ofterdingen; doch ist zu beachten, dass eine 
solche Sippe sich nur schwer von der Serrata-Sippe wird trennen lassen, da auch in dieser hÀufig ein un- 
deutlicher Wulst entwickelt ist. 

Rh. Greppini Orr. und Rh. polyptycha Orr. sind ebenfalls in die Serrata-Sippe einzureihen. 

Wiederum gar nicht unterbringen lassen sich Rh. flabellum Mex., Rh. Hagaviensis mihi und Rh. 
triquetra GEmM. Am besten wĂŒrden sie sich wohl noch an Rh. Magni Rorkpı. anschliessen oder als be- 
sondere Sippe aufzufassen sein. In Wirklichkeit schliessen sie sich nahe an Rh. latifrons Stur und Rh. 
sublatifrons mihi an, trotzdem bei der ersteren die Lateralfelder fehlen und bei der letzteren diese sehr kurz 
sind. Ueberhaupt ist die Unterscheidung einer Untergruppe mit Areolen und einer ohne Areolen praktisch 
kaum durchzufĂŒhren, da zwischen Beiden Formen mit kurzen Areolen und solche mit mehr oder weniger 
langen Lateralfeldern stehen; ja es können sogar bei einer einzigen Art diese VerhÀltnisse sehr stark wechseln. 
RorHrLeErz hilft sich dadurch, dass er die kurzen Areolen, wie z. B. die der Rh. belemmitica ganz unbe- 
achtet lÀsst. 


Ich habe diese Bemerkungen hier nur gemacht, um zu rechtfertigen, dass ich in Beziehung auf die 
Eintheilung der Rhynchonellen ganz darauf verzichten muss, die in dieser Arbeit beschriebenen Arten in dem 
System ROTHPLETZ’ unterzubringen; erst sobald dieses System viel mehr Formen umfassen und bedeutend 
erweitert sein wird, wird sich eine Systematik der jurassischen Rhynchonellen durchfĂŒhren lassen. Ich 
begnĂŒge mich desshalb damit, hier kurz auf die Verwandten der uns vorliegenden Rhynchonellen, soweit 
sie bekannt sind, hinzuweisen. 

Rh. variabilis Schtota. schliesst sich nach unten an Rh. belemnitica Qu. und Rh. sp. innom. ex aft. 
varlabılis SCHLOTH. (BITTNER, Brach. des alpinen Trias 1890, p. 264, Taf. 127, Fig. 26) an, welche letztere 
Art sich der Ah. belenmitica viel mehr nÀhert als der Rh. variabilis ScaLor#. Im Dogger finden wir eine 
nahe Verwandte in der Rh. Vigilii Lers. Rh. Briseis Grmm. und Rh. Zitteli Gemm. sind wohl ebenfalls als 
nahe Verwandte der Rh. variabilis ScHLoTH. aufzufassen, nÀhern sich jedoch schon mehr der Rh. Fraasi Opr. 
Vertreter dieser Reihe im Dogger sind mir nicht bekannt. 


158 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Rh. Zugmayeri Gsmm., welche auch im unteren Lias vorkommt, darf wohl als VorlÀuferin der Rh. 
prava Rorupr. angesehen werden. Rh. Sancti Hilarii mihi ist als Verwandte des Rh. concinna Sow. auf- 
zufassen, schliesst sich aber andererseits auch an Rh. plicatissima Qu. an. In die Reihe der Rh. coneinna Sow. 
gehört auch Rh. SordellĂŒ; Rh. subdiscoidalis mihi und Rh. subpeetiniformis mihi dĂŒrften ebenfalls hierher 
gehören, sie schliessen sich in der Gestalt an die flache VarietÀt der Ah. Vilsensis Orr. an. Rh. fraudatris 
mihi, Rh. Paolii Can. und Rh. Stachei mihi schliessen sich an die triadische Rh. Coulanti Bırry. und Rh. 
familiaris Birrn. an, sie haben im Dogger die Rh. brentoniaca als Verwandte; im unteren Lias findet sich 
Rh. Paolii Cax. selbst und eine nahestehende Art, ausserdem ist Ah. laevicosta Stur formverwandt. Rh. 
subeostellata Gemm. ist innig verknĂŒpft mit Rh. plicatissima Qu., doch ist mir aus dem Dogger keine 
nÀhere Verwandte als Rh. mutans Rorupr. und Rh. pugilla Rorupr. bekannt. Rh. latifrons Stur, Rh. sub- 
latifrons mihi, Rh. flabellum Men. gehören einer Formenreihe an, welche sich fast in allen Stufen des Jura 
findet, doch sind nur wenige dieser Formen aus höheren Schichten beschrieben worden; sicherlich gehört 
hierher Rh. Bösei Borro-MıccaA aus dem Unteroolith. 

Die VerwandtschaftsverhÀltnisse der Rh. Greppini Opr. und Rh. polyptycha Orr. sind bereits bei 
GeEyER und Roruprerz ausfĂŒhrlich behandelt worden, aus der Trias sind mir keine Ă€hnlichen Formen be- 
kannt, mit Ausnahme vielleicht der Rh. Fuggeri Bırıy., welche der Rh. Fraasi Orr. verwandt ist, diese 
aber ist eng verbunden mit den beiden vorher erwÀhnten Arten des Hierlatzkalkes. Diese Formen treten 
auch, wie hier gezeigt worden, im mittleren Lias auf; auf die nahe Verwandtschaft mit Rh. serrata hat 
Rorseuerz bereits hingewiesen. 

Rh. quinqueplicata Zier. findet in der Trias ihre Verwandte in der Rh. austriaca Suzss, im Dogger 
und oberen Jura sind verschiedene Vertreter dieser Sippe vorhanden. Eine grössere Anzahl von Formen 
umfasst die Gruppe der Rh. Glyeinna; die VerwandtschaftsverhÀltnisse zwischen Rh. Glycinna Gemm., Rh. 
pseudo-scherina mihi, Rh. Scherina Gemm., Rh. StoppanĂŒi Par. und Rh. margaritati mihi sind im beschreibenden 
Theile bereits ausfĂŒhrlicher besprochen worden. Rh. margaritati mihi findet ihre Verwandte in der Rh. 
subundata Rortzer. des unteren Lias; der Rh. pseudo-scherina mihi steht die Rh. GĂŒmbeli Oprsn und der 
Rh. Glyeinna die Rh. forticostata BorckH nahe; nahe Verwandte aus der Trias sind mir nicht bekannt, eine 
oberflÀchliche Aehnlichkeit besteht zwischen den besprochenen Formen und der Rh. alteplecta BoEcKkH aus 
- dem Muschelkalk, ferner ist etwa eine VarietĂ€t der Rh. Concordiae Brrrx. aus dem Dachsteinkalk anzufĂŒhren. 
Aeusserlich wĂŒrden sich einige Halorellenarten der Rh. pseudo-scherina nĂ€hern, aber der Cruralapparat sowie 
die Schnabelbildung sind verschieden. 

Rh. margaritati mihi leitet ĂŒber zur Gruppe der Rh. altesinuata mihi. Diese umfasst Eh. atlae- 
formis mihi, Rh. altesinuata mihi, Rh. diptycha mihi und vielleicht noch Rh. ptinoides pı Ster., d. h. glatte 
Formen, welche zuweilen an der Stirn Falten haben, die man jedoch nicht als Rippen bezeichnen kann. Im 
mittleren Lias ist die Rh. MariottĂŒi Zırr. der Rh. diptycha mihi nahestehend. In der Trias sind Ă€hnliche 
Formen nicht sehr selten, so gehört z. B. schon Rh. trinodosi Bırry. aus dem Muschelkalk hierher; diese 
Reihe reprÀsentirt die Formen mit regelmÀssiger Faltenbildung, auf der andern Seite aber ist den glatten 
Formen kaum eine triadische Art sehr nahestehend, allenfalls könnte man Rh. angulifrons Brrrn. und Rh. 
assoeiata Bırrs. aus dem HallstÀtterkalk zum Vergleich heranziehen. Dagegen finden wir in höheren Schichten 
sehr Àhnliche Formen und zwar ist von Rh. atlaeformis mihi die Rh. Atla Orr. kaum zu unterscheiden; an 
Rh. diptycha schliesst sich Rh. cynocephala BucH. aus dem unteren Dogger an. B 


Ueber die VerwandtschaftsverhÀltnisse zwischen den mittelliasischen Brachiopoden-Arten etc. 159 


Eine ganz isolirt dastehende Form ist die Rh. sejuneta mihi; verwandte Formen in tieferen oder 
höheren Schichten sind mir nicht bekannt. 

Rh. triquetra Gem. und Rh. Hagaviensis mihi gehören einer Gruppe an, welche im unteren Lias 
vielleicht durch Rh. palmata Opp. vertreten wird; nahestehende triadische Arten sind mir nicht bekannt. 
Aus alpinem Dogger liegt mir dagegen eine noch unbeschriebene Species vor, welche der Rh. Hagaviensis 
recht nahe steht. 

Rh. Caroli Gemm. und Rh. Dalmasi Dum. gehören zur Gruppe der Rh. retusifrons Opp.; diese Reihe 
hat in der Trias einen typischen Vertreter: die Ah. misella aus dem HallstÀtter Kalk. Auch in höheren 
Schichten finden sich verwandte Formen, so z. B. im Dogger die Rh. Etalloni Opr. 

Von der Gruppe der Fr. inversa Orr. scheint in der Trias keine berippte Form bekannt zu sein, 
da die von RorTHpLETZz mit Rh. inversa verglichene Rh. retrocita Svess nach Birtser ein Terebratulide 
(Nucleatula) ist. Dagegen ist die im Text als RA. nov. sp. beschriebene Form, welche zur Gruppe der 
glatten nucleaten Formen gehört, nahe verwandt mit einer Reihe von triadischen Formen, ganz besonders 
mit Rh. Serajevana Bırry. aus dem HallstÀtter Kalk von Bosnien. In höheren Schichten finden wir Ver- 
wandte von beiden Formenkreisen der nucleaten Rhynchonellen; im Dogger z. B. Rh. micula Orr. und Rh. 
supinifrons Rorupr., Rh. retrosinuata Vao., Rh. Benacensis RoturL. 

Aus der Gruppe der Rimosen,- zu welcher auch Rh. subfureillata mihi gehört, hat bereits Roturuerz 
zahlreiche Arten aufgefĂŒhrt, so dass weitere Bemerkungen ĂŒber diese Gruppe kaum nöthig sind; erwĂ€hnen 
will ich jedoch, dass man, wenn man rein kĂŒnstlich abtheilen wollte, auch Rh. Glyeinna und Rh. Scherina 
hierherziehen mĂŒsste. Diese Formen sind jedoch mit Rh. pseudo-scherina etc. so nahe verwandt, dass man sie 
von diesen Arten nicht zu Gunsten eines Eintheilungsprinzips loslösen und in eine andere Gruppe stellen kann. 

Es bliebe uns nun noch ĂŒbrig die VerwandtschaftsverhĂ€ltnisse der Spiriferinen und der Koninckiniden 
zu besprechen. Leider kennen wir aber von dem inneren Bau der meisten Spiriferinen so gut wie nichts, so 
dass ich es heute fĂŒr unmöglich halte, einigermaassen richtige Sippen zusammenzustellen. Im Uebrigen ist ĂŒber 
die meisten der im Text beschriebenen Arten schon Vieles durch GEYER und RoruprÂŁrz beigebracht worden. 

Die Koninckiniden sind von BiTTner so genau untersucht worden, dass ich mich auf die im folgenden 
Theil gemachten Bemerkungen beschrÀnken kann. 

Sehr auffallend ist der Umstand, dass eine grosse Reihe von Formen des mittleren Lias ganz Àhnlich 
solchen des mittleren Doggers ist, ja manchmal sind die Brachiopoden der beiden Horizonte fast gar nicht 
zu unterscheiden, wie z. B. Kih. atla und Rh. atlaeformis. Dieses VerhĂ€ltniss ist um so merkwĂŒrdiger, 
als vermittelnde Formen im unteren Dogger im Allgemeinen nicht bekannt sind. Dabei ist die Aehnlichkeit 
z. B. zwischen einer Reihe von Formen der Klausalp mit solchen des Schafberges so frappant, dass man 
zuweilen glauben möchte, es lÀgen falsche Fundortsangaben vor, wenn nicht die Aufsammlungen von der 
Klausalp und vom Schafberg beide sehr sorgfĂ€ltig ausgefĂŒhrt und die meisten Arten nicht auch von anderen 
Orten bekannt geworden wÀren. Diese Àhnlichen Arten sind durchaus nicht indifferente Formen von langer 
Lebensdauer, sondern charakteristische Gestalten, wie Rh. Paolii, Rh. Stachei, Rh. atlaeformis, T. Adenthensis, 
T. Gozzamensis etc. Man sollte Mittelformen um so eher fĂŒr bekannt halten, als ja die Brachiopodenfauna 
des unteren Doggers viel artenreicher als die des mittleren ist. In Wirklichkeit fehlen jedoch solche Mittel- 
formen vollkommen. 


Palaeontologischer Theil. 


— 


. Veber die mittelliasischen Brachiopoden der östlichen Nordalpen. 


Terebratula Krem. 


Terebratula punctata Sowerer. — 12 Exempl. 


1884. Terebratula punctata Paroxa, I brachiop. di Saltıio e Arzo etc. p. 249, Taf. III, Fig. 16—25, Taf. IV, Fig. 1—14 
(17, 18, 19?; non 15, 16). 


1889. — — GEYER, Ueber die lias. Brachiopoden des Hierlatz (Abh. der k. k. geolog. Reichsanstalt) 
p- 111, Fig. 1—3, 6—10, 12—16 cum syn. 
1392. _ —  Bösrz, Die Fauna der lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang (Jahrb. der k. k. geol. 


Reichsanstalt), p. 632, Taf. XIV, Fig. 4, 5. 


Von dieser Art liegt mir, ausser einigen Exemplaren des Typus und der VarietÀt Andleri Orr. die 
VarietÀt ovatissima QuExst. vor, allerdings in sehr mangelhaft erhaltenen Exemplaren. Ferner fand sich 
bei Kramsach ein StĂŒck, welches auffallend mit der von Parona (l. e.) Taf. 3, Fig. 24 abgebildeten Form 
ĂŒbereinstimmt. Beide Schalen sind ziemlich stark gewölbt, sie berĂŒhren sich, sowohl auf den Seiten wie an 
der Stirn, unter einem sehr stumpfen Winkel; in der Stirnregion treten krÀftige Anwachsstreifen auf. Der 
Schnabel hat deutliche Kanten; in der Schlossregion liegt die Commissur in einer Einsenkung, so dass eine 
Art von Areole entsteht. 

Auffallend ist, dass 7. pumctata Sow. im mittleren Lias der Nordostalpen Àusserst selten vorkommt, 
wÀhrend sie doch in der Hierlatzfacies des unteren Lias dominirt. Vielleicht ist 7. punctata die Stammform 
fĂŒr mehrere Arten des Mittellias, welche weiter verbreitet und durch eine grössere Anzahl von Individuen 
vertreten sind, wÀhrend der Typus sich nur noch in wenigen Nachkommen erhielt. 


Fundorte: Mariathal und Hilariberg bei Rattenberg; Vorderthiersee bei Kufstein; Hinterschafberg 


bei Ischl, MĂŒnichsee. 


Terebratula sphenoidalis (Mey.) Cavavarı. — 3 Exempl. 


1880. Terebratula sphenoidalis (Mex.) Cawavarı, I brach. d. strati a T. Aspasia Me. nell’ Apennino centrale (Mem, 
R. Accad. dei Lincei Roma), p. 14, Taf. I, Fig. 5, 6. 


Die drei vorliegenden Exemplare zeigen einen ovalen Umriss, in einer Ebene liegende Commissuren, 
ziemlich gleichmÀssig gewölbte Klappen, eine stÀrkere Aufwölbung in der Wirbelgegend der kleinen Klappe 
und einen sehr kleinen Schnabel, der keine Kanten aufweist. Durch diese Eigenschaften nÀhern sie sich 
der T. sphenoidalis (Mxn.) CavAvarı so sehr, dass eine IdentitÀt beider Formen ziemlich sicher ist. Anderer- 
seits muss allerdings bemerkt werden, dass man diese Art kaum von jugendlichen Exemplaren der 7. punetata 


Terebratula Adnethensis Suess. 161 


Sow. unterscheiden kann, so dass ihre SelbstÀndigkeit nicht ganz ausser Zweifel steht. Was GEMMELLARO ! 
und Pırona° als 7. sphenoidalis Mex. abbilden gehört zu ganz anderen Formen; ich stĂŒtze mich auf die 
Abbildungen Canavarr's, weil diesem die Originale Mexecninr's vorlagen (siehe auch 7. orimontana mihi). 


Fundorte: Oberer Burgaugraben am Attersee; GrĂŒnsee am Schafberg. 


Terebratula cerasulum Zırrer. — (Ca. 50 Exempl. 


1869. Terebratula cerasulum Zırtet, Geol. Beobachtungen aus den Centralapenninen (Geognostisch-palaeontologische 


BeitrÀge, herausgegeben von Benxecke 11°), p. 125, Taf. 14, Fig. 5, 6. 


1894, — —  .Fucısı, Fauna dei Calcari bianchi ceroidi con Phylloceras cylindricum del Mte. Pisano 
(Atti Soc. tosc. di Scienze nat.), p. 72, Taf. VII, Fig. 17. 
1894. = —_ PHiLıppson und Sıeıyuann, Ueber das Auftreten von Lias in Epirus (Zeitschrift der 


Deutschen geologischen Gesellschaft), p. 124, Taf. XI, Fig. 6. 


Diese kleine charakteristische Art ist durch zahlreiche Exemplare vertreten. Sie weisen den cha- 
rakteristischen Schnabel auf, welcher vollkommen auf die kleine Klappe herabgebogen ist, so dass das Foramen 
verdeckt wird. Die Stirnlinie ist bei einem grösseren Exemplar etwas gegen die Klappe eingekrĂŒmmt. Die 
kleine Schale ist bedeutend schwÀcher gewölbt als die grosse und zeigt am Wirbel eine kleine AufblÀhung. 

Vom GrĂŒnsee (Schafberg) liegen mir einige Blöcke rothen Kalkes vor, welche grössere Mengen von 
typischen Exemplaren der 7. cerasulum enthalten; dies ist bisher der einzige bekannte reichere Fundplatz. 

T. cerasulum kommt nach Fucısı schon im unteren Lias Italiens vor; nach seinen Abbildungen liegt 
ihm thatsĂ€chlich entweder die Ă€chte 7. cerasulum oder eine nahe verwandte Art vor. Auch in jĂŒngeren 
Schichten finden sich Àhnliche Arten; so beschreibt z. B. GEMMELLAROŸ eine 7. Erycina, welche in der Ge- 
stalt und in der Schnabelbildung der 7. cerasulum Àusserst nahe steht; als Unterschiede sind hervorzuheben 
die bedeutend grössere Gestalt, die weniger starke Wölbung der grossen Klappe, womit die weniger kugelige 
Form zusammenhÀngt, und der kleinere Schnabel der 7. Erycina; diese Art wurde aus dem mittleren Dosger 
(Schichten mit Posidonomya alpina Gras) beschrieben. 


Fundorte: GrĂŒnsee am Schafberg; oberer Burgaugraben am Attersee. 


Terebratula Adnethensis Surss. — Mehrere 100 Exempl. 
Taf. XI, Fig. 1—6, 9. 


1855. Terebratula Adnethensis Suess, Die Brachiopoden der HallstÀtter Schichten (Denkschrift der K. Academie 
Wien, Bd. IX), p. 31. 


1858. — prumus Storpans, Studij geologici e paleontol. sulla Lombardia. Appendice, p. 405 (nach ParonA). 

1869. — adnethica GÜNBEL, Geognostische Beschreibung des bayerischen Alpengebirges, p. 171. 

1884. _ _ Haus, BeitrĂ€ge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von SĂŒdtirol und Venetien, 
p- 23, Taf. 3, Fig. 2. 

1884. _ _ PAronA, I brachiop. di Saltrio e Arzo etc. p, 252, Taf. 5, Fig. 3—6. 


! GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liassiche 1874, p. 62, Taf. X, Fig. 16—19. 
Âź Parona, Revisione della Fauna liasica di Gozzano 1892, p. 41, Taf. II, Fig. 13. 
Âź GEMMELLARO, Sopra aleune faune giuresi e liasiche della Sicilia 1874, p. 152, Taf. XX, Fig. 8, 9. 


Palaeontographica. Bd. XLIV. al 


162 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfanna der östlichen Nordalpen. 


Diese Art kommt bei Rattenberg nur in wenigen Exemplaren vor, abundirt jedoch am Schafberg. 
Da eine genaue Beschreibung bisher nicht existirt, gebe ich hier eine solche, um so mehr als die Species 
einen grossen Formenreichthum aufweist, und in meinem Material alle Altersstadien vertreten sind. 
Umriss: breit dreiseitig bis hoch dreiseitig, die Stirnseite ist zuweilen in einem 
I 1 Bogen mit grossem, zuweilen in einem solchen mit kleinem Radius ge- 
krĂŒmmt, manchmal ist die Form gegen den Schnabel hin flaschenhals- 
artig ausgezogen. 
Commissur: auf der Seite mehr oder weniger stark geschweift, an der Stirn 
gerade oder gegen die kleine Klappe schwach eingekrĂŒmmt. 
Grosse Klappe: krĂ€ftig gewölbt bis ziemlich flach, die stĂ€rkste KrĂŒmmung 
liegt in oder etwas ĂŒber der Schalenmitte. Sinus oder Wulst fehlen. 
Kleine Klappe: flach bis mĂ€ssig gewölbt, die stĂ€rkste KrĂŒmmung liegt ĂŒber 
der Schalenmitte; zuweilen zeigt sich eine AufblÀhung am Wirbel. Wulst 
Brachialapparat von oder Sinus fehlen. 
NETTER AUNEIODERS: Areolen: zuweilen vorhanden, hĂ€ufiger sind solche StĂŒcke, bei denen sie fehlen; 
nicht selten sind Lateralfelder vorhanden. 

Schnabel: krĂ€ftig aber schmal, nicht sehr hoch, stark gekrĂŒmmt und auf die kleine Klappe herabgezogen, 
so dass das Deltidium fast ganz oder vollstÀndig verdeckt ist. Das Foramen ist gross und rund. 
Innere Merkmale: ZahnstĂŒtzen der grossen Klappe und Medianseptum der kleinen fehlen; das ArmgerĂŒst ist 

die gewöhnliche, kurze Terebratelschleife. 


Wie bereits bemerkt variirt die Art ausserordentlich, so auch besonders in der Weise, wie die Schalen 
aneinander stossen; zuweilen ist der Winkel stumpf, dies geht so weit, dass die Schalen unter mehr als 
180° zusammenkommen, so dass sie eingebogen erscheinen, wie dies besonders auch bei 7. Erbaönsis SuEss 
vorkommt. Ferner sind die GehÀuse oft hoch und flach, hoch und dick, breit und flach, breit und dick. 
Um derartige Variationen in den GrössenverhĂ€ltnissen ĂŒbersichtlich darzustellen, gebe ich hier einige Maasse: 

I DI TTV EV, al ne NAT IDX x 
Höhe: 41,7 46,7 34,9 40,0 34,0 44,9 43,0 35,0 37,2 36,3 mm. 
Breite: 43,7 45,3 35,8 37,7 33,7 36,17 32,8 833,7 30,8 40,2 
Dicke: 26,0 27,0 24,5 205 16,0 184 20,9 16,0 22,5 245 

Diese Tabelle gibt natĂŒrlich nur eine kleine Reihe der in Wirklichkeit vorhandenen VarietĂ€ten und 
kann auch nicht ausdrĂŒcken, wie der Umriss in anderer Hinsicht wechselt. Ein solches Variiren findet vor- 
zugsweise im oberen Drittel des GehĂ€uses statt, welches bald flaschenhalsartig zusammengedrĂŒckt, bald breit ist. 


” 


” 


Eine ganz eigenartige VarietÀt fand sich unter dem Material von Rattenberg, leider aber nur in 
einem einzigen Exemplar, Immerhin ist das StĂŒck so abweichend gestaltet, dass ich eine besondere Be- 
schreibung davon zu geben nicht unterlassen kann: 


Umriss: breit dreiseitig, die Breite ist fast doppelt so gross wie die Höhe. 

Commissur: an den Seiten geschwungen, an der Stirn gerade, die Seiten weisen tiefe Areolen auf. 
Grosse Klappe: ziemlich gewölbt. 

Kleine Klappe: weniger gewölbt als die grosse. 


L- 


Terebratula Adnethensis Stuess. 163 


Schnabel: nicht vollstÀndig erhalten, doch, wie man aus dem Rest sehen kann, krÀftig und mit zwei Kanten 
versehen, welche sich bis zur Stirn herabziehen. 

Innere Merkmale: unbekannt. 

Dimensionen: Höhe 15 mm, Breite 20,4 mm, Dicke 9,5 mm. 

Dass die VarietÀt wirklich zu 7. Adnethensis zu stellen ist, beweist der Umstand, dass sie in allen 
Einzelheiten mit Ausnahme des Umrisses gut mit dieser Art ĂŒbereinstimmt; ĂŒbrigens sind uns ja auch Ă€hnliche 
Variationen der 7. triangulus und T. diphya bekamnt. 

T, Adnethensis wurde von Suess in seiner Arbeit ĂŒber die Brachiopoden der HallstĂ€tter Schichten 
aufgestellt und zwar gelegentlich der Beschreibung der Rhynchonella longicollis. Im Schlussabsatz vergleicht 
er diese mit anderen Arten und bemerkt an jener Stelle: „..... und endlich erinnere ich an die merk- 
wĂŒrdige Terebratula, in welcher ich einst irrthĂŒmlich eine blosse Missgestaltung von 7. diphiya vermuthete 
(Sitzungsbericht der k. Acad. VII, Taf. XXXI, Fig. 18, 19), die ich jedoch jetzt, nachdem mir ein zweites 
Exemplar aus dem Lias von Adneth zugekommen ist, fĂŒr eine selbstĂ€ndige Art halte und 7. Adnethensis 
nenne.“ Die Art, auf welche Suzss hier anspielt, ist aber 7. Brbaönsis Suess!, so dass er diese fĂŒr identisch 
mit 7. Adnethensis hÀlt. 1858 gab Sropranı der mittelliasischen Art den Namen 7. prumus (nach PArona). 
1861 fĂŒhrte GÜMBEL sie unter dem Namen 7. adnethica auf, in welcher Namengebung ihm Zırreu 1869 
(l. e.), Parona und Haas 1884 (l. c.), Rorteprerz 1886 (Vilser Alpen, p. 28, 73, 78) folgten; letzterer setzt 
aber als Autornamen „GÜmßEL“ hinzu. Die Stelle bei Surss scheint sehr wenig bekannt zu sein, da sie 
meines Wissens bisher niemals eitirt wurde; alle Autoren berufen sich vielmehr auf GĂŒmgen. Da kein Grund 
besteht, den ursprĂŒnglichen Namen 7‘. Adnethensis in T. adnethica umzuwandeln, so fĂŒhre ich die Art hier 
wieder unter dem richtigen Namen auf, welcher ĂŒbrigens auch nicht, wie Parona (l. c.) meint, jĂŒnger als 
der von Srtoppanı gegebene (7. prumaus) ist. 


Was nun die 7. Erbaönsis Surss betrifft, so lÀsst sich diese Art nur Àusserst schwer von T. Adne- 
thensis unterscheiden; in dem grossen mir vorliegenden Material sind alle UebergÀnge zwischen den beiden 
Arten vorhanden, so dass man vielleicht gut thĂ€te zu der ursprĂŒnglichen Anschauung Suess’ zurĂŒckzukehren, 
und 7. Erbaönsis etwa als VarietÀt von 7. Adnethensis aufzufassen. 

T. Adnethensis ist nahe verwandt mit 7. Euganeensis Pıcrter?, welche sich hauptsÀchlich durch die 
Gestalt des Schnabels, sowie die EinschnĂŒrung der Stirn unterscheidet; doch ist zu bemerken, dass Ă€hnliche 
VerhÀltnisse der Schnabelregion auch bei jungen Exemplaren der 7. Adnethensis vorkommen. Ferner Àhneln 
manche der jugendlichen Individuen der vorliegenden Art auffallend der 7. gerda Orp., wesshalb RoTHPLETZ 
(Vilser Alpen, p. 7, 8) solche jungen Exemplare als 7. n. sp. aft. gerda Opp. auffĂŒhrt. 

Auch in Àlteren Schichten kommen Formen vor, welche der 7. Adnethensis sehr nahe stehen, dahin 
gehört z. B. T. Bittneri GEYER?, welche möglicherweise als Vorfahre unserer Art aufzufassen ist. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Rothe Wand bei Vallepp, Ramsau, Fagstein, Kammerkihr 
(Steinplatte), Hinterschafberg, Oberer Burgaugraben am Attersee, Nordwand bei Hotel Schafberg, Ostwand 
bei Hotel Schafberg, GrĂŒnsee, Feuchteneck, Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee, 


* Zırret, Geol. Beobachtungen aus den Central-Apenninen 1886, p. 135, Taf. 15, Fig. 5—10. 

2 Pıorer, Melanges paleontologiques 1863—1868, III. Etudes mon. des Terebr. de la groupe de la T. diphya, p. 182, 
Taf. 34, Fie. 5—10. 

¼ Geyer, Lias. Brachiopoden des Hierlatz, p. 11, Taf. I, Fig. 36; Taf. II, Fig. 1—2. 


164 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Terebratula Erbaönsis Suess. — 3 Exempl. 


1567. Terebratula Erbaönsis Pıcıer, Melanges pal&ontologiques IH. Etudes monogr. des Terebratules de la groupe 
de la 7. diphya, p. 184, Taf. 33, Fig. 8. 
1869. _ E= Zırıev, Geol. Beobachtungen aus den Central-Apenninen, p. 135, Taf. 15, Fig. 5—10. 
1867—81. — — MexzsHint, Mon. des Fossiles du calcaire rouge ammonitique (Lias superieur) de Lom- 
bardie et de l’Apennin central (in Stopranı Paleontologie lombarde IV), p. 165, Taf. 
XXIX, Fig. 6—8. 
Mir liegen drei typische Exemplare vor; sie lassen sich durch die seitlich comprimirte, langhalsige 
Form von der nahestehenden 7. Adnethensis Swess unterscheiden. Ob nun die drei Exemplare thatsÀchlich 
aus dem mittleren Lias stammen, lÀsst sich nicht mit Sicherheit nachweisen; sie wurden zusammen mit den 
meisten ĂŒbrigen Fossilien des Fagsteins von einem frĂŒheren PrĂ€parator des MĂŒnchener Museums gesammelt. 
Das Gestein unterscheidet sich etwas von demjenigen, aus welchem z. B. T. Adnethensis stammt. 
Fundort: Fagstein bei Berchtesgaden. 


Terebratula Salisburgensis nov. sp. — 7 Exempl. 
MafoxT, Bio Te 
Eine schöne, grosse Art, welche in einigen wohlerhaltenen GehÀusen vorliegt, liess sich mit keiner 
bekannten Species vereinigen. Die FormenverhÀltnisse sind folgende: 

Umriss: hochoval. 

Commissur: auf der Seite gerade, an der Stirn durch zwei laterale Knickungen gegen die kleine Schale 
gehoben. 

Grosse Klappe: krÀftig gewölbt, in einer medianen, ziemlich breiten FlÀche fast eben, von dort ab nach den 
Seiten hin steil abfallend. 

Kleine Klappe: weniger gewölbt als die grosse; auch hier findet sich eine mediane, ebenere FlÀche, welche, 
vom Wirbel ausgehend, sich zur Stirn hinabzieht und dort die Breite des zwischen den Knickungs- 
stellen liegenden Theiles der Stirnlinie einnimmt; von dieser FlÀche fÀllt die Schale gegen die Seiten 
steil ab. > 

Anwachsstreifen:: krÀftig, besonders in der Stirnregion. 

Areolen: fehlen. 

Schnabel: gross, krĂ€ftig, stark gekrĂŒmmt, ohne Schnabelkanten. Deltidium verdeckt, Foramen gross und rund. 

Innere Merkmale: bei einem zersprungenen Exemplare zeigte sich eine grosse Terebratelschleife. 

I u 
Dimensionen: Elohee 2 25 a7.6Emm: 
Breiter 12 s2 7 ale 
Dicker syn 5 DDr 
Von T. Gozzanensis Par. unterscheidet sich unsere Art durch die Gestaltung der kleinen Klappe 
sowie des Stirnrandes, durch dieselben Merkmale auch von 7. punctata Sow. Am nÀchsten stehen 7. trr- 
lineata Youxe and Bırp! und 7. Havesfieldiensis Dav.”, von denen sich unsere Art durch den kleinen Schnabel 


! Davıpsox, Mon. of fossil Brachiopoda 1876, Bd. IV, p. 128, Taf. XVI, Fie. 1, 2; Bd. I 1851, Taf. VII, Fig. 6, 7. 
2 Davınson, 1. c. Bd. IV, p. 132, Taf. XVI, Fig. 3—5. 


Terebratula Gozzanensis PARONA. 165 


sowie den weniger elliptischen Umriss unterscheidet; ĂŒbrigens hat 7. Havesfieldiensis auch scharfe Schnabel- 
kanten. Diese letztere Art möchte ich nicht wie Davınsox als VarietÀt der 7. pimetata auffassen, sondern 
als eigene Art, da sie sich gut durch die Gestalt der kleinen Klappe, sowie der Stirnlinie unterscheidet. 


Fundort: Hinterschafberg. 


Terebratula Gozzanensis Parona. — Mehrere 100 Exempl. 
Taf. XI, Fig. 8, 10—12. 
1880. Terebratula Gozzanensis Parona, Il calcare liassico di Gozzano e i suoi fossili (R. Accad. dei Lincei), p. 12, 
Taf. I, Fig. 8. 
— Sismondai idem, p. 13, Taf. I, Fig. 9. 


1834. —_ Gozzanensis ParoxA, I brachiopodi liassiei di Saltrio e Arzo (R. Accad. dei Lincei), p. 252, Taf. V, 
Fig. 12. 
1392. —_ = ParoxA, Revisione della fauna liassica di Gozzano (R. Accad. dei Lincei di Torino), 


p. 42, Taf. II, Fig. 14—17. 


Diese von ParonAa beschriebene, wohl charakterisirte Art findet sich bei Kramsach in einigen 
Exemplaren, welche vollkommen mit denjenigen von Gozzano ĂŒbereinstimmen. Die kleineren Formen stehen 
derjenigen VarietĂ€t, welche Paroxa frĂŒher als 7. Sismondai abtrennte, sehr nahe, die grössere bildet den 
Uebergang zum Typus der Art. Die feinen, weit stehenden radialen Streifen sind auf sĂ€mmtlichen StĂŒcken 
nd zwar sowohl auf der Schale wie auf dem Steinkern sichtbar. 


Am Schafberg ist 7. Gozzanensis sehr hĂ€ufig, doch sind seltener ganz vollstĂ€ndig erhaltene StĂŒcke 
zu finden; auch ist die Streifung meistens nicht so deutlich sichtbar wie an den von Kramsach stammenden 
Exemplaren, was mit der schlecht erhaltenen SchalenoberflÀche zusammenhÀngt. 


Immerhin aber lÀsst sich durch die grosse Anzahl von Individuen eine noch Fig. 2. 
grössere VariabilitÀt der Art erkennen, als aus den Abbildungen und Beschrei- 
bungen Parona’s zu entnehmen ist. Nicht nur wechselt der Umriss zwischen N 


subpentagonal und suborbicular, sondern auch Stirnlinie und Seitencommissuren 
sind in ihrer Gestalt verÀnderlich. An einigen Exemplaren ist die Stirneommissur 
in einfacher Curve gegen die grosse Klappe eingesenkt, bei anderen wird diese 


: Se 3 ur Brachialapparat von 
Einsenkung durch scharfe seitliche Knickungen hervorgebracht. Bei jungen In- 


Terebratula Gozzanensis. 
dividuen ist die Einsenkung zuweilen nur angedeutet, zuweilen aber auch sehr 


deutlich; selbstverstÀndlich wechselt auch in allen Stadien die Tiefe der Einsenkung. Die Seitencommissuren 
sind vielfach geschweift, in anderen FĂ€llen aber ganz gerade. Unter den jungen Individuen finden sich auch 
ganz flache GehÀuse mit kreisförmigem oder querelliptischem Umriss, welche man fast zu eimer anderen 
Species stellen möchte, wenn sich nicht alle UebergÀnge zum Typus fÀnden. 


T. Gozzanensis Par. schliesst sich nahe an 7. F'ylgia Opr.! aus dem mittleren Dogger der Klaus- 
schichten an, so nahe, dass sich manche StĂŒcke der beiden Arten kaum von einander unterscheiden lassen. 
Verschieden ist hauptsÀchlich der Schnabel, welcher bei 7. Fylgia weiter vorgezogen und schlanker ist, auch 


! Orrer, Ueber das Vorkommen von jurassischen Posidonomyengesteinen in den Alpen 1863 (Zeitschr. der Deutschen 
geologischen Gesellschaft), p. 205, Taf. V, Fig. 5, 4. 


166 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


krÀftigere Kanten besitzt, ausserdem neigt diese Art mehr zu einem dreiseitigen Umriss; auch hat sie im 
Allgemeinen bedeutend geringere Grösse. 


Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg, oberer Burgaugraben, GrĂŒnsee, Höhe zwischen 
Feuchteneck und Schwarzensee, Feuchteneck '/« Stunde von Schwarzensee, Ostwand bei Hotel Schafberg. 


Terebratula ascia Gırarp. — Mehrere 100 Exempl. 
Taf. XII, Fig. 3—8, 10—13. 
1843. Terebratula ascia GirarD, Briefliche Mittheilung im Neuen Jahrb. fĂŒr Min. p. 479, Taf. II, Fig. 5. 


In Uebereinstimmung mit ScHLosser beziehe ich den Namen 7. ascia auf eine bei Kramsach in 
grossen Mengen vorkommende Form. Ist auch Beschreibung und Abbildung bei GırRArD Àusserst mangelhaft, 
so lĂ€sst sich doch aus einzelnen Angaben ĂŒber die Commissur, WölbungsverhĂ€ltnisse ete., sowie die AuffĂŒhrung 
des Fundortes Schwaz schliessen, dass unsere Form mit der von 
GIRARD beschriebenen identisch ist. Auch MĂŒnster bestimmte Exem- 
plare vom Hilariberg als 7. ascia GIR. Die Gestalt dieser Art ist 
eine sehr wechselnde, doch sind auch die extremsten Formen durch 
UebergÀnge verbunden. Ich fand folgende Merkmale: 


Fig. 3a. 


FiĂŒnfmalige Ver- 


_ grösserung der Umriss: bei ausgewachsenen Exemplaren fĂŒnfseitig, bei jĂŒngeren hoch- 
Schalenverzierung. L el Nest en, : a sk; 
i 2 x 
Brachialapparat von Terebratula ascia. oval, doch besitzen einzelne VarietÀten eine fast dreiseitige 
Gestalt. 


Commissur: an den Seiten bogenförmig gekrĂŒmmt und in scharfer Curve in die Schlosslinie verlaufend; an 
der Stirn gehoben und nach jeder Seite mit scharfem. Knicke in die Seitencommissuren ĂŒbergehend; 
zwischen den Knickungsstellen ist die Stirncommissur geradlinig. Bei jungen Exemplaren ist die Seiten- 
commissur ganz schwach gekrĂŒmmt, die Stirncommissur fast gar nicht gehoben, so dass die Knickungs- 
stellen ganz wegfallen. 

Grosse Klappe: meist ziemlich stark gewölbt, am Schnabel stÀrker, in der Mitte und gegen die Stirn hin 
gleichmÀssig sanft gegen die Seiten abfallend, eine Wulst- oder First-Àhnliche Medianerhöhung fehlt. 

Kleine Klappe: fasf ebenso stark gekrĂŒmmt wie die grosse Klappe. In der NĂ€he der Stirn sind zwei laterale 
Falten angedeutet, so dass dort ein schwacher Wulst entsteht. Bei jungen Exemplaren ist die kleine 
Schale bedeutend flacher als die grosse, auch fehlt dort der Wulst. 

Ornamentirung: auf beiden Klappen zeigen sich unter der Loupe sehr feine radiale Streifen, welche sowohl 
auf Steinkernen wie auf beschalten Exemplaren sichtbar sind. Sie lassen sich leicht von den viel 
weiter stehenden und krĂ€ftigeren GefĂ€sseindrĂŒcken des Steinkernes unterscheiden. Die Anwachsstreifen 
sind sehr eng und zart. 

Schnabel: sehr krĂ€ftig, stark gekrĂŒmmt, vorgezogen und nie breit gedrĂŒckt erscheinend; auf den Seiten mit 
krÀftigen Kanten versehen, so dass fast eine falsche Area entsteht. Die Schlosslinie ist stark gebogen 
und zeigt, von oben gesehen, eine auffallend starke Ausbuchtung. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe ist ein ganz feines Medianseptum sichtbar; das ArmgerĂŒst ist von 
der gewöhnlichen Terebratelschleife in keiner Weise abweichend. 


Terebratula gracilicostata nov. sp. 167 


I II III IV V VI 


Dimensionen: Höhesps > ES O6 A 295mm: 
Breite: KOT 1A 1 Aero 
Dicke: 12,7 a 7,5 O0 3, 


T. ascia GIR. hat eine gewisse Àussere Aehnlichkeit mit 7. Jauberti Desr.!, welche wahrscheinlich 
auch aus dem mittleren Lias stammt. 7. Jauberti ist aber breiter, der Schnabel ist kĂŒrzer und kleiner, 
die Ausbuchtung an der Schlosslinie fehlt, die Commissur ist weniger geschwungen und vor Allem fehlt die 
feine radiale Streifung der SchalenoberflÀche. Eine gewisse Aehnlichkeit mit einigen VarietÀten der 7. punc- 
tata, so vor allem mit der var. subpunetata Dav., lÀsst sich ebenfalls nicht verkennen; letztere Terebratel 
zeigt auch einen auffallend grossen und nach vorn gezogenen Schnabel, sowie die aufgebogene Stirn, doch 
ist der Umriss ein anderer und die feine radiale Streifung fehlt, was ich an zahlreichen deutschen, englischen 
und französischen Exemplaren zu constatiren im Stande war. 

Wie bereits Scauosser (Verh. der k k. geol. Reichsanst. 1895, p. 351) bemerkt hat, kommt die 
T. ascia bei Rattenberg hauptsÀchlich in einem weissen Gestein vor, welches nur diese Art enthÀlt. Da ist 
es denn sehr auffallend, dass auch am Schafberg die T. ascia in einem ganz gleichen Gestein, und zwar 
ebenfalls mit keiner anderen Art vergesellschaftet, vorkommt. Die StĂŒcke vom Schafberg lassen sich durch 
nichts von jenen aus den SteinbrĂŒchen bei Kramsach unterscheiden, es sind sogar alle VarietĂ€ten vorhanden. 
Ferner fanden sich einzelne StĂŒcke unserer Art zusammen mit Rh. Paolii Can. und T. Gozzanensis Par. 
in einem hellrothen Kalk vom Schafberg. Siehe den Nachtrag. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Thiersee bei Kufstein; Höhe zwischen Feuchteneck und 
Schwarzensee am Schafberg (weisser Kalk); MĂŒnichsee am Schafberg (rother Kalk). 


Terebratula gracilicostata nov. sp. — Mehrere 100 Exempl. 
Taf. XII, Fig. 9, 14—24. 


Die hier zu besprechende neue Form erfĂŒllt das Gestein eines einzigen Blockes bei Kramsach, neben 
ihr kommen dort hauptsÀchlich Waldheimien vor. 


Umriss: dreiseitig bis subpentagonal. Fig. 4a. Fig. 4b. 
Commissur: an der Seite wenig geschwungen, an der Stirn etwas r N III 
gegen die kleine Klappe eingekrĂŒmmt oder geradlinig; selten © / 
ein wenig gegen die grosse Schale eingebogen. k EEE 
Grosse Klappe: ziemlich flach, ohne Sinus oder Wulst. en a a 
Kleine Klappe: ziemlich flach, meistens etwas weniger gekrĂŒmmt als costata. Schalenverzierung. 
die grosse. 


ÖOrnamentirung: die SchalenoberflĂ€che weist eine feine radiale Streifung auf, diese ist gröber als bei 7. ascia 
Gır., man kann sie mit blossem Auge noch erkennen. Die Streifen sind so angeordnet, dass zwischen 
zwei stÀrkeren je ein schwÀcherer steht. Gegen Stirn und Seiten hin treten krÀftige, dichtstehende 
Anwachsstreifen auf. 


" DestoxscHamps, Paleont. frangaise, Terr. jur., Brachiopodos 1883—64, p. 176, Taf. 45, Fig. S—11, Taf. 46, Fig. 1—4, 
Taf. 47, Fig. 14. 


168 Fmil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Schnabel: ziemlich gross, spitz, hoch, wenig gekrĂŒmmt, mit zwei krĂ€ftigen Kanten versehen. Die Schloss- 
linie ist gebogen, die kleine Schale spitzt sich gegen das Schloss hin stark zu. 
Innere Merkmale: Ein Medianseptum der kleinen Klappe konnte ich nicht beobachten; das ArmgerĂŒst ist 
eine kurze Terebratelschleife. 
I 0 III 


Dimensionen: Höher no sg pen 199mm: 
Breite: D14 SPS 0 
Dicker oO oe 


Diese Art unterscheidet sich von der vorhergehenden durch ihre geringere Grösse, den weniger hohen 
und weniger ĂŒbergebogenen Schnabel, durch die weniger geschweifte Seitencommissur, sowie die gröbere 
radiale Streifung. 7. gracilicostata steht im ĂŒbrigen sehr isolirt da, wenn sie auch in der Gestalt eine ge- 
wisse Aehnlichkeit mit jungen Individuen der 7. Edwardsi Dav. aufweist. Sehr auffallend ist das starke 
Hervortreten der Anwachsstreifen in der Stirnregion, wodurch auch bewirkt wird, dass die Schalen meistens 
unter sehr stumpfem Winkel aneinanderstossen. Wenn man auf die Berippung nicht achtet, so kann man 
T. graeilicostata leicht mit Waldh. Hertzi Hass verwechseln, doch beweist die kurze Schleife unserer Art 
die Zugehörigkeit zum Genus Terebratula. 


Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Terebratula Aspasia Men. — 15 Exemp!. 
1889. Terebratula Aspasia Gever, Liasische Brachiopodenfauna des Hierlatz bei Hallstatt (Abh. der k. k. geolog. 
Reichsanstalt Wien), p. 14, Taf. I, Fig. 13—15. 

Bei einigen der mir vorliegenden StĂŒcke lĂ€sst sich nicht mit Sicherheit entscheiden, ob sie zu Tere- 
bratula Aspasia oder zu T. nimbata gehören, welche letztere Art auch im mittleren Lias vorkommt. Von 
Rattenberg lÀsst sich nur ein einziges, allerdings sehr schön erhaltenes Exemplar mit völliger Gewissheit als 
T. Aspasia bestimmen, es weicht in keiner Beziehung vom Typus dieser Art ab. 

Vom Schafberg liegen dagegen mehrere gut bestimmbare StĂŒcke vor, ebenso einige vom Fagstein 
und aus der Ramsau (Steinberg). 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Fagstein bei Berchtesgaden, Mitterkaser am Steinberg bei 
Ramsau, Hinterschafberg, Ostwand bei Hotel Schafberg, Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee. 


Terebratula cf. nimbata Orper. — 1 Exempl. 
1889. Terebratula ef. nimbata GEYER, Lias. Brach. des Hierlatz etc. p. 13, Taf. II, Fig. 9—13. 


Ein einziges, nicht vollstÀndig erhaltenes Exemplar nÀhert sich in Folge seiner gedrungenen, schmalen 
Gestalt sehr der T. nimbata Opr. Leider ist das StĂŒck zu unvollstĂ€ndig, als dass es sich sicher bestimmen liesse. 


Fundort: Fagstein bei Berchtesgaden. 


Terebratula ovimontana nov. sp. 169 


Terebratula ovimontana nov. sp. — 12 Exempl. 
Taf. XII, Fig. 1—2. 
Einige GehÀuse, welche gewissen Jugendformen der 7. Gozzanensis nicht unÀhnlich sehen, sich aber 
gut von ihnen unterscheiden lassen, mussten als eine neue Art aufgefasst werden. 

Umriss: hochoval, stets höher als breit. 

Commissur: an der Seite gerade, an der Stirn in mehr oder weniger starker Curve gegen die grosse Klappe 
zurĂŒckgezogen, an einigen Exemplaren ist die Stirnlinie durch zweimalige 
Knickung gegen die grosse Klappe eingesenkt. Fig. 5. 

Grosse Klappe: mÀssig gewölbt, am stÀrksten in der Mitte, von der Medianlinie 
aus gegen die Seiten hin steiler abfallend. Vom Schnabel bis zur Stirn zieht 
sich eine breiter werdende, mediane Verdickung gegen die Stirn, welche man 
Kedoaı nad nieht Dis welt bezeichnen kann; gegen die Stirn hin löst sich an 
diese Verdickung in zwei sehr schwach angedeutete laterale Falten auf; bei Terebratula ovimontana. 
einem kleineren Exemplar fehlt jedoch diese wulstartige Verdickung fast ganz. 

Kleine Klappe: sehr flach, sie zeigt eine AufblÀhung in der NÀhe des Wirbels. Eine sehr breite, undeutlich 
begrenzte, mediane Einsenkung zieht sich von der Mitte bis zur Stirn, ausserdem zeigen sich entsprechend 
den Falten auf der grossen Klappe zwei sehr schwache laterale Einsenkungen, zwischen denen die 
Schale Àusserst wenig aufgewölbt ist, doch können die Einsenkungen auch fehlen, so dass nur ein sehr 
breiter und sehr flacher Sinus vorhanden ist. 

Ornamentirung: die Schalen sind mit sehr feinen, eng stehenden radialen Streifen verziert. 

Schnabel: hoch, spitz, gekrĂŒmmt, aber nicht auf die kleine Klappe herabgebogen, so dass das Deltidium frei 
liest. MÀssig lange, nicht sehr scharfe Schnabelkanten sind vorhanden. Das mÀssig grosse Foramen 
ist rund. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe sind zwei schwache Septen oder Leisten, welche wenig divergiren, 
vorhanden, doch lÀsst sich nicht sicher bestimmen, ob diese Leisten nicht blosse Verdickungen neben 
den MuskeleindrĂŒcken sind. In der grossen Klappe scheinen sich schwache ZahnstĂŒtzen zu befinden. 
Das ArmgerĂŒst ist eine kurze Terebratelschleife. 

I 01 III 
Dimensionen: IHöhers 2 >10 OKT EoNOEmImE 
Breiter AT 0 On Te 
Dicke: 9,6 ON 
Diese neue Art ist vielleicht identisch mit derjenigen, welche Paroxa! neuerdings als 7. sphenoidalis 

Men. abgebildet hat, doch hat nach Parona der Schnabel keine Kanten, auch scheint der Schnabel etwas 

grösser und breiter als bei unserer Art zu sein. Doch dĂŒrfte die Art Parona’s auch nicht zu T. sphenoidalis 

Men. gehören, denn die auffallenden Falten, sowie der Sinus mit der medianen Erhöhung auf der kleinen 

Klappe sind bei den Originalen Mexeeninr’s? nicht zu sehen. Ganz anders sehen auch wieder die StĂŒcke 

aus, welche GEmMELGARO ’ abbildet. Von diesen stimmt nur Fig. 16 mit den Abbildungen bei Cawavarı 


" Parona, Revisione della Fauna liasica di Gozzano etc. 1892, p. 41, Taf. II, Fig. 13. 
° Cawavarı, I brachiop. d. strati a T. Aspasia Men. nell’ Appennino centr. 1880, p. 14, Taf. II, Fig. 5, 6. 
° GEMMELLARO, Sopra alcune faune giur. e lias. etc. 1874, p. 62, Taf. X, Fig. 16—19. 


Palaeontographica. Bd. XLIV. 22 


170 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


ĂŒberein, welche allerdings kaum von jungen Exemplaren der 7. punetata zu unterscheiden sind. Hingegen 
zeigen Fig. 18, 19 in der Stirnregion der kleinen Klappe krÀftige, laterale Einsenkungen, welche jedoch 
ganz anders gestaltet sind als bei der Art Paroxa’s. Soweit man nach blossen Abbildungen urtheilen kann, 
haben wir es hier mit 3 Arten zu thun, nÀmlich: 7. sphenoidalis Mes. (Canavarı), 7. n. sp. (GEMMELLARO) 
und T. cf. ovimontana Böse (PAaronA). 

Bei T. ovimontana liess sich das Genus nicht ganz leicht bestimmen; die scharfen Schnabelkanten, 
das Vorhandensein eines scheinbar sehr krÀftigen Medianseptums (in Wirklichkeit zweier Septen oder Muskel- 
leisten), sowie das von ZahnstĂŒtzen deutete auf Waldheimia, erst beim Anschleifen stellte sich heraus, dass 
eine kurze Schleife vorhanden ist. Alle inneren Merkmale, so vor Allem die Beschaffenheit der Septen oder 
Leisten der kleinen Klappe, sowie der ZahnstĂŒtzen bedĂŒrfen noch einer genaueren Untersuchung, welche 
aber erst unternommen werden kann, wenn ein grösseres Material vorliegt. 

- Man könnte versucht sein 7. ovimontana als Jugendform der 7. Gozzanensis anzusehen, doch spricht 
dagegen die Gestalt des Schnabels und der grossen Klappe; allerdings tritt unter den jungen 7. Gozzanensis 
eine flache VarietĂ€t auf, welche grosse Aehnlichkeit mit 7. ovimontana hat, doch sind immerhin genĂŒgende 
Unterscheidungsmerkmale vorhanden. 

Der Form nach schliesst sich unsere neue Art an 7. Finkelsteini Böse! aus dem unteren Dogger 
von Cles an, unterscheidet sich jedoch durch die lÀnglichere Gestalt, sowie die weniger krÀftigen Falten auf 
der grossen Klappe, auch ist die kleine Klappe nicht so flach wie bei der Doggerform. 

Fundorte: Hinterschafberg, GrĂŒnsee. 


Terebratula Schlosseri nov. sp. — 30 Exempl. 
Taf. XII, Fig. 25, 27—29. 
Mir liegen 30 Exemplare einer Àchten, biplicaten Terebratel vor, welche sich mit keiner bekannten 
Art identificiren liess. 
Umriss: pentagonal bis hochoval. 
Commissur: an den Seiten geschweift, an der Stimm zweimal gefaltet und gegen die kleine Klappe vorgezogen. 
Grosse Klappe: ziemlich flach; ungefÀhr in der Mitte beginnen zwei Lateralfalten, welche sich, stÀrker wer- 
dend, bis zur Stirn hinabziehen. Zwischen den Falten befindet sich eine mehr oder weniger krÀftige 
mediane Einsenkung. 
SchalenoberflÀche: punktirt und ohne Verzierungen. 
Schnabel: ziemlich hoch, gekrĂŒmmt, mit grossem Foramen versehen. Deutliche Schnabelkanten begrenzen 
eine falsche Area. 
Innere Merkmale: in der kleinen Klappe ist ein deutliches Medianseptum sichtbar, welches aber nicht so 
krĂ€ftig wie bei Waldheimia ist. ZahnstĂŒtzen fehlen. Das ArmgerĂŒst besteht aus einer kurzen Schleife. 
I Il Ill IV 
Dimensionen: Höhe: 218,3, 0157322215 05552122 Emm: 
Breite: loss 31 A 
Dicke: 8,9 1m. 12 Ds 


! s. den Anhang zu dieser Arbeit. 


2 


Waldheimia bicolor nov. sp. 1lzAl 


Ich war Anfangs im Zweifel, ob diese Art nicht mit Waldh. Vernewili Dest. zu identificiren sei, da 
jedoch Dovvırır ' angibt, dass bei dieser Species eine lange Schleife vorhanden ist, so lÀsst sich wohl die 
generische Verschiedenheit nicht bezweifeln; ĂŒbrigens sind auch bei W. Vernewli 
die Schnabelkanten schÀrfer und das Septum krÀftiger. RoTHPLETZ? rechnet aller- » ug 
dings W. Verneuili noch zu Zerebratula, fĂŒhrt aber als Grund nur die Ă€ussere Aehn- 
lichkeit mit 7. vulgaris an, was meiner Anschauung nach nicht genĂŒgt. Dı STEFANo° 
beschreibt aus dem mittleren Lias Sieiliens W. Verneuili und hĂ€lt sie fĂŒr eine 
Ă€chte Waldheimia. en 

T. Schlosseri ist insofern von besonderem Interesse, als sie eine der wenigen orale SWEIDESEIER. 
Ă€chten Biplicaten im Lias ist. Sie schliesst sich auch ihrem inneren Bau nach viel 
mehr an die Biplicaten des Dogger’s als an die Reihe der 7. gregaria an, so dass wir in ihr wohl eine der 
Àltesten Jurabiplicaten zu sehen haben, wÀhrend 7. Zugmayeri, T. gregaria als die letzten Vertreter der 
Triasbiplicaten anzusehen sind. T. gregariaeformis schliesst sich an unsere Form an, sie hat schon ganz den 
inneren Bau der Jurabiplicaten. 

Verwandt mit unserer Art ist jedenfalls 7. faucensis Rorupr.*, doch unterscheidet sie sich durch 
den Mangel an Schnabelkanten, sowie durch die geringere Grösse des Schnabels. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Waldheimia (Kınc) Davınson. 


Waldheimia Mariae p’Org. — 3 Exempl. 

1892. Waldheimia Mariae Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, p. 638. 

Die kugelige Form mit den stark gewölbten, unter Àusserst stumpfem Winkel zusammenstossenden 
Klappen ist sehr charakteristisch. Die mir vorliegenden Exemplare sind nicht ganz so gross wie die von 
DesLonscHAmps abgebildeten, aber sie zeigen alle charakteristischen Merkmale. Der Schnabel ist klein und 
breit, sehr gekrĂŒmmt, spitzig, die Stirn ist abgestutzt und zeigt eine leichte EinschnĂŒrung; krĂ€ftige Anwachs- 
streifen treten in der NĂ€he der Seiten- und Stirneommissur auf. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Waldheimia bicoler nov. sp.” — Ca. 20 Exempl. 
15 2A 11, 1, 
Eine Waldheimia von ziemlich aufgeblÀhter Gestalt liess sich mit keiner bekannten Art identificiren; 
da schon die wenigen vorliegenden vollstÀndigen Exemplare mehrere VarietÀten zeigen, und der Typus recht 
charakteristisch ist, so halte ich es fĂŒr angezeigt, die Form mit einem neuen Namen zu belegen. 


! Douvırı#, Note sur quelques genres de brachiopodes (Terebratulidae et Waldheimidae) (Bull. soc. g&ol. de France) 
1879, p. 275. 

Âź Rorurrerz, Geol.-palaeont. Mon. der Vilser Alpen (Palaeontographica Bd. XXXIII) 1886, p. 106. 

Ÿ Dı Sterano, Il lias medio d. Mte. San Giuliano etc. (Atti d. Soc. Gioenia d. Sc. Nat. in Catania) 1891, p. 135, 
Taf. IV, Fig. 17—18. 

* RoturLerz, Vilser Alpen etc. 1886, p. 105, Taf. XIV, Fig. 8. 

° Diese Art wurde von mir zuerst als W. faba n. sp. bezeichnet (siehe SchLosser, Verh. der R.-A. 1895, p. 352), 


179 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Umriss: hochoval bis subpentagonal. 

Commissur: auf der Seite und an der Stirn gerade und in einer Ebene liegend. Nur an einem einzigen 
Exemplar zeigt die Stirnlinie eine ganz geringe Einbuchtung gegen die grosse Klappe, doch bin ich 
geneigt diesen Umstand fĂŒr unerheblich zu halten. 

Grosse Klappe: krÀftig gewölbt, ohne Sinus oder Wulst. 

Kleine Klappe: bedeutend flacher als die grosse Klappe, bei zwei Exemplaren ist eine ganz geringe, fast 
nicht wahrnehmbare Andeutung von lateralen WĂŒlsten vorhanden. 

Schnabel: breit, wenig hoch, nicht nach vorn ĂŒbergekrĂŒmmt. Schnabelkanten kurz und nicht sehr scharf. 
Schlosslinie in einer Ebene mit den Seitencommissuren; Foramen klein. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe befindet sich ein nicht sehr langes, krÀftiges Medianseptum. Zahn- 
stĂŒtzen vorhanden. ArmgerĂŒst unbekannt. 

I I III IV V VI 
Dimensionen: ek ae ler. ar 1 er ULB In, 
Breiter 130] ls Toro 
Dicken Se rs OLE SS ee 
Die vorliegende Form hat eine gewisse Aehnlichkeit mit einigen VarietÀten von W. Cadomensis Des. 

und W. Mariae »’Orz., doch ist bei diesen Arten der Schnabel viel stĂ€rker gekrĂŒmmt, auch fehlen bei W. 

bicolor n. sp. die krÀftigen Anwachsstreifen. Die VarietÀt mit der abgestutzten Stirn hat entfernte Aehn- 

lichkeit mit einer Form, welche Gryer! zu W. stapia Orr. rechnet, doch ist auch hier die Schnabelbildung 
eine ganz verschiedene. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, oberer Burgaugraben am Attersee, Hinterschafberg, Feuchten- 
eck, Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee, Ostwand bei Hotel Schafberg, Schwarzensee, GrĂŒnsee 
am Schafberg, Kammerkihr bei Waidring. 


Waldheimia Sarthacensis Des.. — 7 Exenp!. 

1892. Waldheinia Sarthacensis Böse, Lias Brachiopodenschichten bei Hindelang etc. p. 638. 

Die vorliegenden Exemplare sind typisch; sie zeigen den hohen Schnabel und die Aufbiegung der 
Seitencommissur in der Stirnregion. Die StĂŒcke unterscheiden sich nicht von denjenigen, welche ich seiner 
Zeit aus dem unteren Lias von Hindelang eitirt habe. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; GrĂŒnsee am Schafberg. 


Waldheimia mutabilis Orrer. — 57 Exenp). 
1889. Waldheimia mutabilis Geyer, Brachiop. d. Hierlatz, p. 18, Taf. II, Fig. 31—36, Taf. III, Fig. 1, 3—7 (Fig. 2°). 
1892. — — Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, p. 639. 
Eine in auffalllender Menge auftretende Waldheimia lÀsst sich von W. mutabilis nicht unterscheiden; 
fast alle VarietĂ€ten, welche Geyer abbildet, finden sich auch unter den mir vorliegenden StĂŒcken. Der 


da ich annahm, dass die von Sowsrgy aufgestellte T. faba als Jugendexemplar der T. biplicata zu betrachten sei; mittlerweile 
jedoch fand ich, dass Davınsox die von D’Orzısny auf die Sowergy’sche Art bezogene Form als besondere Species auffasst und 
zu Waldheimia stellt, so dass eine W. faba v’Ore. existirt; infolge dessen habe ich die mittelliasische Art umgenannt. 

! Geyer, Lias. Brachiopoden des Hierlatz etc. 1889, Taf. II, Fig. 28. 


Waldheimia Ewaldi Orper. 173 


Umriss wechselt zwischen fĂŒnfseitig und dreiseitig-schaufelförmig, der Schnabel ist hoch und spitzig. Zu- 
weilen zeigen beide Klappen mediane Depressionen, zuweilen keine, manchmal sind laterale Falten angedeutet. 
Gryer’s (l. c.) Fig. 2 auf Taf. III möchte ich fĂŒr W. cornuta halten; sie weicht durch die eckige 
Stirn sehr von der W. mutabelis ab. Dagegen möchte ich alle (bis vielleicht auf Fig. 10) von: demselben 
Autor als W. Choffati Haas abgebildeten Exemplare zu W. mutabilis stellen. Ueberhaupt dĂŒrfte ja wohl, 
wie schon RorHprerz (Vilser Alpen, p. 125) bemerkt hat, die SelbstÀndigkeit der W. Choffati nicht ganz 
unanfechtbar sein, jedenfalls wĂŒrde ich den Namen höchstens fĂŒr die unterliasische W. cor aufrecht erhalten. 
In Fig. 12 auf Taf. III bildet Geyer ein radial gestreiftes Exemplar ab. Leider wird nicht angegeben, ob 
diese Streifung auf der Schale oder auf dem Steinkern sichtbar ist; sollte sie sich auf der Schale befinden, 
so wĂŒrde ich das fĂŒr ein gutes Artmerkwal halten und das Exemplar jedenfalls nicht zu W. mutabilis stellen; 
wĂ€ren allerdings die Streifen nur auf dem Steinkern vorhanden, so könnte sie auch als GefĂ€sseindrĂŒcke auf- 
gefasst werden, worĂŒber aber nur nach einer Untersuchung des Originals entschieden werden könnte. 
Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Waldheimia Ewaldi Oprer. — 28 Exempl. 
1889. Waldheimia Ewaldi Geyer, Ueber die lias. Brachiop. des Hierlatz bei Hallstatt, p. 31, Taf. IV, Fig. 3-7. 


Diese im unteren Lias der Alpen so hÀufige Form hat sich unter dem mir vorliegenden Material 
in einer grösseren Anzahl von Exemplaren gefunden. Wir finden unter diesen fast alle bisher beschriebenen 
VarietĂ€ten. Zuweilen ĂŒbertrifft die LĂ€nge die Breite, manchmal ist das VerhĂ€ltniss umgekehrt. Die beiden 
Klappen sind meistens ziemlich gleichmÀssig stark gewölbt, bei der kleinen Klappe liegt die stÀrkste Auf- 
blÀhung gewöhnlich etwas oberhalb der Mitte, bei der grossen genau in der Mitte. Der Sinus der Brachial- 
schale beginnt hÀufig erst etwas unterhalb der Schlosslinie, er ist breit, wenig scharf begrenzt und weist 
nur selten eine scharfe mediane Tiefenlinie auf. Die Gestalt des Fossils ist breit schaufelförmig, darin sich 
der W. mutabilis Opp. nĂ€hernd. Der Schnabel ist ziemlich stark gekrĂŒmmt und nach vorn gezogen, die Kanten 
sind scharf aber kurz, sie verschwinden bereits im zweiten Drittel der Schnabelhöhe. Das Foramen ist klein; 
dass es sich spaltartig in das Deltium fortsetzt ist bei allen mir vorliegenden StĂŒcken darauf zurĂŒckzufĂŒhren, 
dass das Àusserste Ende des Schnabels fast immer ein wenig zerbrochen ist. Die radiale Streifung, welche 
Geyer erwÀhnt, habe ich bei keinem der gut erhaltenen Exemplare entdecken können, immerhin mag das 
darauf zurĂŒckzufĂŒhren sein, dass gewöhnlich die oberste Schicht der Schale bereits fehlt; solche radiale Strei- 
fung ist bei den mittelliasischen Waldheimien und Terebrateln ja im Allgemeinen nicht selten vorhanden. 

MerkwĂŒrdig ist das Vorkommen der W. Ewaldi im mittleren Lias; die gefundenen 28 Exemplare 
stammen aus einem einzigen Block, welcher nur wenige weitere Fossilien enthielt; diese aber waren typisch 
mittelliasische, so dass kein Zweifel ĂŒber das Alter der Schicht besteht. Aber in dem ganzen grossen Ma- 
terial, welches mir ausser diesem Blocke vorliegt, ist kein einziges typisches Exemplar der W. Ewaldi zu finden, 
ja die Waldheimien sind, am Schafberg wenigstens, ĂŒberhaupt nicht hĂ€ufig. Dass W. Ewaldi im mittleren 
Lias auftritt ist schon von verschiedenen Seiten berichtet worden, so z.B. von GEMMELLARO! und ParoxA°. 

Fundort: GrĂŒnsee am Schafberg bei Ischl. 


! GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia 1874, p. 69, Taf. X, Fig. 7—8. 
Âź Parona, Il calcare liassico di Gozzaxo e i suoi fossili 1880, p. 16, Taf. II, Fie. 3. 


174 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Waldheimia subnumismalis Davınsox. — Ca. S0 Exempl. 


1892. Waldheimia subnumismalis Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, p. 639. 


Die mir vorliegenden Exemplare stimmen zum grössten Theile genau mit den bei DESLONGCHAMPS 
(Pal. franc. terr. jur. Taf. 27—29) abgebildeten ĂŒberein. Der Umriss wechselt zwischen queroval und sub- 
pentagonal, die Klappen sind zuweilen ganz flach, zuweilen sehr stark gewölbt. Diejenigen VarietÀten, welche 
an der Hierlatzalm und bei Hindelang vorwiegend vertreten sind, nÀmlich die kreisrunden bis ovalen, flachen 
GehĂ€use (wozu auch vielleicht W. alpina Geyer |. c. Taf. III, Fig. 33—38 gehört), treten an unseren Locali- 
tÀten ganz in den Hintergrund; es dominiren vielmehr grössere Formen mit stÀrker gewölbten Klappen, 
schwach abgestutzter Stirn und leichter Depression in der Frontalregion der grossen Klappe (siehe DesLong- 
cHAMPS |. c. Taf. 28, Fig. 3—6, Taf. 29, Fig. 1, 2), doch fehlen solche Formen wie DESLONGCHAMES |. c. 
Taf. 29, Fig. 3—8 sie abbildet. Dem was ich an anderer Stelle bereits ĂŒber die Synonymie gesagt habe, 
möchte ich noch hinzufĂŒgen, dass wohl auch W. Baldacci Gemm.! und W. Cossae GEmm.? zu W. subnumis- 
malis zu rechnen sind; ich kann wenigstens keinen Unterschied finden. Wer einmal die zahlreichen, in so 
verschiedener Weise variirenden Exemplare aus dem französischen, englischen und deutschen Lias gesehen 
hat, wird an der Zusammengehörigkeit jener Formen kaum zweifeln können; ob allerdings die von Fucmt° 
als W. Cossae abgebildete Art auch hierher zu ziehen ist, kann ich nicht entscheiden, da das Exemplar 
zu klein und die Abbildung nicht als gelungen zu bezeichnen ist. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Vorderthiersee bei Kufstein, Fagstein bei Berchtesgaden, 
Hinterschafberg, oberer Burgaugraben, Feuchteneck, GrĂŒnsee, Ostwand bei Hotel Schafberg. 


Waldheimia numismalis Lamarck. — 1 Exempl. 
TarexTi Hi: 


1819. Terebratula numismalis LANARcK, Animaux sans vertebres, Bd. 6, No. 22. 
1863. Waldheimia _ DestoxGcHAuPs, Pal. franc. terr. jur. brachiop. p. 83, Taf. 5, Fig. 14; Taf. 9, Fig. 5; 
Taf. 12, Fig. 4; Taf. 13, Taf. 14, Fig. 15. 

Ein einziges, aber typisches Exemplar dieser Art liegt mir vor. Es hat einen fast kreisrunden Um- 
riss, ist aber an der Stirn ein wenig abgestumpft. Der Schnabel ist sehr niedrig und breit, krÀftige Zahn- 
stĂŒtzen sind vorhanden. Die kleine Klappe flacht sich gegen die Stirn hin in der Medianregion ab. Die 
grosse Klappe ist gleichmÀssig schwach gewölbt. Von W. subnumismalis unterscheidet sich das vorliegende 
Exemplar hauptsÀchlich durch die auffallend geringe Höhe des Schnabels. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Waldheimia Waterhousi Davınsox. — 47 Exempl. 
1892. Waldheimia Waterhousi Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, p. 637. 
Auch in den hier beschriebenen LocalitÀten treten dieselben VarietÀten wie bei Hindelang auf, 
nÀmlich solche mit einer Depression auf der kleinen Klappe und solche mit Depressionen auf beiden Schalen. 


! GEMMELLARO, Sopra ale. faune giuresi e liasiche della Sicilia, p. 416, Taf. XXXI, Fig. S—12. 

¼ Ibidem, p. 415, Taf. XXX, Fig. 13—17. 

3 Fucısı, Fauna dei Calcari bianchi ceroidi con Phyll. eylindricum del Mte. Pisano (Atti Soc. tosc. di Sc. Nat.) 1894 
p. 86, Taf. VII, Fig. 28. 


Waldheimia Thurwieseri nov. Sp. 175 


Im Allgemeinen stehen die Exemplare, welche ich zu W. Waterhousi rechne, denjenigen, welche zur nÀchst- 
folgenden Art gehören, sehr nahe. Wir haben es hier mit einem Formenkreis zu thun, der im Lias auf- 
fallend viele Vertreter hat. Die einzelnen, ihm angehörenden Arten lassen sich oft nur schwer voneinander 
unterscheiden, doch zeigt sich auch bei grösserem Material eine so starke Constanz des Habitus, sowie 
einzelner Merkmale, dass ich mich nicht entschliessen kann, mehrere Arten zu vereinigen. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Vorderthiersee bei Kufstein, Hinterschafberg. 


Waldheimia Thurwieseri nov. sp. — 107 Exempl. 
Taf. XII, Fig. 2—10. 


Diese Art, welche durch zahlreiche Exemplare vertreten ist, weist zwei HauptvarietÀten auf, nÀmlich 
eine hohe, ziemlich schlanke Form und eine breite fast fĂŒnfseitige.e In der folgenden Beschreibung sollen 
möglichst alle Abweichungen berĂŒcksichtigt werden. 

Umriss: subpentagonal bis hoch dreiseitig; Stirnecken oft ziemlich weit ausgezogen. 

Commissur: auf der Seite und an der Stirn in einer Ebene liegend. Die Stirneommissur ist im Bogen gegen 
den Schnabel hin eingesenkt, die Seitencommissur vollkommen gerade. 

Grosse Klappe: mÀssig gewölbt; in der Schnabelregion beginnt eine sich ver- Fig. 7. 
breiternde und zur Stirn sich hinabziehende mediane Einsenkung, welche 
hĂ€ufig seitlich von zwei WĂŒlsten begrenzt wird; der Anfang der Einsenkung 
wechselt zwischen Schnabelregion und Mitte der Klappe. 

Kleine Klappe: etwas schwÀcher gewölbt als die grosse Klappe, sie weist eine Brachialapparat von 
mediane Einsenkung auf, welche derjenigen der grossen Klappe entspricht; Waldheimia Thurwieseri. 
auch entsprechende LateralwĂŒlste sind öfters vorhanden. 

Schnabel: schmal, hoch, spitz, wenig gebogen, mit sehr scharfen Kanten versehen; Schlosslinie mit der Seiten- 
commissur fast in einer Ebene liegend. 

Innere Merkmale: ein krĂ€ftiges Medianseptum befindet sich in der kleinen Klappe; ZahnstĂŒtzen sind vor- 
handen. Das ArmgerĂŒst ist eine lange und breite Waldheimienschleife. 

I 1 IN W VIvn 

Dimensionen: Sons 105 aD AB 12 1 15,0 a 

Breiter lo A 1151 
Dicke: 9,1 82 8. GA Te STEG 

W. Thurwieseri nov. sp. steht zwischen W. cornuta Sow. und W. Waterhousi Dav. Von der ersteren 
unterscheidet sie sich durch den höheren und gestreckteren Schnabel, von der zweiten durch die geringere 
Breite des Schnabels, sowie durch die geraden Commissuren. Auch mit W. mutabilis Orr. und W. stapia 
Opr. hat sie eine gewisse Aehnlichkeit. Die breitere Form unserer Art, welche ich als den Typus ansehe, 
unterscheidet sich von W. mutabilis hauptsÀchlich durch den gestreckteren Schnabel; auch fehlen bei W. 
mutabilis die ausgezogenen Stirnecken. Letzteres Merkmal ist auch das, durch welches sich unsere Art, und 
zwar die gestrecktere VarietÀt, welche ich als var. elongata bezeichne, von W. stapia hauptsÀchlich unter- 
scheidet, doch ist auch die Schnabelbildung eine verschiedene; die ArmgerĂŒste weichen in der Gestalt sehr ab. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


1 
6 


’ 
I 


176 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Waldheimia furlana Zırre. — 14 Exemp). 


1869. Waldheimia Furlana ZirteL, Geol. Beobacht. der Central-Apenninen (Geogn. pal. Beitr. herausgeg, v. BENEckE 
Bd. II), p- 128, Taf. 14, Fig. 8. 


21880. — —  Canavarı, I brach. d. strati a Ter. Aspasia Men. nell’ Appennino centrale (Mem. R. 
Accad. dei Lincei, Roma), p. 22, Taf. III, Fig. 1—3. 
21889. _ cf — Geyer, Lias. Brach. des Hierlatz, p. 34, Taf. IV. Fig. 13. 


Von dieser Art liegt mir ein auffallend grosses Exemplar vor, welches aber in allen wesentlichen 
Einzelheiten mit dem Original Zırrer’s so ĂŒbereinstimmt, dass man es kaum als besondere Art auffassen 
kann. Der Schnabel ist allerdings etwas mehr ĂŒbergebogen, aber die Verschiedenheit ist so gering, dass 
ich sie nicht fĂŒr ein Speciesmerkmal erachten kann. Die ĂŒbrigen Exemplare sind zwar sehr klein, stimmen 
aber in allen Einzelheiten gut mit dem Zırtev’schen Original ĂŒberein. Bezeichnend ist die Form des Sinus, 
er beginnt auch bei ausgewachsenen Individuen erst kurz vor der Stirn, ist sehr breit, nicht scharf seitlich 
begrenzt, und geht unmerklich in den oberen Theil der kleinen Klappe ĂŒber. 


CANAvARI hat eine Reihe von Formen abgebildet, welche er mit W. furlana identifieirt; sie stimmen 
jedoch mit dem Zrrrev’schen Original in Hinsicht auf den Schnabel nicht ĂŒberein, denn bei dem Exemplar 
von Furlo ist der Schnabel grösser, nicht auf die kleine Klappe herabgebogen, und auch bei weitem nicht 
so stark gekrĂŒmmt, wie dies bei den von Monticelli stammenden Individuen der Fall ist. Auch die Wölbungs- 
verhÀltnisse, besonders der kleinen Klappe, sind etwas verschieden, so dass es vielleicht nicht ungerechtfertigt 
wÀre, wenn man die von Canavarı abgebildete Form als W. labellum Mex. (Manuscriptname MENEGHINTs) 
abtrennte, wobei es noch zu untersuchen wĂ€re, ob diese Art thatsĂ€chlich zu Waldheimia gehört, wofĂŒr die 
Gestalt des Schnabels nicht gerade spricht. 


Die von Gever als W. cf. furlana abgebildete und beschriebene Art aus dem Hierlatzkalk gehört 
jedenfalls nicht hieher; sie unterscheidet sich leicht durch den viel grösseren und krÀftigeren Schnabel, sowie 
durch die Gestalt des Sinus; dieser ist bei der Grver’schen Form ganz dem der W. pala v. Buc# Ă€hnlich, 
er beginnt schon am Wirbel und ist besonders in der medianen LÀngslinie sehr scharf markirt, wÀhrend er 
nach den Seiten hin flacher wird. | 


Canavarı vergleicht W. Furlana mit W. florella v’Ore. und sogar mit W. amygdaloides Men.; diese 
beiden Formen unterscheiden sich aber sehr bedeutend von der hier besprochenen, erstere durch den tiefen, 
langen Sinus, die andere durch den vollstÀndigen Mangel an einem Sinus. Eher wÀre vielleicht auf W. 
curvifrons Opp.! zu verweisen, welche allerdings durch den krÀftigen Schnabel abweicht. W. furlana Zırr. 
steht sehr isolirt da, vor Allem durch die Gestalt des Sinus, welcher an den der W. Gefion Op.” erinnert, 
und durch den sehr kleinen Schnabel, so dass sie sich in keine der von Rorkpierz aufgestellten Sippen 
recht einfĂŒgen lĂ€sst. 


Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Hinterschafberg, Feuchteneck, Fagstein bei Berchtesgaden. 


1 DesLosscHaues, Pal. franc. terr. jur. brachiop. Taf. 49, Fig. 1—8. 
2 Opper, Ueber jur. Posidonomyengesteine in den Alpen (Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft) 1863, 


p- 205, Taf. 5, Fig. 5. 


Waldheimia apeninica Zırr. 17 


I 


Waldheimia oenana nov. sp. — 15 Exempl. 
Taf. XIII, Fie. 13, 14. 


Eine fast an allen Fundpunkten des mittleren Lias der Nordalpen vorkommende nucleate Wald- 
heimia, liess sich mit keiner bekannten Art identificiren; die Speciesdiagnose ist folgende: 

Umriss: breitoval bis kreisförmie. 

Commissur: auf der Seite geschweift, an der Stirn in einer flachen Curve gegen die grosse Klappe einge- 
krĂŒmmt; bei ganz jugendlichen Individuen fehlt die KrĂŒmmung der Stirnlinie nahezu vollstĂ€ndig. 
Grosse Klappe: mÀssig gewölbt, von der Medianlinie fÀllt die Schale gegen die Seiten hin gleichmÀssig steil 
ab, so dass eine firstÀhnliche Erhebung angedeutet wird; auf der Medianlinie zwischen Schnabel und 

Stirn ist die KrĂŒmmung eine ziemlich gleichmĂ€ssige. 

Kleine Klappe: ziemlich flach, die stĂ€rkste KrĂŒmmung liegt in der Wirbelgegend; zwischen dem Wirbel und 
der Mitte der Schale beginnt ein undeutlich begrenzter Mediansinus, welcher sich, breiter werdend, 
bis zur Stirn hinabzieht. Bei ganz jungen Individuen fehlt der Sinus zuweilen. 

Schnabel: niedrig, breit, spitzig, nicht nach vorn ĂŒbergezogen; mit sehr scharfen Kanten versehen. Foramen 
sehr klein. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe befindet sich ein nicht sehr langes aber krÀftiges Medianseptum. 
ArmgerĂŒst unbekannt. 


I II 
Dimensionen: Höhe: 13,0 12,3 mm. 
Breite: 14737 ale 
Dicke: 6,2 Oo 


Waldh. oenana unterscheidet sich von den ĂŒbrigen nucleaten Waldheimien recht gut. Am nĂ€chsten 
steht sie wohl einigen VarietÀten der W. Heyseana Dest.' (non Duncker) und zwar besonders der in Fig. 5 
auf Taf. 24 bei DesLongcHaumrs abgebildeten Form, doch ist bei W. Heyseana Dest. der Schnabel stÀrker 
gekrĂŒmmt, die WölbungsverhĂ€ltnisse der Klappen verschieden und die Stirn meistens etwas eingeschnĂŒrt. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Fagstein bei Berchtesgaden, Hinterschafberg, Vorderthiersee 
bei Kufstein. 


Waldheimia apeninica Zırnen. — 23 Exempl. 
Taf XII oRie37A 

1869. Waldheimia apeninica ZirieL, Geo]. Beobacht. aus den Central-Apenninen, p. 127, Taf. 14, Fig. 9. 

1869. — _ GEYER, Brachiop. des Hierlatz, p. 33, Taf. IV, Fig. 8—12. 

Die meisten der bei Kramsach gefundenen Exemplare stimmen gut mit dem Zirrer’schen Original 
ĂŒberein; einzelne weichen in der Breite des Mediansinus etwas ab, aber doch nicht genug, als dass man sie 
specifisch abtrennen könnte. 

Bei den StĂŒcken, welche vom Schafberg stammen, zeigt sich dasselbe, doch herrscht dort die VarietĂ€t 
mit dem breiteren Sinus vor. Sobald ĂŒberhaupt grössere Individuen der Art vorliegen, ist eine erhebliche 
Abweichung von dem bei Zırten abgebildeten Exemplar zu constatiren; die Form wird aufgeblÀhter, der 


! DEsLoNGcHAMmPs, Pal. franc. terr. jur. Brachiop. p. 115, Taf. 28, Fig. 1—5. 
Palaeontographica. Pd. XLIV. 


19 
> 


178 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Sinus sehr breit, am Wirbel der kleinen Klappe zeigt sich öfters eine starke Aufwölbung; nur die Gestalt 
des Schnabels bleibt constant, wodurch sich denn auch die Art gut von W. ovimontana mihi unterscheidet. 
Uebrigens kommt auch bei Cagli, wie die Originale v. Zırrev’s beweisen, die VarietĂ€t mit dem breiten 
Sinus vor. 


W. apeninica Zırr. ist mit W. Gefion Orr. verwandt, doch unterscheidet sich diese durch die Ein- 
senkung an den Seitencommissuren, sowie dadurch, dass der Sinus erst in der NĂ€he der Stirn beginnt. 
Ferner steht der W. apeninica auch die W. Finkelsteini Böse! aus dem unterliasischen Fleckenmergel recht 
nahe, sowie eine noch unbeschriebene Form aus dem Hierlatzkalk von Hindelang (im Besitz des Strassburger 
Museums), doch weichen diese beiden Formen schon durch die auffallend flache Gestalt, sowie durch die 
Schnabelform ab. 


Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Hinterschafberg, oberer Burgaugraben, MĂŒnichsee, Feuchten- 
eck, GrĂŒnsee. 


Waldheimia ovimontana nov. sp. — 40 Exempl. 
Ateh DSUDE Ir IL, 112, 


Eine kleine nucleate Form ist von mehreren Fundpunkten vorhanden; da sie sich mit keiner be- 
kannten Form identifieiren liess, so gebe ich ihr einen neuen Namen. Die Speciesdiagnose ist folgende: 


Umriss: breitoval oder subpentagonal, meistens breiter als hoch. 

Commissur: auf der Seite gerade, an der Stirn m krÀftigem Bogen gegen die grosse Klappe eingesenkt. 

Grosse Klappe: mĂ€ssig gekrĂŒmmt; bei ausgewachsenen Individuen zeigt sich hĂ€ufig ein breiter, wenig deut- 
licher Medianwulst, dessen oberer Theil eben ist. Von dem Wulst fÀllt die Schale nach beiden Seiten 
steil ab. Bei den jĂŒngeren Individuen ist die Schale gleichmĂ€ssig gekrĂŒmmt. 

Kleine Klappe: wenig gewölbt, am Wirbel etwas aufgeblÀht; ein sich schnell verbreiternder Mediansinus be- 
ginnt oberhalb der Mitte und zieht sich bis zur Stirn. 

Schnabel: breit, sehr niedrig, spitzig, mit scharfen Kanten versehen; Foramen sehr klein und rund. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe befindet sich ein krÀftiges Medianseptum, im Schnabel der grossen 
Klappe zwei ZahmstĂŒtzen. Der Brachialapparat ist eine lange Waldheimienschleife. 

I 1 II 


Dimensionen: eoıae 1a RS. 1ER em, 
Breiter dee AR orgee 
Dicke: 8,5 8,3 So 


Diese zierliche Art steht der W. apeninica Zırt. am nÀchsten; sie unterscheidet sich von dieser 
hauptsÀchlich durch den bedeutend kleineren Schnabel, sowie durch die Gestalt der kleinen Klappe; auch 
ist sie breiter als W. apeninica. 


Fundorte: Hinterschafberg, oberer Burgaugraben, GrĂŒnsee, Feuchteneck. 


1 Böse, Liasische und mitteljur. Fleckenmergel der bayerischen Alpen (Zeitschrift der Deutsch. geolog. Ges. 1895, 
p. 762, Taf. LVI, Fig. 7, 8). 


Waldheimia Fuggeri nov. sp. 179 


Waldheimia Fuggeri nov. sp. — 13 Exempl. 
NafsoxIBi038739: 


Zusammen mit den schon beschriebenen nucleaten Waldheimien fand ich eine weitere, zu dieser 

Gruppe gehörige lÀngliche Form, welche sich mit keiner bekannten Art vereinigen liess. 

Umriss: hoch dreiseitig zum subpentagonalen neigend, stets höher als breit. 

Commissur: auf der Seite mehr oder weniger geschweift, an der Stirn in starker Curve gegen die grosse 
Klappe eingebogen; meistens weist diese Curve in der Mitte einen Knick auf. 

Grosse Klappe: sehr krÀftig gewölbt; eine Art von Wulst ist bei ausgewachsenen Individuen schwach an- 
gedeutet, er zieht sich vom Schnabel zur Stirn, deren ganze Breite er nahezu einnimmt. Dieser Wulst 
ist abgeflacht, von seinen beiden LĂ€ngsstreifen fĂ€llt die Schale steil zu den Seiten ab; bei jĂŒngeren 
Individuen ist nur dieser steile Abfall von der Medianlinie aus vorhanden. 

Kleine Klappe: sehr flach, von dem Wirbel zieht sich ein breiter, undeutlich begrenzter Sinus zur Stirn 
hinab, welcher in seinem medianen Theil eine schÀrfer abfallende Einsenkung trÀgt, so dass die Mitte 
des Sinus sich krĂ€ftig von den FlĂŒgeln abhebt. In der Wirbelregion zeigt sich vielfach eine schwache 
AufblÀhung. 

Schnabel: breit, hoch, spitz, stark gekrĂŒmmt, aber nicht auf die kleine Klappe herabgebogen, mit scharfen 
Kanten versehen. Deltidium niedrig und sehr breit, Foramen klein, oval. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe ist ein krÀftiges Medianseptum vorhanden, in der grossen Zahn- 
stĂŒtzen. ArmgerĂŒst unbekannt. 

I II III IV V 


Dimensionen : enge eu 1OU 10T 358 1A 
Breiter: 116,60 15 Asa go Oro 
Dede: Ing na aa an. on, 


Am nÀchsten steht unserer Art die Hierlatzform, welche Geyer! als W. cf. Furlana Zırr. bezeichnet, 
doch sind bei dieser die Seitencommissuren stÀrker geschweift; die kleine Klappe hat etwas andere Wölbungs- 
verhĂ€ltnisse, die Stirnlinie ist stĂ€rker gekrĂŒmmt, der Schnabel etwas kleiner und stĂ€rker vorgezogen. Noch 
mehr ist dies letztere der Fall bei W. resupinata Sow.”, mit welcher Geyer sein Exemplar vergleicht, auch 
weicht diese Art im Umriss stark ab. NĂ€her steht fast noch W. pala v. Buch.’ aus dem Callovien, unter- 
scheidet sich jedoch schon durch den Umriss, von anderen Merkmalen ganz abgesehen. Weniger nahe steht 
W. Furlana Zırr., bei dieser Art ist die Gestalt des Sinus eine ganz verschiedene, ausserdem ist der 
Schnabel viel kleiner und gekrĂŒmmter. Aus demselben Grunde weicht auch W. Furlana Zırr. von der oben 
eitirten Art ab, welche Geyer als W. cf. Furlana beschrieb. 


Fundorte: Hinterschafberg, Feuchteneck, Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee. 


! GEvER, Lias. Brachiop. des Hierlatz 1889, p. 34, Taf. IV, Fig. 13. 
* DestoxacHaups, Pal. france. terr. jur. Brachiop. p. 118, Taf. 24, Fig. 6-10; Taf. 25, Fig. 1--5. 
Âź v. Buch, Ueber Terebrateln 1834, p. 114, Taf. 3, Fig. 14. 


180 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Rhynchonella Fischer. 
Rhynchonella variabilis SchLoruzm. — Ca. 50 Exempl. 
Taf. XIII, Fig. 17—19. 


1813. Terebratula variabilis SCHLOTHEIM, BeitrĂ€ge zur Naturgeschichte der Versteinerungen (LEoxHARD’s Mineral, 
Taschenb. Bd. VII, p. 59, Taf. I, Fig. 4). 


1854. Bhynchonella — v. BucH, Ueber Terebrateln (Ak. d. Wiss., Berlin, p. 207)\. 
_ triplicata ibidem, p. 206. 
1849. — variabilis (triplicata) D’ORBIGNY, Prodrome Bd. I, p. 239. 
1851. E= — Davınpson, Mon. of the british oolit. a. lias. Brachiopoda, p. 78, Taf. XV, Fig. 8-10. 
1358. Terebratula — QueEsstept, Jura, p. 151, Taf. 17, Fig. 27—29; Taf. 22, Fig. 10. 
1369. Bhynchonella —_ Dvsorrier, Fitudes paldont. sur les depöts jurass. du bassin du Rhöne Part III, 


p. 150, Taf. XXII, Fig. 13—14. 
1571. Terebratula triplicata QUENSTEDT, Brachiopoden, p. 70, Taf. 37, Fig. 176—183; Taf. 33, Fig. 1—22. 
1876. Rhynchonella variabilis Davıvson, Suppl. to the brit. jur. and triass. Brachiopoda, p. 208. 


1882. _ triplicata Haas u. Perrı, Brachiop. d. Juraformat. v. Elsass-Lothringen (Abh. z. geol. Specialkarte 
von Els.-Lothr., p. 184, Taf. I, Fig. 22—24, 26—31; Taf. III, Fig. 32, 34, 36, 37). 
1386. — variabilis RorHpLerz, Vilser Alpen, p. 143. 


Die hier vorangestellte Synonymenliste ist keineswegs vollstÀndig, es handelt sich einstweilen auch 
nur darum einzelne Werke zu citiren, in denen die Àchte Rh. variabilis SckLortr. behandelt wird. Diese 
Art ist bekanntlich vielfach mit anderen und vor Allem mit der unterliasischen Rh. belemnitica QUEnsT. 
vereinigt worden, sogar auch zuweilen umgenannt worden. Ueber Ah. belemmnitica habe ich mich vor einigen 
Jahren ausfĂŒhrlich ausgesprochen? und gedenke hier eine ErgĂ€nzung zu jenen AusfĂŒhrungen zu geben, indem 
ich meine Anschauung ĂŒber Ah. variabilis darlege und begrĂŒnde. 

Die Art wurde 1813 durch Sc#tLortHzım aufgestellt, welcher neben den liasischen Formen auch 
Rhynchonellen aus dem Devon und Zechstein mit dem Namen Terebratula variabilis bezeichnete, als Haupt- 
fundort wurde jedoch Lothringen angegeben, und in dem „Verzeichniss der Petrefakten-Sammlung des Freih. 
VON SCHLOTHEIM“ (Gotha 1832), welches nach ScHLotHEım's eigenen Bestimmungen angefertigt worden ist, 
wird auf p. 63 nur noch Lothringen als Fundort fĂŒr die 7. variabilis angegeben, und auch-angedeutet, dass 
viele Exemplare vorhanden seien. 1834 eitirte v. Buck die Art aus dem Lias von Aınberg, jedenfalls kannte 
er die Originale ScarLormem's. 1851 beschreibt Davıpsox die Rh. variabilis sehr genau und bildet sie gut 
ab, vereinigt aber damit Rh. lineata Young and BırpÂź (— Rh. triplicata und bidens PriwLırs‘), sowie deren 
VarietÀt, welche er spÀter var. Radstockiensis? nannte, ferner auch die Rh. triplicata juvenis Qu. 1876 wies 
Tıare” die IdentitĂ€t der Rh. lineata Youns and Bien mit Ah. triplicata und bidens Prauuıps nach, und 
Davınson beschrÀnkte den Namen Rh. variabilis SchLore. auf Formen, welche er 1851 auf Taf. XV, Fig. 
8—10 abgebildet hatte. Damit war die Art genau begrenzt, so dass kaum noch Zweifel darĂŒber entstehen 


! Citirt nach der Ausgabe von EwArp, RorH und Dauss, Bd. IV, Berlin 1885. 

Ÿ Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, 1893, p. 640. 

? Youss and Bırv, Geol. Survey of Yorkshire-Coast 1828, p. 232, Taf. VIII, Fig. 10. 

* Paıcvıps, Geology of Yorkshire 1829, Taf. XIII, Fig. 22—24. 

5 Davıoson, Suppl. to the Brit. jur. and triass. Brachiop. 1876, p. 210. 

% Quesseepr, Handbuch der Petrefaktenkunde 1851, p. 451, Taf. 36, Fig. 2; Jura 1858, p. 74, Taf. 8, Fig. 16—23. 
” Tate, The Yorkshire Lias 1876, p. 421, Taf. XV, Fig. 21, 22. 


Rhynchonella variabilis ScHLoTHa. 181 


können, was als Ah. variabilis zu bezeichnen ist und was nicht. Qvexstepr hat nun mehrfach versucht, 
fĂŒr den Namen Ah. variabilis den Namen Rh. triplicata PuıtL. einzufĂŒhren und Haas ist in seiner ersten 
Arbeit (1882) ihm darin gefolgt; diese Art der Bezeichnung ist natĂŒrlich jetzt nach den Untersuchungen 
TAareE's nicht mehr anwendbar. Aber sowohl QuEnsTtEDT wie auch Haas (1882) hielten Zeh. belemnitica Qu. 
von Rh. triplicata Qu. (= variabilis ScHLoTa.) getrennt. 1884 schlÀgt Haas! vor, den Namen Rh. varia- 
bilis Schuore. durch den andern Rh. Briseis GEMM. zu ersetzen. Die von ihm als Rh. Briseis Gemm. be- 
zeichneten Formen gehören aber sehr verschiedenen Arten an: Fig. 3 ist vielleicht Ih. variabilis SCHLOTH.., 
Fig. 5 Rh. VigilĂŒi Lers., Fig. 6 eine Art, welche vermuthlich noch unbenannt ist. 1356 wies ROTHPLETZ 
darauf hin, dass durch Davınsox die Ah. variabilis gut begrenzt sei, so dass ein Zweifel an dem, was dieser 
Name bedeute, nicht mehr möglich sei. Trotzdem erklÀrte Haas? 1887, dass er den Namen Rh. Briseis 
GEMmM. annehme, doch trennte er die grossen Rhynchonellen von Saltrio und Arzo, welche Paroxa° abbildet 
und als Rh. Briseis bezeichnet, von dieser Art ab und stellte sie zu seiner Rh. Delmensis*. Unter den von 
Haas als Rh. Briseis abgebildeten Figuren befindet sich wieder eine Ah. Vigilii Leps. (Fig. 5), dagegen 
scheinen die ĂŒbrigen zum grossen Theil typische Zeh. variabilis zu sein. Der Synonymenliste und dem ersten 
Theil der Arbeit nach will Haas? hier noch die Ah. belemnitica Qu. von der Rh. variabilis SCHLOTH. (= Briseis 
Haas) getrennt halten. Ah. belemmitica wird als besondere Species von demselben Autor auch noch im 
Jahre 1889° aufgefĂŒhrt. Im selben Jahre benutzte GEYER’ den Namen Ah. variabilis fĂŒr die in den Hierlatz- 
schichten vorkommende Rh. belemnitica und vereinigte diese beiden Arten sowie Rh. lineata Youxs and BIRD 
(= triplicata Paıwn.) und Rh. Briseis GEMM zu einer Species, welche er, wie gesagt, als Ah. variabilis 
ScHrorH. bezeichnete. Damit wÀre der Knoten durchgehauen und die Sache erledigt, wenn GEYER nicht 
ganz die ausgezeichneten Untersuchungen Davınson’s (1876) ĂŒber Rh. variabilis SCHLOTH., Rh. lineata YounG 
and Bırp und Rh. triplicata juvenis Qu. ausser Acht liesse; auch wird diese Arbeit des englischen Brachio- 
podenkenners in der Synonymenliste nicht aufgefĂŒhrt; Davınsox hat die Unterschiede der drei zuletzt ge- 
nannten Arten so vorzĂŒglich dargestellt, dass weitere Bemerkungen darĂŒber unnöthig sind. Das VerhĂ€ltniss 
der Rh. Briseis GEmMm. zu Rh. variabilis SchnLotH. werde ich weiter unten besprechen. 1891 fĂŒhrt nı STE- 
FANOÂź die Rh. variabilis unter dem Namen Rh. briseis GEMM. auf, resp. er vereinigt diese beiden Arten 
mit einander und zieht den jĂŒngeren Namen vor, doch gehören die von ihm abgebildeten Exemplare jeden- 
falls zum grössten Theil nicht zu Rh. variabilis, da der Schnabel zu gerade und die Frontalregion des Wulstes 
abgerundet ist, auch sind auf den Seiten Areolen oder Lateralfelder vorhanden (siehe auch den Absatz ĂŒber 
Rh. Briseis). Schon GEYER hatte vermuthet, dass Zrh. Calderinii Par.’ zu Rh. variabilis SCHLOTH. gehöre; 


! Haas, BeitrĂ€ge zur Kenntniss der liasischen Brachiopodenfauna von SĂŒdtirol ete. 1884. p. 4, Taf. I, Fig. 3—6. 

2 Haas, Etude monogr. et crit. des brach. rhetiens et jurass. des Alpes Vandoises ete. (M&m. Soc. pal. Suisse Bd. II, 
1887, p. 17, Taf. V, Fig. 16, 18; Taf. VI, Fig. 1-11). 

3 Paroxa,- I brach. liass. di Saltrio et Arzo etc. 1884, Taf. 2, Fig. 10—20; Taf. 3, Fig. 1—2 pp. 

* In Wirklichkeit gehören aber die von Parona abgebildeten StĂŒcke zu Rh. belemnitica Qu., worauf ich schon in 
meiner Monographie des Genus Rhynchonellina (Palaeontographica XLI, p. 57) hinwies. : 

5 Haas, Etude monogr. ete. I Part. 1885, p. 29. 

6 Haas, Krit. BeitrÀge zur Kenntniss der jurass. Brachiopodenfauna des schweizerischen Juragebirges und seiner 
angrenzenden Landestheile (Abh. d. schweiz. pal. Gesellsch. Vol. XVI, 1889, p. 1). 

? Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, 1889, p. 36 ft. 

Âź pr Sterano, Il Lias medio d. M. S. Giuliano etc. 1891, p. SS fi. 

Âź Parona, Il calec. lias. di Gozzano etc. 1880, p. 21, Taf. III, Fie. 2. 


182 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


DI STEFANO stellt dies als gewiss hin. Zu Rh. varıabilis SCHLOTH. gehört diese Art jedoch sicherlich nicht, 
schon weil sie auf den Seiten abgeflacht ist, auch ist der Wulst verschieden; ebensowenig gehören natĂŒrlich 
Rh. belemnitica Qu. und Rh. Alberti Gzxzr (Orren?) vom Hierlatz hierher, welche pDı STEFANo in seiner 
Synonymenliste auffĂŒhrt. Im selben Jahr (1891) schliesst sich Haas! der Meinung Geyer’s an und vereinigt 
Rh. belemmnitica Qu. mit Rh. variabilis SCHLOTH., fĂŒr welche er wieder den Namen Ah. Briseis GEmm. be- 
nutzt. Auch zieht er Ah. Calderinii Par. hierher, bildet aber unter diesem Namen eine Art ab, welche 
sicherlich nichts mit Ah. variabilis zu thun hat. 1892 eitirt Paroxa” die Rh. Briseis von Gozzano und 
vereinigt sie mit /rh. Zitteli Par. (non Grmm.) und Ah. Calderinii Par., unrichtiger Weise aber auch mit 
der Arh. belemnitica Qu. vom Hierlatz. 1893 publieirte ich? meine Untersuchungen ĂŒber Ah. belemmitica Qu. 
und kam zu dem Resultat, dass erstens Rh. belemmitica Qu. von Rh. variabilis SCHLOTH. zu trennen sei, und 
dass zweitens der Name Rh. variabilis Scauotk. aufrecht zu erhalten sei. 
Es handelt sich nun darum folgende Fragen zu beantworten: 
1) Ist Rh. variabilis Schvore#. mit Rh. belemnitica Qu. zu vereinigen? 
2) Ist Ah. variabilis ScHLorH. mit Ph. Briseis GEMM. identisch ? 
3) Ist der Name Ah. variabilis ScHhLoTe. aufrecht zu erhalten? 
ad 1. Schon in meiner oben eitirten Beschreibung der Brachiopodenfauna von Hindelang habe ich 
4 Merkmale angegeben, durch welche sich Rh. belemnitica Qu. von Rh. variabilis SCHLOTH. unterscheidet. 
Diese 4 Merkmale sind: erstens wird die Rh. belemnitica im Allgemeinen grösser als die Ah. variabilis, doch 
ist hinzuzusetzen, dass sich unter den alpinen Exemplaren der zuletzt genannten Art Exemplare finden, welche 
die Rh. belemmitica an Grösse fast erreichen, doch wird im Allgemeinen in den Alpen die Ah. belemnitica 
grösser als Ark. variabilis. Zweitens springt der Wulst der kleinen Klappe bei der Frh. variabilis scharf vor, 
wÀhrend bei der Ah. belemmitica dies nicht der Fall ist. Drittens sind bei der Zrh. belemnitica die Schalen 
an der Seitencommissur stets etwas eingesenkt, so dass eine Art von schwacher Areole entsteht; an der 
Rh. variabilis ist dergleichen nicht zu bemerken: die Schalen treffen vielmehr an der Seite unter einem 
stumpfen Winkel zusammen. Viertens ist das Medianseptum der kleinen Klappe bei der Ah. variabilis lÀnger 
als bei der Rh. belemnitica. Dazu liesse sich wohl als fĂŒnftes Merkmal hinzufĂŒgen, dass Ah. belemmnitica 
stets flachere Schalen hat als Rh. variabilis. Hieraus ergibt sich, dass sich ih. belemnitica und Rh. variabilis 
gut von einander unterscheiden lassen. Die MĂŒnchener Sammlung besitzt ein ausserordentlich reiches Material 
beider Arten, viele Hunderte von Exemplaren liegen aus den verschiedensten LocalitÀten vor, und doch kommt 
man nur selten in Zweifel, wohin die StĂŒcke zu stellen sind. 
ad 2. Dass Rh. Briseis Gemm.* mit der mittelliasischen Ah. variabilis SCHLOTH. identisch sei, ist 
wohl von den meisten Autoren als gewiss angenommen worden, nachdem Haas beide Arten identifieirt hatte. 
Schon GEMMELLARO hatte auf die nahe Verwandtschaft hingewiesen, aber auch Unterschiede hervorgehoben; 
diese bestehen in dem Fehlen der Schnabelkanten und der falschen Area bei Rh. Briseis; aus den Abbil- 
dungen aber ergibt sich, dass Rh. Briseis meistens einen wenig hervorspringenden und in der Frontalregion 
gegen die Stirnlinie hin abgekrĂŒmmten Wulst besitzt, auch mĂŒssen den Abbildungen nach zuweilen Lateral- 


' Haas, Etude erit. ete. Part III. 1891, p. 132 ÂŁ. 

¼ Paroxa, Revisione de fauna lias. di Gozzano etc. 1892, p. 29, Taf. II, Fig. 1—8. 

” Böse, Die Fauna der lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang 1893, p. 639, Taf. XV, Fig. 5, 6. 
* GEMMELLARO, Sopra ale. faune giuresi e liasiche etc. 1874, p. 77, Taf. XI, Fig. 19—22. 


Vu 


Rhynchonella variabilis ScuLorn. 18 


felder oder Areolen vorhanden sein. Auch Haas bildet 1887 (l. c. Taf. VI, Fig. 1, 2) zwei Exemplare der 
Rh. Briseis aus Sicilien ab, von diesen stimmt Fig. 1 am besten mit den Abbildungen GEMMELLARo’S ĂŒberein, 
Fig. 2 weicht dagegen durch die Gestalt des Wulstes ab; beide StĂŒcke scheinen an der Seitencommissur 
etwas eingesenkt zu sein. Weitere Abbildungen hat pı Srerano (l. c. 1591) gegeben. Diese StĂŒcke weichen 
jedoch ganz erheblich von der Rh. variabilis und, wie mir scheint, zum Theil wohl auch von den Originalen 
GEMMELLARO'S ab, Sie zeigen alle sehr deutliche Lateralfelder. Aus den Abbildungen schloss ich schon frĂŒher, 
dass mit dem Namen Zth. Driseis zwei verschiedene Arten bezeichnet wurden, von denen die eine Rh. variabilis 
sei. Diese Vermuthung wurde bestĂ€tigt, als Herr Prof. GEmmELLARO die LiebenswĂŒrdigkeit hatte, dem 
MĂŒnchener Museum drei Exemplare der Rh. Briseis einzusenden. Von diesen drei Exemplaren gehörten zwei 
zu Ih. variabilis SCHLOTH., eines zu einer eigenen Art; dieses Exemplar sehe ich somit als den Typus der 
Rh. Briseis an. Es kommt aiso auf Sieilien die Ă€chte Ah. variabilis SchLorta. vor (die betreffenden StĂŒcke 
unterscheiden sich von den Amberger Formen nur durch die Farbe), daneben eine Art, welche als Rh. Briseis 
GEmM. zu bezeichnen ist, sie weicht durch die Gestalt des Schnabels, den an der Stirn abgerundeten Wulst, 
eine AufblÀhung am Wirbel der kleinen Klappe und durch das Vorhandensein von Lateralfeldern von Rh. 
variabilis ScHLoTH. ab". 

ad 3. Wie schon RorHprerz (l. c. 1586) auseinandergesetzt hat, wissen wir seit Davınsox’s Unter- 
suchungen (1876), dass als Rh. variabilis ScHLotH. jene der Ah. belemmitica Qu. nahestehende Form aus 
dem Mittellias zu bezeichnen ist. Mag nun ScHLoTHEIM zu seiner Art ursprĂŒnglich auch Formen aus dem 
Zechstein und Devon gerechnet haben, so haben ihm doch jedenfalls auch typische Exemplare von Amberg 
und aus Lothringen vorgelegen. Davınson hat dann (und eigentlich vor ihm schon Zırrex) den Namen auf 
die mittelliasische Form beschrÀnkt und die Grenzen der Art festgestellt. Auch L. v. Buck citirt Rh. varia- 
bilis als wahrscheinlich aus dem Lias von Amberg stammend, und in einer 1824 anonym erschienenen Ab- 
handlung, welche vermuthlich von Sraun”? geschrieben ist, wird Terebratulithes variabilis von Boll, Gammels- 
hausen, Mezingen und Gross-Eislingen eitirt, was es doch recht wahrscheinlich macht, dass schon hier der 
Name auf die mittelliasische Form beschrÀnkt wird. Auch die erste Abbildung bei Schroruzm bezieht sich 
sicherlich auf die Ah. variabilis des mittleren Lias. Quensteor hat verschiedentlich versucht, den Namen 
Rh. variabilis auszumerzen und dafĂŒr die Bezeichnung Rh. triplicata Purwr. vorgeschlagen, ist aber nicht 
damit durchgedrungen, ja seine Ah. triplicata ist mit derjenigen Form, welche Prıwrırs mit diesem Namen 
belegte, nicht identisch. Ich sehe also keinen Grund, wesshalb der Name Ah. variabilis SchLotH. aufgegeben 
werden sollte, da wir genau wissen, was damit gemeint ist; erst sehr spÀt ist durch unnöthige Vereinigung 
dieser Art mit Ah. belenmitica Qu. und Ih. Briseis GEMM. einige. Verwirrung entstanden. 

Was nun die aus den Nordalpen vorliegenden Exemplare der Rh. variabilis Schvorn. angeht, so 
ist zu bemerken, dass zwei VarietÀten vorkommen: Am Schafberg findet sich hauptsÀchlich die typische, 
dicke Form, welche von der bei Amberg vorkommenden absolut nicht zu unterscheiden ist. Wir beobachten 
hier den spitzen, etwas nach vorn gebogenen Schnabel, den krÀftig vorspringenden Wulst, der an der Stirn 
scharf abgeschnitten ist; auch fehlen Areolen und Lateralfelder. Die Zahl der Rippen auf dem Wulst schwankt 


! Weiteres ĂŒber Rh. Briseis findet sich in dem dieser Form gewidmeten Abschnitt. 

Âź Uebersicht ĂŒber die Versteinerungen WĂŒrttembergs nach dem gegenwĂ€rtigen Standpunkt der Petrefaktenkunde 
(Correspondenzblatt des WĂŒrttemb. Landwirthschaftl. Vereins 1824). Auf dem Titel des Exemplars der MĂŒnchener Sammlung 
ist als Verfasser Staat (handschriftlich) angegeben. 


154 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


zwischen 3 und 6. Bei Kramsach dagegen herrscht eine breitere und meistens auch etwas flachere VarietÀt 
vor, welche bedeutend grösser als der Typus wird. Die Zahl der Wulstrippen schwankt hier zwischen 4 
und 6, die Form ist stĂ€rker geflĂŒgelt als der Typus und nĂ€hert sich der Figur 14—16 bei QUENSTEDT 
(Brachiopoden 1871, Taf. 38). Aber auch hier zeigt sich wieder ein vollkommenes Fehlen der Areolen und 
Lateralfelder, auch ist der vorspringende Wulst sogar bei flachen Formen auffallend scharf abgestutzt. Die 
StĂŒcke nĂ€hern sich der Rh. triplicata ö Qu., welche mir von Zell vorliegt, sowie einigen Exemplaren der 
Rh. variabilis aus dem mittleren Lias von Geronville. Grössere Formen erinnern auffallend an eine Form, 
welche Haas! als Ah. Delmensis abgebildet hat, so z. B. an seine Fig. 9. Aehnliche StĂŒcke haben bereits 
CHapuvıs und Dewargur? abgebildet und zu Rh. variabilis gestellt. RoruprerzŸ giebt an, dass bei den 
meisten der ihm aus dem mittleren Lias von Hohenschwangau vorliegenden Exemplaren die vordere Schale 
am Wirbel anschwillt, was bei den ausseralpinen Exemplaren seltener vorkommt. Auch bei den von Kramsach 
und dem Hinterschafberg stammenden Individuen ist ein solches Anschwellen Àusserst selten zu beobachten. 
Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Hinterschafberg, GrĂŒnsee, Ostwand bei Hotel Schafberg. 


Rhynchonella Briseis Gruwmerzaro. — 4 Exempl. 
Taf. XII, Fig. 20. 
1874. Rhynchonella Briseis GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, p. 77, Taf. XI. Fig. 19—22. 
1391. — — DI SteraAxo, Il Lias medio del M. San Giuliano etc. p. 88, Taf. III, Fig. 9—13. 
?— — var. öphimedia ibidem, p. 99, Taf. III, Fig. 14—17. 

Herr Professor GEMMELLARO hatte die LiebenswĂŒrdigkeit, auf Ansuchen des Herrn Geheimrath vox 
Zırrer dem MĂŒnchener Museum drei Exemplare seiner Ah. Briseis zu schenken. Die StĂŒcke stammen aus 
dem mittleren Lias von Chiusa Sclafani in Sieilien. Schon bei Gelegenheit der Besprechung der Rh. varia- 
bilis habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass Rh. Briseis als eigene Art anzusehen ist. Unter den mir 
vorliegenden sicilianischen Exemplaren befinden sich allerdings zwei StĂŒcke, welche typische Rh. variabılıs 
sind, das eine gleicht ganz den Amberger StĂŒcken der Rh. variabilis, das andere gehört zu der im germa- 
nischen Lias selteneren, bei Kramsach hÀufigeren, flachen VarietÀt. Das dritte Exemplar gehört dagegen 
nicht zu Rh. variabilis ScHLoTH., sondern ist eine eigene Art und somit wohl als Typus der Rh. Briseis 
Genm. anzusehen. Es unterscheidet sich von Rh. variabilis durch die abgeflachten Seiten (Lateralfelder mit 
theilweise eingesenkter Commissur), durch die AufblÀhung der kleinen Klappe in der Wirbelgegend und durch 
den an der Stirn eher abgerundeten als energisch vorspringenden Wulst. Diese Form schliesst sich eng an 
Rh. Zitteli Gemm. an, sie unterscheidet sich wohl nur durch die geringere Anzahl der Rippen. Dr STEFANo's 
Ich. Briseis var. iphimedia ist vielleicht sogar identisch mit Rh. Zitteli Gems. oder eine VarietÀt dieser 
Art und leitet zu Rh. Briseis hinĂŒber. Von Rh. belemnitica Qu. entfernt sich Rh. Briseis GEmMm. sehr weit, 
der ganze Habitus ist sehr verschieden. Ah. belemnitica Qu. hat einen krÀftigeren Schnabel, die Commissuren 
sind an der Seite tiefer eingesenkt, das GehÀuse ist weniger aufgeblÀht, der Stirnrand des Wulstes noch 
mehr abgerundet als bei Rh. Briseis Grmm. Von Rh. Zitteli Gemm. unterscheidet sich Rh. Briseis GEMM. 


' Haas und Perrı, Brachiop. der Juraformat. von Elsass-Lothringen 1882, p. 791, Taf. IV, Fig. 1—9 (in der Tafel- 
ErklĂ€rung als Rh. Beneckei aufgefĂŒhrt). 
Âź CHaruıs et DewaALgque, Terrains second. du Luxembourg 1851—1855, p. 248, Taf. 36, Fig. 5a—k. 
Âź Rorupterz, Vilser Alpen 1886, p. 144. 


D 


7 


Rhynchonella Zitteli Geun. 18 


or 


hauptsÀchlich. durch das stÀrker aufgeblÀhte GehÀuse und die geringere Anzahl der Rippen. Mir scheint 
diese Gruppe der Rh. Zitteli — Rh. Briseis eine fĂŒr sich bestehende Entwicklungsreihe darzustellen, welche 
im unteren alpinen Lias ihre Vertreter im Formenkreis der Rh. Fraasi Orr. findet. Aus dem Lias @ von 
Offterdingen (WĂŒrttemberg) liegt mir eine Rhynchonella vor, welche sich an Rh. Briseis durch ihre Gestalt, 
an Rh. Zitteli durch die zierlichen Rippen anschliesst; durch diese Form, welche, soviel ich weiss, bisher 
nicht besonders benannt wurde, ist die erwÀhnte Gruppe also auch im untersten germanischen Lias vertreten: 

Aus dem mittleren Lias des Schafberges und von Kramsach liegen mir einige GehÀuse vor, welche 
sich von dem sicilianischen Exemplar der Rh. Briseis wenig oder gar nicht unterscheiden. Sie besitzen die 
AufblÀhung am Wirbel der kleinen Klappe, deutliche Lateralfelder, den vorspringenden, aber an seinem 
unteren Theile abgerundeten Wulst. Die Zahl der Rippen auf dem Wulst schwankt zwischen 3 und 6. Mit 
den von DI STEFAnO abgebildeten Exemplaren der Rh. Briseis haben die wenigen, bisher in den Nordalpen 
gefundenen grosse Aehnlichkeit, doch ist es natĂŒrlich nicht sicher, und aus den Abbildungen schwer zu er- 
kennen, ob nicht viele der StĂŒcke, welche vom Mte. S. Giuliano etc. stammen, Ă€chte Rh. variabilis sind; 
ich habe selbst dort Ah. variabilis neben Rh. Briseis vı Ster. (Gem. ?) gesammelt. 

Ausser den vier vollstÀndigen Exemplaren der Ah. Briseis liest mir noch eine Anzahl einzelner 
Klappen vor, welche vermuthlich hierher zu rechnen sind, doch ist eine sichere Bestimmung nicht möglich. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Hinterschafberge. 


Rhynchonella Zitteli GemmeLLARo. — 12 Exempl. 
ax Riesa 22: 


1874. Bhynchonella Zitteli GENMELLARo, Sopra aleune faune giur. e liasiche della Sicilia, p. 18, Taf. XI, Fig. 23. 


1380. — — Parona, Il cale. lias. di Gozzano, p. 20, Taf. III, Fie. 1. 
1554. —_ — Haas, Beitr. z. Kenntn. d. lias. Brachiopodenfauna v. SĂŒdtirol, p. 6. 
1854. — cfr. — Parona, I brach. liass. di Saltrio e Arzo, p. 243, Taf. II, Fig. 6—8. 


Rh. Zitteli ist eine wenig charakteristische Form, sie hat, wie schon GEmMELtARo bemerkte, eine 
gewisse Aehnlichkeit mit einigen VarietÀten der Rh. serrata Sow., von der sie sich aber durch den kleineren 
Schnabel sowie das Fehlen der scharfen Schnabelkanten unterscheidet, auch sind bei der Rh. serrata Sow. 
die Areolen kĂŒrzer, sowie der Umriss eher rundlich als dreiseitig. Rh. Zitteli varĂŒrt nach verschiedenen Rich- 
tungen; die Zahl der Rippen wechselt auf dem Sinus zwischen 4 und 7, auf dem Wulst zwischen 5 und 8; doch 


net ein einziges Exemplar, welches vielleicht hierher zu ziehen ist, aber 
schon den Uebergang zu Rh. Briseis vermittelt, hat auf dem Wulst nur 4 Rippen. Ferner wechselt die 
Tiefe des Sinus; bei einigen Exemplaren ist er kaum sichtbar, bei anderen ziemlich tief. Der Wulst ist 
meistens wenig hervortretend, weil gerundet. ö 

Dass Rh. Zitteli nahe verwandt mit Rh. Briseis ist, wurde bereits bei der Besprechung der letzteren 
Art hervorgehoben, ebenso, dass Rh. Briseis var. iphimedia pı Ster. möglicherweise zu Rh. Zitteli gehört. 

GEMMELLARO zieht zu Rh. Zitteli auch Rh. cfr. Fraasi, welche Zırren! abbildet; aber diese Form 
ist sicherlich von der bei GEMmMELLARO abgebildeten verschieden; der Wulst ist viel krÀftiger, ebenso der 
Sinus, auch sind die Rippen wohl noch schÀrfer. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Vorderthiersee bei Kufstein, Fagstein bei Berchtesgaden. 


sind die gewöhnlichen Zahlen 


* Zırter, Geo]. Beobachtungen aus den Central-Apenninen 1896, p. 130, Taf. 14, Fie. 18. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 24 


1S6 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Rhyncehonella Zugmayeri GEMMELLARo. — 8 Exempl. 
1878, Rhynchonella Zugmayeri GEMMELNARO, Sopra ale. faune giur. e lias. della Sicilia, p. 420, Taf. 31, Fig. 50—60. 
1591. E= — DI STEFANO, Il Lias medio del M. S. Giulano, p. 103, Taf. III, Fig. 18; Taf. IV, Fig. 1, 2. 
1894. _ — Fucısı, Fauna dei calc, bianchi ceroidi etc. p. 44, Taf. VI, Fig. 23. 


Mir liegen nur wenige gut erhaltene Exemplare dieser Form vor. Rh. Zugmayeri ist meistens 
asymmetrisch, hat auf der grossen Klappe einen gewöhnlich schiefliegenden Sinus, wÀhrend dem entsprechend 
sich ein schwach entwickelter Wulst auf der kleinen Klappe zeigt. Eigentliche Areolen sind nicht vorhanden, 
doch sind zuweilen kurze Lateralfelder angedeutet. Der Schnabel ist hoch, spitz und nicht auf die kleine 
Klappe herabgezogen. Die Commissur ist auf der Seite fast gerade, an der Stirn stark gefaltet und etwas 
gegen die kleine Schale gehoben. 

Die Art hat eine gewisse Aehnlichkeit mit Rh. fissicostata SUESS, WAS GEMMELLARO, DI STEFANO, 
Fucısı und Geyer! bereits hervorgehoben haben. Fucıı gibt an, dass GEYER die Form mit Rh. fissicostata 
vereinigen wolle, das ist jedoch nicht der Fall: GEvEr sagt nur: „Die Abbildungen, welche GEMMELLARO 
von dieser Art (Rh. Zugmayeri d. Ref.) gibt, sind leider so verschwommen, dass sich nicht mit Sicherheit 
erkennen lÀsst, durch welche Unterschiede dieselbe von den hier beschriebenen Exemplaren vom Hierlatz 
abweicht,“ ein Satz, der fĂŒr jeden, welcher Deutsch versteht, ganz klar ist. 


Fundort: Vorderthiersee bei Kufstein. 


Rhynchonella cfr. Orsinii GEMMELLARO. — 1 Exempl. 
1874. Rhynchonella Orsinii GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, p. 76, Taf. XI, Fig. 18. 


Nur ein einziges nicht gut erhaltenes Exemplar möchte ich auf Rh. Orsinii beziehen. Es stimmt, 
was den Sinus der grossen Klappe, den Wulst der kleinen, die Lateralfelder und die WölbungsverhÀltnisse 
betrifft, recht gut mit der von GEMMELLARO gegebenen Abbildung ĂŒberein. Etwas abweichend verlĂ€uft die 
Seitencommissur; wÀhrend sie bei Rh. Orsinii ziemlich in der Mitte des Lateralfeldes liegt, ist sie bei unserem 
Exemplar ganz nahe an der Kante der grossen Klappe gelegen, ja in der halben LĂ€nge des Lateralfeldes 
geht sie vollstĂ€ndig auf die Kante ĂŒber. i 


Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Rhynchonella Saneti-Hilarii n. sp. — ca. 100 Exempl. 
Taf. XIII, Fig. 23—32. 

Eine bei Kramsach in zahlreichen Exemplaren vorkommende Art nÀhert sich der Ah. plicatissima, 
unterscheidet sich jedoch besonders durch die Art und Weise ihres Variirens. Die Speciesdiagnose ist folgende: 
Umriss: breit dreiseitig bis hoch dreiseitig. 

Commissur: auf der Seite ziemlich gerade, doch schon vor der Stirn gefÀltelt, an der Stirn gefÀltelt oder 
gezackt, gegen die kleine Klappe in regelmÀssiger oder unregelmÀssiger Curve oder unter scharfen 
seitlichen Knickungen gehoben. 


! GExER, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz 1839, p. 57. 


— 


Rhynchonella Sordellii Parona. 18 


Grosse Klappe: mÀssig bis krÀftig gewölbt, selten ein deutlicher, oft asymmetrischer Mediansinus vorhanden, 
meistens zeigt sich nur eine schwache Depression der Frontalregion. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt, mit schwachem, meist undeutlich begrenztem, oft asymmetrischem Wulst versehen. 

Rippen: auf der grossen Klappe 12—28, auf der kleinen 9—26; auf dem Wulst 6—9, auf dem Sinus 5—8. 
Gewöhnlich sind die Rippen sehr fein, doch können sie auch in selteneren FÀllen recht krÀftig werden. 

Lateralfelder: bei einer VarietÀt sind ganz kurze flache Lateralfelder bemerkbar, auf deren unterem Theil 
sich aber schon schwache Andeutungen von Rippen zeigen; bei einer anderen VarietÀt fehlen diese 
Felder jedoch vollkommen; zwischen beiden VarietÀten sind alle UebergÀnge vorhanden. 

Schnabel: krĂ€ftig, hoch, spitz, wenig gekrĂŒmmt und nicht auf die kleine Klappe herabgezogen, die Schnabel- 
kanten sind meistens nicht sonderlich scharf. 


Innere Merkmale: unbekannt. 
I 1 III IV V VI 


Dimensionen: Höher A120 AN EEE enmE 
Breite: 13,4 12,5 14,8 144 124 107 „, 
Dieakae O9 TO ONE. 
Wir können diese Art in eine Anzahl VarietÀten zerlegen und zwar nach dem Vorkommen von 
Lateralfeldern, nach der Anzahl der Rippen und dem Auftreten eines regelmÀssigen Wulstes; die Art der 


Zerlegung sei durch folgendes Schema dargestellt. 


A. Gruppe mit Lateralfeldern B. Gruppe ohne Lateralfelder 
stets feinrippig, ohne deutlichen Wulst, a) grobrippig b) feinrippig 
meist asymmetrisch : 6 
a 172 a. var. crassicostat« a. multicostata 1, VI 
127232008110. (asymmetrisch). (meist asymmetrisch). 
8. var. symmetrica III ß. plana V 
(mit deutlichem symmetr. Wulst). (sehr flache Form). 


y. var. applanata IV 
(sehr flache Form). 

Rhynchonella Sancti-Hilarii n. sp. ist eine mit Rh. plicatissima Qu. sehr nahe verwandte Form; sie 
unterscheidet sich von ihr hauptsÀchlich durch die grössere Anzahl der Rippen, die meist asymmetrische 
Form, den mehr dreiseitigen Umriss, den grösseren Schnabel, sowie durch das seltene Auftreten von scharf 
begrenztem Sinus und Wulst. Eines der vorliegenden Exemplare ist von Rh. plicatissöma fast nicht mehr 
zu unterscheiden. Trotzdem also ein Uebergang vorhanden ist, habe ich doch einen neuen Namen gegeben, 
weil die Art des mittleren Lias einen eigenen Habitus hat und auch anders variirt als Rh. plicatissima. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Vorderthiersee bei Kufstein. 


Rhynchonella Sordellii Paroxa. — 3 Exempl. 
NDR O0, II 388, 
1880. Rhynchonella Sordellii ParoxA, Il calcare liasico di Gozzano e i suoi fossili, p. 23, Taf. III, Fig. 4. 
1380. — _ Canavarı, I brachiopodi d. strati a Ter. Aspasia Men. nell’ Apennino centrale, p. 30, 
Taf. IV, Fig. 10. 


! Die römischen Ziffern beziehen sich auf die Tabelle der Dimensionen. 


188 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


1885. Rhynchonella Sordellii Parona, Contrib. allo studio della fauna liassica dell’ Apennino centrale, p. 103, T. IV, F.7. 


1834. — _ — I brachiopodi liassici di Saltrio e Arzo nelle prealpi lomb. p. 16, T. II, F. 3—4. 
1392. = —_ —  Revisione della fauna liasica di Gozzano, p. 28. 
1894. — —_ Puıtıppsox u. Sorınmans, Ueb. d. Auftreten von Lias in Epirus, p. 124, Taf. XI, Fig. 1. 


Eine ziemlich charakteristische, asymmetrische Form lÀsst sich gut mit Ah. Sordellöi Par. identificiren. 
Die Stirnregion, der Schnabel und die Art der Berippung stimmt ausgezeichnet mit der von CAnavart (l. €.) 
abgebildeten VarietĂ€t ĂŒberein, der Umriss dagegen eher mit demjenigen der von ParoxAa (1883, 1884 |. c.) 
abgebildeten StĂŒcke. Auch in den WölbungsverhĂ€ltnissen weicht unsere Art nicht von Rh. Sordelli ab, 
wesshalb ich eine Identifieirung fĂŒr richtig halte. 

Parona vergleicht die Form mit Rh. Orsinii Gemm. und Rh. tetraödra; von diesen beiden lÀsst sie 
sich aber leicht durch die Beschaffenheit der Stirnregion unterscheiden. Eher erinnert Zeh. Sordellii wohl 
an Rh. serrata Sow., welche jedoch weniger und krÀftigere Rippen hat. 


Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Rhynehonella subdiscoidalis nov. sp. — 4 Exempl. 
Taf. XIII, Fig. 34. 


Die mir vorliegenden GehÀuse dieser neuen Species sind durch die Art der Berippung recht cha- 
rakteristisch. Sie weisen folgende Merkmale auf: 


Umriss: subpentagonal, zuweilen asymmetrisch. 

Commissur: auf der Seite gerade oder etwas geschweift, an der Stirn in einer zuweilen asymmetrischen Curve 
gegen die kleine Klappe vorgezogen, doch ohne dass seitliche Knickungen vorhanden wÀren. 

Grosse Klappe: mÀssig gewölbt, die stÀrkste Wölbung liegt in der Schalenmitte. Ein eigentlicher Sinus ist 
gewöhnlich nicht vorhanden, doch ist die Klappe in der Stirnregion ein wenig eingesenkt und springt 
gegen die andere Schale zungenförmig vor. An einem Exemplar ist jedoch ein wirklicher Sinus in der 
Stirnregeion ausgebildet, aber undeutlich begrenzt. 

Kleine Klappe: stÀrker gewölbt als die grosse, die grösste Dicke liegt in der Mitte. Ein Wulst ist nur in 
der Stirnregion angedeutet, doch setzt er auch hier niemals scharf gegen die FlĂŒgel ab. 

Lateralfelder: sind nicht vorhanden. 

Berippung: auf jeder Klappe stehen 15—18 Rippen, die mittleren sind die krĂ€ftigsten, gegen die Seiten hin 
werden sie schwÀcher, so dass nahe vor der Commissur keine mehr zu sehen sind, ohne dass jedoch 
Lateralfelder entstÀnden. Die Rippen sind sehr breit, etwa so wie bei Rh. subpectiniformis n. sp., Sie 
sind sehr flach und wellig, die ZwischenrÀume sehr schmal, fast linienförmig. 

Schnabel: spitz, klein, nicht sehr breit, aufrechtstehend, ohne Kanten. 

Innere Merkmale: in der grossen Klappe zwei ZahnstĂŒtzen, in der kleinen Klappe ein mĂ€ssig langes, nicht 
sehr krÀftiges Medianseptum vorhanden. Cruralapparat unbekannt. 

li II Il 

Dimensionen: Höhe: 2 MI62 ZA IE ShlEmm: 

Breite: 17,9 160 123,9 
Dicker 21078255210,5 9,0 


” 


Rhynchonella subpectiniformis nov. Sp. 189 


Die Art steht der Rh. Orsinii Gemm. ziemlich nahe, unterscheidet sich jedoch durch den aufrecht 
stehenden Schnabel, die breitere Form, sowie die breiteren und flacheren Rippen. Durch die Art der Be- 
rippung tritt die Art in Beziehung zur Rh. subpectiniformis nov. sp., von der sie sich jedoch durch die 
stÀrkere Wölbung der Klappen, sowie durch die gröbere Berippung unterscheidet, auch ist Ih. subpectiniformis 
breiter und ihr Schnabel ist von dem der Rh. subdiscoidalis etwas verschieden. 

Mit Rh. discoidalis Par.! hat unsere Art in der Form ziemlich grosse Aehnlichkeit, doch ist der 
Stirmrand stĂ€rker gekrĂŒmmt und die Areolen fehlen, auch ist der Schnabel weniger stark gekrĂŒmmt. 


Fundort: Hinterschafberg. 


Rhynchonella subpectiniformis nov. sp. — 5 Exempl. 
la DAL INS, 38: 


Diese zierliche Art stimmt in allen Theilen mit Ausnahme des Schnabels ziemlich gut mit Ah. pee- 
tiniformis Can.” ĂŒberein; die Speciesdiagnose ist folgende: 

Umriss: queroval, zum subpentagonalen neigend. 

Commissur: auf der Seite gerade oder leicht geschweift, an der Stirn in eleganter Curve gegen die kleine 
Klappe eingekrĂŒmmt, Knickungen nicht vorhanden. Dass bei einem Exemplar die Curve etwas asym- 
metrisch ist, dĂŒrfte auf Krankheit zurĂŒckzufĂŒhren sein, da an der asymmetrischen Stelle auch die 
Rippen abnormal schwach sind. 

Grosse Klappe: wenig gewölbt; etwa in der Mitte der Klappe beginnt ein undeutlich begrenzter Mediansinus, 
welcher sich bis zur Stirn hinabzieht und fast deren ganze Breite einnimmt. Bei jungen Individuen 
ist der Sinus beinahe nur noch an der Biegung der Stirnlinie erkennbar. 

Kleine Klappe: ungefÀhr ebenso stark gewölbt wie die grosse, ein eigentlicher Wulst ist nicht vorhanden, 
doch ist in der Stirnregion eine schwache mediane Erhebung erkennbar. 

Lateralfelder: fehlen vollstÀndig, die Schalen stossen an der Seite unter stumpfem, an der Stirn unter spitzem 
Winkel zusammen. 

Berippung: bei dem grössten Exemplar stehen auf jeder Klappe 15 Rippen, welche wohl zum Theil durch 
Dichotomie entstehen, doch lassen sie sich in der Wirbel- und Schnabelregion nicht deutlich erkennen. 
Bei den kleineren Exemplaren ist es unmöglich die Rippen zu zÀhlen, weil sie sich schon zu sehr ver- 
flachen. Die Rippen sind breit aber nicht hoch und scharf, sondern flach wellig, auf der oberen Seite 
abgerundet, die ZwischenrÀume sind sehr schmal, fast linienartig. 

Schnabel: sehr klein, schmal, spitz, aufrecht stehend, wenig gekrĂŒmmt, Kanten sind nicht vorhanden oder 
doch so stark abgerundet, dass sie fast nicht mehr zu erkennen sind. 

I Il III 
Dimensionen: Enge 15,65 1m 1,2 om, 
Breiter Sr 
Dicke: 8,7 6,3 5,5 


” 


” 


! Parona, Il calcare liasico di Gozzano 1880, p. 23, Taf. III, Fig. 5. 
Âź Canavarı, Contrib. III alla conosc. d. brachiopodi d. strati a Ter. Aspasia Men. nell’ Apennino centrale (Atti Soc. 
Tose. Sc. Nat. Vol. VI. 1884, p. 97, Taf. XI, Fig. 5). 


190 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Diese Art steht der Rh. pectiniformis Can., wie schon oben bemerkt, sehr nahe, unterscheidet sich 
jedoch durch den kleinen, zierlichen Schnabel; derjenige der Rh. pectiniformis Caxavarı ist nach dem Autor 
sehr krĂ€ftig und gekrĂŒmmt. Eine gewisse allgemeine Aehnlichkeit hat die Form mit Ah. discoidalis Par.", 
doch fehlen ihr die Areolen, auch ist die Berippung eine verschiedene. 

Fundorte: Hinterschafberg, Ostwand bei Hotel Schafberg, Kramsach bei Rattenberg. 


Rhynchonella fraudatrix nov. sp. — 2 Exempl. 
Par XI 9Ri02 36,37: 
1880. Rhynchonella variabilis var. plicata Canavarı, I brachiop. d. strati a Ter. Aspasia Men. nell’ Apennino centr. 
p. 31, Taf. IV, Fig. 12 (non 11). 
Diese Form ist wohl mit der von Caxavarı als VarietÀt plicata der Rh. variabilis SCHLOTH. be- 
schriebenen identisch; sie weist folgende Merkmale auf: 

Umriss: niedrig _fĂŒnfseitig. 

Commissur: auf der Seite wenig gekrĂŒmmt, an der Stirn mit zwei scharfen Eckknicken gehoben, gefĂ€ltelt. 

Grosse Klappe: ziemlich gewölbt, ein nicht immer ganz symmetrischer Mediansinus zieht sich von der 
Schnabelregion bis zur Stirn hinab. 

Kleine Klappe: stark gewölbt, ein wenig deutlicher Medianwulst zieht sich von der Wirbelregion bis zur Stirn. 

Lateralfelder: eigentliche Lateralfelder sind nicht vorhanden, doch treffen die Klappen an der Seite unter 
einem sehr stumpfen Winkel (fast 150°) zusammen. 

Rippen: diese sind auf der Mitte der Schale fast nicht zu erkennen, deutlich ja krÀftig werden sie erst in 
der Stirnregion; es sind 6 auf der kleinen, wovon 4 auf dem Wulst, 2 auf den Seiten, und 5 auf der 
grossen Klappe, wovon 3 auf dem Sinus, 2 auf den Seiten stehen. 

Schnabel: klein, spitz, wenig gekrĂŒmmt, fast ohne Kanten. 


Innere Merkmale: unbekannt. 
Diese hĂŒbsche Art ist ziemlich sicher identisch mit der von Canavarr (l. ec.) als Rh. variabilıs 


ScHLoTH. var. plicata abgebildeten Form; als einzigen Unterschied könnte man die grössere StÀrke der 
Rippen, sowie die Verschiedenheit der Seitencommissur bei dem Exemplare Canavarrs anfĂŒhren. GEYER” 
will die von Caxavarı beschriebene Form zusammen mit dessen Rh. variabilis var. luevis (CANAVARI |. C. 
Taf. IV, Fig. 11) zu Rh. Paolii Cax. stellen, was aber FucrsıŸ fĂŒr unrichtig hĂ€lt. Auch ich muss Fucır's 
Anschauung beipflichten, da Cavavarrs Fig. 12 sich von Rh..PaoliĂŒ durch die besondere StĂ€rke der Rippen 
gut unterscheidet; auch Fig. 11 möchte ich mit Fucısı von Fig. 12 als besondere Art abtrennen und sie, 
im Gegensatz zu Fucıı, mit Rh. Paolii vereinigen, da mir zahlreiche UebergÀnge zwischen den beiden 
Formen vorliegen. 

Rh. fraudatrix steht der Rh. Paoli Ca. nahe, unterscheidet sich jedoch durch die StÀrke der 
Rippen und die Gestalt der Stirnregion. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg, Hinterschafberg ?. 


i Pıroxa, II cale. liass. di Gozzano 1880, p. 25, Taf. III, Fig. 5. 
? Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz 1889, p. 68. 
3 Fucısı, Cale. bianchi ceroidi von Phyll. cylindricum etc. 1894, p. 62. 


Rhynchonella Paolii Can. : 191 


Rhynchonella Paolii Canavarı. — Ca. 100 Exemp!. 
Taf. XIV, Fig. 1—4. 


1880. Rhymchonella Paolii Caxavarı, La montagna del Suavicino (Boll. d. R. Comitato geol. d’Italia, p. 69,. T. I, F. 1). 
1880. I brachiop. d. strati a Ter. Aspasia Mrx. nell’ Apennino centrale, p. 30. 
_ nov. f. ibidem, p. 31, Taf. IV, Fig. 13. 
— variabilis var. Taevis ibidem, p. 51, Taf. IV, Fig. 11. 
21889, = Paolii Geyer, Ueb. d. lias. Brachiopodenfauna d. Hierlatz b. Hallstatt, p. 67, Taf. VIl, Fig. 22—23. 
1594. —_ —  Fvemı, Fauna dei calcari bianchi ceroidi con Phyll. eylindricum etc. p. 61, Taf. VII, Fig. 6. 


WĂ€hrend bei Kramsach Rh. Paolii sehr selten ist, kommt sie am Schafberg an fast allen Fundpunkten 
des mittleren Lias sehr hÀufig vor. Sie variirt in Hinsicht auf die StÀrke der Rippen, sowie auf die Tiefe 
des Sinus. Eine grosse Anzahl von Exemplaren ist vollkommen glatt, hat aber mit Ah. Paolii typ. den 
charakteristischen dĂŒtenförmigen, vollstĂ€ndig kantenlosen Schnabel gemeinsam. Daran schliessen sich Formen 
mit ganz schwacher Berippung, welche dann zu GehĂ€usen hinĂŒberleiten, die eine ziemlich krĂ€ftige Berippung 
aufweisen. Ferner finden sich einzelne StĂŒcke, welche kaum eine Andeutung eines Wulstes auf der kleinen 
Klappe haben, andere dagegen, welche einen sehr scharf ausgeprÀgten Wulst aufweisen, womit sich meistens 
auch eine Vertiefung des Sinus auf der grossen Klappe verbindet. Diese Extreme sind ebenfalls durch 
UebergĂ€nge miteinander verknĂŒpft. Ferner kommt es vor, dass der Wulst verlĂ€ngert ist, so dass er sich 
etwas ĂŒber die ĂŒbrigen Theile der Stirnlinie hinauszieht. Auch verschmĂ€lern sich Wulst und Sinus zuweilen. 
Alle solche Verschiedenheiten treten aber nicht isolirt und constant auf, dass man VarietÀten abtrennen könnte. 

Am nÀchsten steht der Àchten Rh. Paolii Caw. diejenige Form, welche GEYER (l. c.) aus dem Hier- 
latzkalk beschreibt und auf unsere Art bezieht. Geyer’s Fig. 23 halte auch ich fĂŒr identisch mit Ah. 
Paolö, dagegen unterscheidet sich die Fig. 23 durch das starke ZurĂŒcktreten der FlĂŒgel, sowie das Vor- 
handensein von Schnabelkanten betrÀchtlich vom Typus der Art Canwavarrs. Ferner ist zu Rh. Paoli wohl 
auch Rh. variabilis var. laevis Can. (l. c. 1880) zu rechnen, wenigstens ist eine Verschiedenheit von den 
glatten GehÀusen der Rh. Paolii vom Schafberg nicht zu entdecken. Weiter möchte ich auf eine Form auf- 
merksam machen, welche möglicherweise zu Rh. Paolii gehört, leider aber bisher nicht abgebildet ist, ich 
meine die von Haas! als Rh. PiceininĂŒi Zırreu beschriebene Art. Haas identifieirt seine Art mit der 7. 
PiceininiĂŒ ZirtEu?, die aber eine Ă€chte Terebratel ist, woran auch weder GEMMELLAROÂź noch MENEGHINI“ 
noch Canavarı* gezweifelt haben, welche diese Art ebenfalls anfĂŒhren. Nun hat allerdings 7. Piceininii 
Zırten bei flĂŒchtiger Betrachtung eine grosse Aehnlichkeit mit Rh. PaolĂŒi Can., und zwar mit kleineren 
Exemplaren dieser Art, ja das von GEMMELGARO abgebildete Exemplar sieht der glatten VarietÀt der Ah. 
Paolii Can. zum Verwechseln Àhnlich; deshalb ist es auch nicht unmöglich, dass die Prhynchnonella vom 
Piz Stern bei St. Cassian, welche Haas mit 7. Piceininii Zirz. identificirt, zu Zrh. Paolii Can. gehört; dazu 
stimmt auch die Bemerkung des Autors, dass manche StĂŒcke breiter und weniger gewölbt seien als der 
Typus der 7. Piceinimii Zırr.; da jedoch Haas weder eine genaue Beschreibung noch Abbildungen gibt, so 


Haas, Beitr, zur Kenntniss der lias. Brachiopodenfauna von SĂŒdtyrol, 1884, pag. 16. 

Zırzer, Geol. Beobacht. aus den Central-Appenninen, 1869, pag. 125, Taf. 14, Fig, 7. 
GEMMELGARO, Sopra ale. faune giur. e lias. della Sicilia, 1374, pag. 64, Taf. XI, Fig. 4. 

* CAnavarı, I brachiop. d. strati a Ter. Aspasia Men. nell’ Appennino centrale, 1380, pag. 19. 


3 


199 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


kann ich die Zugehörigkeit seiner Art zu Zeh. Paolii nur vermuthen, um so mehr, als auch von dieser Art 
die Originale nicht mehr aufzufinden sind. 

Die Rh. Paolii Can. steht. der Rh. Taevicosta Stur' sehr nahe, doch hat diese stÀrkere und gleich- 
mÀssigere Rippen, zeigt keinen so scharf begrenzten Wulst wie die erstere, und ausserdem liess sich unter 
dem grossen mir vorliegenden Material der Rh. Paolii kein Uebergang zur Rh. Iaevicosta auffinden, so dass 


beide Arten getrennt aufrecht zu erhalten sind. 
Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Fagstein bei Berchtesgaden; Hinterschafberg, Oberer Burgau- 


graben, Thörlklamm am Schafberg. 


Rhynchonella Stachei nov. sp. — ca. 80 Exempl. 
‚Taf. XIV, Fig. 5—8. 


Eine der Rh. Paolöi nahe verwandte Art, welche aber immerhin gut von ihr zu unterscheiden ist, 
liegt in einer grossen Anzahl von GehÀusen vor; diese haben folgende Merkmale: 

Umriss: gerundet fĂŒnfseitig. 

Commissur: auf der Seite gerade und nahe an der grossen Klappe liegend; an der Stirn krÀftig gegen die 
kleine Klappe gehoben und im mittleren Theil der Stirn mehr oder weniger krÀftig gefaltet; doch 
kommt auch eine VarietÀt vor, bei welcher die Stirncommissur nicht gefaltet ist. 

Grosse Klappe: sehr flach; von der Mitte der Schaale bis zur Stirn zieht sich ein undeutlich begrenzter, 
mehr oder weniger tiefer Sinus, der hÀufig etwas asymmetrisch liegt. In der Wirbelgegend sind 
gewöhnlich einige krÀftige Anwachsstreifen vorhanden. 

Kleine Klappe: gleichmÀssig krÀftig gewölbt; meistens ist am Sinus der grossen Klappe entsprechend ein 
Wulst mehr oder weniger stark angedeutet, doch stets nur in der Frontalregion. In der Wirbelgegend 
sind meistens krÀftige Anwachsstreifen sichtbar. 

Lateralfelder: sind nicht eigentlich vorhanden, doch sind sie in selteneren FÀllen angedeutet, hÀufiger stossen 
die Klappen an der Seite unter fast 150° zusammen; zuweilen aber ist die Commissur etwas eingesenkt. 

Berippung: meistens sind Rippen nur in der Frontalregion auf dem Wulst sichtbar und zwar stehen dort 
3—6, um je eine Rippe weniger im Sinus; oft aber ist die Berippung nur durch eine Faltung oder 
FĂ€ltelung der Stirnlinie angedeutet, einige Exemplare sind ganz glatt. 

Schnabel: klein, sehr spitz, aufrecht stehend, nicht gekrĂŒmmt, mit ziemlich scharfen, niedern, faltenartigen 
Kanten versehen, welche mit der Commissur divergirend nach rĂŒckwĂ€rts in der grossen Schaale verlaufen. 

Innere Merkmale: in der grossen Klappe ZahnstĂŒtzen, in der kleinen Klappe ein sehr kurzes, krĂ€ftiges 
Medianseptum vorhanden. Cruren unbekannt. 


I II II 
Dimensionen: Höhe: 16,3 15,4 14,0 mm, 
Breite:me1l)> 16,1 al 
Dicke: 11,9 9,5 Im, 


! Geyer, Ueber die lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz bei Hallstatt, 1889, pag. 66, Taf. VII, Fig. 20, 21. 


Rhynchonella subcostellata Genua. 193 


Diese Art variirt gerade so stark wie die vorhergehende, hauptsÀchlich in der StÀrke der Berippung, 
sowie in der Höhe des Wulstes und der Tiefe des Sinus, auch sind die WölbungsverbÀltnisse der kleinen 
Klappe sehr wechselnd, sie kann zuweilen ganz flach werden. Constant bleibt die flache grosse Schaale und 
der Schnabel mit den nach rĂŒckwĂ€rts verlaufenden Kanten. 

Rh. Stachel ist eine Mittelform zwischen Rh. Paolii Can. und Rh. Dalmasi Dvm. Von ersterer 
unterscheidet sie sich durch die starken Schnabelkanten und die auffallend flache grosse Klappe, sowie durch 
die verschiedene Lage der Seitencommissur. Bei Ah. Dalmasi Dum. sind dagegen die Schnabelkanten 
schÀrfer und lÀnger, auch verlaufen sie etwas anders, und der Wulst der kleinen Klappe trÀgt eine mediane 
Einsenkung. 

Eine auffallende Aehnlichkeit hat Rh. Stachei mit einer VarietÀt der Rh. brentoniaca Orr. aus dem 
mittleren Dogger, doch fehlen dieser die nach rĂŒckwĂ€rts verlaufenden Schnabelkanten. 

Fundorte: Hinterschafberg, Feuchteneck, GrĂŒnsee, Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee. 


” 


Rhynchonella subcostellata GEMmMELLARO. — 1 Exempl. 
Taf. XIV, Eie. 9. 
1878. Rh. subcostellat« GEMMELLARO, Sopra ale. faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 422, Taf. XXXI, Fig. 75—78, 


Ein zierliches GehÀuse, welches vom Hinterschafberg stammt, gehört wohl sicher zu Rh. subcostellata 
Gemum. Der Umriss ist pentagonal und breiter als hoch. Die Commissur ist auf der Seite gerade, aber 
gegen die Stirn hin gefÀltelt, an der Stirn ist sie gefaltet und in scharfen seitlichen Knickungen gegen die 
kleine Klappe gehoben. Lateralfelder fehlen gÀnzlich. Die beiden Klappen sind ziemlich gleichmÀssig 
schwach gewölbt, auf der grossen Klappe ist ein Mediansinus vorhanden, der aber erst in der Frontalregion 
sich etwas deutlicher abhebt, Ebenso wenig deutlich ist der Medianwulst der kleinen Klappe, welcher gleich- 
falls erst in der Stirngegend deutlicher begrenzt ist. Auf jeder Schaale befinden sich ungefĂ€hr 14—15 
deutliche Rippen, welche durch Theilung entstehen und zwar so, dass jede am Wirbel resp. Schnabel auf- 
tretende Rippe sich gegen die Stirn hin bĂŒndelförmig in 2—4 Rippen zerspaltet, doch konnte ich eine 
RegelmĂ€ssigkeit in der Art der Zerspaltung, so wie das bei Rh. fascicostata Us.” der Fall ist, nicht wahr- 
nehmen. Auf dem Wulst stehen 6 Rippen, auf dem Sinus. 5. Der Schnabel ist krÀftig, an der Basis breit, 
stark zugespitzt, aufrechtstehend, wenig gekrĂŒmmt, ziemlich hoch. Scharfe Schnabelkanten begrenzen eine 
falsche Area, welche eine fast horizontale Anwachsstreifung aufweist; das Deltidium ist ziemlich gross und 
scheint ganz feine, schrÀg gegen die Schnabelspitze gerichtete Anwachsstreifen zu besitzen. Das Foramen 
ist nicht vollstÀndig erhalten, scheint aber ziemlich klein gewesen zu sein. Die Dimensionen sind: Höhe 
13,7 mm, Breite 16,5 mm, Dicke 9,2 mm, 

Von dem bei Germmertaro abgebildeten Exemplar weicht unser Exemplar dadurch ab, dass es auf 
Wulst und Sinus je eine Rippe mehr hat, und dass es verhÀltnissmÀssig etwas dicker ist, in allen andern 
Theilen stimmt es vollkommen mit GEMMELLARO'Ss Original ĂŒberein. 


! Orper, Ueber d. Vorkommen v. jurass. Posidonomymsestein in d. Alpen, 1863, pag. 215, Taf. VII, Fie. 12—14. 
Ÿ UrrısG, Lias. Brachiopodenfauna v. Sospirolo bei Belluno (Sitzber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien), 1879, pag. 42, 
Taf. V, Fig. 1—3. 


Palaeontographica. Bd. XLIV. 25 


194 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Die Art steht der Rh. plicatissima Qu. nahe, unterscheidet sich von dieser Species jedoch durch 
ihre mehr in die Breite gestreckte Form, durch die geringere Wölbung der Klappen, die verschiedene 
Schnabelbildung, und dadurch, dass die Kanten in der Ebene der Seitencommissur liegen. 

Fundort: Hinterschafberg. 


Rhynchonella cfr. latifrons Srtur. — 3 Exempl. 
1889. Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz bei Hallstatt, pag. 54, Taf. VI, Fig. 25—31. 


Mir liegen nur drei schlecht erhaltene Exemplare vor, welche man allenfalls mit Ah. latifrons Stur 
vergleichen kann; eines davon nÀhert sich in seinem Aussehen der Fig. 29 bei Geyer (l. c.), doch ist bei 
der schlechten Erhaltung an eine sichere Bestimmung nicht zu denken. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Rhynchonella sublatifrons nov. sp. — 7 Exempl. 
Taf. XIV, Fig. 10—12. 


An Rh. latifrons Stur schliesst sich eine Art aus dem mittleren Lias eng an, welche andererseits 
auch Beziehungen zu Rh. flabellum Men. aufweist. Sie hat folgende Merkmale: 
Umriss: abgerundet dreiseitig, meist breiter als hoch, seltener höher als breit. 
Commissur: auf der Seite gerade, gegen die Stirn hin meistens etwas gefÀltelt, an der Stirn gefaltet und 
gegen die kleine Klappe in zwei lateralen Knicken gehoben. 
Grosse Klappe: schwach gewölbt, in oder unter der Mitte beginnt ein breiter, flacher Mediansinus, der sich 
bis zur Stirn hinabzieht. 
Kleine Klappe: noch flacher als die grosse; in der Stirngegend ist ein breiter, flacher Wulst vorhanden. 
Lateralfelder: angedeutet, hauptsÀchlich bei grösseren Exemplaren, aber sehr kurz. 
Rippen: Die Zahl der Rippen schwankt auf beiden Klappen zwischen 11 und 15, auf dem Wulste stehen 
4—5 Rippen, auf dem Sinus immer je eine weniger. Die Rippen sind sehr flach und breit. 
Schnabel: sehr hoch, ziemlich breit, krĂ€ftig, wenig gekrĂŒmmt, aufrechtstehend. Die Kanten sind stark ab- 


gerundet. 
Innere Merkmale: unbekannt. 
: I II II IV 
Dimensionen: | Höhe: 14,1 13,2 10.1 10,4 
Breite: 14,8 14,4 11,4 9,9 
Dicker 155 6,1 5,7 5,6 


Mit Rh. flabellum Mex. hat unsere Art die dreiseitige Gestalt, sowie die breiten, flachen, wellen- 
förmigen Rippen gemeinsam; sie unterscheidet sich aber von ihr durch den hohen, krÀftigen Schnabel und 
den Mangel an grossen, langen Lateralfeldern. Mit Ah. sublatifrons Sur hat Rh. latifrrons n. sp. den hohen, 
krÀftigen Schnabel, sowie die dreieckige Form und den Mangel an eigentlichen Lateralfeldern gemeinsam, 
doch unterscheidet sie sich durch die breite, wellige Form der Rippen und durch das Fehlen der scharfen 
Schnabelkanten; ĂŒbrigens ist unsere Art auch flacher und kleiner als Ah. latifrons Stur. Eine gewisse 


Rlyynchonella flabellum Mexeskint. 195 


Aehnlichkeit mit Rh. sublatifrons nov. sp. haben auch die jugendlichen Individuen der Ah. margaritati mihi, 
doch unterscheiden diese sich durch den kleinen, zierlichen Schnabel, sowie durch die meist asymmetrische 
Form. Als Verwandte der Latifrons-Reihe finden wir im Dogger Rh. bösei Borro-MıccA '; Àhnliche, unbe- 
schriebene Formen findet man im Jura nicht selten. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg. 


Rhynehonella flabellum Menzcumm — 23 Expl. 

1874. Rh. flabellum GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sieilia, pag. 85, Taf. XI, Fig. 14, 25—27 

1880. — — Parona, Il calcare liass. di Gozzano, pag. 18, Taf. II, Fig. 7, 8. 

1880. — — CAnAvarı, I brachiop. d. strati a Ter. Aspasia Men nell’ Appennino centrale, pag. 28, Taf. IV, 
Fig. 4—7. 

21854. — —_ PaAroxa, I brachiop. liass. di Saltrio ed Arzo, pag. 15, Taf. I, Fig. 13; Taf. II, Fig. 1, 2. 

1892. — — Nerr, Monografia dei fossili del calc. bianco ceroide di Mte. S. Giuliano (Atti d. Soc. tose. di 
Sc. nat.; Processi verb.), pag. 46. 

1892, — —  Parona, Revisione della fauna liasica di Gozzano, pag. 36, Taf. II, Fig. 9, 10. 

1894. — — Fucını, Fauna dei calc. bianchi ceroidi con Phyll. cylindricum ete., pag. 40, Taf. VI, Fig. 18. 


Die mir vorliegenden Exemplare variiren in ihrem Aussehen sehr stark. Die Stirn ist bald nahezu 
gerade, bald im Bogen gehoben, bald unter scharfen Eckknicken gegen die kleine Klappe einspringend, so 
dass eine Art von Sinus auf der grossen und ein Wulst auf der kleinen Schale entsteht. Auch der Umriss 
wechselt sehr, einige Formen sind sehr breit und niedrig, andere hoch und schmal. Dasjenige, was ziemlich 
eonstant bleibt, ist die Grösse und Gestalt des Schnabels und der Lateralfelder, sowie die wellenförmige 
Gestalt der Rippen. Rh. flabellum Ă€hnelt einer VarietĂ€t von Ah. latifrons Stur”, unterscheidet sich aber 
durch den Mangel an scharfen Schnabelkanten und durch den Besitz von Lateralfeldern, auch ist der 
Schnabel weniger hoch. Solche hohen SchnÀbel und scharfen Schnabelkanten finden wir auch in der Ab- 
bildung der von Parona (l. c. 1884) als Ah. flabellum bezeichneten Form. In der Beschreibnng MEnEGHINT'S 
(siehe Canavarı 1880 1. c.) heisst es: „Apice pochissimo sporgente, incurvo, contiguo all’ umbone“ und 
GEMMELLARO (l. c.) sagt: „L’apice & piĂŒ 0 meno corto, acuto e alquanti carenato allati....“ Mit diesen 
Angaben vergleiche man aber den Schnabel der erwĂ€hnten StĂŒcke Paroxa’s und zwar besonders der Fig. 13 
auf Taf. I, auf welche ja auch Fucmtr sich beruft. Ich muss auch heute noch bei meiner Anschauung 
beharren, dass die von ParonA als Rh. flabellum bezeichneten und von Arzo stammenden Exemplare zu 
Rh. latifrons Stur gehören, wenigstens soweit ich solche StĂŒcke selbst gesehen habe; dass die Ă€chte Rh. 
flabellum auch bei Saltrio und Arzo vorkomme, will ich nicht leugnen, doch hat Paroxa weder eine solche 
abgebildet, noch ist mir ein StĂŒck davon zu Gesicht gekommen, unwahrscheinlich ist ja das Vorkommen 
schon deshalb nicht, weil ja auch Andere (Fucısm) Ah. flabellum aus dem untern Lias eitiren. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg, Hinterschafberg. 


! Borro-Micca, Fossili degli strati A Zioceras opalinum Reın. e Ludwigia Murchisonae Sow. della Croce di Valpore 
(M. Grapa) Prov. di Treviso. (Boll. Soc. geol. ital. 1593), pag. 51, Taf. I, Fig. 11. 
? Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, 1889, pag. 59, Taf. VI, Fig. 25—31. 


196 Emil Böse, die mittelliasische Brachipodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Rhynchonella Greppini Orrer. — 15 Exempl. 
1892. Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, pag. 642. 


Unter den vorliegenden StĂŒcken sind leider nur wenige so gut erhalten, dass man sie mit Sicherheit 
bestimmen kann. Diese aber stimmen vollstĂ€ndig mit Rh. Greppini Typus ĂŒberein. Bei den kleineren 
Exemplaren beginnt allerdings die FĂ€ltelung der Seitencommissur nicht auf der Areole, sondern am Ende 
derselben. Bei einigen Exemplaren vereinigen sich zwei Rippen vor der Stirn zu einer, ohne dass aber 
eine regelmÀssige rimose Berippung vorhanden wÀre. Vom Schafberg liegen mir nur zwei sicher bestimm- 
bare StĂŒcke aus dem Mittellias vor. Das eine davon ist typisch, das andere unterscheidet sich von der 
gewöhnlichen Hierlatzform durch seine schmĂ€lere Gestalt. Bei diesen StĂŒcken sind die Rippen sehr scharf- 
kantig, wÀhrend die Kramsacher Formen mehr gerundete Rippen haben. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg. 


Rhyncehonella polyptycha Orren. — 6 Exemp!. 
1892. Böse, Fauna der lias. Brachiopodensch bei Hindelang, pag. 642. 


Nur wenige, nicht besonders gut erhaltene GehÀuse liegen mir von Kramsach vor, welche sich mit 
ziemlicher Sicherheit mit Rh. polyptycha Orreu identificiren lassen. Sie Àhneln hauptsÀchlich Geyer's! 
Fig. 16 auf Taf. VI, doch ist der eine Unterschied vorhanden, dass bei unsern Exemplaren die Seiten- 
commissur sehr nahe an den Kanten der grossen Klappe liegt, so dass der grösste Theil der Lateralfelder 
auf die kleine Klappe fÀllt; auch sind die Lateralfelder wohl etwas tiefer eingesenkt als bei den typischen 
Exemplaren. Am Schafberg hat sich bisher nur ein einziges, aber typisches Exemplar im Mittellias gefunden; 
es gleicht vollkommen der Fig. 15 bei GEYER (. c.). 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg. 


Rhynchonella quinqueplicata Zıerzx. — 2 Exempl. 


1830—34. Terebr. quinqueplicata ZiETEn, Versteinerungen WĂŒrttemberss, pag. 55, Taf. XLI, Fig. 2. 
— _ triplicata, ibidem, pag. 55, Taf. XLI, Fig. 4. 

1871. — quinqueplicata QUENSTEDT, Die Brochiopoden, pag. 67, Taf. 37, Fig. 167—175. 

Von den beiden mir vorliegenden Exemplaren ist nur das eine ziemlich gut erhalten. Es zeigt den 
charakteristischen, vorgestreckten Wulst, stimmt ĂŒberhaupt ganz mit Exemplaren aus dem bekannten Fund- 
platz Zell bei Boll (Lias 6) ĂŒberein, welche mir vorliegen. Auf dem Wulst hat es nur zwei Rippen, wĂ€re 
also mit Fig. 167 bei QuEnsTEnT zu vergleichen, wenn es nicht im Umrisse so auffallend an Fig. 169 
erinnerte. Solche Exemplare kommen auch bei Zell vor. 

Schon QuEsstepr hat ganz richtig erkannt, dass auch Ter. triplicata ZieTEn (non Pre.) hierher 
gehört; die Zahl der Wulstrippen wechselt eben sehr, und zwar sind die vielrippigeren Exemplare durchaus 
nicht die hÀufigeren, sondern jene mit 3 und 4 Rippen auf dem Wulst. 

Das zweite mir vorliegende GehÀuse hat 3 Rippen auf dem Wulst, doch fehlt der ganze obere Theil 


1 Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, 1889, pag. 51, Taf. VI, Fig. 15—19. 


Rlıynchonella ptinoides Dr STEFANO. 197 


der beiden Klappen und das Uebrige ist verdrĂŒckt. Nur die auffallend starken Rippen und der vorspringende 
Wulst deuten auf eine Zugehörigkeit zu Rh. quingueplicata hin. 
Die kleine Klappe eines dritten Exemplars ist vielleicht ebenfalls hierher zu stellen; es Àhnelt 
Fig. 172 und Fig. 174 bei Quensteor, doch ist eine auch nur annÀhernd sichere Bestimmung nicht möglich. 
Fundorte: Hinterschafberg; Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee, (?) GrĂŒnsee am Schafberg. 


Rhynchonella ptinoides pı Sterano. — 2 Exenmpl. 
1891. Rh. ptinoides DI STEFANO, Il lias medio del Mte San Giuliano etc., pag. S6, Taf. II, Fig. 13, Taf. III, Fig. 1. 


Von den beiden mir vorliegenden Exemplanen dieser charakteristischen grossen Art ist leider nur 
. das eine gut erhalten, dieses ist jedoch typisch. Der Umriss ist subpentagonal, fast quadratisch, die Com- 
missur ist auf der Seite gegen die kleine Klappe hineingekrĂŒmmt, wodurch das Exemplar etwas von den- 
jenigen »Dı Sterano's abweicht; an der Stirn ist die Commissur in zwei scharfen seitlichen Knickungen gegen 
die kleine Klappe sehr stark gehoben und im mittleren Theile scharf gezackt. Die grosse Klappe ist wenig 
gewölbt, springt jedoch im unteren Theile weit gegen die kleine vor, von der Schnabelregion bis zur Stirn 
zieht sich ein breiter, undeutlich begrenzter Sinus, welcher fast die ganze Schaalenbreite einnimmt. Die 
kleine Klappe ist Àusserst krÀftig gewölbt, von der Wirbelgegend bis zur Stirn zieht sich ein Wulst, welcher 
mehr als zwei Drittel der GehÀusebreite einnimmt; von dem Wulst fÀllt die Schaale zur Seiteneommissur 
sehr steil ab, so dass seitliche FlĂŒgel ganz fehlen. Eigentliche Lateralfelder sind nicht vorhanden, doch 
stossen die Klappen an den Seiten unter einem Winkel von fast 150° zusammen. Auf der kleinen Klappe, 
und zwar auf dem Wulst, befinden sich 3 krÀftige Rippen, welche sich jedoch (von der Stirn aus gerechnet) 
schon auf dem zweiten Drittel der SchaalenlÀnge verflachen und gegen den Wirbel hin ganz verschwinden. 
Auf den Seiten befinden sich noch 2 sehr undeutliche Rippen. Auf der grossen Klappe befinden sich nur 
zwei krÀftige Rippen im Sinus, welche sich von der Mitte der Schaale an zum Schnabel hin stark ver- 
flachen. Der Schnabel ist klein, niedrig, stark gekrĂŒmmt, auf die kleine Klappe herabgedrĂŒckt, mit 
gerundeten Kanten versehen. ZahnstĂŒtzen sind vorhanden, ebenso ein Medianseptum in der kleinen Klappe, 
der Cruralapparat ist unbekannt. Die Dimensionen des vollstÀndigen Exemplars sind folgende: Höhe 
23 mm, Breite 21,5 mm, Dicke 19,5 mm. 

DI STEFANO vergleicht Rh. ptinoides mit Rh. lubrica Umt.‘, von welcher sie sich durch den kleinen 
Schnabel und die bedeutend aufgeblÀhtere Gestalt unterscheidet. Ferner vergleicht pı Sterano seine Art 
mit Rh. Delmensis Haas’, und giebt die Unterschiede, welche hauptsĂ€chlich in den gerundeten Schnabel- 
kanten und der geringen Entwicklung lateraler FlĂŒgel bei Ah. ptinoides zu finden sind, recht gut an. 

Diese Species, welche auch in Sieilien recht selten ist, liegt mir bisher aus den Nordalpen nur in 
2 Exemplaren vor, welche sich in der MĂŒnchener Staatssammlung befinden. 

Fundort Hinterschafberg. 


" Untıs, Lias. Brachiopodenfauna von Sospirolo, 1879, pag. 39, Taf. V, Fig. 5—7. 

°¼ Haas und Perrt, Die Brachiopoden der Juraformation von Elsass-Lothringen, 1882, pag. 191, Taf. IV, Fig. 1—9 
(in der TafelerklÀrung, sowie in dem ersten bereits 1881 von Haas publieirten Theil als Ah. Beneckei nov. sp. bezeichnet, 
welcher Name schon frĂŒher durch Nevmaver vergeben ist). 


198 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Rhynchonella pseudo-scherina nov. sp. — 10 Exempl. 
Mat. RIV-ERies 3,014 


Eine recht charakteristische Art, welche sich der Rh. Scherina GEmMm. nÀhert, liess sich mit keiner 
bekannten Form vereinigen. Sie lÀsst sich folgendermassen charakterisiren: 

Umriss: dreiseitig, zum fĂŒnfseitigen neigend. 

Commissur: auf der Seite gefÀltelt und gezackt (noch innerhalb der Areole), an der Stirn krÀftig gezackt 
und unter scharfen seitlichen Knickungen gegen die kleine Klappe gehoben. 

Grosse Klappe: ziemlich gewölbt, mit ausgesprochenem sehr breitem Mediansinus versehen, welcher sich vom 
Schnabel bis zur Stirn zieht. 

Kleine Klappe: stark gewölbt, dem Sinus der grossen Klappe entsprechend ist ein breiter Wulst vorhanden. 

Areolen: tief, breit, mehr als zwei Drittel der. SchaalenlÀnge einnehmend. 

Rippen: auf der klemen Klappe 6—7, auf der grossen 5—6; auf dem Wulst 3—4, auf dem Sinus 2—3. 
Die Rippen, welche seitlich des Wulstes und des Sinus stehen, sind vielfach nur noch als Kanten der 
Areolen ausgeprÀgt. Zuweilen verlieren sich einzelne Rippen vor dem Stirnende. 

Schnabel: klein, auf die Brachialschaale herabgedrĂŒckt, mit langen, scharfen Kanten versehen. 

Innere Merkmale: kurzes Medianseptum in der kleinen und ZahnstĂŒtzen in der grossen Klappe vorhanden; 
Form der Cruren unbekannt. 


I II 
Dimensionen: Höher 229355 19,2 mm, 
Breite: 25,7 Do 


Dicke: 16,9 18:0, 

Wie schon bemerkt, steht die hier beschriebene Art der Ah. Scherina GEmm. sehr nahe. Sie unter- 
scheidet sich von ihr durch die schÀrferen Rippen, den kleimeren und weniger nach vorn gezogenen Schnabel, 
sowie durch den mehr dreieckigen Umriss; auch ;st Rh. Scherina Gem. stets stĂ€rker geflĂŒgelt auf den 
Seiten als Rh. pseudo-scherina. 

Rh. pseudo-scherina ist als das Extrem einer Gruppe zu betrachten, zu welcher ausserdem Ah. 
Scherina GEum., Rh. Glycinna GEmM. und Ih. StoppamĂŒ Par. gehören. Alle 4 Arten sind einander in der 
Gestalt ziemlich Àhnlich, auch sind bei allen die Areolen vorhanden, nur sind die Rippen sehr verschieden. 
WĂ€hrend Rh. pseudo-scherina sehr scharfe Rippen (an diejenigen der Ah. forticostata BOECKH erinnernd) 
hat, sind diejenigen der Ah. Glyeinna (besonders auf dem obern Schaalendrittel) schon gerundeter, bei Ah. 
Seherina werden sie flach und wellig und bei Zth. Stoppanii verschwinden sie oft ganz, weshalb Ror#puerz ! 
diese (Rh. Stoppamii unter dem Namen Ih. undata) auch schon zu seinen „Laeves“ rechnet. Wir werden 
auf das VerhÀltniss der vier Arten zu einander noch in den nÀchsten Abschnitten weiter einzugehen haben. 
Im Hierlatzkalk ist Rh. Guembeli Orr.” eine nahe Verwandte unserer Art, unterscheidet sich jedoch durch 
den mangelnden Wulst und die schmalere Gestalt. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg; GrĂŒnsee. 


1 RorHpLerz, Vilser Alpen, 1886, pag. 88. 
2 Geyer, Lias. Brachiop. des Hierlatz, 1889, pag. 46, Taf. V, Fig. 19—23, 


Rhynchonella Glycinna GEMMELLARO. 199 


Rhynchonella Glycinna GrumELLARo. — ca. 50 Exemp). 
tn D2ONY, Jule, 118), 1laE 


1874. Rh. Glyeinna GEMNELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. S2, Taf. X, Fig. 25. 

1891. — _ Di Sreraxo, Il Lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 74, Taf. II, Fig. 6. 

Rehynchonella Glyeinna Gemn. ist eine im mittleren Lias der Nordalpen sehr hÀufige Art. Gen- 
MELLARO, der sie beschrieb, bildete nur ein einziges, symmetrisches Exemplar ab, aber die Art variirt so 
bedeutend, dass man, wenn man kein grösseres Material kennt, kaum glaubt, dass das von pı StErano 
abgebildete ebenfalls hierher gehört. Ich gebe desshalb hier eine neue, ausfĂŒhrliche Diagnose: 

Umriss: breit dreiseitig bis hoch dreiseitig und subpentagonal. 

Commissur: auf der Seite gerade oder etwas geschwungen, an der Stirn grob gefÀltelt, oft asymmetrisch in 
zwei scharfen Knickungen gegen die kleine Klappe krÀftig gehoben. 

Grosse Klappe: ziemlich gewölbt; oberhalb der Schaalenmitte beginnt ein breiter, oft asymmetrischer, deut- 
licher Mediansinus, welcher sich bis zur Stirn hinabzieht. 

Kleine Klappe: ziemlich gewölbt; von der Schaalenmitte zieht sich ein krÀftiger, oft asymmetrischer Wulst 
bis zur Stirn. 

Lateralfelder: auf der Seite befinden sich lange und breite, meist flache Felder, zuweilen sind sie jedoch 
auch eingesenkt. 

Berippung: auf jeder Klappe befinden sich 5—S in der Wirbel- und Schnabelregion sehr flache, an der 
Stirn sehr krÀftig werdende Rippen, von denen sich hÀufig je zwei vor der Stirn vereinigen; auf dem 
Wulst stehen meistens 3, im Sinus 2 Rippen, doch Àndert sich dies bei dichterer Berippung. 

Schnabel: sehr klein, sehr gekrĂŒmmt, spitz, bis auf die kleine Klappe herabgedrĂŒckt. 

Innere Merkmale: ein Medianseptum liess sich nicht mit Sicherheit erkennen, wohl aber die beiden Zahn- 
stĂŒtzen in der grossen Klappe. 


I II II IV 
Dimensionen: Höhe: 26,4 2465 20,9 19,7 mm, 
Breite: 22,8 29,4 29,4 UT 5, 

Dicke: 16,1 14,5 13,6 TEE, 


Wie ich schon bei der Besprechung der vorhergehenden Art bemerkte, besteht eine nahe Form- 
verwandtschaft zwischen Rh. pseudo-scherina, Rh. Glycinna, Rh. Scherina und Rh. StoppaniĂŒ, so dass man 
fast in die Versuchung geriethe, alle diese Arten in eine einzige, aber Àusserst variabele, zusammenzuziehen; 
da jedoch schliesslich jede dieser Species einen ihr eigenen Habitus besitzt, so lassen alle sich aufrecht 
erhalten und von einander trennen. WÀhrend Ah. pseudo-scherina Àusserst scharfe Rippen hat, sind die- 
jenigen der Rh. Glycinna schon bedeutend flacher, und nur gegen die Stirn hin werden sie schÀrfer, oft 
aber ist auch nur die Stirnlinie sehr scharf gezackt. Wird diese Faltung unregelmÀssig, so entsteht ein 
Uebergang zu Rh. Stoppanii, doch kann auch Rh. Scherina durch asymmetrische Form der Stirn und Ver- 
schwinden der FĂ€ltelung in Z%h. Stoppamii ĂŒbergehen. Diejenigen Exemplare der Rh. Glycinna, welche 
keine Areolen, sondern nur wenig deutliche Arealfelder aufweisen, nÀhern sich der Rn. margarztati wmihi, 
wenigstens den gerippten Formen dieser Art. Man ersieht aus allen diesen UmstÀnden, dass es sehr schwer 


200 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


ist, Rh. Glycinna scharf zu begrenzen; ich sehe als charakterisirend an: die Lateralfelder (oder Areolen) 
und die scharf gezackte Stirn bei welligen Rippen. 
Fundorte: Hinterschafberg; oberer Burgaugraben am Attersee. 


Rhynchonella Scherina GEuMELLARo. — 7 Exempl. 
a, DIN, Be, ST 


1874. Rh. Scherina GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 81, Taf. X, Fig. 24, 
1891. — — DI StErANo, Il Lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 73. 
non Eh. Scherina Parona, 1] calc. liass. di Gozzano, 1880, pag. 19, Taf. II, Fig. 9—11. 
_ — _Parona, Revisione della fauna liasica dl Gozzano, 1892, pag. 31, Taf. I, Fig. 17, 19, 20 
(Fig. 16, 18?). 

GEMMELLARO hat von dieser Art eine ausgezeichnete Beschreibung gegeben, welche durchaus auch 
auf die vom Schafberg stammenden Exemplare passt. Charakterisirend sind die Areolen und die zahl- 
reichen, flachen, breiten, erst gegen die Stirn hin schĂ€rfer werdenden Rippen und der kleine niedergedrĂŒckte 
Schnabel. Auch diese Form ist zuweilen asymmetrisch, wie schon -das von GEMMELLARO abgebildete Exem- 
plar beweist. Was nun Parona (l. c.) zu Ph. Scherina rechnet, kann ich nicht als zu dieser Art gehörig 
ansehen. Die im Jahre 1880 von ihm beschriebenen Formen gehören, wenn die Zeichnung richtig ist, 
vielleicht zu Ah. pseudo-scherina oder Rh. serrata Sow. oder stellen eine neue Art dar, zu welcher dann 
auch Fig. 19, 20 (1892) gehören wĂŒrden. Fig. 17 (1892) ist vielleicht Ah. Glyeinna, dagegen können 
Fig. 16, 15 (1592) möglicherweise noch zu Rh. Scherina gehören. Dass alle diese Arten schwer zu trennen 
sind, habe ich schon bei der Besprechung der vorhergehenden Species angegeben. 

Fundorte: Hinterschafberg; GrĂŒnsee. 


Rhynchonella serrata Sowergey. — 5 Exempl. 
1525. Ter. serrata SOWERBY, Mineral conchology of Great Britain, Bd. V, pag. 168, Taf. 503, Fig. 2. 
1851. Rn. —  Daviıpsos, A monogr. of brit. oolit and liass. Brachiopoda, pag. 35, Taf. XV, Fig. 1, 2. 
1574. — —  GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 80, Taf. XI, Fig. 24. 
1891. — — DI Steraxo, Il Lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 71, Taf. U, Fig. 4, 5. 


Diese Art ist oft und gut beschrieben worden; sie Àhnelt der vorigen Species, unterscheidet sich 
jedoch durch die gleichartig ĂŒber die ganze Schaale verlaufenden Rippen und die kĂŒrzeren Areolen. Die 
mir vorliegenden StĂŒcke nĂ€hern sich der sicilianischen VarietĂ€t. Ob auch Parona’s Rh. discoidalis hierher 
gehört, kann ich nicht entscheiden, DI STEFANO nimmt es an, und allerdings hat die Art grosse Aehnlichkeit 
mit dem englischen Typus. 

Fundorte: Hinterschafberg; Oberer Burgaugraben am Attersee‘. 


{ Die von diesem letzteren Fundorte stammenden beiden Exemplare sind nicht ganz sicher bestimmt, die Areolen, 
resp. Lateralfelder, scheinen mir fĂŒr Rh. serrata zu lang zu sein, doch stimmt ein StĂŒck dieser LocalitĂ€t sonst recht gut mit 
Exemplaren aus England ĂŒberein, das andere bildet einen Uebergang zu Rh. Scherina. 


Rhynchonella margaritati nov. sp. 301 


Rhynchonella Stoppanii Paroxa. — ca. 30 Exeml. 
Nat XIV Rioal sell: 


1880. Rh. Stoppanii Paroxa, Il caleare liassico di Gozzano, pag. 17, Taf. II, Fig. 6. 
— undata ibidem, pag. 16, Taf. II, Fie. 5. 

18866. — — Rorspterz, Vilser Alpen, pag. 136. 

1892. — StoppanĂŒ ParoxA, Revisione della fauna liasica di Gozzano, pag. 38. Taf. II, Fig, 12. 

Dass diese Art ursprĂŒnglich unter zwei verschiedenen Namen aufgefĂŒhrt wurde, spricht schon fĂŒr 
ihre grosse VariabilitĂ€t; diese zeigt sich auch an den mir vorliegenden StĂŒcken. Der Typus ist unsymme- 
trisch und weist deutliche eingesenkte Areolen auf; daneben kommen Formen vor, welche flache Lateral- 
felder haben, ja selbst solche, bei denen die Lateralfelder undeutlich werden; diese bilden den Uebergang 
. zu Rh. margaritati mihi. 

PAroxa giebt an, dass der Schnabel wenig hoch, wenig gekrĂŒmmt sei und schwache Kanten habe; 
dazu ist zu bemerken, dass der Schnabel hĂ€ufig fast bis auf die kleine Klappe herabgedrĂŒckt ist, dann aber 
auch ziemlich gekrĂŒmmt, stets aber sehr klein und spitz ist. Die Stirnlinie ist oft regelmĂ€ssig wellig 
gefaltet, hĂ€ufig unregelmĂ€ssig gekrĂŒmmt, zuweilen stark unregelmĂ€ssig gezackt. Die Rippen sind bei vielen 
Exemplaren sehr deutlich sichtbar, bei andern ganz verschwunden. 

ParonA hat, als er Rh. Stoppanii und Rh. undata zu einer Art vereinigte, leider den nicht bezeich- 
nenden Namen beibehalten, so dass der von Roruprerz ' fĂŒr eine nahestehende Art gewĂ€hlte Name Rh. 
subumdata bedeutungslos geworden ist. Uebrigens steht Ah. subundata Rorkrr. der Rh. Stoppanii Par. 
weniger nahe als der Rh. margaritati mihi, da ihr ebenfalls die Areolen fehlen. 

Fundorte: Hinterschafberg; oberer Burgaugraben am Attersee. 


Rhynchonella margaritati nov. sp. — 24 Exempl. 
Ta RIVA Bier OEL Tat XoVE Bien 1. 


Diese Art schliesst sich eng an die vorige an. Leider liegen mir nur zwei vollkommen ausgewach- 
sene Exemplare vor, die ĂŒbrigen sind jugendliche Individuen, welche sich nur sehr schwer von den Jugend- 
formen der Rh. Stoppanii Par. trennen lassen. Unsere Art hat folgende Merkmale: 

Umriss: dreiseitig bis subpentagonal, Höhe gleich Breite, oder Breite grösser als Höhe, oder Höhe grösser 
als Breite. 

Commissur: auf der Seite gerade oder schwach gekrĂŒmmt, an der Stirn in unregelmĂ€ssiger Curve gegen die 
kleine Klappe gehoben und gewellt, doch liegen auch jugendliche Individuen vor, deren Stirnlinie in 
vollkommen regelmÀssiger Curve gegen die kleine Klappe gehoben ist. 

Grosse Klappe: mÀssig gewölbt, ein asymmetrischer Sinus zieht sich von der Mitte der Schaale bis zum 
Stirnrand; bei jugendlichen Individuen ist jedoch dieser Sinus hÀufig nur angedeutet und selten 
symmetrisch. 

Kleine Klappe: ebenso stark gewölbt wie die grosse Klappe, ein Wulst ist nicht vorhanden. 


! Rorarıerz, Vilser Alpen, 1886, pag. 135, Taf. XIV, Fig. 12, 13. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 26 


3023 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Lateralfelder: fehlen vollstÀndig. 

Berippung: meistens sind die Rippen so schwach, dass sie kaum noch sichtbar sind und sich nicht zÀhlen 
lassen. Wo sie stÀrker hervortreten, sind sie flach wellig, niemals gekielt oder zugeschÀrft, Àhnlich 
wie bei Rh. flabellum. Meistens verschwinden die Rippen in der Stirngegend. 

Schnabel: ziemlich hoch, spitz, schmal, wenig gekrĂŒmmt, Kanten fehlen. Bei den Jugendexemplaren ist der 
Schnabel gewöhnlich sehr klein. 

Innere Merkmale unbekannt. 


ji II III IV 
Dimensionen: Höhe: 23,2 14,2 10,2 13,0 mm, 
Breite: 24,5 16,4 12,8 13:40%, 

Dicke: 12,0 6,4 4,5 U En 


Wie schon bemerkt, steht diese Art der Rh. StoppanĂŒ Par. nahe, unterscheidet sich jedoch durch 
den ziemlich hohen, spitzen Schnabel, sowie durch das Fehlen der Lateralfelder von ihr. Von Ih. sub- 
undata Rorapr.! unterscheidet sich Rh. margaritati nov. sp. durch den höheren und schmÀleren Schnabel 
sowie durch die vollkommen verschieden gestaltete Stirnlinie. 

Fundorte: Hinterer Schafberg; oberer Burgaugraben am Attersee. 


Rhynchonella atlaeformis nov. sp. — 14 Exempl. 
Taf. XV, Fig. 2—4. 


Diese schöne grosse Art liegt in verhĂ€ltnissmĂ€ssig wenigen StĂŒcken vor. Sie unterscheidet sich 
von den schon bekannten Arten ihrer Gruppe sehr scharf, so dass sie als neue Art aufgefĂŒhrt werden 
musste. Die Speciesdiagnose ist folgende: 

Umriss: gerundet fĂŒnfseitig, zum dreiseitigen neigend. 

Commissur: auf der Seite gegen die kleine Klappe eingekrĂŒmmt, an der Stirn in einem Bogen mit sehr 
kurzem Radius gegen die kleine Klappe krĂ€ftig eingekrĂŒmmt, zuweilen in der NĂ€he der Mitte un- 
regelmÀssig ein bis zwei Mal gefaltet. 

Grosse Klappe: krÀftig gewölbt, oberhalb der Schaalenmitte beginnt ein breiter, tiefer Sinus, der sich bis 
zur Stirn herabzieht; meistens ist er asymmetrisch. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt, in der NÀhe der Stirn tritt meistens ein Wulst auf, der in seinem Verlauf 
dem Sinus der grossen Klappe entspricht, doch treten auch in der grössten Breite der Klappe die 
Seiten flĂŒgelartig zurĂŒck. 

Lateralfelder: fehlen vollkommen; die Schaalen stossen unter einem Winkel von ca. 90° auf der Seite 
zusammen. 

Rippen: fehlen vollstÀndig; die zuweilen an der Stirn auftretende Falte lÀsst sich nicht mehr als Rippe bezeichnen. 

Schnabel: niedrig, breit, kurz, bis zur kleinen Klappe vorgebogen, ohne Kanten. Deltidium und Foramen 
sind an keinem StĂŒck vollkommen sichtbar. 


ı Rorapuerz, Vilser Alpen, 1886, pag. 135, Taf. XIV, Fig. 12, 13. 


Rhynchonella diptycha nov. sp. 903 


Innere Merkmale: ia der kleinen Klappe fehlt das Medianseptum; in der grossen sind ZahnstĂŒtzen vor- 
handen. Cruren unbekannt. 


I II III 
Dimensionen: Höhe: 23,0 DO) 19,7 mm, 
Breite: 25,1 94,5 SE 5 

Dicke: 16,9 16,1 195 


Die Art ist fast nicht von Rh. atla Opren! aus den Klausschichten zu unterscheiden. Die Unter- 
schiede sind folgende: Zh. atla hat einen etwas schlankeren Schnabel, der Wirbel der kleinen Klappe springt 
mehr vor, der Wulst auf der kleinen Klappe ist etwas deutlicher abgegrenzt, der Sinus der grossen Klappe 
tiefer und schÀrfer begrenzt; ausserdem ist die ganze Form mehr in Jie Breite gezogen, und in der kleinen 
Klappe befindet sich ein Medianseptum. 

Dass die mir vorliegenden StĂŒcke aus dem mittleren Lias stammen, ist nicht zu bezweifeln, sie 
liegen ĂŒbrigens auch von mehreren Fundpunkten vor. Damit trĂ€te nun die Frage auf, ob die von Haas? 
beschriebene Ah. atla nicht auch zu unserer Art gehört, was aber nur durch Besichtigung der Originalia 
festzustellen wĂ€re; diese sind jedoch in der Sammlung der Wiener UniversitĂ€t, wie alle ĂŒbrigen Brachio- 
poden von St. Cassian, nicht aufzufinden, trotzdem Herr Prof. WaAGen und Herr Dr. von ARTHABER sich 
mehrfach bemĂŒht haben, die betreffenden StĂŒcke wieder zu entdecken; sie sind vermuthlich schon unter der 
Leitung NEUMAYR’s verloren gegangen. Immerhin ist es möglich, dass thatsĂ€chlich RAR. atla bei St. Cassian 
vorkommt, da ja mittlerer Dogger vorhanden ist. 

Mir liegt ein BruchstĂŒck einer Rhynchonella vor, welche vielleicht noch als VarietĂ€t der Rh. atlae- 
formis nov. sp. aufzufassen ist, doch hat sie auch grosse Aehnlichkeit mit Ah. acuta Sow.° und zwar 
mit der Form, welche Davıoson (l. c.) Fig. 9 und Haas“ Fig. 23 abbilden. Eine sichere Bestimmung lĂ€sst 
sich nicht vornehmen, weil ein Theil der kleinen Klappe fehlt; das StĂŒck stammt vom Hinterschafberg. 

Fundorte: Hinterschafberg; Schafbergthörl; GrĂŒnsee. 


Rhynchonella diptycha nov. sp. — 11 Exempl. 
HafoxVE Ries 29: NarıSVaaRio? 5. 
Eine Àusserst zierliche kleine Art, welche sehr charakteristisch ist, liess sich mit keiner bekannten 
Form bisher vereinigen; sie hat folgende Merkmale: 


Umriss: rundlich fĂŒnfseitig, zum dreiseitigen neigend. 
Commissur: auf der Seite schwach gegen die kleine Klappe eingekrĂŒmmt; an der Stirn krĂ€ftig gegen die 
kleine Klappe vorgezogen und in der Mitte zweimal deutlich gefaltet. 


" Opper, Ueber das Vorkommen von jurassischem Posidonomyengesteinen in den Alpen (Zeitschr. d. Deutsch. geol. 
Ges., 1863, pag. 208, Taf. 6, Fie. 1, 3). 

* Haas, BeitrĂ€ge z. Kenntniss d. lias. Brachiopodenfauna v. SĂŒdtyrol, 1884, pag. 12, Taf. IV, Fig. 13, 14. 

Âź Davıoson, Mon. of brit. ool. a. liass. Brachiopoda, 1852, pag. 76, Taf. XIV, Fig. S—9, 

* Haas, Die Rhynehonellen d. Juraformation v. Elsass-Lothr. (Abh. d. geol. Specialkarte v. Elsass-Lothr , 1881 
pag. 39, Taf. III, Fig. 23). 


204 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Grosse Klappe: stark gekrĂŒmmt; von der Schnabelregion bis zur Stirn zieht sich ein tiefer, in der Frontal- 
gegend deutlich begrenzter Sinus, in welchem an der Stirn eine kurze, scharfe, mediane Falte auftritt. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt, in der Wirbelgegend aufgeblÀht; an der Stirn befindet sich ein vorspringender 
Wulst, welcher durch einen kurzen medianen Einschnitt in zwei krÀftige Falten zerlegt wird. 

Rippen: fehlen vollkommen. 

Lateralfelder: fehlen. 

Schnabel: zierlich, klein, spitz, aufrechtstehend und wenig gekrĂŒmmt. 

Innere Merkmale: unbekannt. 


Il I III 
Dimensionen: Höhe: 13,7 12,9 13,4 mm 
Breite: 13,3 13,0 Na 

Dicke: 9,5 8,7 rasen 


Diese Art steht der Rh. Mariottii Zırr.! sehr nahe, unterscheidet sich jedoch durch den höheren und 
spitzeren Schnabel, sowie durch das Fehlen von Rippen. Bei Rh. Mariottii finden sich auf den Seiten stets 
Rippen, der Schnabel ist ziemlich breit und ganz auf die kleine Schaale herabgebogen (siehe den Nachtrag). 

Fundorte: Hinterschafberg; GrĂŒnsee. 


Rhynchonella altesinuata nov. sp. — 13 Exempl. 
Tat XV. Bier 6,7. 
Aus der Gruppe der sich an Zh. atla OrpeL anschliessenden Formen liegt mir eine weitere neue 

Art vor, welche durch eine Anzahl von grösseren und kleineren Individuen aus verschiedenen FundplÀtzen 

gut vertreten ist. Als Merkmale sind anzufĂŒhren: 

Umriss: subpentagonal, meist asymmetrisch. 

Commissur: auf der Seite in mehr oder weniger starker Curve gegen die kleine Klappe hin eingekrĂŒmmt, 
an der Stirn in zwei scharfen Knicken gegen die kleine Klappe gehoben und in der Mitte krÀftig 
gefaltet; nur bei Jugendexemplaren ist diese Faltung weniger energisch. - 

Grosse Klappe: sehr mÀssig gewölbt; von der Schnabelregion bis zur Stirn zieht sich ein ziemlich tiefer, 
undeutlich begrenzter Sinus, der sehr hÀufig asymmetrisch ist. Die grosse Klappe springt au der 
Stirn gegen die kleine zungenförmig vor. 

Kleine Klappe: sehr krÀftig gewölbt; von der Mitte bis zur Stirn zieht sich ein meistens nicht sehr deut- 
licher Wulst. 

Lateralfelder: Die Seiten sind abgeflacht, so dass meistens deutliche Lateralfelder entstehen, doch erhebt 
sich die Commissur vielfach nathförmig, wodurch dann ein Mittelding zwischen Lateralfeld und ab- 
gerundeter Seite hervorgebracht wird. 

Berippung: nur bei jĂŒngeren Individuen sind die Rippen schĂ€rfer, bei Ă€lteren Exemplaren obliteriren sie; 
hĂ€ufig verschwinden (auch bei jĂŒngeren Individuen) einzelne Rippen, besonders diejenigen auf den 
FlĂŒgeln, in der Mitte der Schaalenhöhe, wĂ€hrend andere, besonders diejenigen auf dem Wulst und im 


ee ee 5 
1 Zırmer, Geol. Beobacht. aus den Central-Appenninen, 1869, pag. 129, Taf. 14, Fig. 7. 


Rıhynchonella sejuncta nov. sp. 905 


Sinus, sich von dem Wirbel bis zur Stirn ziehen und hier sehr krÀftig werden. ZÀhlen lassen sich 


5 e 5 7 i R 1—3 Sinus 
nur die Rippen auf dem Sinus und dem Wulst; die Zahl schwankt zwischen Sm 
2 D 


Die Rippen sind auf der KlappenflĂ€che sehr flach und breit, an der Stirn ‚treten sie 


am hÀufig- 

2 Sinus 

3 Wulst 
jedoch stets als scharfe Faltungen auf. 

Schnabel: breit, krÀftig, niedrig, fast auf die kleine Klappe herabgebogen, mit sehr gerundeten Kanten 
versehen. 

Innere Merkmale: ZahnstĂŒtzen vorhanden; in der kleinen Klappe befindet sich ein kurzes, krĂ€ftiges Median- 
septum. Cruralapparat unbekannt. 


sten ist 


I I II IV VW VI VII VII IX 
Dimensionen: Höhe: 23,8 23 23,4 DR 18,7 18,1 17,8 14,6 12mm: 
Breite: 27,6 99,8 97,4 19,8 19,2 To > oe 15:3 oa 
Dicke: 19,0 17,5 23,8 16,3 14,9 TOT ORT 9,6 „ 


Die grössten Exemplare unserer Art nÀhern sich der Rh. atlaeformis mihi, weichen allerdings durch 
die deutliche Berippung, die flachen Seiten, sowie durch die grössere LÀnge des Sinus ab. Andererseits 
nÀhern sich die jugendlichen Individuen der Gruppe der Z2h. Glycinna Gemm., von der sie durch ihre auf- 
geblÀhte Form, den Mangel an Areolen, sowie den verschieden geformten Schnabel abweichen. Allerdings 
halte ich es nicht fĂŒr ausgeschlossen, dass sich bei grossem Material noch innigere Verbindungen zwischen 
den einzelnen Arten werden nachweisen lassen, so dass vielleicht einige unserer Arten zu VarietÀten anderer 
werden mĂŒssen, bisher aber lĂ€sst sich eine Trennung gut durchfĂŒhren. 

Fundorte: Fagstein; Hinterschafberg; Nordwand des Hinterschafberg; Höhe zwischen Feuchteneck 
und Schwarzensee; Schafbergthörl; GrĂŒnsee. 


Rhynchonella sejuncta nov. sp. — 3 Exenpl. 
1a 2% 19 EL, © 


1883. Rh. sp. ind. Paroxa, Contributo allo studio della fauna liassica dell’ Appennino centrale (R. Acc. dei Lincei, 
Roma), pag. 106, Taf. IV, Fig. 12. 

Die vorliegende, Àusserst charakteristische Art ist nur durch drei Exemplare vertreten, doch stehe 
ich nicht an, ihr einen Namen zu geben, weil sie bereits durch Paroxa aus dem mittleren Lias von Papigno 
eitirt wird. Die Speciesdiagnose ist folgende: 

Umriss: abgerundet dreiseitig. 

Commissur: auf der Seite gerade, auf der Stirn gefÀltelt, aber weder gehoben noch eingesenkt. 

Grosse Klappe: mÀssig gewölbt, Sinus und Wulst fehlen. 

Kleine Klappe: sehr flach, Sinus oder Wulst fehlen. 

Lateralfelder: fehlen vollkommen, die Klappen treffen in der Schlossregion unter stumpfem, auf der Seite 
und an der Stirn unter spitzem Winkel zusammen. 

Berippung: auf jeder Klappe befinden sich 11—13 sehr flache Rippen, von denen sich nur die 2—3 in der 
Mitte befindlichen bis zum Schnabel verfolgen lassen. Diese mittleren Rippen (auf der grossen Klappe 


206 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


3, auf der kleinen 2) sind bedeutend krÀftiger als die seitlichen, ausserdem zeigt sich an ihnen eine 
charakteristische EigenthĂŒmlichkeit: auf der kleinen Klappe liegt nĂ€mlich in der Medianlinie ein 
Zwischenraum zwischen zwei Rippen, welcher auffallend breit und tief ist, so dass die Klappe zwei- 
getheilt erscheint; auf der grossen Klappe liegt an der gleichen Stelle eine krÀftige Rippe, welche 
von zwei tiefer eingesenkten ZwischenrÀumen begrenzt wird. 

Schnabel: nicht sehr gross, breit, stark gekrĂŒmmt und gegen die kleine Klappe vor- und herabgezogen, 
Schnabelkanten kurz, aber sehr scharf. 

Innere Merkmale: unbekannt. 


I 101 
Dimensionen: Höhe: 11,2 12,8 mm, 
Breiter 2167 N 
Dicke; 5,4 Hionses 


Die eigenartige Berippung, der breitgedrĂŒckt erscheinende, stark ĂŒbergebogene Schnabel, die flache 
kleine Klappe lassen die vorliegende Art so charakteristisch erscheinen, dass man wohl kaum in den Fall 
kommt, sie mit einer andern Art zu verwechseln. Paroxa giebt von der merkwĂŒrdigen Zweitheilung durch 
die Rippenbildung nichts an, doch kann dies wohl auf einem Uebersehen beruhen, aber er bemerkt, dass 
die mittleren Rippen krÀftiger sind als die seitlichen, sowie dass die Rippen, vom Wirbel aus gerechnet, 
auf dem ersten Drittel der Klappe nicht sichtbar sind. Auch alles Uebrige, was Paroxa ĂŒber seine Art 
sagt, passt auch ausgezeichnet auf unsere Form, und wenn man schliesslich noch die Abbildung vergleicht, 
so kann man kaum einen Unterschied entdecken. 

Eine gewisse Aehnlichkeit mit Rh. sejuncta nov. sp. weisen die Jugendexemplare von Rh. triquetra 
Geum. auf, doch lassen sie sich leicht an der stÀrkeren Wölbung der kleinen Klappe, sowie an den Lateral- 
feldern erkennen; andere Arten sind wohl kaum zu einer Vergleichung heranzuziehen. 


Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg. 


Rhynchonella Hagaviensis nov. sp. — 9 Exempl. 
Taf. XV, Fig. 10—13. 


Umriss: dreiseitig, meistens breiter als hoch, selten höher als breit. 

Commissur: auf der Seite fast gerade, an der Stirn gerade oder etwas gegen die kleine Klappe aufgebogen 
und stets gefÀltelt. 

Grosse Klappe: ziemlich krÀftig gewölbt; zuweilen ist in der Stirnregion ein breiter Mediansinus angedeutet. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt, ohne Wulst. 

Areolen: vom Schnabel bis an die Stirnecken reichend, besonders in der Schaalenmitte sehr breit, manchmal 
ziemlich tief eingesenkt. 

Rippen: auf jeder Klappe stehen 5—7 mehr oder weniger flache, oft fast wellenförmige Rippen. 

Schnabel: sehr klein, auf die kleine Klappe hinuntergedrĂŒckt, mit deutlichen Kanten versehen. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe ein krĂ€ftiges, langes Medianseptum; ZahnstĂŒtzen vorhanden, Cruren 
unbekannt. 


Rhynchonella triquetra Gemm. 907 


I II III 1V 
Dimensionen: Höhe: 12,5 11355 12,4 11,5 mm 
Breite: 14,3 14,2 1la,7 1022, 

Dicker an 8,9 7,8 I ge 


Diese recht charakteristische Art nÀhert sich der Rh. dolabriformis MENEGHINT!, unterscheidet sich 
von ihr, sowie auch von Rh. flabellum Mxx. durch die langen Areolen, auch verlÀuft die Seitencommissur 
anders als bei Rh. dolabriformis Men. 

Recht nahe steht auch Rh. triquetra GEmMm., von welcher sie sich hauptsÀchlich durch die breiteren 
und auch krĂ€ftigeren Rippen, sowie durch den viel stĂ€rker ĂŒbergebogenen Schnabel unterscheidet. Man 
könnte versucht sein zu glauben, dass Rh. Hagaviensis nov. sp. nur eine locale VarietÀt der Rh. triquetra 
GEMM. sei, wenn nicht auch bei Kramsach einige Exemplare der Rh. triquetra vorkÀmen, welche sich eben- 
falls durch die schmÀleren und schwÀcheren Rippen, sowie durch den gestreckteren Schnabel von Rh. Haga- 
viensis nov. Sp. unterscheiden. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; GrĂŒnsee am Schafberg bei Ischl. 


Rhynchonella triquetra GEMmMELLARo. — 13 Exempl. 
Ita 29%, Jue, Jla 15; 
1374. Rh. tıiguetra GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 74, Taf. XI, Fig. 13. 


Von dieser Art hat GEMMELLARO nur ein ziemlich kleines Exemplar abgebildet, mir liegen neben 
solchen, welche ganz mit GEMMERLARo’s Abbildung ĂŒbereinstimmen, auch grössere GehĂ€use vor. Meine 
Exemplare weisen folgende Merkmale auf: 

Umriss: dreiseitig, bei Ă€lteren Exemplaren breiter als hoch, bei jĂŒngeren höher als breit. 

Commissur: auf der Seite gerade oder wenig gebogen, an der Stirn gefÀltelt, aber weder gegen die grosse 
noch gegen die kleine Schaale eingekrĂŒmmt. 

Grosse Klappe: mÀssig gewölbt, am stÀrksten in der Mitte; Wulst oder Sinus fehlen. 

Kleine Klappe: meistens ebenso stark gewölbt wie die grosse; Wulst oder Sinus fehlen. 

Areolen: vorhanden; sie ziehen sich vom Wirbel bis zu den Stirnecken, zuweilen sind sie ziemlich tief, meist 
seicht, an einigen Exemplaren ganz flach (Lateralfelder). 

Berippung: auf jeder Klappe stehen S—10 Rippen, welche breit und wellig sind. 

Schnabel: sehr klein, sehr schmal, spitz, gegen die kleine Klappe herabgebogen. Kanten sehr stark ab- 
gerundet. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe befindet sich ein kurzes, sehr krĂ€ftiges Medianseptum; ZahnstĂŒtzen 
vorhanden; Cruren unbekannt. 


I II II IV V VI 
Dimensionen: Höhe: 13,5 13,8 13,2 11,0 9,5 6,6 mm, 
Breite: 14,7 14,9 13,0 1) 10,5 Bull 

Dicke: 7,4 8,5 AAs 6,4 5,6 ln 


[6 


1 Casavarr, I brachiopodi d. strati a Ter. Aspasia Mes. nell’ Appennino centr., 1880, pag. 29, Taf. IV, Fie. 


208 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Rh. triquetra Gemm. lÀsst sich ausser mit Rh. Hagaviensis mihi (siehe diese) wohl nur mit einer 
VarietĂ€t der Rh. flabellum Mexx. vergleichen; solche StĂŒcke werden abgebildet bei GEMMELLARO" und 
Paroya”, doch scheint es mir noch zweifelhaft zu sein, ob man diese VarietĂ€ten nicht besser zu Ah. trz- 
quetra GEMM. stellt. Zu Rh. subeoncinna, womit GEMMELLARO die Art vergleicht, lassen sich wohl kaum 
nÀhere Beziehungen auffinden. Auf die Merkmale, durch welche sich Rh. Hagaviensis mihi unterscheidet, 
habe ich bei Besprechung dieser Form schon hingewiesen. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg; Feuchteneck; GrĂŒnsee. 


Rhynchonella Caroli Geumervaro. — 11 Exempl. 
1878. Rh. Caroli GENMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 423, Taf. XXXI. Fig. 79—87 


Diese Art zeichnet sich durch eine mediane Einsenkung im Wulst der kleinen Klappe aus. Da- 
durch schliesst sie sich nahe an Rh. retusifrons Orr.? und Rh. Dalmasi Dum.* an. Von beiden unterscheidet 
sie sich durch die weniger scharfen Schnabelkanten. RorurLerz? und nach ihm GEyYERŸ und Fucısı ? ver- 
einigen Rh. Caroli GEmm. mit Rh. Cartieri Orpen°. Diese letztere Form kennen wir eigentlich nur aus 
den Abbildungen bei GEYER, und nach ihm unterscheidet sie sich von Rh. retusifrons durch die noch schÀr- 
feren Schnabelkanten. Bei GEmmRLLARO aber, auf den wir doch zurĂŒckgehen mĂŒssen, sind die abgebildeten 
Formen mit wenig scharfen Schnabelkanten versehen. Dadurch ist uns, soweit man nach Abbildungen 
urtheilen kann, ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegeben. Die Schnabelkanten bei Ah. retusifrons (und bei 
Rh. Cartieri sollen sie ja noch schĂ€rfer sein) sind so charakteristisch, dass man meistens die StĂŒcke schon 
nach dem Schnabel allein bestimmen kann. Ausserdem sind die mir vorliegenden Exemplare grobrippiger 
als Rh. Cartieri, sie nÀhern sich dadurch schon mehr der Rh. Dalmasi Dvm., welche sich jedoch durch die 
Ă€usserst scharfen Schnabelkanten unterscheidet. 

GEMMELLARO ‚und Fucısı vergleichen Rh. Caroli mit Rh. Fraasi; das ist jedoch wohl kaum zu- 
lÀssig, da die Einsenkung im Wulst der kleinen Klappe Rh. Caroli in eine ganz andere Gruppe verweist. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Vorder-Thiersee bei Kufstein. 


Rhynchonella Dalmasi Dumorrier. — ca. SO Exempl. 
Taf. XV, Fig. 16—18. 
1869. Rh. Dalmasi Dunortıer, Etudes palsont. sur les depöts jurass. du bassin du Rhöne, Bd. III, pag. 531, Taf. XLII, 


Fig. 3—5. 

1889. — —  Kırıan, Et. paleont. sur les terrains second. et tert. de l’Andalousie (Mission d’Andalousie, Mem. 
de l’Acad. des Sciences, Bd. XXX), pag. 612, Taf. XXIV, Fig. 6. 

189. — — Dı Serrano, Il lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 78, Taf. II, Fig. 8—12. 


! GEmMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche, 1874, Taf. XI, Fig. 14. 

2 Pıroxa, I] calcare liassico di Gozzano e i suoi fossili, 1880, Taf. II, Fig. 7, 8. 

3 Opper, Brachiopoden des unteren Lias (Zeitschrift d. Deutsch. geol. Gesellsch., 1861, pag. 544, Taf. XII, Fig. 5). 
* DUMORTIER, Etudes pal6ont. sur les depöts jurass. du bassin du Rhöne. III. 1869, pag. 331, Taf. XLII, Fig. 35. 
5 Rorarterz, Vilser Alpen, 1886, pag. 26. 

% Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, 1889, pag. 64. 

° Fverst, Calcari bianchi e ceroidi con Phylloceras cylindricum etc., 1894, pag. 46. 

Âź Orper, Brachiopoden des unteren Lias, 1861, pag. 545. 


Rhynchonella Damasi Dun. 909 


Diese Art ist am Schafberg sehr hÀufig und zwar in grösseren Exemplaren und viel mehr Varie- 
tÀten, als sie bisher abgebildet wurde. 

Umriss: subpentagonal bis dreiseitig, meistens breiter als hoch. 

Commissur: auf der Seite gerade, auf der Stirn in scharfen Knickungen gegen die kleine Klappe gehoben; 
der mittlere Theil ist wieder gegen die grosse Klappe eingesenkt, die Stirncommissur ist meistens 
gefÀltelt. 

Grosse Klappe: sehr flach, in der Schnabelregion meistens etwas aufgeblÀht. Von der Schaalenmitte bis 
zur Stirn reicht ein breiter, nur im unteren Theile deutlich begrenzter Sinus, der im mittleren Theile 
meistens eine schwache Aufwölbung zeigt. 

Kleine Klappe: gleichmÀssig krÀftig gewölbt, in der Stirnregion zeigt sich ein deutlicher Wulst, welcher 
eine mediane Einsenkung trÀgt, in der Weise, dass alle Rippen etwas tiefer liegen als die zwei seitlich 
begrenzenden. Die WölbungsverhÀltnisse der kleinen Klappe wechseln sehr stark, oft kann diese 
Schaale ziemlich flach werden. 

Lateralfelder: sind meistens vorhanden, zuweilen sogar etwas eingesenkt. Die Lateralfelder liegen zum aller- 
grössten Theile auf der kleinen Klappe, so dass sie, wenn diese flach ist, sehr undeutlich sind. 
Berippung: Die Form gehört zu den „semĂ€laeves“ RorurtLerz, die Rippen treten nur in der Frontalregion 
auf und verschwinden in der Mitte der Schaale. Auf den FlĂŒgeln ist meistens nur eine Rippe vor- 
handen, auf dem Wulst 2—6, von denen immer die mittleren tiefer stehen als die Grenzrippe auf 
jeder Seite. Da wo nur 2 Rippen vorhanden sind, ist in der Mitte eine Einsenkung. Auf dem Sinus 

stehen stets 1—2 Rippen weniger als auf dem Wulst. 

Schnabel: spitz, aufrechtstehend, wenig gekrĂŒmmt, breit, niedrig. Die Ă€usserst krĂ€ftigen Kanten verlaufen 
entweder parallel der Seitencommissur, oder sie nÀhern sich dieser, oder vereinigen sich mit ihr. 
Innere Merkmale: ZahnstĂŒtzen sind vorhanden; in der kleinen Klappe befindet sich ein ziemlich langes, 

schwaches Medianseptum. Cruralapparat unbekannt. 


I II III IV V VI 
Dimensionen: Höhe: 14,7 14,5 14,1 12,1 16,0 13,5 mm, 
Breite 13,70 80116 O1 Os To 

Dicke: 10,1 GR 9,6 a 9,7 1) 


Rh. Dalmasi Dum. wechselt in ihrer Gestalt, wie aus der vorhergehenden Beschreibung und aus 
der Tabelle der Dimensionen hervorgeht, sehr stark. Von ziemlich flachen Exemplaren sind UebergÀnge 
zu ganz kugeligen vorhanden. Der Wulst ist manchmal fast nicht sichtbar, manchmal sehr krÀftig u. s. w. 

Nahe verwandt ist Ah. Dalmasi mit Rh. retusifrons Orpzn!, welche sich von ihr hauptsÀchlich 
durch geringere Grösse, schÀrfere Rippen, tiefere Areolen und stÀrkere Wölbung der grossen Klappe unter- 
scheidet. Auch Rh. Caroli ist nahe verwandt, unterscheidet sich jedoch durch die schwachen Schnabel- 
kanten und die schÀrferen Rippen. 

Eine Verwandtschaft mit Rh. dolabriformis Men.”, auf welche pı Sterano (l. c.) hinweist, kann ich 
nicht entdecken, diese gehört offenbar in eine ganz andere Verwandtschaft, schon des Verlaufs der Stirn- 


! Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, 1889, pag. 62, Taf. VII, Fig. 8—12. 
Âź Canavarı, I brachiopodi d. strati a Ter. Aspasia Mex. nell’ Appennino centr., 1880, pag. 29, Taf. IV, Fig. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 27 


[>] 


310 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


commissur und der Berippung wegen. Auch Rh. Desori Haas! hat mit Rh. Dalmasi Dum. nur geringe 
Aehnlichkeit, da sich bei den Originalen eine wirkliche Einsenkung in der kleinen Klappe nicht entdecken 
lĂ€sst; ich werde an anderer Stelle ĂŒber diese Art Genaueres beibringen. 

Fundorte: Hinterschafberg; GrĂŒnsee; Feuchteneck; Höhe zwischen HeschiĂ€teen und Schwarzensee. 


Rhynchonella inversa Orrern. — 5 Exemp). 


1861. Rh. inversa Orpret, Ueber die Brachiopoden des unteren Lias, pag. 546, Taf. XIII, Fig. 5. 
— Kraussi ibidem, pag. 547, Taf. XIII, Fig. 6. 


1874. — —  GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 74, Taf. XI, Fig. 15—16. 
— inversa ibidem, pag. 75. 
1889. — —  Gever, Lias. Brachipodenfauna des Hierlatz, pag. 69, Taf. VII, Fig. 26—28; Taf. VII, Fis. 1. 


Mir liegen 5 Exemplare vor, welche sÀmtlich der dichter berippten VarietÀt angehören. Nach 
GEYER sind Rh. inwersa und Rh. Kraussi zu einer Art zu vereinigen, da alle UebergÀnge vorhanden sind. 
Die hier erwÀhnten Exemplare gehören alle der eigentlichen Ah. inversa an. Von OPpEL aus dem unteren 
Lias beschrieben, wurde Rh. inversa schon von GEMMELLARO aus dem mittleren Lias eitirt. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Rhynchonella subfurecillata nov. sp. — 3 Exempl. 
TafoxXV, Bien 19% 


21892. Rh. Briseis var. rimata Paroxa, Revisione della fauna liasica di Gozzano, Taf. II, Fig. 6. 


» 


Drei GehÀuse zeichnen sich durch eine sehr deutliche rimose Berippung aus, unterscheiden sich aber 
von den bekannten Arten durch verschiedene Merkmale. Da die Art vermuthlich auch in Italien vorkommt, 
so habe ich ihr einen Namen gegeben, trotzdem nur wenige StĂŒcke vorhanden sind. Die Speciesdiagnose 
ist folgende: 

Umriss: breit fĂŒnfseitig, breiter als hoch. 

Commissur: auf der Seite gerade, auf der Stirn krÀftig gezackt und in zwei lateralen Knickungen gegen 
die kleine Klappe gehoben. 

Grosse Klappe: wenig gewölbt; oberhalb der Schaalenmitte beginnt ein deutlicher tiefer Sinus, der sich bis 

zur Stirn hinabzieht. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt: in der Stirngegend tritt ein wenig deutlicher Wulst auf. 

Lateralfelder: fehlen, doch stossen die Klappen unter sehr stumpfem Winkel aneinander; ganz nahe am 
Schnabel ist die Commissur ein wenig eingesenkt. 

Rippen: am Wirbel der kleinen Klappe entspringen ca. 12 feine Rippen, von denen sich im oberen Drittel 
der Klappe durchschnittlich je zwei miteinander vereinigen; am Stirnrand zÀhlt man nur 5 deutliche 
und 2 lateral stehende, schwach angedeutete Rippen. Auf der grossen Klappe entspringen am 
Schnabel ca. 14 feine Rippen, von welchen sich ebenfalls je zwei im oberen Drittel der Klappe mit- 
einander vereinigen; am Stirnrand sind nur 6 deutliche und 2 wenig krÀftige Rippen sichtbar. Die 


ı Haas, Beitr. zur Kenntn. der lias. Brachiopodenfauna von SĂŒdtyrol, 1884, pag. 14, Taf. I, Fig. 1. 


Rhynchonella (Norella) sp. nov. 911 


vorhergehenden Zahlen beziehen sich auf das abgebildete Exemplar, doch lassen sich die Rippen am 
Wirbel resp. Schnabel nicht mit Sicherheit zÀhlen; an einem anderen Exemplar zÀhlte ich in der 
Wirbelregion «der kleinen Klappe mehr als 17 feine Rippen, wÀhrend an der Stirn nur noch 7 sichtbar 
sind. Die Rippen sind am Wirbel resp. Schnabel sehr fein, an der Stirn grob. Auf dem Wulst stehen 
3, im Sinus 2 Rippen (in der Stirngegend). Die beiden Rippen, welche zu beiden Seiten des Sinus 
stehen, sind auffallend nach hinten ausgezogen. 

Schnabel: breit, zugespitzt, niedrig, wenig gekrĂŒmmt, aufrechtstehend. Die Schnabelkanten sind sehr kurz 
und Àusserst stumpf. 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe ist kein Medianseptum vorhanden; ZahnstĂŒtzen sind in der grossen 
Klappe wahrnehmbar. Cruren unbekannt. 

Dimensionen: Höhe: 15.85 mm, Breite: 19,2 mm, Dicke: 13,2 mm. 


Bei dem abgebildeten Exemplar springt der Wulst ziemlich stark vor und ist an der Stirn einiger- 
massen scharf abgeschnitten. Bei den anderen Exemplaren ist der Wulst an der Stirn stark abgerundet. 

Parona bildet eine Rhynchonella mit rimoser Berippung ab, welche der unsrigen sehr Àhnlich ist, 
leider lÀsst sich nicht entscheiden, ob wir es mit derselben Art zu thun haben, da nur eine Abbildung 
von vorn gegeben ist. 

Von der Rh. furcillat« 'TuEoDorı! unterscheidet sich unsere Art gut; Rh. fureillata« hat scharfe, 
lange Schnabelkanten, schwÀchere Rippen und einen stÀrker gebogenen und wohl auch grösseren Schnabel. 
Andere Arten mit rimoser Berippung, wie Ah. rimata Opp., Rh. Wrighti FıscH. stehen noch weniger nahe. 
Als charakteristisch fĂŒr unsere Form ist das Merkmal anzusehen, dass die Vereinigung der feinen Rippen 
bereits im oberen Drittel der SchaalenlÀnge stattfindet; bei Rh. furcillata z. B. erfolgt sie erst kurz vor 
der Stirn. 

Fundorte: Hinterschafberg; GrĂŒnsee. 


Rhynchonella cfr. f. ind. Paroxa. — 1 Exempl. 
1854. Rh. f. ind. ParonxA, I brachiopodi liass. di Saltrio e Arzo, pag. 247, Taf. III, Fig. 3, 4. 


Ein BruchstĂŒck emer Rhynchonella stimmt, der Gestalt des Schnabels und der Rippen nach zu 
urtheilen, am ehesten mit einer der beiden von Parona (l. c.) abgebildeten StĂŒcke ĂŒberein, doch ist eine 
sichere Bestimmung unmöglich. 


Fundort: Fagstein bei Berchtesgaden. 


Rhynchonella (Norella) sp. nov. — 1 Exempl. 
Taf, XIV, Fig. 20. 


Der VollstÀndigkeit halber soll hier eine Arhynchonella beschrieben werden, von der leider nur ein 
einziges sehr kleines Exemplar vorhanden ist; die Art wird dem von Bırrner aufgestellten Subgenus No- 


! Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, 1889, pag. 60, Taf. VII, Fig. 16, 17. Daselbst auch weitere Literatur. 


219 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


rella angehören, welches in der alpinen Trias weit verbreitet ist. Die Hauptmerkmale des vorliegenden 
Exemplars sind folgende: 


Umriss: pentagonal, Höhe ungefÀhr der Breite gleich. 

Commissur: auf der Seite geschweift, an der Stirn gegen die grosse Klappe hin krÀftig eingesenkt. 

Grosse Klappe: ziemlich gewölbt; von der Mitte zieht sich bis zur Stirn ein breiter, abgeflachter, wenig 
hervortretender Wulst; dieser hebt sich von den FlĂŒgeln nicht sehr scharf ab. 

Kleine Klappe: flacher als die grosse; die stÀrkste AufblÀhung liegt unter dem Wirbel; ungefÀhr in der 
Mitte beginnt ein Sinus, welcher, deutlicher werdend, sich zur Stirn hinabzieht. In der Frontalregion 
sind in dem Sinus FĂ€ltchen ganz schwach angedeutet. 

SchaalenoberflÀche: glatt; die Schaalenstruktur ist faserig; Punktirung fehlt. 

Schnabel: ist an dem vorliegenden Exemplar abgebrochen, jedenfalls aber ausserordentlich klein gewesen. 

Innere Merkmale: unbekannt. 

Dimensionen: Höhe: 6,1 mm (?), Breite: 6,4 mm; Dicke: 3,7 mm. 

Die hier beschriebene merkwĂŒrdige Form schliesst sich, wie schon oben bemerkt, enge an die tria- 
dischen Vertreter des Subgenus Norella Brrrx. an; am nÀchsten steht vielleicht Rh. (Norella) Serajevana 
Biırrx.! aus dem HallstÀtter Kalk von Bosnien, welche von unserer Form kaum zu unterscheiden ist. In 
der Trias sind ja im Allgemeinen solche glatten, inversen Rhynchonellen ziemlich hÀufig, doch verschwinden 
sie im Lias bereits fast vollstĂ€ndig. Mir liegt ein von mir gesammeltes StĂŒck aus dem unteren Lias von 
Hindelang vor, welches eine nahe Formenverwandtschaft mit dem oben beschriebenen aufweist, ohne dass 
an eine Identificirung zu denken wÀre. Aus dem mittleren Dogger habe ich eine neue RhynchonellaŸ be- 
schrieben, welche ebenfalls in das Subgenus Norella zu stellen wÀre; sie unterscheidet sich von vorliegender 
Art durch geringere Wölbung und grössere Breite der Schaalen. 

Fundort: GrĂŒnsee am Schafberg bei Ischl. 


Rhynchonella sp. indet. — 2 Exempl. 
Taf. XV, Fig. 20, 21: 
Umriss: oval bis kreisrund. 
Commissur: auf der Seite geschweift und im unteren Theil gefÀltelt; an der Stirn gegen die kleine Klappe 
gehoben und gezackt. : 
Grosse Klappe: stark gewölbt, in der Stirnregion mit schwachem Mediansinus versehen. 
Kleine Klappe: sehr stark gewölbt, mit wenig deutlichem Medianwulst versehen. 
Areolen: kurze, aber tief eingesenkte, die HÀlfte der SchaalenlÀnge einnehmende Areolen sind vorhanden. 
Rippen: das eine StĂŒck hat auf der grossen Klappe 11, das andere 7 Rippen, diesen entsprechen auf der 
kleinen Klappe 10 und 7 Rippen, wovon auf den Wulst 7 und 4 Rippen, auf den Sinus 6 und 3 
Rippen fallen. 
Schnabel: sehr klein und sehr stark gekrĂŒmmt. 


1 Bırrxer, Brach. der alpinen Trias, Nachtrag I pag. 25, Taf. III, Fig. 1, 2 (1892). 
° Bösz und Fısketsteis, Die mitteljurass. Brachiopodensch. v. Castel Tesino, 1892 (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges., 
pag. 287, Taf. XVII, Fig. 2). 


Dimensionen: 


Spiriferina rostrata SCHLOTH. 913 


Höhe: 9,9 S,6 mm, 
Breite: 10,3 Sm, 
Dicke: 9,1 TO 5 


Die beiden hier beschriebenen kugeligen Formen liessen sich nicht specifisch bestimmen, und da wir 
es vermutlich mit Jugendexemplaren zu thun haben, wÀre es unthunlich, ihnen einen Namen zu geben. Ich 
will nicht unterlassen zu bemerken, dass mir ein weiteres zu dieser Art gehöriges kleines Exemplar aus der 
Umgegend von Ettal bei Oberammergau vorliegt. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


1822. 
1832. 
1840. 
1845. 


1847. 
1551. 


1852. 
1558. 
1562. 
1863. 
1871. 
1874. 
1876. 
1880. 
1880. 
1882. 
1884. 
1884. 


1885. 


1885. 


Spiriferina »’Orzıcnv. 


Spiriferina rostrata SchLoru. — Ca. 40 Exempl. 
Tat XV Rice 


Terebratulites rostratus SCHLOTHEIM, NachtrÀge zur Petrefaktenkunde, Taf. XVI, Fig. 4. 
Spirifer rostratus Zieren, WĂŒrttembergs Versteinerungen, Taf. 38, Fig. 3. 
Delthyris rostratus v. Buch, Olassif. et deseription des Delthyris (Mem. soc. geol. de France), Taf. X, Fig. 24. 
Spirifer punctatus Buckman, Geology of Cheltenham, Taf. X, Fig. 7. 

—  rostratus Davıpson, London geol. Journal, Vol. I, pag. 109, Taf. XVII, Fig. 1—10. 

_ — Davıoson, Mon. ool. and lias. Brach., pag. 20, Taf. II, Fig. 1-6, 13—21 (non 7—12, 

En 200, ale, Al) 

_ = Qusxsteor, Handbuch der Petrefaktenkunde, pag. 483, Taf. XXXVIH, Fig. 56—38. 

_ —  Qusssteor, Jura, pag. 182, Taf. 22, Fig. 25. 
Spiriferina rostrata DESLONGCHANPS, Etudes critiques sur des brachiop. nouy. ou peu conzus, pae. 10, Taf. II, 

Fig. 7—9. 
—_ — ibidem, pag. 67, Taf. XII, Fig. 1. 

Spirifer rostratus Quensteps, Brachiopoden, pag. 522, 527, Taf. 54, Fig. 62, 96—107. 
Spiriferina rostrata GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche, pag. 58, Taf. X, Fig. 4. 

— _ Davıoson, Suppl. to the brit. jur. and trias. brachiop., pag, 95, Taf. XI, Fig. 6. 

—_ — Parona, Il calcare liassico di Gozzano, pag. 8, Taf. I, Fig. 1, 2. 

_ — CaAnavarı, I brachiopodi degli strati a Ter. Aspasia Men. nell’ Appennino centrale, 
pag. 8. 

_ — Haas und Perkı, Brachiopoden der Juraformation von Elsass-Lothr., pag. 298, Taf. XVI, 
Fig. 4, 6, 8, 10,11 (Fie. 79). 

—_ —  Canavarı, Contrib. III alla conosc. dei brachiop. degli strati a Ter. Aspasia MxcH. nell’ 
Appennino centrale, pag. 75, Taf. IX, Fie. 1, 2. 

_ _ DestoxcHaurs, Btudes critiques sur des brachiopodes nouveaux ou peu connus, Art XII, 
pag. 354, Taf. XXVII, Fig. 7, 8. 

_ E= SesvenzA, Le spiriferina dei varii piani del Lias messinese (Boll. soc. geol. ital. pag. 32). 
Ferner ist Spir. rostrata ScHLoTH. in derselben Arbeit unter folgenden Namen auf- 
gefĂŒhrt: Sp. rostrataeformis, pag. 19, Taf. XIX, Fig. 2; Sp. macromorphe, 
pag. 21, Taf. XIX, Fig. 3; Sp. omoeomorpha, pag. 23, Taf. XIX, Fig. 4; Sp. 
micromorpha, pag. 25, Taf. XIX, Fig. 5; Sp. conglobata, pag. 26, Taf. XIX, 
Fig. 6; Sp. rethica, pag. 27, Taf. XIX, Fig. 7; Sp. palaeomorpha, pag. 28, 
Taf. XIX, Fig. 8; Sp. tauromenitana, pag. 50, Taf. XIX, Fig. 9; Sp. parvi- 
rostris, pag. 86, Taf. XX, Fig. 8; Sp. subguadrata, pag. 87, Taf. XXI, Fig. 1. 

Spirifer rostratus Quexsteor, Handb. der Petrefaktenkunde, 3. Aufl., pag. 734, Taf. 57, Fig. 5—7. 


214 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


1886. Spiriferina rostrata vı Srerano, Sul lias inferiore di Taormina e dei suoi dintorni (Giorn. d. Soc. di Sc. Nat. 
ed Econ. di Palermo), pag. 78, Taf. I, Fig. 1—8. 


1856. — —_ Rorurterz, Monographie der Vilser Alpen, pag. 159 und 172. 

1887. — — Haas, Etude mon. et cerit. des brach. rhetiens et jurass. du Alpes vaudoises, pag. 73, 
Taf. VII, Fig. 27. 

1889. —_ _ Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, pag. 73, Taf. VIII, Fie. 3. 

1891. — —  pı Srerano, Il lias medio d. Mte. San Giuliano, pag. 34. 

1892. _ — Parona, Revisione della fauna liasica di Gozzano, pag. 22, Taf. I, Fig. 10, 11. 

1894. — — Fucısı, Fauna dei calcari bianchi ceroidi con Phyll. eylindricum, pag. 26, Taf. VI, Fig. 6. 


Schon Quzxsteor (l. c. 1871, Taf. 54, Fig. 62) hat vom Schafberg einen „Spirifer rostratus“ 
eitirt und abgebildet; allerdings liegt nicht die normale Form vor, wenn man bei dieser Species ĂŒberhaupt 
von einer solchen reden kann. Die Schafberg-VarietÀt hat einen rundlichen, querelliptischen, fast kreis- 
runden Umriss; die Commissur ist auf den Seiten meistens gerade, seltener stark geschweift, an der Stirn 
ist sie im Bogen gegen die kleine Klappe eingekrĂŒmmt. Beide Klappen sind krĂ€ftig gewölbt, die grosse 
etwas stÀrker als die kleine. Auf der grossen Klappe befindet sich ein sehr seichter, undeutlich begrenzter 

| Sinus, der meistens etwas oberhalb der Mitte beginnt; auf der kleinen Klappe 
Fig. 8. ist kein eigentlicher Wulst vorhanden, doch erscheinen grössere Individuen 
etwas geflĂŒgelt. Der Schnabel ist sehr krĂ€ftig, nicht sehr lang, aber breit 
und dick, die Area ist ziemlich schmal, concav, von mehr oder weniger deut- 
lichen Kanten seitlich begrenzt. Die Schlosslinie ist kurz und fast gerade, 
geht aber ohne Knickung in die Seitencommissur ĂŒber. Das Septum im 
Schnabel der grossen Klappe ist ziemlich lang, die ZahnstĂŒtzen sind krĂ€ftie. 
Brachialapparat von Die Spiralkegel haben eine sehr breite Basis und geringe Höhe, sie sind mit 
Spiriferina rostrata. der Spitze gegen die Seiten des GehÀuses gerichtet, die Linie, welche die 
Axe des Doppelkegels darstellt, liegt senkrecht zur Medianlinie des GehÀuses. 
Die Spiralkegel gehen von zwei Cruren aus, welche zwischen den Zahngruben angeheftet sind. 

Die oben gegebene Synonymenliste ist durchaus nicht vollstÀndig, sie zÀhlt nur die wichtigste Litte- 
ratur ĂŒber Spör. rostrata auf, und die Arbeiten ĂŒber die mediterrane Facies des Lias sind besonders berĂŒck- 
sichtigt worden. Die hier zu besprechende Species mĂŒsste, wie DesLoxacHamps 1884 (l. ce.) nachwies, 
eigentlich Spir. Sauvagei DEFRANCE heissen, doch wĂŒrde man es demjenigen wohl kaum Dank wissen, der 
versuchte, den bekannten Namen Sp. rostrata durch den eben genannten Àlteren zu ersetzen. Uns liegt 
allerdings bereits ein ganz Àhnliches Beispiel in der Spir. uncinata ScHArH, aus den Koessener Schichten 
vor; Prrzuorn hat schon frĂŒher fĂŒr diese oder eine nahestehende Form den Namen Spir. Jungbrunnensis 
geschaffen; Bırrxer hat nun diesen letzteren Namen als Gruppennamen fĂŒr Spir. uncinata SCHAFH., Spir. 
Koessenensis Zucm. und Spir,. austriaca Zum. angewendet, vielleicht wird ein Àhnliches Vorgehen auch 
spÀter bei Spir. rostrata möglich sein. 

ROTHPLETZ rechnet zu Spir. rostrata auch Spir. Cantiamensis Can.'!, doch hat diese Species schrÀg 
aufwÀrts gerichtete Spiralkegel, wodurch sie sich gut von Spir. rostrata unterscheidet. 

Ob die von Haas und Perrı (1882 ]. c.) auf Taf. XVI Fig. 7 abgebildete Form thatsÀchlich zu 


1 Canavarı, Alc. nuovi brachiop. degli strati a Ter. Aspasia Mex. nell’ Appenino centrale (Atti soc. Tosc. Sc. Nat., 
pag. 2, Taf. IX. Fig. 1—4). 


Spiriferina cordiformis nov. Sp. 915 


Spir. rostrata gehört, erscheint mir sehr zweifelhaft; man wĂŒrde sie vielleicht besser zu Spir. pinguwis oder 
Spir. verrucosa stellen. Ich vermuthe, dass in der TafelerklÀrung Fig. 7 und S miteinander verwechselt 
worden sind, denn Fig. S kann doch unmöglich eine Mittelform zwischen Spir. verrucosa und Spir. rostrata 
sein. Allerdings gehört auch die auf derselben Tafel Fig. 9 abgebildete Form schwerlich zu Spir. verru- 
cosa, wenigstens ist auf der Abbildung keine Spur von Rippen zu sehen; ĂŒbrigens mĂŒsste es auch Spir. 
verrucosa Buck und nicht Spir. verrucosa ScHuLorTH. heissen. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg; Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzen- 
see; GrĂŒnsee; Fagstein bei Berchtesgaden. 


Spiriferina cordiformis nov. sp. — 3 Exenmpl. 
In SON I, 2 8% 
Eine sehr charakteristische neue Form liegt mir in drei ganz vollstÀndigen Exemplaren vor. Sie 
hat folgende Merkmale: 

Umriss: hochoval, stets höher als breit. 

Commissur: auf der Seite gerade oder geschweift, an der Stirn in einer Curve stark gegen die kleine Klappe 
gehoben. 

Grosse Klappe: krÀftig gewölbt; ein Mediansinus ist nicht vorhanden, doch zieht sich vom Schnabel bis zur 
Stirn eine abgeflachte, mediane Partie. Die grosse Klappe springt an der Stirn zungenförmig gegen 
die kleine vor. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt; in der Wirbelregion zeigt sich eine AufblÀhung der Schaale; ein Wulst 
fehlt vollstÀndig. 

Schnabel: ziemlich klein, aber krĂ€ftig, stark gekrĂŒmmt, an der Spitze fast hakenförmig. Die Area ist nicht 
sehr gross, stark gekrĂŒmmt, durch ganz schwache seitliche Kanten begrenzt. Die Schlosskante ist 
gerade und ziemlich kurz, sie nimmt ungefÀhr die HÀlfte der GehÀusebreite ein und geht in einer 
Curve in die Seitencommissur ĂŒber. 


I II III 
Dimensionen: Höhe: 22,7 14,9 13,3 mn, 
Breite:21.9%5 119,2 124 „ 

Dicke: 16,1 15) ID. 


Unsere Art nÀhert sich der VarietÀt der Spir. rostrata, welche Sesvexza! als Spir. subguadrata 
bezeichnet hat; doch weicht diese durch den kleineren Schnabel, die flache kleine Klappe und das geringe 
Vorspringen der grossen Klappe gegen die kleine ganz erheblich ab. Auch eine andere Form, welche 
SEGUENZA” als Spir. pyriformis bezeichnet, hat in der Gestalt Aehnlichkeit mit Spir. cordiformis nov. Sp., 
weicht jedoch durch die in Ecken absetzende Schlosslinie, sowie durch die Form des Schnabels ab, auch 
springt die grosse Klappe nicht zungenförmig gegen die kleine vor. 

Fundorte: Feuchteneck, Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee am Schafbere. 


! Sesvexza, Mon. delle Spiriferina dei varii piani del lias meninese, 1885, pag. 87, Taf. XXI, Fig. 1, 1a, 1b. 
° SEGUENZA, ibid., pag. 68, Taf. XX, Fig. 1. 


216 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


‚Spiriferina saximontana nov. sp. — 12 Exempl. 


Taf. XV], Fig. 4. 
Umriss : kreisförmig bis querelliptisch. 
Commissur: auf der Seite gerade, an der Stirn gegen die kleine Klappe eingekrĂŒmmt und zwar asymmetrisch. 
Grosse Klappe: krÀftig gewölbt, mit einem asymmetrisch liegenden seichten Sinus versehen, welcher sich vom 
Schnabel bis zur Stirn zieht. 
Kleine Klappe: ziemlich flach, ohne Wulst. 
Schnabel: hoch, spitz, meist stark gekrĂŒmmt. Die Area ist ziemlich breit, concav und durch stumpfe Kanten 


begrenzt. 
I 1 II 
Dimensionen: Höhe: 17,6 20,1 21,5 mm, ) N 
Be eo 21,5 Dr Bei II und III konnte nur die grosse 
Dicke ale 5 a Klappe gemessen werden. 


Wir haben es hier mit einer ziemlich indifferenten Art zu thun, welche der Form nach in die NĂ€he 
der Spir. rostrata Schuoru. zu stellen ist, doch unterscheidet sie sich durch den stets asymmetrischen Sinus 
der grossen Klappe, sowie durch die anscheinend viel feineren Warzen. 

Fundort: Weg vom Mitterkaser zur SchĂ€rtenhĂŒtte an den AbhĂ€ngen des Steinbergs gegenĂŒber 
Ramsau (Berchtesgaden). 


Spiriferina globosa nov. sp. — 12 Exempl. 
Taf. XVI, Fig. 5—7. 


Umriss: kreisrund, höher als breit oder gleich breit und hoch. 

Commissur: auf der Seite und an der Stirn gerade und in einer Ebene liegend oder an der Stirn etwas 
gegen die grosse Klappe eingesenkt; nur bei einem Exemplar ist die Stirn etwas schief gegen die 
kleine Klappe gehoben, doch dĂŒrfte das zufĂ€llig sein. 

Grosse Klappe: sehr krÀftig gewölbt, ohne Wulst oder Sinus. 

Kleine Klappe: krÀftig gewölbt, ohne Wulst oder Sinus. 

Schnabel: ziemlich gross, gekrĂŒmmt, spitz. Die Area ist gross, gekrĂŒmmt, von sehr stumpfen seitlichen 
Kanten begrenzt. Die Schlosskante ist gerade und erreicht nicht ganz die Breite des GehÀuses; sie 
setzt gegen die Seitencommissur in einer scharfen Ecke ab. 


I II 
Dimensionen: Höhe: 20,1 16,7 mm, 
Breite: 17,7 lloNS2Er, 


Dicke: 16,0 loser, 

Unsere Form hat eine gewisse Aehnlichkeit mit Spir. rostrata ScHLoTH., doch weicht sie durch den 
weniger gekrĂŒmmten Schnabel, sowie durch den gĂ€nzlichen Mangel an Wulst und Sinus und die Gestalt der 
Stirnlinie ab. Von dem Typus der Spir. alpina Opr. unterscheidet sie sich durch die weniger breite Form 
und den stĂ€rker gekrĂŒmmten Schnabel. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Spiriferina af. capuliformis Sesv. 917 


Spiriferina Sylvia GEMMELLARo. — 1 Exempl. 
1878. Sp. Sylvia GEMNELLARO, Sopra aleune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 410, Taf. NXXI, Fig. 27—33. 
1885. — depressa SEGuENnzA, Le Spiriferina dei varii piani del lias messinese, pag. 94, Taf. XXI, Fig. 3. 
1886. — Sylvia Rorupıerz, Vilser Alpen, pag. 159. 
1891. — Zignoi pı Steranxo, I] lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 5l, Taf. I, Fig. 7. 
1894. — Sylvia Fucını, Fauna dei calcari bianchi ceroidi con Phyll. eylindricum, pag. 36, Taf. VI, Fig. 11—17. 


: Nach den Untersuchungen Fucıxt's ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass die drei als Sp. Sylvia, 
Sp. depressa und Sp. Zignoi unterschiedenen Typen zu einer einzigen Species gehören, es mĂŒsste sich denn 
ein Unterschied im ArmgerĂŒst nachweisen lassen, doch sind die Spiralkegel bei keiner dieser Formen unter- 
sucht worden. 

Mir liest nur eine grosse Klappe dieser Art vor. Ein Sinus fehlt vollstÀndig, doch ist eine mediane 
Abflachung bemerkbar, an der Stirn ist die Commissur gerade. Der Schnabel ist gross, spitz, weit ab- 
stehend, die Area breit, fast ganz eben und durch scharfe Kanten begrenzt. ZahnstĂŒtzen und Septum sind 
sehr krÀftig. Unser Exemplar gleicht in allen Einzelheiten dem bei Fucısı in Fig. 12 abgebildeten. 


Fundort: Hinterschafberg. 


Spiriferina af. capuliformis Sesurnza. — 1 Exempl. 
1885. Spir. capuliformis SEGUENZA, Monogr. d. Spiriferina dei varii piani del lias messinese, pag. 97, Taf. XXI, 
Fig. 43, b, ce. 

Mir liegt die grosse Klappe einer sehr eigenartig geformten Spirferina vor; vermuthlich haben wir 
es mit einer neuen Art oder VarietĂ€t zu thun. Ich habe das StĂŒck aus einem Block herausprĂ€parirt, 
welcher zahlreiche Exemplare von Ah. Paolöi Can. enthielt; es stammt also ganz sicher aus dem mitt- 
leren Lias. 

Der Umriss ist fast kreisförmig; die Commissur ist auf der Seite gerade, auf der Stirn zungen- 
förmig gegen die kleine Klappe vorspringend. Ein eigentlicher Sinus ist nicht vorhanden, doch ist der 
mediane Theil der Klappe deutlich abgeflacht. Der Schnabel ist weit abstehend, die Area sehr hoch, sehr 
schmal, nicht scharf begrenzt und fast ganz eben, nur an der Àussersten Spitze etwas concav. 

Ich habe das Exemplar als Spir. afl. capuliformis Sesu. bezeichnet, doch sind verschiedene Ab- 
weichungen von der typischen Spir. capuliformis hervorzuheben. Diese Art ist viel breiter als das Exemplar 
vom Schafberg, ausserdem ist ein Sinus bei der italienischen Form angedeutet (Fig. 4a bei SEGUENZA), 
ferner ist die Area breiter. Dass Seeurnza’s Fig. 4 mit Fig. 4a, Ab, 4c zu einer Art gehöre, halte ich 
fĂŒr unwahrscheinlich; Fig. 4a, b, c erhĂ€lt durch die ausserordentlich starken Anwachsstreifen, welche auch 
bei der Art vom Schafberg vorhanden sind, ein eigenartiges Aussehen, wesshalb sie auch wohl als besondere 
Species aufzufassen ist, wÀhrend Fig. 4 vielleicht zu Spir. Darwin: Gemm. gehört. 


RoTHPLETZ vermuthete in Spir. depressa Sesv.! eine Jugendform der Spör. capuliformis. Ich halte 


! SEGUENZA, Mon. delle Spiriferina etc., 1885, pag. 94, Taf. XXI, Fig. 3. 


Palaeontographica, Bd, XLIV. 28 


318 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


jedoch die von pr StErAno und Fucını ausgesprochene Ansicht fĂŒr richtiger, welche Spir. depressa mit 
Spir. Sylvia GEMM. vereinigt. 
Fundort: Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee am Schafberg. 


Spiriferina Salomoni nov. sp. — 34 Exempl. 
Taf. XVI, Fig. sS—11. 
Umriss: hochoval bis queroval. 
Commissur: auf der Seite gerade, an der. Stirn hĂ€ufig etwas gegen die kleine Klappe hineingekrĂŒmmt. 
Grosse Klappe: krÀftig gewölbt, oft etwas in die kleine Klappe eingreifend, doch ohne eigentlichen Sinus. 
Kleine Klappe: sehr flach und ohne Wulst. 
Schnabel: kurz, spitz, gekrĂŒmmt, aufrechtstehend. Area klein, concav, ohne scharfe Kanten. Schlosslinie 
gerade, meistens nicht sehr lang, im Bogen in die Seitencommissur ĂŒbergehend. 


I II III 
Dimensionen: Höhe: 16,6 14,5 12,4 mm, 
Breite: 14,9 12,9 12 

Dicke: = 955 8,7 SI0mr 


Man kann bei dieser Art eine VarietÀt abtrennen. Als Typus sehe ich die krÀftigeren breiten 
Formen an; als VarietÀt wÀren somit die hochovalen abzutrennen, welche ich als var. elongata bezeichnen möchte. 

Unsere Art steht zwischen Sp. brevirostris Opp.! und Sp. gryphoide« Urt. Von beiden unter- 
scheidet sie sich durch den aufrechtstehenden Schnabel, die geringe Grösse, die gewöhnlich sehr breite Form 
und den wenig gekrĂŒmmten Schnabel. Sp. brevirostris steht der Rh. Salomoni wohl am nĂ€chsten, ist aber 
gut zu unterscheiden. Sp. gryphoidea, welche ebenfalls bei Kramsach vorkommt, lÀsst sich schon an der 
anders gestalteten kleinen Klappe unterscheiden. 

Sp. Salomoni nov. Sp. ist bei Kramsach nicht selten; am Schafberg wurde sie bisher in einem ein- 
zigen Exemplar gefunden. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; GrĂŒnsee am Schafberg. 


Spiriferina gryphoidea Unuie. — 2 Exempl. 

1879. Sp. gryphoidea Uurıs, Ueber die liasische Brachiopodenfauna von Sospirolo, pag. 15, Taf. I, Fig. 1-3. 

Mir liegt von Kramsach nur eine einzige grosse Klappe dieser Art vor. Das StĂŒck zeichnet sich 
durch den grösseren und weniger gekrĂŒmmten Schnabel, sowie durch die hochovale Form vor der Spör. 
brevirostris Oper. aus. Mir ist bisher nur ein einziges vollstÀndiges Exemplar dieser Art bekannt geworden, 
es stammt aus dem (mittleren) Lias der Alp Alla Stuva bei St. Cassian. Ein zweites fast vollstÀndiges 
Exemplar stammt vom Schafberg. Die kleine Klappe dieser GehÀuse ist etwas gewölbt und die ganze Form 
weicht im Habitus von Spör, brevirostris Opp. durchaus ab. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; GrĂŒnsee am Schafberg. 


! Geyer, Ueber die lias. Brachiopoden des Hierlatz, 1889, pag. 73, Taf. VIII, Fig. 9—12. 


Spiriferina nov. sp. innom. afl. Sp. alpina Opr. 919 


Spiriferina cfr. alpina Orrer. — 4 Exempl. 
1892. Sp. alpina Paronxa, Revisione della fauna lias. di Gozzano, pag. 21, Taf. I, Fig. 9. 


Vier grosse Klappen einer Spiriferina liegen mir vor, welche in ihrem Habitus ganz an Sp. alpina 
Opp. erinnern, doch sind die StĂŒcke zu schlecht erhalten, als dass man eine sichere Bestimmung vor- 
nehmen könnte. 

Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


Spiriferina nov. sp. innom. aff. Sp. alpina Opp. — 4 Exempl. 
Taf. XVI, Fig. 14. 

Mir liegen vier Exemplare einer asymmetrisch gebildeten Spiriferina vor, welche zu der Gruppe der 
„Asinuosae“ (ROTHPLETZ) gehört und sich der Spir. alpina noch am meisten nĂ€hert. Ich habe dieser Art 
keinen Namen gegeben, weil nur wenige Exemplare vorliegen, welche aus einem einzigen Block stammen. 
Umriss: breitoval, zum kreisförmigen neigend, meistens breiter als hoch. 

Commissur: auf der Seite gerade, auf der Stirn gerade oder (in Folge der asymmetrischen Gestalt) ein 
wenig geschweift. 

Grosse Klappe: krÀftig gewölbt, am unteren Theile mit sehr krÀftigen Anwachsstreifen versehen. Ein eigent- 
licher Sinus ist nicht vorhanden, doch ist ein solcher durch eine abgeflachte Partie der Schaale an- 
gedeutet; diese Abflachung zieht sich vom Schnabel bis zu dem am weitesten nach links liegenden 
Theile der Stirn (links: wenn man die grosse Klappe gegen den Beschauer gedreht hat). 

Kleine Klappe: bedeutend weniger gewölbt als die grosse, ohne Wulst oder Sinus; auf der ganzen Klappe 
befinden sich zahlreiche, krÀftige Anwachsstreifen. 

Schnabel: klein, ziemlich krĂ€ftig, mehr aufrecht als nach hinten abstehend, mĂ€ssig gekrĂŒmmt. Area breit, 
niedrig, schwach concav. Schlosslinie gerade, in einer Curve in die Seitencommissur ĂŒbergehend. 
Innere Merkmale: im Schnabel der grossen Klappe sind ein Medianseptum und zwei ZahnstĂŒtzen vorhanden. 

Spiralkegel unbekannt. 


I I 
Dimensionen: Höhe: 20,2 21,5 mm, 
Breite: 21,8 UN 
Dicke: 10,2 2 


Wie schon bemerkt, hat Spir. nov. sp. innom. sehr viel Aehnlichkeit mit Spör. alpina Opr., doch 
ist der Schnabel bei unserer Art kleiner und weniger zierlich, die Area ist niedriger, die Schlosslinie setzt 
nicht in Ecken gegen die Seitencommissuren ab, und die Gestalt ist stets asymmetrisch. Immerhin ist es 
nicht ausgeschlossen, dass diese Art nur eine VarietÀt der Sp. alpina Opp. sei. 

Fundort: Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee am Schafbere. 


Spiriferina semicircularis nov. sp. — 6 Exempl. 
Taf, XV]. Big. 15, 16: 
Umriss: querelliptisch. 
Commissur: an der Seite gerade, an der Stirn gegen die kleine Klappe asymmetrisch ausgebuchtet. 


320 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Grosse Klappe: krÀftig gewölbt; vom Schnabel zur Stirn zieht sich ein sehr seichter, asymmetrischer Sinus. 

Kleine Klappe: ziemlich flach; in der Stirnregion ist ein asymmetrischer Wulst, der dem Sinus der grossen 
Klappe entspricht, angedeutet. 

Schnabel: ziemlich gross, spitz, gekrĂŒmmt, von der kleinen Klappe weit abstehend. Schlosskante gerade, 
fast die ganze Breite des GehÀuses einnehmend; mit scharf abgesetzten Ecken in die Seitencommissur 
ĂŒbergehend. (An den abgebildeten StĂŒcken sind die seitlichen Theile der Schlosskante abgebrochen, 
doch waren sie beim PrĂ€pariren der StĂŒcke noch vorhanden.) Area breit, ziemlich hoch, concav, durch 
ziemlich scharfe Kanten begrenzt. 


Innere Merkmale: unbekannt. 
I Il 


Dimensionen: Höhe: 24,1 23,7 mm, 
Breite: 31,0 SO 
Dicke: 16,7 AO, 


Bei dem Genus Spiriferina ist es im Allgemeinen sehr schwer, gut begrenzte Arten zu unterscheiden; 
zwischen den meisten Species finden sich UebergÀnge, selbst zwischen denjenigen, welche in Schichten von 
verschiedenem Alter vorkommen. Die Spiriferinen des Mittellias und. Unterlias weisen bei weitem nicht 
solche Verschiedenheiten auf, wie die Rhynchonellen, Terebrateln u. s. w. dieser Straten. Ich halte es 
daher fĂŒr angezeigt, selbst auf feinere Unterschiede noch Gewicht zu legen, wenn diese constant bleiben. 
Spir. semicircularis nov. sp. ist nahe verwandt mit Spir. alpina, unterscheidet sich jedoch durch die stets 
grössere Breite des GehÀuses und das Vorhandensein des Sinus. Die vom Schafberg stammenden Exem- 
plare sind etwas weniger in die Breite gezogen, als die von Kramsach stammenden. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Höhe zwischen Feuchteneck und Schwarzensee am Schafberg. 


Spiriferina obtusa Orrzn. — 10 Exempl. 


1861. Sp. obtusa Orpru, Ueb. die Brachiopoden d. unteren Lias (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Gesellsch., pag. 542, 
Taf. XI, Fig. 8). 


1879. — -— Uuris, Ueb. die liasische Brachiopodenfauna v. Sospirolo bei Belluno, pag. 13, Taf. I, Fig. 5. 

1850. — -— Casavarı, I brachiop. degli strati a Ter. Aspasia Mes. nell’ Appennino centrale, pag. 9, 
Taf. III, Fig. 9. 

1336. — — Rorspierz, Vilser Alpen, pag. 160. 

1889. — — Geyer, Lias. Brachiopodenfauna des Hierlatz, pag. 75, Taf. VIII, Fig. 13—15, Taf. IX, Fig. 1—5. 

1892. — —  Parona, Revisione della fauna liasica di Gozzano iu Piemonte, pag. 23, Taf. I, Fig. 12. 

1895. — — Böse, Lias. Brachiopodenschichten bei Hindelang, pag. 647. 

1894. — — Fvcısı, Fauna dei cale. bianchi ceroidi con Phyll. eylindrieum, pag. 29, Taf. VI, Fig. 8,9. 


Von Kramsach liegen nur zwei unvollstÀndig erhaltene grosse Klappen vor, welche vermuthlich zu 
Spir. obtusa zu stellen sind; nicht viel hÀufiger ist diese Art am Schafberg, und hier ist es nicht sicher, 
ob die betreffenden StĂŒcke nicht aus dem unteren Lias stammen, da sie nicht im rothem, sondern in einem 
weissen Kalk liegen. 

Die Form, welche Fucıst (l. ce.) in Fig. 8 abbildet, dĂŒrfte schwerlich zu Spir. obtusa gehören, auch 
seine Fig. 9 ist nicht mit Gewissheit hierher zu stellen. Als Normalform dĂŒrfen wir wohl Gever's Fig. 13, 
15 auf Taf. VIII und Fig. 5 auf Taf. IX betrachten, allerdings ist Fig. 13 schon ziemlich gestreckt, die 


Spiriferina sicula Gem. 9 


[So] 
en 


gewöhnliche Form ist etwas weniger breit. Selten finden sich sehr stark gekrĂŒmmte SchnĂ€bel, gewöhnlich 
sind diese vielmehr ziemlich schwach gebogen, wenn auch nicht so stark gestreckt wie in GryEr’s Fig. 5 
auf Taf. IX. Einige ziemlich typische Exemplare liegen mir aus dem oberen Lias ö von Zell in WĂŒrttem- 
berg vor und ein weiteres aus einem unbekannten Fundort des germanischen Lias (dem Gestein nach viel- 
leicht Amberg), jedenfalls ist die Form aber im germanischen Lias sehr selten. 

Die Art ist von Sp. sicula Gemm. in der Begrenzung, welche RorkpLEerz dieser Art giebt, sehr 
schwierig zu unterscheiden; die Hauptunterschiede bestehen wohl in der geringeren Breite und der stÀrkeren 
Wulst- und Sinusbildung der Sp. obtusa Orr. Wenn man allerdings die zahlreichen VarietĂ€ten berĂŒcksichtigt, 
welche bei anderen Spiriferinen z. B. Sp. rostrata ScHLoTH. vorkommen, so muss man zu der Auschauung 
gelangen, dass Sp. sicula und Sp. obtusa zu einer Art gehören. Da mir jedoch keine Exemplare der Sp. 
sicula GEMmM. aus Sicilien vorliegen, so halte ich vorlÀufig beide Arten von einander getrennt. 

Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Vorderthiersee bei Kufstein; Fagstein bei Berchtesgaden; 
Hinterschafberg, MĂŒnichsee, 


Spiriferina sicula GemmeLGARo. — Ca. 30 Exemp!. 
1874. Sp. sicule GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 55, Taf. X, Fig. 5. 
— cf. angulata, ibidem, pag. 56, Taf. X, Fig. 6, 7. 

1886. — sicula Roruprerz, Vilser Alpen, pag. 161, Taf. XIII, Fig. 7—8. 

Herr Professor RoTHPLETZ hatte die LiebenswĂŒrdigkeit, mir seine Notizen mitzutheilen, welche er 
sich im Museum von Palermo bei der Besichtigung der Originale Grmmernaro’s machte. Darnach ist Sp. 
sicula von der Sp. obtusa nur durch die bedeutendere Grösse und Breite zu unterscheiden. Wenn wir diese 
beiden Dinge ĂŒberhaupt als Artenmerkmal gelten lassen, wozu die ausserordentliche VariabilitĂ€t der Spiri- 
ferinen nicht gerade aufmuntert, so kommt bei Kramsach und am Schafberg die typische Sp. sicula GEum. 
vor. Diese Exemplare unterscheiden sich durch grössere Breite von der typischen Sp. obtusa Opr., unter- 
scheiden sich aber auch durch den weniger gestreckten Schnabel von den bei GEemmELARo abgebildeten 
Exemplaren. 

DI STEFANO ! fasst die Art ganz anders als RorupLerz, er bildet ziemlich schmale, dicke GehÀuse 
mit Àusserst krÀftigem Wulst und Sinus als Sp. sicula Gem. ab, doch stimmen seine Abbildungen mit den- 
jenigen GEMMELLARO’S nicht ĂŒberein. Dr STEFANO giebt an, dass sich Sp. sicula von der Sp. obtusa durch 
die weniger breite und weniger gekrĂŒmmte Area, durch den stĂ€rkeren Wulst und Sinus, sowie durch die 
gebogene Schlosslinie unterscheide. Breite und KrĂŒmmung der Area wechselt bei allen Spiriferinen, ebenso 
die StÀrke des Wulstes und Sinus. Ziemlich constant ist bei Spir. obtusa Orr. die gerade Schlosslinie, doch 
ist auch bei vielen sonst typischen Exemplaren die Schlosslinie gekrĂŒmmt; zu beachten ist aber, dass bei 
den Originalabbildungen der Sp. sicula eine ganz gerade Schlosslinie vorhanden ist. Da mir kein sicilia- 
nisches Exemplar der Ă€chten Sp. sicula Gemm. vorliegt und die Originale RortarLerz’ sich noch am meisten 
den Abbildungen bei GEMMELLARO zu nÀhern scheinen, so schliesse ich mich einstweilen der Auffassung 
RoTHPLETZ’ an, ohne jedoch mit Sicherheit behaupten zu können, dass die von mir als Sp. sicula Gem. 
bezeichnete Form thatsĂ€chlich mit der italienischen Form identisch sei. nı Sterano glaubt, dass Rorpuerz’ 


1 pı StErAno, Il Lias medio d. Mte. San Giuliano, 1891, pag. 39, Taf. I, Fie. 1-3. 
$) > 2 7 {=} 


[%6) 
DD 
D 


Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


Sp. sicula zu Sp. rostrata gehöre, das ist jedoch sicherlich nicht der Fall, eher halte ich es fĂŒr wahr- 
scheinlich, dass unsere Form eine blosse VarietÀt der Sp. obtusa Opp. sei. 


Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Hinterschafberg, Nordwand beim Hotel Schafberg. 


Spiriferina angulata Orren. — 7 Exempl. 
1894. Fuvcmı, Fauna dei calc. bianchi ceroidi con. Phyll. eylindricum, pag. 26, Taf. VI, Fig. 7, cum syn. 
Eine Anzahl einzelner Klappen lÀsst sich mit Sicherheit zu 8». angulata Orr. stellen. Neues ist 
ĂŒber diese Art nicht hinzuzufĂŒgen. 


Fundorte: Kramsach bei Rattenberg; Vorderthiersee bei Kufstein. 


Spiriferina Darwini GEMMELLARo. — 3 Exempl. 


1878. Sp. Darwini GEMMELLARO, Sopra alcune faune giuresi e liasiche della Sicilia, pag. 409, Taf. XXXI, Fig. 22—26. 

1891. — — pı Sterano, Il lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 43, Taf. I, Fig. 4. 

Diese Art zeichnet sich durch eine hohe, breite und fast ganz flache Area aus. Mir liegen 3 grosse 
Klappen vor; diese zeigen die charakteristische Area, die gerade Schlosslinie und einen flachen Mediansinus. 
Die grosse Klappe springt an der Stirn etwas gegen die kleine vor. Auch die radialen Streifen, auf welche 
pr Srterano aufmerksam macht, sind auf unseren Exemplaren sichtbar. pı Sterano deutet sie als GefÀss- 
eindrĂŒcke, doch halte ich es fĂŒr möglich, dass wir es mit einer radialen Ornamentirung zu thun haben, weil 
die Streifen sich auch auf beschaalten Exemplaren zeigen, Sp. Darwini mit Sp. obtusa Opp. zu vereinigen, 
wie Fucını! dies will, halte ich fĂŒr unrichtig. 


Fundorte: Fagstein bei Berchtesgaden; Hinterschafberg. 


Spiriferina segregata pı Stzrano. — 1 Exempl. 
1891. Sp. segregata vı StErANo, Il Lias medio del Mte. San Giuliano, pag. 53, Taf. I, Fig. S—12. 


Diese Àusserst charakteristische Art ist leider nur durch eine einzige grosse Klappe vertreten, welche 
aber ganz und gar mit den Abbildungen bei pı Srzrano ĂŒbereinstimmt. Im Sinus befindet sich 1 Rippe 
auf den Seiten je 3; die Area ist hoch und fast nicht gekrĂŒmmt. 


Fundort: Kramsach bei Rattenberg. 


! Focını, Fauna dei cale. bianchi ceroidi con Phyll. eylindrieum, 1894, pag. 29. 


Amphiclinodonta Bittneri nov. sp. 


10) 
= 


Koninckina Susss. 


Koninckodonta Bitter. 


Koninckodonta Fuggeri Bırrner. — 5 Exempl. 


1893. Koninckodonta Fuggeri Bırrner, Neue Koninckiniden des alpinen Lias (Jahrb. der k. k. geol. Reichsanst.), 
pag. 137, Taf. IV, Fig. 4—9. 

Das GehÀuse dieser interessanten Art ist etwas breiter als hoch, besitzt gerundete Ecken, so dass 
es oft fast kreisförmig erscheint; es ist stark gewölbt, oft halbkugelartig und weist in der NÀhe des 
Wirbels der grossen Klappe eine auffallende mediane Verdickung auf. Die Schlosslinie ist gerade und nimmt 
fast die ganze Breite des GehÀuses ein; der Wirbel ist klein, aber krÀftiger hervortretend als bei Koninckina 
Eberhardi BiTTNER; er setzt sich ziemlich deutlich gegen die FlĂŒgel ab. Die grosse Klappe ist convex, die 
kleine concav. Wenn man herausprĂ€parirte StĂŒcke bei durchscheinendem Licht untersucht, eventuell durch 
AnÀtzen einer der beiden Klappen nachhilft, so zeigt sich bei den vorliegenden 
Exemplaren in der Mitte eine fast kreisrunde, nach oben sich zuspitzende, undurch- 
sichtige Partie; sie wird seitwÀrts und gegen die Stirn hin von einem hellen Saum 
umgeben. In diesem zeigt sich wieder eine dunklere Linie, welche dem Seitenrand 
ungefĂ€hr parallel lĂ€uft. Die dunkle Masse ist der ausgefĂŒllte hohle Raum, der 
helle Saum der verdickte Klappenrand. Aetzt man diesen letzteren an, so zeigt 
sich eine grosse Anzahl dunkler Flecke, welche netzförmig ineinander greifen; be- Brachialapparat von 
sonders eng stehen diese da, wo sich bei auffallendem Licht zwischen Rand und rinckodonta Fuggeri. 
AusfĂŒllungsmasse eine dunkle dem Rand fast parallele Linie zeigt. An der Stirn 
reichen diese Flecken, welche sich hier beim Aetzen als Schaalenverdickungen erweisen, ziemlich hoch hinauf. 
Ueber diese VerhĂ€ltnisse geben Bırrxer’s Abbildungen besseren Aufschluss, als ich ihn mit Worten zu geben 
vermag. Bittner hat nachgewiesen, dass wir es hier mit einer ziemlich complieirten Verschlussvorrichtung 
der SchaalenseitenwÀnde zu thun haben. Durch AnÀtzen gelang es mir bei einem Exemplar, die freistehenden 
Armspiralen nachzuweisen. Meine Exemplare weisen eine doppelte Area auf, doch lassen sich die Einzelheiten 
daran nicht sehr deutlich erkennen. Die Schaale hat eine grobe Faserstruktur. Die hier beschriebenen 
Exemplare sind die von Zırreu bereits 1876 im Handbuch der Palaeontologie Bd. I erwÀhnten Liasleptaenen. 

Fundorte: Fagstein bei Berchtesgaden; Hinterschafberg. 


Fig. 9. 


Amphiclina Lause. 


Amphiclinodonta Bırrxer. 
Amphiclinodonta Bittneri nov. sp. — 5 Exempl. 
Taf. XVI, Fig. 12, 13. 


Das GehÀuse ist breit dreiseitig, meistens breiter als hoch, die Ecken an der Stirn sind abgerundet. 
Die grosse Klappe ist schwach convex, fÀllt aber von der Medianlinie aus, und zwar besonders in der NÀhe 


994 Emil Böse, die mittelliasische Brachiopodenfauna der östlichen Nordalpen. 


des Schnabels, steil gegen den Rand ab, welcher selbst wieder ganz flach ist. Die kleine Klappe ist schwach 
concav, ihre beiden FlĂŒgel fallen gegen die Medianlinie hin gleichmĂ€ssig ab, und zwar so, dass eine Art von 
Medianvertiefung entsteht, welche am deutlichsten in der NĂ€he der Schlosslinie ist. Auf der grossen Klappe 
befindet sich eine sehr schmale Area, welche in der Mitte das Pseudodeltidium zeigt; auf der kleinen Klappe 
ist eine noch niedrigere Area ausgebildet, in deren Mitte sich eine erhöhte, dreieckige FlÀche zeigt, welche 
mit ihrer Basis an die des Pseudodeltiniums der grossen Klappe stösst. Bitter! giebt an, dass diese 
Partie bei Koninckella dreiseitig, sowie dass sie nach BoucHArp als Schlossfortsatz der kleinen Klappe 
aufzufassen sei. Eine genaue Beobachtung wird bei den mir vorliegenden Exemplaren leider durch die 
ausserordentlich geringe Grösse der Area sehr erschwert. 

Die Schlosslinie ist sehr kurz. Die SeitenwÀnde zeigen die durch Bırrner beschriebene ZÀhnelung, 
wÀhrend an der Stirn im durchfallenden Licht eine mehr gitterförmige Anordnung der Flecken (Schaalen- 
erhöhungen) auftritt. Die Schaale ist grobfaserig; von den Armspiralen habe ich nur Theile beobachten können. 

Durch das Vorhandensein einer ausserordentlich kleinen Doppelarea, sowie der ZĂ€hnelung der Seiten 
und StirnrÀnder ist die Zugehörigkeit zu Amphiclinodonta sichergestellt. 

Amph. Bittneri nov. sp. unterscheidet sich von A. liasina Bırrn. und A. adnetica Bırrn. gut durch 
die niedrig dreiseitige Gestalt, den geraden oder eingesenkten Stirnrand, sowie durch die scharfe mediane 
Einsenkung der kleinen Klappe. Sie schliesst sich fast noch mehr an A. amphitoma Zuem.” aus der Trias 
an; ferner sind nahestehend Amph. Manzavimi Bırın.’ und A. Zugmayeri Bırrn. ?: 

Fundort: Fagstein bei Berchtesgaden. 


Zeussgantız: 


Bırrner’ hat aus dem Lias des Schafbergs noch folgende Formen beschrieben und abgebildet: 
Koninckina (Koninckodonta2) Eberhardi Brrrn., Koninckina (Koninckodonta) Geyeri BiErN., Amphiclinodonta 
liasina Bırry. Eine weitere Beschreibung und Abbildung dieser Arten war also unnöthig und ist desshalb 
aus dieser Arbeit fortgelassen. 


1 Birrser, Ueber Koninckiniden des alpinen Lias (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst.), 1857, pag. 291. 

2 Birrser, Brachip. der alpinen Trias (Abh. d. k. k, geol. Reichsanst.), 1890, pag. 240, Taf. XVI, Fig. 24, 25. 

3 Bırrxer, Neue Brachiopoden und eine neue Halobia der Trias von Balia in Kleinasien (Jahrb. d. k. k. Reichsanst.), 
1895, pag. 252, Taf. XI, Fig. 7. 

* ibidem Taf. XI, Fig. 9. 

5 Birtxer, Neue Koninckiniden des alpinen Lias (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst.), 1895. 


Anhang. 


Die Brachiopoden des unteren Dogger im bayerischen Innthale. 


Stratigraphisches. 


Die geologischen VerhÀltnisse des untersten Innthales, wenigstens der Theile, um welche es sich hier 
handelt, nĂ€mlich Heuberg und Riesenkopf, hat bereits SchLosser ! auf das AusfĂŒhrlichste geschildert, so dass 
uns nur noch ĂŒbrig bleibt, kurz auf den Charakter der Fauna einzugehen. Terebrateln und Waldheimien 
herrschen vor, Rhynchonellen treten zurĂŒck, ganz wie das am Laubenstein der Fall ist; auch am Rothenstein 
sind mehr Terebrateln als Rhynchonellen vorhanden, wenn dies auch nicht so auffallend hervortritt, wie am 
Laubenstein. Dadurch unterscheiden sich alle diese LokalitĂ€ten auffallend von denjenigen SĂŒdtyrols (Cles 
und Castel Tesino), an welchen die Rhynchonellen bei weitem vorherrschen. Dies wird besonders deutlich, 
wenn wir alle im unteren Innthal gefundenen Arten in einer Tabelle zusammenstellen und mit denjenigen 
anderer Fundorte vergleichen. 


Ei = Âź - E = I | & EI 8 
| 8 = = 3% | 8% ga genen = E 
I 62 4 Se] SEE 
Terebratula punctata Sow. var. oolitica | | | | | 
RoTapL. — + | Ale ie D) Eur 
— Finkelsteini n. Sp. a = A| = u | | 
_ cfr. rubrisazensis ROTHPL. + | — — | 4 Er eh == Zi ae 
— OEeNOnaaT STE 4 | + — | — | zei 
— cir. pantoioptycha Fink... . | + | I | | il 
—_ cefr. perovalis Sow. . | + — — | + 
—_ infraoolitica DesL. : } I | de a ii, ge: 
— An Romano 55 ol — | = — a ee er ar > 
— nepos CANAv. . u — | a BE AL IE 
— bifida RornpL. Ton — | + _ nn P= Pr = Se Zu 
Waldheimia Waltoni Dov. . ». . ... —+ + + == | | 
— truncatella RoTapt. . + — — er =r | [re SL 
— inaudita EINE. . 2. 22... + + - an — | 


! Schvosser, Geologische Notizen aus dem Innthale (N. Jahrb. f. Min. ete.. 1895, Bd. D, pag. 75—96. 
Âź In der vorliegenden Beschreibung der Arten sind einige aufgefĂŒhrt worden, welche sich in Schrosser’s Listen noch 
nicht finden; diese Species wurden von Dr. Schtosser und mir erst im vorigen Jahre gesammelt. 
Palaeontographiea. Bd. XLIV. : 29 


226 Emil Böse, die Brachiopoden des unteren Dogger im bayerischen Innthale. 


e EI 1 =) && 
N el:.| 8) 2.2. lee 
Br: ı = |22| 3 |2:2 22 02 0222 20 
I Eee Sl ‚S an 123< & 
Eu ee | 
Waldheimia angustipectus RoTHPL. . = = + + + — — _ — 
= supinifrons ROTHPL. | — | — + ee = = 
Rhynchonella mutans RonueL. . : 2... + E- — | + —— = 
1 depressicosta FisK. | 1 | +) - < 
—_ Aschaviensis FINk. I == — + a en — — 
_ Vigilii Lypsius . : | — | + Sl ee LA ie a 
= cymatophora RonHeL. . . - | — I + | e 
_ cfr. infirma RozteeL. . . » . | + | _ — | + | | | 
= rubrisawensis ROTHPL. I en + | + En 


Von den 22 Arten, welche bisher aus dem unteren Dogger des Innthales bekannt geworden sind, 
finden sich also 20 auch am Laubenstein, 16 am Rothenstein, dagegen nur 4 (5?) bei Cles, 2 bei Castel 
Tesino und 6 am Mte Grappa. Wir erkennen aber auch hier wieder die Aehnlichkeit der nordalpinen 
Opalinus-Murchisonae-Schichten untereinander, sowie den auffallenden Gegensatz, in welchem sie zu den sĂŒd- 
alpinen gleichalterigen oder fast gleichalterigen Ablagerungen stehen. 

Sehr merkwĂŒrdig ist es, dass im unteren Innthale sich wohl oberer, aber kein mittlerer Dogger 
findet, wenigstens ist letzterer nicht durch Fossilien vertreten. Allerdings ist der mittlere Dogger auch am 
Rothenstein sehr schwach entwickelt, so dass er erst nachtrÀglich (1892) durch Herrn Dr. ULricH SöHLE ent- 
deckt wurde. Vielleicht haben wir den mittleren Dogger in den Hornsteinkalken des Riesenkopfes zu suchen. 


Palaeontologischer Theil. 


Terebratula Kırm. 


Terebratula punctata Sow. var oolitica Rorupr. — 15 Exemp!. 

1886. Rornprerz, Vilser Alpen, pag. 110, Taf. IV, Fig. 7—11. 

Drei der vorliegenden Exemplare lassen sich von 7. punetata nicht unterscheiden, besonders sind 
die beiden kleineren und besser erhaltenen Exemplare typisch. Roruprerz (l. c.) giebt an, dass bei den 
StĂŒcken vom Rothenstein der Schlosskantenwinkel der kleinen Kante auffallend stumpf sei. Das ist bei den 
hier zu besprechenden StĂŒcken nicht der Fall; der Schlosskantenwinkel der kleinen Schaale betrĂ€gt ca. 90 
bis 100°. Die grosse Menge der weiteren Exemplare besteht aus einzelnen Klappen und GehÀuse- 
bruchstĂŒcken. 

Fundort: Riesenkopf. 


Terebratula Finkelsteini n. sp. 997 


Terebratula Finkelsteini n. sp. — 5 Exenpl. 
Taf. XII, Fig- 30, 33—36. 


1889. Waldheimia ? n. sp. aft. angustipectus FinKELstEin, Ueber ein Vorkommen der Opalinus- (und Murchisonae ?- 
Zone im westl. SĂŒdtyrol (Zeitschr. der Deutsch. geol. Gssellsch.), pag. 67, Taf. VII, Fig. 1—3. 

Von dieser Art, welche FiskeLstein bei Cles gesammelt und mit einigem Zweifel zu Waldheimia 
gestellt hatte, konnte ich durch Anschleifen feststellen, dass sie zu Terebratula gehört. Ich gebe hier der 
VollstĂ€ndigkeit halber eine neue Beschreibung und zwar nach den Exemplaren aus SĂŒdtyrol, von welchen 
ich selber mehrere Hundert StĂŒck gesammelt habe. 

Umriss: meist kreisrund, seltener hochoval. 

Commissur: auf der Seite gerade, in leichtem Bogen in die Schlosskanten ĂŒbergehend; an der Stirn gerade 
(nur bei jungen Exemplaren) oder im Bogen gegen die grosse Schaale zurĂŒckgezogen, bei ganz aus- 
gewachsenen StĂŒcken gegen die grosse Klappe stark zurĂŒckgezogen und zweimal geknickt; der Theil 
zwischen den Knickungsstellen ist wieder gegen die kleine Klappe eingekrĂŒmmt. 

Grosse Klappe: ziemlich krĂ€ftig gewölbt, am stĂ€rksten ĂŒber der Mitte gegen den Schnabel hin; im Jugend- 
stadium von einem breiten medianen First ziemlich steil gegen die SeitenrÀnder abfallend; im Alter 
stellen sich zwei LateralwĂŒlste ein, welche etwa in der Mitte der Schaale beginnen und durch eine 
seichte Einbuchtung getrennt sind. 

Kleine Klappe: ganz flach, in der Wirbelgegend etwas aufgetrieben; von der Mitte 
ab geht eine sehr breite und sehr flache Einsenkung bis zur Stirn, bei ganz 
alten Individuen zeigt die Einsenkung wieder eine ganz schwache mediane 
Aufwölbung, welche der medianen Einsenkung der grossen Klappe entspricht. 

Schnabel: kurz, breit, spitz, wenig gebogen, mit mÀssig scharfen Kanten versehen. 
Foramen mÀssig gross, Deltidium sichtbar Brachialapparat von 

Innere Merkmale: in der kleinen Klappe befindet sich ein schwaches Medianseptum ne 
und eine kurze Terebratelschleife, 

I II 0 V 

Dimensionen: ! Höhe: 2 26,5, I Asa, 85mm: 

Breite 25,3 116, Sn AN seo ar 
Dicke: — VD DU Bi Bi 

Wie schon FInk£ustein bemerkt hat, ist die nÀchststehende Art 7. Bentleyiformis Fısk.?, auch sie 
weist die flache kleine Klappe und die Falten auf der grossen Klappe auf; immerhin sind die beiden Arten 
doch betrÀchtlich verschieden. Vor Allem ist die Faltung der grossen Klappe ungemein viel stÀrker, ebenso 
die Stirn ganz anders gestaltet. 

Ich fand die Art bei Cles in zahlreichen Exemplaren sowohl in dem von FinLELTTEm bereits be- 
schriebenen Fundort Malga Cavai, sowie auch an einem neuen Platz der Val Sorda, wo sie zusammen mit 
Tausenden von Exemplaren der Rh. retrosinuata Vac., mehreren Exemplaren der Waldh. anmgustipectus 
Rorpr. und Zer. Rossii Can. vorkommt. Trotzdem auch mir ganz ausgewachsene Exemplare nur in ein- 


‘1, DO, III, IV von Cles, V vom Riesenkopf. 
¼ FinketsTEin, Der Laubenstein bei Hohenaschau (N. Jahrb. f. Min., 1888, Beilagebd. VI), pag. 87, Taf. III, Fig. 4—6. 


2398 Emil Böse, die Brachiopoden des unteren Dosger im bayerischen Innthale. 


zelnen Klappen vorliegen, so habe ich es doch vorgezogen, die Art zu benennen, weil sie jetzt schon aus 
mehreren FundplÀtzen bekannt und auch im Jugendstadium so charakeristisch ist, dass man sie nicht leicht 
mit einer andern Art verwechseln wird. Ob alle 8 Exemplare aus den Nordalpen hierher gehören, erscheint 
mir zweifelhaft, 7 sind Jugendexemplare, welche möglicher Weise zu Waldheimia gehören, doch ist das achte 
ziemlich gross und ein typisches Exemplar. 

Fundort: Riesenkopf (Bauer am Berg). 


Terebratula cfr. rubrisaxensis Rorupn. — 2 Exemyl. 
1886. Roruprerz, Vilser Alpen, pag. 117, Taf. VI Fig. 1—24, Taf. VIII Fig. 8-14, 18—21, Taf. V Fig 1-8, 
Taf. VII Fig. 8-11. 
Zwei ganz schlecht erhaltene GehÀuse lassen sich noch am ehesten mit 7. rubrisawensis vereinigen, 
doch ist eine sichere Bestimmung unmöglich. 
Fundort: Höllwand am Heuberg. 


Terebratula oenana n. sp. — 44 Exemp!. 
arsoX1]9810026,0315,32: 


In Schuosser’s Aufsatz! „Geologische Notizen aus dem Innthale“ wird diese Art noch als 7. Rossiv 
var oenana Böse (Manuscriptname) aufgefĂŒhrt; ich bin aber seitdem doch zu der Ansicht gelangt, dass hier 
eine besondere Art vorliegt, welche sich durch einige wichtige, constant auftretende Merkmale von 7. Rossiö 
Can. unterscheidet. Bevor ich diese Unterschiede auseinandersetze, soll die neue Art beschrieben werden. 


Umriss: hoch fĂŒnfseitig, oft sich dem dreiseitigen nĂ€hernd. 

Commissur: auf der Seite krĂ€ftig geschwungen, an der Stirn stark gegen die grosse Schaale eingekrĂŒmmt 
und zweimal gefaltet; die StÀrke der Faltungen oder Knickungen ist sehr variabel. 

Grosse Klappe: krÀftig gewölbt; von der Schnabelregion ziehen sich zwei mehr oder weniger krÀftige Lateral- 
wĂŒlste, welche durch eine mediane Einsenkung getrennt werden, bis zur Stirn hinab. Zuweilen fehlt 
die mediane Einsenkung fast ganz, so dass die WĂŒlste sehr undeutlich werden. Von den Lateral- 
wĂŒlsten fĂ€llt die Schaale sehr steil gegen den Seitenrand ab. 

Kleine Klappe: meist krĂ€ftig gekrĂŒmmt, doch bedeutend mehr der LĂ€nge als der Breite nach. Zwei meist 
recht flache laterale Einsenkungen, welche den WĂŒlsten der grossen Klappe entsprechen, ziehen sich 
von der Mitte der Schaale bis zur Stirn; zwischen ihnen liegt ein undeutlicher Medianwulst; bei einem 
Exemplar jedoch fehlen diese Einsenkungen und der Wulst nahezu vollstÀndig. Der Winkel, den die 
Seitenkanten miteinander bilden, ist auffallend spitz (ca. 45°). 

SchalenoberflÀche: punktirt und vollstÀndig glatt. 

Schnabel: spitz, wenig gekrĂŒmmt, ziemlich hoch; ganz kurze, wenig deutliche Schnabelkanten vorhanden; 
Schiosslinie auffallend kurz. 

Innere Merkmale: unbekannt. 


ı N. Jahrb. f. Min., 1895, Bd. I, pag. 82—89. 


Terebratula elliptica. Rocker. 999 


Wie schon oben angedeutet, steht die 7. oenana n. sp. der 7. Rossöi Can.! sehr nahe; sie unter- 
scheiden sich jedoch durch die Bildung des Schnabels; wÀhrend dieser bei 7. oenana gestreckt ist, weist er 
bei 7. Rossii eine starke KrĂŒmmung auf; ein weiterer sehr auffallender Unterschied zeigt sich in der LĂ€nge 
der Schlosslinie; diese ist bei 7. oenana auffallend kurz, bei 7. Rossii stets sehr breit, wodurch dann auch 
die Umrisse der kleinen Klappe bei beiden Arten ein sehr verschiedenes Aussehen gewinnen. 

Fundorte: Heuberg; Riesenkopf (zwei FundplÀtze). 


Terebratula cfr. pantoioptycha Finkeistein. — 4 Exempl. 
1888. Fınketstein, Der Laubenstein bei Hohenaschau etc., pag. 78, Taf. II, Fig. 1—3. 


1893. Borro-MıccA, Fossili degli strati & Lioceras opalinum Rein. e Ludwigia Murchisonae Sow. del Croce di Valpore 
(Mte. Grapa) Boll. Soc. geol. ital., pag. 38. 

Sechs mangelhaft erhaltene GehÀuse lassen sich mit ziemlicher Sicherheit auf 7. pantoioptycha Fink. 
beziehen. Besonders stimmt ein Exemplar, an welchem leider die Schnabelregion fehlt, in der Frontalgegend 
sehr genau mit dem bei FINkELsTEI (]. ce.) auf Taf. II Fig. 3 abgebildeten Exemplar ĂŒberein, wĂ€hrend ein 
anderes StĂŒck sich mehr der Fig. 2 nĂ€hert. 

Fundorte: Riesenkopf; Heuberg. 


Terebratula cfr. perovalis Sow. — 10 Exempl. 

1886. Rornpterz, Vilser Alpen, pag. 100, Taf. I Fig. 11, Taf. II Fig. 9, 11—19. 

Die StĂŒcke, welche sich auf 7. perovalis beziehen lassen, sind leider so schlecht erhalten, dass an 
eine sichere Bestimmung nicht zu denken ist; immerhin nÀhern sich der Umriss, der Schlosskantenwinkel, 
die Gestaltung der Falten den entsprechenden VerhĂ€ltnissen bei 7. perovalis soweit, dass die StĂŒcke wohl 
zu dieser Art gestellt werden können. 

Fundort: Heuberg. 


Terebratula infraoolitica Drston@ecHaups. — 4 Exempl. 

1886. Rorurrerz, Vilser Alpen, pag. 95, Taf. III, Fig. 1—6, 19a—d. 

Ausser 4 gut erhaltenen und sicher bestimmbaren Formen liegt noch eine grössere Anzahl von 
mangelhaften Exemplaren vor, welche wahrscheinlich auch zu Z. infraoolitica zu stellen sind. Einige wĂŒrden, 
in Folge der stark gewölbten kleinen Klappe, dann zur var. concamerata RorpL. gehören. 

Fundort: Riesenkopf. 


Terebratula eiliptica Rorupz. — 2 Exempl. 

1886. Rorsererz, Vilser Alpen, pag. 98, Taf. III Fig. 7—12, 16, 27—29. 

Diese von 7. infraoolitieca oft nicht leicht zu unterscheidende Art ist durch 2 typische GehÀuse von 
elliptischer Gestalt vertreten. Sie zeichnen sich durch gleichmÀssige Biegung der Schlossinie aus und sind 
weniger scharf gefaltet als 7. infraoolitica. 

Fundort: Riesenkopf. 


! PaAroNA e Canavarı, Brachiopodi oolitiei di aleune localitĂ€ dell’ Italia settentrionale, pag. 16, Taf. X, Fig. 6—10, 


230 Emil Böse, ie Brachiopoden des unteren Dogger im bayerischen Innthale. 


Terebratula nepos Canavarı. — 1 Exempl. 


1886. Rorurrerz, Vilser Alpen, pag. 116, Taf. V, Fig. 20, 22, 24. 
1893. Borro-MıccaA, Foss. d. str. & Lioc. opalinum e Ludw. Murchisonae etc., pag. 39. 


Ein einziges Exemplar lÀsst sich mit ziemlicher Sicherheit zu T. nepos stellen. Der krÀftige, stark 
ĂŒbergebogene Schnabel, sowie der schmale Wulst sind bezeichnend. 


Fundort: Heuberg. 


Terebratula bifida Rornruerz. — 2 Exempl. 


1886. RorurLerz, Vilser Alpen, pag. 114, Taf. V, Fig. 17—19, 21, 23, 25—27; Taf. VIII, Fig. 29. 

1893. Borro-MıccA, Foss. d. str. & Lioc. opalinum e Ludw. Murchisonae ete., pag. 38. 

Unter dem vorliegenden Material fanden sich zwei nucleate Formen, welche sich durch den breiten 
Wulst, den gestreckteren Schnabel und die mÀssig scharfen Schnabelkanten von 7. nepos unterscheiden. In 
den angefĂŒhrten Merkmalen stimmen sie dagegen ganz mit 7. bifida Rorupr., von denen sie nur in der 
Grösse verschieden sind; wahrscheinlich haben wir es mit jugendlichen Exemplaren zu thun. 

Fundort: Riesenkopf. 


Waldheimia (Kınc) Davınson. 


Waldheimia Waltoni Dav. — 15 Exempl. 

1886. Rorupuerz, Vilser Alpen, pag. 123, Taf. VII, Fig. 20-31; Taf. VIII, Fig. 52—35. 

Die GehĂ€use, welche ich’ zu dieser Art rechne, sind fast alle Jugendexemplare, die grösseren StĂŒcke 
sind meist derartig zerdrĂŒckt, dass eine sichere Bestimmung nicht möglich ist. Die ĂŒbrigen GehĂ€use stimmen 
recht gut mit den Exemplaren der W. Waltoni vom Rothenstein ĂŒberein, doch lĂ€sst sich bei so kleinen 
Formen natĂŒrlich nicht mit Sicherheit sagen, ob nicht einzelne eher zu W. subbuceulenta Cuar. et Dew. zu 


rechnen seien. 
Fundorte: Höllwand am Heuberg; Riesenkopf (Bauer am Berg); Feichteck bei Nussdorf. 


Waldheimia truncatella RorurLetz. — 2 Exempl. 


1886. Rorkpıerz, Vilser Alpen, pag. 124, Taf. VIII, Fig. 38; Taf. XVI, Fig. 16—22, 

1893. Borro-MıccA, Foss. d. str. & Lioc. opalinum e Ludw. Murchisonae ete., pag. 42. 

Diese recht charakteristische Art tritt uns hier in der VarietÀt mit rundlich pentagonalem Umriss 
entgegen. Von Waldh. Hertzi Haas! unterscheidet sich W. truncatella durch die rundlichere Gestalt; die 
erstere Art ist stets gestreckter, auch ist bei letzterer die kleine Klappe flacher, der Schnabel stÀrker ge- 
krĂŒmmt, sowie die Schnabelkanten gerundeter. 


ı Haas, Beitr. z. Kenntn. d. lias. Brach.-Fauna von SĂŒdtyrol und Venetien, 1884, pag. 24, Taf. 4, Fig. 3—4. 


Waldheimia angustipectus Roruer. 251 


Die von Bortro-Mıcca als W. truncatella var. minor beschriebene Form (loc. eit. pag. 43, Taf. I, 
Fig. 4) ist sicherlich nichts anderes als Waldh. Hertzi Haas. 
Fundort: Höllwand am Heuberg. 


Waldheimia inaudita FınkeLstem. — 29 Exempl. 


1888. Fınkeistein, Der Laubenstein bei Hohenaschau, pag. 90, Taf. III, Fig. 7. 


Diese ungemein charakteristische Form ist im Dogger des unteren Innthales nicht selten, auch sind 
die GehÀuse vielfach ausgezeichnet erhalten. Die Art hat in der Form eine auffallende Aehnlichkeit mit 
Ter. oenana, von der sie sich jedoch natĂŒrlich generisch unterscheidet. Unter den Waldheimien giebt es 
kaum eine Art, mit welcher sich W. inaudita vergleichen liesse, in Folge dessen diese Art als ein aus- 
gezeichnetes Leitfossil anzusehen ist. Der Beschreibung, welche FinkELsteın gegeben hat, ist nichts 
hinzuzusetzen. 

Fundorte: Höllwand am Heuberg; Riesenkopf. 


Waldheimia angustipectus Rorupn. — 2 Exempl. 
1886. Rornrrerz, Vilser Alpen, pag. 131, Taf. VII, Fig. 1—7 (non 12, 14—19). 
1889. — NachtrĂ€gliches zu der geol.-pal. Monogr. d. Vilser Alpen (N. Jahrb. f. Min. 1889, Bd. II), pag. 146. 


Nur zwei kleine Exemplare liegen vor, von denen jedoch eines mit Sicherheit hierherzustellen ist. 
ROTHPLETZ hat von dieser Art zwei Reihen unterschieden, nÀmlich eine, zu denen die Formen mit einem 
Medianwulst im Sinus der kleinen Klappe und eine andere, zu denen die StĂŒcke gehören, bei welchen dieser 
Medianwulst fehlt. Nun hat jedoch Davımsoxn im V. Bande seines Monograph of the British fossil Brachio- 
poda (1882—84) und zwar im Capitel „Appendix to the Supplements“ auf pag. 265 Taf. XIX Fig. 11, 12 
eine Waldheimia Haasi Buckman (Manuscriptname) beschrieben und abgebildet, welche RorkpLerz (1889 
l. ce.) fĂŒr identisch mit einem Theil der Waldh. angustipectus RoTurLEerz hĂ€lt, nĂ€mlich mit der Reihe von 
Formen, welche bei RotupLerz auf Taf. VII Fig. 12, 14—19 abgebildet sind. Ferner rechnet RoTHPLETZ 
hierher die von Davıpson im gleichen Werk pag. 267 Taf. XIX Fig. 13, Taf. XX Fig. 13 abgebildete 
W. reversa Buckman (Manuscriptname). Somit wÀre jetzt zu unterscheiden Waldh. angustipectus: GehÀuse 
mit schwach angedeutetem oder fehlendem Medianwulst im Sinus der kleinen Klappe; Waldh. Haasi: Ge- 
hÀuse mit krÀftigem Medianwulst im Sinus der kleinen Klappe. 

Was nun vor Allem die W. reversa Buckm. angeht, so dĂŒrfte diese doch wohl als besondere Art 
aufzufassen sein, da der Wulst im Sinus der kleinen Klappe so auffallend ist, dass sich die Frontalansicht 
vollstĂ€ndig Ă€ndert. Allerdings scheint auch Davıpsox nicht ganz von der SelbststĂ€ndiskeit der Art ĂŒber- 
zeugt gewesen zu sein, worauf wenigstens seine Worte deuten: „Mr. S. S. Buckman considers it new, and 
I desceribe it as such on his authority. It appears to me to be closely related to Waldh. Haasi and aspe- 
cially to those specimens of the last named species which present a rounded elevation along the middle of 
the medial depression in the dorsal valve.“ 

Will man W. reversa zu W. Haasi ziehen, so sehe ich nicht ein, wesshalb nicht auch W. angusti- 
pectus mit W. Haasi zu vereinigen sei, denn diese beiden Arten stehen einander sicherlich nÀher als der 
W. reversa. Ja, Davınson scheint die neuerdings von RoTHPLETZ getrennten W. Haas? und W. angusti- 


23323 Emil Böse, die Brachiopoden des unteren Dogger im bayerischen Innthale. 


pectus selbst als eine Art anzusehen, wenigstens kann ich Fig. 12 auf Taf. XIX bei Davıpsov nicht von 
W. angustipectus trennen, da auch bei dieser Form ja der Wulst in dem Sinus der Dorsalklappe vollkommen 
fehlt, auch heisst es im Text Davıpsox’s: „median sinus (of the dorsal valve d. Ref.) concave, commencing 
at the umbo, widening and deepening as it reaches the front, with sometimes a longitudinal rounded 
elevation along the middle.“ 

Die VerhĂ€ltnisse werden ĂŒbrigens noch complieirter, wenn man sich daran erinnert, dass ROTHPLETZ 
selbst eine Art als W. Haasi Rorupr. bezeichnet hat, welche noch dazu der Waldh. angustipectus sehr nahe 
steht, es ist die Form, welche Hass! als Waldh. linguata BoEcKH var. major beschrieben hat. Diese Art 
wurde jedoch neuerdings von pı Srerano? Waldh. Rothpletzi genannt, so dass damit einer Verwirrung vor- 
gebeugt ist. 

Ich halte einstweilen Waldh. angustipectus RorurL., Waldh. Haasi Buckm. und Waldh. reversa 
Bucrm. als besondere Arten auseinander, gedenke jedoch bei einer andern Gelegenheit auf diese Art zurĂŒck- 
zukommen. 

Fundort: Feichteck bei Nussdorf. 


Waldheimia supinifrons RorurLerz. — 1 Exempl. 
1886. Rorurrerz, Vilser Alpen, pag. 130, Taf. VIII, Fig. 37, 39—40, Taf. IX, Fig. -18, 22—23, 30. 
Zu dieser Art gehört ein ziemlich sicher bestimmbares Exemplar, ausserdem vermuthlich noch eine 


Anzahl von sehr kleinen GehÀusen. 
Fundort: Feuchteck bei Nussdorf. 


Rhynchonella Fischer. 


Rhynchonella mutans Rornrr. — 7 Exempl. 
1886. Rornpuerz, Vilser Alpen, pag. 140, Taf. IX, Fig. 19—21, 29, 31-32, 34—46. 
1893. Borro-Mıcca, Foss. d. str. & Lioc. opalinum e Ludw. Murchisonae etc., pag. 49. 
Die meisten Exemplare sind typisch, eines gehört zur var. depressa. 
Fundorte: Heuberg: Riesenkopf (Bauer am Berg). 


Rhynchonella depressicosta FInKkELsteiın. — 1 Exempl. 

1888. Finkerstem, Der Laubenstein, pag. 99, Taf. V, Fig. 2. 

Das mir vorliegende Exemplar unterscheidet sich von dem Typus der Art nur durch einen etwas 
höheren Schnabel; eine solche Abweichung kommt jedoch bei jugendlichen GehÀusen nicht selten vor. Im 
Uebrigen stimmt das StĂŒck mit Rh. depressicosta Fısk. vollkommen ĂŒberein; vor Allem zeigt sich auch hier 
die gerade Commissur, sowie die charakteristische Form der Rippen; diese sind „Àusserst flach, oben eben, 


r. 


! Haas, BeitrĂ€ge z. Kenntn. d. lias. Brachiopodenfauna von SĂŒdtyrol u. Venetien, 1884, pag. 25, Taf. IV, Fig. 5. 
2 pı Srerano, Il Lias med. d. Mte. San Giuliano, 1891, pag. 141, Taf. IV, Fig. 20—23. 


Rhynchonella Vigilii Lersrous. 233 


breit, und lassen zwischen sich nur einen um vieles hinter ihrer eigenen Breite zurĂŒckstehenden schmalen, 
linienartigen Raum“ (FiskEusteis). 
Fundort: Riesenkopf (Bauer am Berg). 


Rhynchonella Aschaviensis FinkELstein. — Ca. 50 Exempl. 
1888. FiInketstein, Der Laubenstein, pag. 102, Taf. IV, Fig. 8S—10, 


Diese kleine, zierliche Art ist durch eine grosse Anzahl von Exemplaren vertreten. Die GehÀuse 
zeigen die stark aufgewölbte kleine Klappe, mit der auffallenden AufblÀhung in der Wirbelgegend, von wo 
aus die Schaale gerade zum Stirnrand abfÀllt, den deutlichen unsymmetrischen Wulst der kleinen und den 
entsprechenden Sinus der grossen Klappe. Die Rippen sind scharf und oft grob, zwei bis fĂŒnf befinden sich 
auf dem Wulst, im Ganzen sind niemals mehr als zehn vorhanden. Auch der auffallend nach hinten ab- 
stehende Schnabel gleicht ganz demjenigen, welchen die Originale von FINKELSTEIN aufweisen. 

Auffallend ist die ausserordentliche HÀufigkeit dieser Form an dem einen der FundplÀtze; nur an 
einer einzigen weiteren LokalitÀt des Innthales ist sie bisher im einem Exemplar gefunden, 

Fundort: gesteinserfĂŒllend am Feichteck bei Nussdorf; 1 StĂŒck vom Riesenkopf (Bauer am Berg). 


Rhynchonella Vigilii Lersıus. — 3 Exempl. 


1886. Rh. Erycina RorupLerz, Vilser Alpen, pag. 150, Taf. XI, Fig. 16, 17. 


1886. — Vigilii Vacex, Oolithe v. Cap S. Vigiljo (Abh. d. k. k. R.-A.), pag. 60, Taf. 20, Fig. 10—16. 

1888. — Erycina FinkEuLstein, Der Laubenstein, pag. 103. 

1889. — Vigilii Fiskeustein, Ueb. e. Vorkommen der Opalinus- (und Murchisonai-?) Zone im westl. SĂŒdtyrol, pag 74. 

1892. — — Böse und Finketstein, Ueber die mitteljurassischen Brachiopodenschichten von Castel Tesino 
(Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges.), pag. 296. 

1893. — — Borro-Micca, Fossili degli str. & Lioceras opalinum Rein. e Ludw. Murchisonae Sow., pag. 46, 46. 


Alle drei vorliegenden Exemplare sind typisch, auch hier lÀsst sich die wechselnde Zahl der Rippen, 
welche auf dem Wulst stehen, wahrnehmen. Ein Exemplar erinnert stark an die grossen Formen, welche 
auf Malga Tasula bei Cles vorkommen, es zeigt auch den stark vorgezogenen Stirntheil des Wulstes, auf 
dem nur 3 Rippen stehen. Ein anderes GehÀuse hat mehr die flachere Form, welche sich bei vielen Exem- 
plaren von Castel Tesino findet; das dritte StĂŒck ist von den am Cap S. Vigilio vorherrschenden Formen 
nicht zu unterscheiden. 

Fundort: Riesenkopf (Bauer am Berg). 


Rhynchonella cfr. infirma Roraprerz. — 2 Exempl. 
1886. Roruprerz, Vilser Alpen, pag. 149, Taf. IX, Fig. 14, Taf. XI, Fig. 6, 7, 10, 11. 


Leider sind beide vorliegenden GehÀuse nicht vollstÀndig erhalten, doch ist das eine mit ziemlicher 


Sicherheit zu Rh. infirma zu stellen, wofĂŒr der hohe spitze, ziemlich breite, wenig gebogene Schnabel, sowie 


Palaeontographica. Bd. XLIV. 30 


234 Nachtrag. 


die verhĂ€ltnissmĂ€ssig feinen Rippen sprechen. Das andere StĂŒck könnte dagegen auch vielleicht zu Rh. 
prava RotHpL. gehören. 


Fundort: Höllwand am Heuberg. 


Rhynchonella rubrisaxensis RotkrLerz. — Ca. 20 Exempl. 

1886. Rorupuerz, Vilser Alpen, pag. 151, Taf. VIII, Fig. 75—91, Taf. X, Fig. 1—15, 17—20. 

Diese schöne und grosse Species ist an allen Fundorten des unteren Dogger im. unteren Innthale 
ziemlich hĂ€ufig. Wenn auch vielfach die Schaalen stark verdrĂŒckt sind, so lassen sich doch an allen Lokali- 
tÀten einige Exemplare sicher bestimmen. Auch sind verschiedene VarietÀten, darunter die var. crassico- 
stata, vertreten. 

Fundorte: Feichteck bei Nussdorf; Huberg (Höllwand); Riesenkopf. 


Nachtrag. 


Zu pag. 146 ff, 


“ Leider war das Manuscript zu der vorliegenden Abhandlung bereits abgeschlossen und der Druck 
begonnen, als die Arbeit A. v. Krarrr's „Ueber den Lias des Hagengebirges“ (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. 
1597) erschien. Diese enthĂ€lt mancherlei ErgĂ€nzungen zu meinen AusfĂŒhrungen, sie giebt vor allem ĂŒber 
die LagerungsverhÀltnisse des mittleren Lias Details, welche mit meinen eigenen Beobachtungen, die ich 
gelegentlich an anderer Stelle zu publieiren gedenke, zum grössten Theile ĂŒbereinstimmen. FĂŒr uns sind 
hier aber besonders die Fossillisten wichtig, welche der Autor giebt; ausser den Petrefakten der Kratz-Alm, 
ĂŒber welche v. KrArrr spĂ€ter genauer berichten wird, ist eine Reihe vom Fagstein erwĂ€hnt, welche zeigen, 
dass auch die Ammoniten mittelliasischen Arten angehören; v. Krarrr fĂŒhrt Brachiopoden vom Fagstein nicht 
an, seine Liste wÀre also durch die von mir auf pag. 149 gegebene zu ergÀnzen. 


Zu pag. 154. 

Ebenfalls wĂ€hrend des Druckes vorliegender Abhandlung erschien eine Arbeit rarona’s „‚Contri- 
buzione alla conoscenza delle Ammoniti liasiche di Lombardia. I. Ammoniti del Lias inferiore del „Saltrio“ 
(Abhand). d. schweiz. palaeontol. Gesellsch. Bd. 1896). Der Autor wendet sich pag. 7 gegen die von mir 
seiner Zeit in meiner Monographie des Genus Rhynchonellina ausgesprochene und in vorliegender Abhandlung 
aufrecht erhaltene Anschauung ĂŒder das Alter der Brachiopodenfauna von Saltrioe. Bisher hat allerdings 
ParonA nichts vorgebracht, wodurch meine Ansicht, dass die Fauna unterliasisch sei, widerlegt wird, doch 
stellt er eine eingehende Revision des Materials in Aussicht. Ich glaube einstweilen jedoch nicht, dass sich 


Nachtrag. 935 


thatsÀchlich wird nachweisen lassen, dass die Fauna dem mittleren Lias angehöre (es sei denn, dass sich, wie 
pag. 154 angedeutet, zwei Faunen bei Saltrio finden). Gegen Parona’s Anschauung spricht Manches; bisher 
hat sich z. B. in keiner sicher mittelliasischen Fauna Ter. punctata var. Andleri‘ in solchen Mengen 
sefunden, wie das bei Saltrio der Fall ist, vielmehr ist ein solches Massenvorkommen nur aus Hierlatzkalken 
bekannt geworden. Ferner sind die unterliasischen Formen so ĂŒberwiegend, die ganze Fauna auch von der 
bisher beschriebenen mittelliasischen so adweichend, dass man kaum die Anschauung PArona’s wird aufrecht 
erhalten können; ich wiederhole, dass alle Formen von Saltrio, die mir bisher zu Gesicht gekommen sind, 
mit Arten des Hierlatzkalkes bis in die kleinste Einzelheit ĂŒbereinstimmen. 


Zu pag. 167. { 
KĂŒrzlich fand ich in der Sammlung des Karlsruher Polytechnicums mehrere Exemplare der 7. ascia 


und zwar mit der Fundortsbezeichnung ‚Trient‘. Schon Gırarp giebt an, dass er in Oberitalien 7. ascia 
gesehen habe; diese Notiz wĂŒrde also durch die in Karlsruhe aufbewahrten StĂŒcke bestĂ€tigt werden, 


Zu pag. 204. 
Durch ein Versehen wurde aus dem Texte ausgelassen, dass mit Rh. diptycha eine von NERI? zuerst 
erwÀhnte Form Rh. juliana nahe verwandt ist. Nach Fucısr's Abbildung und Beschreibung hat jedoch Rh. 


juliana seitliche Falten, auch scheint der Schnabel stĂ€rker ĂŒbergebogen zu sein, wodurch sich specifische 
Unterschiede von Rh. diptycha ergeben. 


1 Wenn ich ĂŒbrigens seiner Zeit bemerkte, dass dle von ParonA als Ter. Andleri citirte Form zum Theil zu Ter 
basilica gehöre, so ist das natĂŒrlich nur ein lapsus calami, es sollte heissen „die von Parona als Ter. punctata citirte Form“ 
was sich ĂŒbrigens wohl Jeder beim Lesen der Stelle selber sagen wird; an der Sache wird dadurch nichts geĂ€ndert, nĂ€mlich 
dass die Art theils zu Ter. punctata var. Andleri, theils zu Ter. basilica gehört. 

2 Nerr, Monografia dei fossili del calcare bianco ceroide di Mte. S. Giuliano (Atti Soc. tosc. di Sc. nat. Proc. vert 
1893) pag. 97. 

3 Fucını, Fauna dei calcari bianchi ceroidi con Phyll. eylindricum ete., pag. 66, Taf. VI, Fig. 19. 


JUL 15 1398 


Die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Von 


Ernst Schellwien. 


Theil I: Foraminifera. 


Mit Taf. XNVII—XXIV und 7 Textfiguren. 


Vorwort. 


Der vorliegende zweite Theil der Fauna des karnischen Obercarbons enthÀlt die Bearbeitung der 
Foraminiferen, deren wichtigste Gruppe durch die Fusulininen gebildet wird. 

Von der Wiedergabe eines Literaturverzeichnisses glaubte ich in diesem Falle absehen zu dĂŒrfen, 
da ausfĂŒhrliche Verzeichnisse, welche bis zum Jahre 1879 bezw. 1884 durchgefĂŒhrt sind, in den Werken 
von Mörter und Brapy vorhanden sind; die neuere Literatur soll in einer begonnenen Bearbeitung der 
gesammten Endothyriden zusammengestellt werden. 

UrsprĂŒnglich hatte der durch seine grĂŒndlichen Untersuchungen auf diesem Gebiete ausgezeichnete 
Dr. Coxr. SchwAGER auf meine Bitte die Beschreibung der von mir gesammelten Foraminiferen ĂŒbernommen, 
aber leider hinderte ihn sein frĂŒhzeitiger Tod an der AusfĂŒhrung dieser Arbeit. 

Herrn Geheimrath von Zırrer bin ich zu aufrichtigem Danke verpflichtet, dass er mir das reiche 
von SCHWAGER hinterlassene Material an carbonischen Foraminiferen zur Bearbeitung bezw. zum Vergleich 
ĂŒberwiesen hat, ebenso Herrn Professor BENEcKE, von dem ein grosser Theil der Formen aus der Uggo- 
witzer Breceie stammt. Herr Dr. Gorrsche in Hamburg hatte die GĂŒte, mir die zahlreichen Fusulinenkalke 
zu ĂŒberlassen, welche er in Japan zusammengebracht hat. 

Die Herstellung der Tafeln war in Folge der geringen Grösse und des verwickelten Aufbaus der 
meisten GehĂ€use eine sehr schwierige: die Herren PĂŒrz und Omwann in Berlin haben sich durch die sorg- 
fĂ€ltige AusfĂŒhrung dieser mĂŒhsamen Arbeit ein entschiedenes Verdienst erworben. 


30* 


238 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Foraminifera. 


I. Endothyridae RıungLer. 


Fusulininae RHUMBLER. 


Die Fusulininen bilden eine Foraminiferen-Gruppe, welche sich mit ziemlicher Sicherheit auf die 
Gattung Endothyra zurĂŒckfĂŒhren lĂ€sst (vgl. S. 281). Man unterscheidet bei dieser Gruppe gewöhnlich vier 
Gattungen: Fusulina, Schwagerina, Hemifusulina und Fusulinella. 

Von diesen Gattungen muss aber Hemifusulina ganz getilgt werden, da sie nur einer falschen 
Beobachtung ihre Aufstellung verdankt, wie in der Zusammenfassung am Schlusse dieser Arbeit ausgefĂŒhrt 
ist (8. 281 Fussnote). Die Gattung Fusulinella ist gut charakterisirt durch ihre dichten Kammerwandungen, 
dagegen sind KanÀle bei ihr nicht vorhanden ' und sie tritt durch den im folgenden dargestellten Septal- 
bau der Fusulinen diesen sehr nahe. 

Die beiden letzten Gattungen stellen Fusulina und Schwagerina dar; diese aber bilden eine ganz 
continuirliche Reihe und sind durch kein einziges Merkmal scharf von einander geschieden, wie die von 
Krorow aus dem Ural beschriebene Schwagerina fusiformisÂź und die hier aufgestellte noch mehr Fusulinen- 
Ă€hnliche Schwagerina fusulinoides beweisen. Und ebenso eng ist die VerknĂŒpfung dieser primıtiven Schwa- 
gerinen-Formen mit jenen von Schwager aus China und Japan beschriebenen Gestalten, die ein complicirtes 
Basalskelet aufweisen, durch die Uebergangsformen vom Typus der Schwagerina Verbeeki. Es erscheint 
daher unberechtigt, hier zwei Gattungen zu unterscheiden, eine natĂŒrlichere Gruppirung erhĂ€lt man dagegen, 
wenn man die Gattung Fusulina in drei Untergattungen zerlegt und zwar: 

I. Aechte Fusulinen vom Typus der Fusulina cylindrica mit mehr oder weniger spindelförmiger 
Gestalt und stark eingefalteten Septen = Fusulina s. str. 

II. Schwagerinen vom Typus der Schwagerina princeps mit spindelförmiger oder kugeliger Gestalt, 
schwach hin und her gebogenen oder geraden Septen und unvollkommenem oder ganz fehlen- 
dem Basalskelet —= Schwagerina. 

III. Schwagerinen vom Typus der Schwagerina lepida mit deutlich entwickeltem Basalskelet —= nov. 
subgenus. 

Da die Gattung Schwagerina ursprĂŒnglich fĂŒr die typische Art der zweiten Formengruppe aufgestellt 
ist, mĂŒssen die bis jetzt auf Japan, China und Sumatra beschrĂ€nkten Vertreter der letzten Abtheilung eine 
neue Bezeichnung erhalten. FĂŒr diese Formen schlage ich den Namen Möllerina vor, nach Herrn 
V. v. Mörver, dem wir die erste ausfĂŒhrliche Darstellung der Fusulininen verdanken. 


Fusulina s. str. 


Ueber die Gattung Fusulina liegen eine Reihe von Arbeiten vor, unter denen die Darstellung der 
russischen Fusulinen von V. v. MörterŸ und diejenige der japanischen und chinesischen Formen von 


! Vgl. die Diagnose der Gattung, welche der Beschreibung der karnischen Fusulinellen vorausgeschickt ist. 

Âź Memoires du Comite geologique. St. Petersbourg 1388, T. VI. 

¼ Die spiral gewundenen Foraminiferen des russischen Kohlenkalks. (Me&moires de l’Acad. Imp. des Sc. de St. Peters- 
bourg, Bd. XXV, Nro. 9, 1878.) 


Fusulina s. str. 939 


©. Schwager! fĂŒr die richtige Erkenntniss des Aufbaus der Schale weitaus die bedeutendsten sind. Es 
ist aber notwendig, die dort gegebene Gattungsdiagnose in einigen wesentlichen Dingen zu Àndern, resp. zu 
ergÀnzen. 

Der wichtigste Punkt betrifit die Bildungsweise der Septen. Diese Bildung soll immer so erfolgen, 
dass sich das Septum keilförmig zwischen die das Dach bildende Kammerwand einschiebt: „Nach ihrer 
Bildungsart stellen die Septen keine inneren Fortsetzungen der eigentlichen Schalenwand dar, sondern ent- 
wickeln sich ganz unabhÀngig von derselben und erscheinen wie eingeklemmt zwischen den Ueberdachungen 
je zweier benachbarter Kammern; je nachdem die Septa in Verbindung mit der Àusseren Schalenwand 
getreten sind, keilen sie sich zur OberflÀche der Schale vollkommen aus, und in Folge dessen kommen die 
mehr weniger convexen KammerĂŒberdachungen in der Tiefe der die Schale bedeckenden und oft sehr aus- 
gesprochenen LĂ€ngsfurchen miteinander in BerĂŒhrung (s. Taf. 6, Fig. 2c).“ Mörver (l. ec. S. 45 f.). Die 
gleiche Anschauungsweise wird besonders deutlich durch die Abbildungen Schwacer’s illustrirt, hier tritt 
aber ein neues Moment hinzu, von dem Schwager allerdings nicht angiebt, ob es ein isolirtes Merkmal der 
Fus. japonica bildet oder allen Fusulinen zukommen soll. WÀhrend Mörtzr behauptet, dass die Septen 
aus „einer einzigen vollkommen dichten Lamelle“ bestehen, sollen die von Schwager wiedergegebenen 
Schnitte (l. ec. Taf. 15, Fig. 8 u. Fig. 10) zur Anschauung bringen, dass die Septen aus zwei BlÀttern 
zusammengesetzt sind. 


Nach diesen Untersuchungen werden also die Septen der Fusulinen (und Schwagerinen) auf eine 
ganz andere Weise gebildet, als diejenigen der verwandten Gattungen, der Endothyra und Fusulinella, bei 
denen die Septen eine einfache Umbiegung der Àusseren Kammerwandung darstellen. Nach meinen Beobach- 
tungen ist das keineswegs der Fall, sondern die Bildung der ScheidewÀnde erfolgt auch bei den Fusulinen 
in der gleichen Weise?, wenn auch eine Reihe von Complicationen dabei auftreten, die im Folgenden klar- 
gestellt werden sollen. 

Im wesentlichen ist der Vorgang immerÂź derselbe: Die das Dach bildende Kammerwand biegt sich 
allmÀhlig um und wÀchst nach unten weiter, indem sie auf diese Weise in 
das Septum ĂŒbergeht, wie die schematische Zeichnung (Fig. 1) andeutet. 

Am deutlichsten tritt diese Erscheinung zu Tage, wenn die Schale 
verdrĂŒckt ist und die einzelnen Kammern gegen einander verschoben sind, 
wie der Querschnitt von Fus. multiseptata Taf. XVII, Fig. 4 erkennen lĂ€sst‘. 
In diesem Falle lösen sich die Kammern einzeln ab und zeigen, dass von 
einer Einkeilung der Septen keine Rede sein kann. 

Die Complicationen, welche hierbei eintreten können, werden meist 
durch den Ansatz der neuen Kammer hervorgerufen. Den hÀufigsten Fall stellt hierbei die vorstehende 
Abbildung Fig. 1 dar, wo die neue Dachwand sich am oberen Theile des Septums anheftet. Nicht selten 


Fig. 1. 


! Carbonische Foraminiferen aus China und Japan, aus v. Rıc#tuoren, China, Bd. IV, S. 106, Berlin 1833. 

° Mörter’s Abbildungen stehen ĂŒbrigens z. Th. nicht im Einklang mit seinen Angaben, der Querschnitt von Fus. 
longissima, Taf. 8, Fig. 1b, zeigt durch Umbiesung entstandene Septen mit voller Deutlichkeit und Aehnliches lÀsst sich 
an einzelnen Stellen seiner Aus. cylindrica, Taf. VIII, Fig. 1b, erkennen. 

3 Vgl. die Erörterung ĂŒber das Vorkommen von eingekeilten Septen auf Seite 241. 

* Vgl. auch den stark vergrösserten Querschnitt von Fusulina incisa, Taf. NXI, Fig. 2. 


240 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


beobachtet man aber, dass die neue Wand ziemlich tief an dem vorher gebildeten Septum ansetzt, wie 
Fig. 2 erlÀutern mag. 

Im dritten, am wenigsten hÀufigen Falle, setzt die spÀtere Kammer so tief am vorigen Septum an, 
dass dieses aus zwei BlÀttern gebildet erscheint (Fig. 3). 

In diesem Falle bleibt meist eine dunkle Trennungslinie zwischen den beiden BlÀttern bestehen, 
welche auch SchwAGEr, wie vorhin erwÀhnt, bei Fus. japonica festgestellt hat. Ob es hierbei vorkommt, 


Fig. 4. 


dass sich die beiden BlÀtter nicht fest aneinander legen, vermag ich nicht mit Sicherheit anzugeben; bei 
einigen wenigen Exemplaren war anscheinend ein kleiner Zwischenraum vorhanden, aber immer nur an 
einzelnen Stellen von Exemplaren, deren Septen sonst normal gebildet waren'. 

Eine zweite Art von Complicationen wird durch eine VerstÀrkung der einmal gebildeten Septen 
hervorgerufen, eine Erscheinung, welche hauptsÀchlich zu der falschen Deutung der Septalbildung Anlass 
gegeben hat. Es tritt nÀmlich sehr hÀufig eine Verdickung der zum Septum umgebogenen Kammerwand 


ein, indem sich auf einer oder beiden Seiten der Septallamelle Kalksubstanz absetzt, welche in der Regel 
dunkler gefÀrbt ist, wie nebenstehende Zeichnung (Fig. 4) schematisch erlÀutern soll. Besonders deutlich 
lÀsst sich diese Verdiekung, welche am stÀrksten in der Region der Mundspalte aufzutreten pflegt, bei Fus. 
regularis beobachten?. Sie wird in der Regel erst nach der Bildung der neuen Kammerwand ausgeschieden, 
zuweilen aber auch schon, ehe die Bildung der spÀteren Dachwand erfolgt ist, wie eine Beobachtung bei 


Fus. japonica lehrt. Hier schiebt sich nÀmlich (Fig. 5) die dunklere Substanz der verstÀrkenden Masse 


zwischen das Septum und die nachfolgende Kammerwand ein. 


! Vgl. dazu die Septalbildung bei der sog. Hemifusulina. S. 281 Fussnote. 
2 Vgl. den medianen Querschnitt auf Taf. XIX, Fig. 4, vor Allem aber den stark vergrösserten medianen Querschnitt 


der amerikanischen Fusuline, Taf. XXI, Fig. 1. 


Fusulina s. str. 941 


In seltenen FĂ€llen kommt es auch vor, dass das Septum nur ganz kurz ist und die dunkle Kalk- 
substanz die Fortsetzung desselben nach unten bildet, wie Fig. 6 darstellt'. 


Ob neben der hier beschriebenen Art der Septalbildung durch Umbiegung der Kammerwand, welche 
entschieden der Regel entspricht, eine Einkeilung der Septen ĂŒberhaupt vorkommt, wage ich nicht zu ent- 
scheiden, zum mindesten ist sie sehr selten, da ich sie trotz des reichen mir vorliegenden Materiales nirgends 
mit Sicherheit habe nachweisen können. Die mikroskopischen Bilder machen allerdings hÀufig den Eindruck, 
als ob die Septen eingekeilt wÀren, bei genauerer Betrachtung lÀsst sich aber in der Regel mit Bestimmtheit 
sagen, dass die Septen durch Umbiegung entstanden sind und nur in wenigen FĂ€llen muss die Entscheidung 
unsicher bleiben. Die TĂ€uschung wird besonders durch zwei Momente hervorgerufen, das ist einmal die 
besprochene Verdickung der Septen und zweitens der Umstand, dass die Poren, welche die KammerwÀnde 
durchziehen, in der NÀhe der Septen sich schrÀg stellen und dadurch den Eindruck erwecken, als ob das 
Septum hier keilförmig zugestutzt wÀre. Das Material, aus welchem die Septen bestehen, soll nach den 
Angaben ScHwAGer's eine besonders dichte Kalkmasse sein. Diese Anschauung muss natĂŒrlich aufgegeben 
werden, wenn man annimmt, dass die Septen eine einfache Umbiegung der Kammerwand sind’, die 
Septen mĂŒssen dann auch aus derselben Substanz bestehen wie diese; wenn sie trotzdem zuweilen viel 
dunkler erscheinen, so wird dies durch die Verdickungen hervorgerufen, die namentlich bei dĂŒnnen Septen 
hÀufig ein tÀuschendes Bild geben. Etwas dunkler können sie aber auch durch den Mangel an Poren 
werden, welche anscheinend den Septen in der Mehrzahl der FĂ€lle fehlen, nur an wenigen Exemplaren liess 


sich das Vorhandensein von Poren gleich denen der Kammerwand nachweisen’. 
Die ĂŒbrigen Punkte, in welchen die Gattungsdiagnose zu ergĂ€nzen ist, sind von geringerer Bedeutung. 
Dahin gehört: 
3) Die Beobachtung SchwaAger’s bei Fus. Kattaensis*, dass die Poren der Kammerwand sich nach 


! Wenn man die Bilder betrachtet, welche durch die Verdickung der Septen entstehen, erscheint es begreiflich, dass 
man zu Anschauungen gelangen kann, wie sie Ronanowsky (Materialien zur Geologie des Turkestans) bei der Beschreibung 
seiner Fus. Mölleri entwickelt. Er beobachtete, dass die Septen von hellen Streifen durchzogen waren, „welche keilförmig in 
den poröseu Wandungen der Schale wurzeln und entsprechend den Biegungen der sie einschliessenden dunkeln PlÀttchen 
gebogen sind“. R. vergleicht diese „fremdartig zweischichtige Zusammensetzung“ der Septen mit denjenigen der Mörter’schen 
Hemifusulina und meint, dass die hier scheinbar vorkommenden KanÀle wohl durch Zerstörung der von ihm beobachteten hellen 
Streifen entstanden sein könnten. Vgl. dazu S. 281 und S. 260 dieser Abhandluns. 


Âź Bei manchen Schwagerinen ist es schwer zu erkennen, ob nicht einzelne Septen doch aus dichterer Materie bestehen 
und zwischen die KammerwÀnde eingekeilt sind. Wenn es wirklich der Fall ist, dass einzelne Septen eingekeilt sind, liesse 
sich diese Thatsache ĂŒbrigens dadurch erklĂ€ren, dass hier ein zeitweiliger Stillstand im Wachsthum des 'Thieres eingetreten 
ist. Dass derartige ZustĂ€nde ab und zu eintreten, ist eine bekannte Thatsache. Nach den Untersuchungen ScHaupinx’s an 
Calcituba polymorpha (Zoolog. Centralblatt 1894, p. 671) bilden sich die Septen dadurch, dass das Thier sich bisweilen in die 
Schale zurĂŒckzieht und einige Zeit ohne Nahrungsaufnahme lebt; hierbei bildet sich ein DeckelhĂ€utchen, dessen Centrum bei 
der Wiederaufnahme der ErnÀhrungsthÀtigkeit durchbrochen wird, wÀhrend die seitlichen Theile als unregelmÀssige Septen 
zurĂŒckbleiben. Möglicherweise trat ein derartiger Stillstand bei den Fusulinen nach Abscheidung einer jeden Kammer ein; 
wenn die meisten Septen durch einfache Umbiegung entstehen und nur einige dichtere Septen eingekeilt sind, so wĂŒrde dies 
auf einen zweiten ab und zu eintretenden Stillstand deuten, welcher nach der Ausbildung der porösen Dachwand und vor der 
Abscheidung des Septums sich einstellte. 

° Vgl. den Querschnitt von us. incisa, Taf. XXII, Fig.2. Ebenso den LÀngsschnitt von Schwagerina princeps auf 
derselben Tafel. 

* Palaeontologia Indica, Ser. XIII, vol. I, S. 986, Taf. CXXVI, Fig. 10 u. 11, 

Palaeontographica. Bd. XLIV. Sl 


349 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


aussen hin verzweigen, trifft fĂŒr alle Fusulinen zu. Diese Poren sind auf der Innenseite der Kammer in 
der Regel nicht unerheblich breiter als die sie einschliessenden Kalkstreifen, wie man aus dem auf Taf. XXII, 
Fig. 5 abgebildeten Horizontalschliffe ersehen kann, der die Kammerwand in der NĂ€he der Innenseite 
schneidet. Auf der Aussenseite sind dagegen in Folge der Verzweigung viel mehr und engere Poren vor- 
handen, so dass ein bedeutend feineres Netzwerk entsteht, wie sich auf dem ebenso stark vergrösserten 
Schliff Taf. XXIL, Fig. 6 erkennen lÀsst. Am deutlichsten tritt die Verzweigung in dem Querschnitt einer 
amerikanischen Fusulinidenform auf, die auf Taf. XXII, Fig. 3 wiedergegeben ist. 

3) Ein drittes Merkmal scheint nur bei einem Theile der Fusulinen entwickelt zu sein: es besteht 
in einer Abscheidung von Kalk auf dem Boden der inneren UmgÀnge. Diese Kalkmasse liegt meist als ein 
dĂŒnner Belag auf den inneren Windungen und fĂŒllt zuweilen die Rinnen, welche durch die Umbiegung der 
Kammerwand entstehen, völlig aus”. 

4) Die Zahl der Septen, die bei Mörner im Maximum auf 30; bei Schwager auf 35 angegeben 
ist, erreicht bei manchen Formen eine stÀrkere Vermehrung, bei Zus. complicata beispielsweise 42. 

Die Begrenzung der Arten bei der Gattung Fusulina ist eine sehr schwierige, da die VariabilitÀt 
der Formen eine grosse ist und die Entwicklung selten in einer leicht erkennbaren Richtung erfolgt; wie 
ScHWAGER richtig hervorgehoben hat, Àndern sich hÀufig genug scheinbar constante Merkmale sehr schnell, 
wÀhrend wieder andere, die vorher sehr variabel erschienen, zeitweise als constante, wohl verwendbare Merk- 
male auftreten. Dieser stetige Wechsel in der Entwicklungsrichtung bringt oft bei ganz verschiedenen 
Gruppen einander sehr Àhnliche Typen hervor und erschwert es sehr, den Zusammenhang der einzelnen 
Formen zu erkennen; die Eintheilung in grössere Gruppen, die durch constante Merkmale characterisirt 
sind, wird dadurch zur völligen Unmöglichkeit, dagegen lassen sich kleinere Abtheilungen aussondern, welche 
sich durch mehr oder weniger constante Merkmale auszeichnen und hier in der ĂŒblichen Weise als Arten 
bezeichnet sind. Nach den von Mörter vertretenen Anschauungen wĂŒrde man allerdings ein vortreffliches 
Mittel zur Unterscheidung der Arten haben, da er annimmt, dass sich die Spirale, welche die einzelnen 
Windungen der Fusulinen beschreiben, mathematisch bestimmen und durch eine Formel ausdrĂŒcken lĂ€sst. 
Diese Spirale soll bei den Individuen derselben Art sich so gleichen, „dass einige Verschiedenheiten im 
Verlaufe derselben nur an beschĂ€digten Exemplaren zu bemerken waren“ (l. c. S. 29). Es ist unzweifelhaft 
das Verdienst der grĂŒndlichen Untersuchungen MörLEr's, zuerst den Aufbau der Fusulinenschale genauer 
kennen gelehrt und den Collectivtypus der Fusulina eylindrica in eine Reihe von Arten aufgelöst zu haben, 
aber die von ihm zu Grunde gelegte Anschauungsweise ĂŒber das Wachsthum der Schaale erweist sich bei 
Untersuchung eines grösseren Materiales als unhaltbar. Die karnischen Fusulinen lassen nichts von einer solchen 
Einrollungsart erkennen, sie variirt wesentlich bei verschiedenen Exemplaren, die unbedingt zu derselben Art 
zu rechnen sind und auch die Messungen an den mir vorliegenden Formen anderer Gebiete, selbst Russ- 
lands, lassen nichts von einer solchen RegelmÀssigkeit erkennen, dass man die Spirale durch einen constanten 
Windungsquotienten ausdrĂŒcken könnte. Dabei muss aber andererseits betont werden, dass die Aufrollung 


! Das betr. Exemplar stammt nach der beiliegenden Etiquette aus Illinois und scheint der Schwagerina robusta 
anzugehören, es wurde abgebildet, weil es die Erscheinung besonders deutlich zeigt, jedoch lÀsst sich die Verzweigung bald 
mehr, bald weniger deutlich bei allen Fusuliniden erkennen. 


Âź Vgl. den Querschnitt von Fus. regularis, Taf. XIX, Fig. 4. 


Fusulina alpina nov. sp. 943 


der Fusulinen innerhalb gewisser Grenzen bei ein und derselben Form wohl eine gewisse Constanz erkennen 
Ă€sst und daher als Merkmal bei der Artunterscheidung in Betracht zu ziehen ist!. 

Was die Beschreibung der einzelnen Formen angeht, so ist MÖLLER darin unbedingt Recht zu geben, 
dass nur mediane LĂ€ngs- und Querschnitte bei der Vergleichung verwendet werden dĂŒrfen, wĂ€hrend seit- 
liche Schliffe allein dazu nicht genĂŒgen. Die medianen LĂ€ngsschliffe sollen vor Allem die Entwicklung 
der Schalenform von den Jugendstadien an zur Anschauung bringen, wÀhrend in den Querschliffen die Art 
der Aufrollung und die Form der Septen am deutlichsten zu Tage tritt. 

Die Messungen wurden so vorgenommen, dass nur mediane Querschliffe benĂŒtzt wurden, die von 
der Ansatzstelle der ersten Windung an gemessen wurden. Wenn hierbei die AusdrĂŒcke „weit“ oder „eng 
gewunden“ von der Spirale gebraucht sind, so geht wohl schon aus den obigen AusfĂŒhrungen hervor, dass 
sich diese Bezeichnungen nicht auf den Mörver’schen Windungsquotienten beziehen; sie sollen lediglich aus- 
drĂŒcken, dass auf einem bestimmten Raume mehr oder weniger Windungen vorhanden sind. 

Schliesslich ist noch zu bemerken, dass zum leichteren Vergleich der verschiedenen Formen ĂŒberall 
in den Abbildungen dieselbe Vergrösserung angewendet wurde und zwar: 

bei ganzen Exemplaren: 6 mal, 

bei LĂ€ngsschliffen: 10 mal, 

bei Querschliffen: 20 mal. 
Ausgenommen sind hiervon allein die stÀrker vergrösserten Schnitte auf Taf. XXII, welche die Bildungsweise 
der Septen u. s. w. erlÀutern sollen, und die Querschnitte von Schwagerina princeps, Taf. XXII, Fig. 7 und 
Taf. XXI, Fig. 7. 

Der lithographischen Darstellung wurden bei den Fusulininen fast durchweg mikrophotographische 
Aufnahmen zu Grunde gelegt, um möglichst genaue Bilder geben zu können. 


Fusulina alpina nov. sp. 


Fusulina alpina ist die hÀufigste unter den karnischen Fusulinen, sowohl der Individuenzahl wie 
der Verbreitung nach, aber sie ist auch die verÀnderlichste von allen, wenn auch eine bestimmte Form 
unbedingt vorherrscht. Es war mir zweifelhaft, ob man die in ihrer extremen Ausbildung recht verschie- 
denen drei VarietÀten, welche ich hier unter dem Namen der Fus. alpina zusammenfasse, wirklich als eine 
Art auffassen dĂŒrfte, aber dieselben sind durch UebergĂ€nge so völlig miteinander verbunden, dass eine 
Trennung in Arten unzweckmĂ€ssig sein wĂŒrde, um so mehr sich die AbĂ€nderung der nicht constanten Merk- 
male in den verschiedenen geologischen Niveaux verfolgen lÀsst (vgl. S. 278 f.). 

Ich unterscheide 3 Formen, von welchen die eine — var. antiqua — dem tiefsten Fusulinen 
fĂŒhrenden Horizont, den ich beobachtet habe, der Schicht g des Auernigprofils angehört, wĂ€hrend die beiden 
andern erst in der Schicht 7 und s desselben Profils und in Geröllen vorkommen, welche vermuthlich den- 
selben Niveaux entstammen. 

Die gemeinsamen constanten Merkmale der drei VarietÀten bestehen vor Allem in der ausser- 
ordentlich weiten Aufrollung der Spirale, die fĂŒr die Gruppe der Fus. eylindrica charakteristisch ist, hier 
aber besonders stark auftritt, und in der geringen StÀrke der Septen. 


1 Vgl. auch die Beobachtungen von Krorow bei Schwagerina robusta ĂŒber den Einfluss, welchen der wechselnde 
Durchmesser der Centralkammer auf die Entwicklung der Spirale ausĂŒbt. Mem. d. Comite geolog. St. Petersbourg, vol. VI, S. 437. 


244 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


I. Fusulina alpina var. antiqua. 
Taf. XVII, Fig. 1—4. 

GehÀuse cylindrisch, ohne oder nur mit ganz schwacher Einsenkung in der Mitte, Seiten kurz ab- 
gestutzt und sehr wenig gedreht. 

Grösse der Schale ziemlich erheblich, das grösste messbare Exemplar 12 mm lang und 3 mm hoch. 
Das VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge betrug im Durchschnitt 1:4, wodurch sich die charakteristische 
gestreckte Form der LÀngsschnitte ergiebt. In der Jugend sind die UmgÀnge, wie bei allen Fusulinen, 
relativ höher, so beobachtet man im zweiten Umgang durchschnittlich das VerhÀltniss von 1: 2,7, im dritten 
Umgang sind aber schon annÀhernd die oben angegebenen Dimensionen der ausgewachsenen Form vorhanden. 

Die OberflÀche ist mit ziemlich groben, runzeligen LÀngsfalten bedeckt. 

Die einzelnen UmgÀnge beschreiben eine weite, nicht sehr regelmÀssige Spirale, deren Windungs- 
höhen ' im Durchschnitt betragen: 


im I. Umgang — 0,5 mm, 
>eelil: n — 0: 
IH. s — 266 
AV: h — OH 
NN N — a en 


Die grösste Anzahl von Windungen, welche zur Beobachtung kam, war 5. 

Die kugelige Centralkammer ist zuweilen etwas deformirt, ihr Durchmesser betrÀgt im Durchschnitt 
0,26 mm. Die Kammerwandungen nehmen nur sehr allmÀhlig an StÀrke zu, im vierten Umgange erreichen 
sie die Dicke von 0,09 mm. 

Der Durchmesser der Poren wechselt nicht unerheblich, man zÀhlt im vierten Umgange zwischen je 
2 Septen durchschnittlich S—10 KanĂ€le, deren lichte Weite auf der Innenseite der Wandungen etwa 0,015 mm 
betrÀgt, wÀhrend die ZwischenrÀume höchstens die HÀlfte an Durchmesser haben. Nach der Aussenseite 
hin tritt die pag. 242 besprochene Theilung der Poren ein, wodurch das Netzwerk ein dichteres wird 
(vgl. Taf. XXIL, Fig. 5 resp. Fig. 7). 

Die Septen, die sich in sehr unregelmÀssigen AbstÀnden zwichen die Kammerwandungen einkeilen, 
haben eine ziemlich gleichmÀssige stabförmige Gestalt und zeigen nur eine geringe Dicke, sie erreichen in 
der Medianebene eine StÀrke von 0,04 mm. Im mittleren Theile der Schaale sind dieselben wenig gefaltet; 
wÀhrend auf den Seiten die Einfaltung so stark wird, dass ein unregelmÀssiges Netzwerk entsteht, welches 
im Gegensatz zu der verhÀltnissmÀssig leeren Mittelpartie dem LÀngsschnitt sein charakteristisches GeprÀge 
verleiht. Die Zahl der Septen betrÀgt in den ersten vier Windungen durchschnittlich: I= 13, U = 21, 
II = 25, IV = 30. 

Die Mundspalte, die schon im zweiten Umgang zuweilen nach der Seite rĂŒckt, verschiebt sich in 
den spĂ€teren UmgĂ€ngen sehr hĂ€ufig, ebenso schwankt auch ihre relative Breite — im VerhĂ€ltniss zur LĂ€nge 
der Form — sehr erheblich. 


! Hier wie ĂŒberall ist der Durchmesser der Centralkammer hinzugerechnet, das betr. Maass giebt daher die Dicke der 
Form in dem entsprechenden Umgange an. 


Fusulina alpina var. fragilis. 245 


Die Höhe der Mundspalte ist gering, auch erreichen einzelne Septen, aber nie in der ganzen Breite 
derselben, den Boden. 
Vorkommen: Auernig-Schicht g'. 


II. Fusulina alpina var. fragilis. 
Taf. XVII, Fig. S—). 
Diese VarietÀt unterscheidet sich in ihren extremen Formen von der eben beschriebenen geologisch 
Ă€lteren durch folgende Merkmale: 


Kurze, in der Mitte aufgeblÀhte, nach den Seiten rasch abfallende Form von geringer Grösse. Ver- 
hÀltniss der Höhe zur LÀnge im Durchschnitt 1:3; grösstes Exemplar 6,5 mm lang und 2,2 mm hoch. 


Durchmesser der Embryonalkammer ca. 0,25 mm. 
Die Spirale, welche die einzelnen UmgÀnge bilden, ist ein wenig enger gewunden als diejenige der 
Stammform, die Windungshöhen betragen im Mittel: 


im I. Umgang: 0,5 mm, 


BAT: ? ee 
„ I » 14 „ 
» INK ” 2,1 » 


Das grösste beobachtete Exemplar hatte 4'/s UmgÀnge. 

Die dicken Kammerwandungen sind von KanÀlen durchsetzt, welche auf der Innenseite nur wenig 
stÀrker sind als die ZwischenwÀnde: im 3. Umgang erreichen sie die StÀrke von ca. 0,01 mm; sie lassen 
die besprochene (vgl. S. 242) Theilung der KanÀle besonders gut erkennen. 

Die Septen sind gegenĂŒber den dicken KammerwĂ€nden sehr dĂŒnn, sie biegen sich ausserordentlich 
stark hin und her und verleihen namentlich dem LĂ€ngsschnitt dadurch ein sehr complieirtes Aussehen, an 
den Seiten verwirren sie sich zu einem dichten Netzwerk. Die Zahl der Septen betrÀgt in den ersten drei 
UmgÀngen durchschnittlich: I= 12, 1 = 20, II = 22. 

In Folge der geringen StÀrke der Septen besitzt die Schale nur wenig Widerstandskraft, man findet 
daher hÀufig zerbrochene oder stark deformirte Exemplare. 

In den ĂŒbrigen Merkmalen herrscht Uebereinstimmurg mit der Stammform, jedoch entfernt sich 
gerade diese VarietÀt in ihrer extremen Form, zu der die grosse Mehrzahl der Individuen zu rechnen ist, 
sehr von ihr. Hierher gehören die Vorkommnisse von der Ofenalpe und aus dem Vogelbachgraben, wÀhrend 
am Auernig zum Theil auch noch Gestalten vorkommen, die den Uebergang zwischen unserer VarietÀt und 
der Stammform vermitteln. 

Vorkommen: Im Geröll des Vogelbachgrabens bei Pontafel, ebenso in der NĂ€he der ÖOfenalpe 
unter der Krone, Auernig-Schicht $ (vereinzelt). 


! Aus Schicht 7 liegt Material nicht vor. 


946 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


III. Fusulina alpina var. communis. 
Taf. XVII, Big, 5—7. 

Diese bei weitem am hÀufigsten vorkommende VarietÀt unterscheidet sich durch verhÀltnissmÀssig 
geringe AbÀnderungen von der Àlteren Form. 

Die Àussere Gestalt ist wenig .characteristisch, sie ist nicht so gestreckt wie bei der var. antiqua, 
in der Regel einfach ceylindrisch, schwach gebogen und mit allmÀhlig sich rundenden Seitentheilen, es kommen 
aber auch Formen vor, welche denselben Umriss zeigen wie die nÀchstbeschriebene Fusulina multiseptata, 
der sie an Grösse nahezu gleichkommt. Das VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge betrÀgt bei grossen Individuen 
im Durchschnitt 1: 3,2, die ersten Windungen sind etwas höher, im 2. Umgang verhÀlt sich die Höhe zur 
LĂ€nge etwa wie 1: 2,7. 

Die Spirale ist noch weiter gewunden als bei der Stammform, namentlich das rasche Anwachsen 
des 2. bis 4., vor allem des 3. Umgangs giebt dem Querschnitt eine leicht kenntliche Form. Die Höhe der 
einzelnen UmgÀnge betrÀgt im Durchschnitt: 

im I. Umgang: 0,5 mm, 


” 106 ”„ 0,9 ”„ 
TIT. & I 
IV. R a. 


Die Septen sind bei der grossen Mehrzahl der Exemplare dĂŒnner als bei der var. antigua, sie haben 
im 4. Umgang durchschnittlich eine Breite von 0,03 mm. 

Die Mundspalte hat eine sehr unregelmÀssige Lage und ist so niedrig, dass sie in den LÀngsschliffen 
kaum hervortritt: 

In den ĂŒbrigen Merkmalen stimmt unsere VarietĂ€t völlig mit der var. antigua ĂŒberein. 

Vorkommen: Auernig-Schicht !—s, vielleicht auch schon in Schicht z, aus der mir kein Material 
vorliegt; in Schicht s mit den selteneren Individuen das Fusulina maultiseptata und Fusulina regularis 
gesteinsbildend. Ausserdem in der Conocardienschicht der Krone zusammen mit Fusulina tenwissima und 
im Geröll des Vogelbach- und Bombaschgrabens. In den aller Wahrscheinlichkeit nach ein höheres Niveau 
darstellenden rothen Kalken oberhalb der Rudniker Alm! fand sich eine Fusuline, die vermuthlich ebenfalls 
hierher gehört, doch liegen mir leider nur einige nicht sicher zu bestimmende BruchstĂŒcke dieser Form vor. 

Beziehungen der Fasulina alpina und ihrer VarietÀten. SÀmmtliche Abarten der vorliegenden 
Form sind charakterisirt durch die weite Aufrollung der Spirale? und durch die geringe StÀrke der Septen, 
welche dadurch an die ScheidewÀnde der sich an Schwagerina princeps anschliessenden Formengruppe 
erinnern. Nahe verwandt ist Zus. alpina mit der sie begleitenden us. multiseptata, von der sie sich 
aber durch die dort angegebenen Merkmale unterscheidet, und ebenso dĂŒrfte die vermuthlich geologisch 
jĂŒngere Fus. complicata von Neumarktl, die sich eng an Fus. multiseptata anschliesst, auf die Stammform 


! Vgl, Palaeontographica Bd. XXXIX S. 14 (dort als Fus. aff. cylindrrica bezeichnet) und Jahrbuch der k. k. geol. 
Reichsanstalt Bd 46 S. 147 ff. (Geyer: Ueber die geolog. VerhÀltn. im Pontafler Abschnitt der karnischen Alpen), ebenso Ver- 
handlungen der k. k. Reichsanstalt 1895, Nr. 15, S. 397. 

° Die Bezeichnungen: weit, eng, gewunden u. s. w., die ĂŒberall bei der Beschreibung gebraucht sind, beziehen sich 
nicht auf den Mörtrter’schen Windungsquotienten, sondern sollen allein ausdrĂŒcken, dass auf einem bestimmten Raum mehr oder 
weniger Windungen enthalten sind. 


Fusulina multiseptata nov. sp. 24 


— 


der Fus. alpina zurĂŒckzufĂŒhren sein, wenn sie auch in den extremen Formen mit der starken Einfaltung 
der Septen von ihr weit getrennt erscheint. 

Unter dem Namen Fus. Tietzei findet sich bei Haver' die Abbildung einer karnischen Fusuline, 
deren Original möglicherweise mit der in Rede stehenden hÀufigsten Form der karnischen Alpen ident sein 
könnte; die betreffende Abbildung ist aber so schematisch gehalten, dass es unmöglich ist, eine Identificirung 
vorzunehmen’. 

Von den Fusulinen anderer Gebiete kommt vor Allem die russische Fus. cylindrica in Frage, die 
aber stets kleiner zu bleiben scheint, enger aufgerollt ist und dickere Septen besitzt. Das letztere scheint 
dagegen bei Fus. Bocki Mört. nicht der Fall zu sein, wohl aber sind hier auch die Kammerwandungen so 
dĂŒnn, dass die Art ein ganz anderes Aussehen erhĂ€lt. . 


Fusulina multiseptata nov. sp. 
Taf. XVII, Rig. 14. 


Aeussere Form gestreckt, Mitteltheil meist stark aufgetrieben und mit einer medianen Einsenkung 
versehen, die bei jungen Individuen sehr wenig oder gar nicht ausgeprÀgt ist, Seiten nur sehr allmÀhlig 
abfallend, an den Enden sanft gerundet. 

OberflÀche mit mÀssig starken, eng aneinander liegenden Furchen bedeckt, die an den Àussersten 
Seiten krÀftig gedreht sind. 

An Grösse ĂŒbertrifft die in Rede stehende Form alle anderen karnischen Fusulinen, das grösste 
Exemplar hatte eine LÀnge von 13 mm bei einer Höhe von 3,8 mm. Im Durchschnitt steigt das VerhÀltniss 
der Höhe zur LÀnge vom 2. bis zum 6. Umgang von 1:2,7 auf 1: 3,5. 

Die Windungshöhen in den einzelnen UmgÀngen zeigten recht verschiedene Grösse: ein Exemplar, 
dessen Centralkammer 0,4 mm Durchmesser hatte, wies folgende Höhen auf: 


im I. Umgang: = 0,7 mm, 
4 JG 5 = 
Sl: a = 1) 5 
10% R — ro 
EN. 5 — 32 „ 
„NR 5 — 
wÀhrend ein zweites Individuum, dessen Centralkammer nur 0,24 mm mass, folgende Durchmesser hatte: 
im I. Umgang: = 0,5 mm, 
„ 6 a — 089 
„. 100 R — lo 
„ 18% n = 18, 
\ 5 =25 5, 


! Geologie von Oesterreich-Ungarn S. 241. 

Âź Fusulina Tietzei ist ein von STACHE gegebener Name, und ebenso stammt eine Reihe von anderen neuen Bezeich- 
nungen fĂŒr karnische Fusulinen von demselben Autor (Die palĂ€ozoischen Gebiete der Ostalpen, in: Jahrbuch der k. k. geolog. 
Reichsanstalt, Wien 1874, Bd. XXIV, S. 135 ff.). Zu meinem Bedauern ist es mir nicht möglich, diese Namen hier zu ver- 
wenden, da weder Abbildungen noch ausfĂŒhrliche Beschreibungen beigegeben sind. 


248 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Die verschieden gewundenen Exemplare stimmen in allen ĂŒbrigen Merkmalen völlig ĂŒberein. Ob 
die Spirale der mit kleiner Centralkammer versehenen Formen stets enger gewunden ist, liess sich nicht 
feststellen , da man nie mit Sicherheit bestimmen kann, ob ein Schnitt auch wirklich genau die Mitte und 
damit den grössten Durchmesser der Centralkammer getroffen hat. Die letztere ist anscheinend stets regel- 
mÀssig kugelig und misst zuweilen noch ein wenig mehr als 0,4 mm. 

Die grösste Zahl von Windungen, die zur Beobachtung kam, war 6. 

Die Kammerwandungen sind dick, sie messen im 4. Umgang durchschnittlich 0,12 mm, wÀhrend die 
Poren, deren Zahl zwischen je zwei Septen sehr wechselt, auf der Innenseite des gleichen Umgangs eine 
StÀrke von etwa 0,01 haben; die ZwischenrÀume zwischen denselben sind nur wenig schmÀler. 

Die Zahl der Septen ist eine ausserordentlich grosse, sie betrĂ€gt im Mittel im zweiten bis fĂŒnften 
Umgang: 26, 36, 38, 40. Ebenso characteristisch ist die Stellung der Septen in der Medianebene, fast regelmÀssig 
neigen sich zwei der sehr schrÀgen ScheidewÀnde einander zu und vereinigen sich hÀufig etwa in der Mitte 
der Kammer, an manchen Stellen kommt es auch zur Vereinigung von drei solchen Septen, wÀhrend einzelne 
Septen verhÀltnissmÀssig in geringer Zahl vorhanden sind. Sie erreichen im vierten Umgang eine Breite 
von 0,05 mm. Die Eindrehung der Septen auf den Seiten fĂŒhrt hier zur Bildung eines dichten Netzwerks. 

Die Mundspalte hat eine ziemlich regelmÀssige Lage, sie ist mÀssig breit und, da die Septen bis 
in die untere HĂ€lfte der Kammer hinabreichen, sehr niedrig. 

Vorkommen: HĂ€ufig in Schicht s am Auernig, ob auch in tieferen Schichten desselben Profils, 
ist zweifelhaft. Ausserdem im Greröll des Bombaschgrabens. 

Beziehungen: Unter den karnischen Fusulinen steht Fus. multiseptata in enger Beziehung zu Fus. 
alpina und Fus. complicata. Sie unterscheidet sich aber von der ersteren Form durch die grössere Zahl 
der Septen und die engere Aufrollung. Bei einzelnen Exemplaren der Fus. alpina tritt allerdings eine 
Vermehrung der Septen in den spÀteren UmgÀngen ein, doch lÀsst sich nach den bisherigen Funden kein 
völliger Uebergang von der einen Form zu der anderen constatiren, wenn auch an einer engen Verbindung 
beider nicht zu zweifeln ist. Und ebenso steht es mit Zrusulina complicata von Neumarktl, bei der jedoch 
die Einfaltung der Septen stets viel krÀftiger ist und die FormverhÀltnisse in den verschiedenen UmgÀngen 
ein unterscheidendes Merkmal bilden. So ist Fus. multiseptata trotz ihrer engen Beziehungen zu anderen 
karnischen Formen doch — bis jetzt — eine gut begrenzte Art. 

Unter den Fusulinen anderer Gegenden zeigen diejenigen des östlichen Carbongebietes die meiste 
Aehnlichkeit mit unserer Form, vor Allem Fus. japonica GĂŒmBEL? und Fus. Richthofeni SCHWAGER, beide sind 
aber stets erheblich enger gewunden und haben dĂŒnnere Kammerwandungen, die erstere Art ist ausserdem ver- 
hÀltnissmÀssig viel höher und hat dickere Septen, wÀhrend die zweite hÀufig eine recht unregelmÀssige Form 
zeigt. Nicht minder eng scheinen die Beziehungen zu Fus. granuım avenae Rön.Ÿ aus dem Carbon von 
Sumatra zu sein, aber diese Fusuline erreicht bei engerer Aufrollung erheblich höhere Dimensionen, die Central- 
kammer ist viel grösser und meist auch sehr unregelmĂ€ssig geformt, die Septen sind kĂŒrzer und weniger zahlreich. 

Von allen hier angefĂŒhrten Formen, die der Fus. multiseptata nahe kommen, unterscheidet sie sich 
durch die ihr eigene weite Aufrollung des GehÀuses. 


! Vgl. dazu Krorow, Mem. d. com. geolog. St. Petersbourg, vol. VI, S. 437. 
2 Bei SchwaGer in Rıcatnoren, China, Bd. IV, S. 121. 
Âź Palaeontographica Bd. XXVII, S. 4, Taf. I, Fig. 2. 


Fusulina complicata nov. sp. 949 


Fusulina complicata nov. sp. 
Taf. XX, Fig. 1—7. 


Die ausgewachsenen Individuen haben stets eine sehr schmale, langgestreckte Form, wÀhrend die 
jĂŒngeren eine stark aufgeblĂ€hte, nach den Seiten sich schnell zuspitzende Gestalt besitzen, wie die abgebil- 
deten beiden Exemplare und vor allem die LÀngsschnitte deutlich erkennen lassen. Das VerhÀltniss der 
Höhe zur LÀnge ist im 2. Umgang höchstens 1:2, im 3. Umgang beginnt sich die Form dann meist etwas 
zu streckeu und schon im 4. Umgang betrÀgt das VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge durchschnittlich 1:4. 


Das grösste gemessene Exemplar war 2,7 mm hoch und 11 mm lang. 
Die Spirale zeigt eine mÀssig weite Aufrollung, die Windungshöhen betragen im Durchschnitt: 


im I. Umgang: = 0,6 mm, 
„ol: n — Al, 
„ J00t E =+46 
UV“ r I 


Die Embryonalkammer erreichte zumeist einen Durchmesser von 0,35 mm, bei einem Exemplar 0,4 mm. 


Die Kammerwandungen haben im 4. Umgang eine durchschnittliche StÀrke von 0,1 mm, die Poren 
auf der Innenseite derselben etwa 0,01 mm oder ein wenig mehr, die dazwischen gelegenen Kalkpfeiler sind 
meist ebenso breit. 

Die Septen zeigen im Querschnitt eine ganz Àhnliche Biegung und Vereinigung, wie bei Fus. multi- 
septata beschrieben, sie sind jedoch dĂŒnner und in zahlreicheren und lĂ€ngeren Falten hin und her gewunden, 
wodurch die characteristische Erscheinung des LĂ€ngsschnittes hervorgerufen wird, den namentlich der etwas 
aus der Mitte gerĂŒckte LĂ€ngsschnitt Taf. XX Fig. 4.zeigt. Das Netzwerk auf den Seiten erreicht hier 
eine Dichtigkeit, wie ich sie bei keiner andern Fusuline beobachtet habe. 

Die Zahl der unregelmÀssig vertheilten Septen wechselt bei den verschiedenen Exemplaren sehr, sie 
ist aber immer eine sehr erhebliche, es wurden gezĂ€hlt: im 2. Umgang 25—28, im 3.: 27—35, im 4.: 36 
bis 42 Septen. Ihre StÀrke im 4. Umgang betrÀgt im Durchschnitt 0,04 mm. 

Die Mundspalte ist so niedrig und vor allem so schmal, dass sie in manchen LĂ€ngsschnitten nur 
mit MĂŒhe beobachtet werden kann. 

Vorkommen: Bei Neumarktl in Oberkrain. Da mir der Fundort nicht aus eigener Anschauung 
bekannt ist, vermag ich die Schichten nicht genauer anzugeben. us. complicata kommt dort theils in 
losen, aus dem Gestein ausgewitterten Exemplaren vor, die hĂ€ufig verdrĂŒckt und oberflĂ€chlich corrodirt sind, 
theils in einem grauen, stellenweise etwas gelblichem Kalke, zusammen mit Fus. regularis und Fus. tenuis- 
sima, vielleicht auch in den Kalken mit Schwagerina princeps, in denen ich die Form aber nicht mit Sicher- 
heit constatiren Konnte. 

Beziehungen. Unter den karnischen Fusulinen steht unserer Form die vorbeschriebene Art am 
nÀchsten, so ist z. B. die Zahl der Septen und ihre Neigung gegen einander bei beiden fast die gleiche, 
wohingegen die Faltung der Septen bei Fus. complicata immer eine viel stÀrkere ist, vor Allem aber bedingt 
das characteristische VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge in den verschiedenen UmgÀngen einen Unterschied 


beider Formen. 
Palaeontographica. Bd. XLIV. 32 


350 Ernst Schellwien. die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


e Dasselbe Merkmal in Verbindung mit der starken Einfaltung der Septen trennt Fus. complicata 
auch von us. japonica GĂŒms. und von der sumatranischen Fus. granum avenae Rön. 

Am nĂ€chsten verwandt mit der karnischen Form ist Fus. uralica Kror.‘, welche dieselbe starke 
Einbiegung der Septen und die dadurch hervorgerufene krĂ€ftige Entwicklung des „filet cloissonere“ zeigt, 
aber Fus. uralica behÀlt zeitlebens die hohe, kurze Gestalt, die Fus. complicata nur in den Jugendwindungen 
aufweist. Bei den lÀngsten Exemplaren der russischen Form betrÀgt nach Krorow das VerhÀltnis der Höhe 


zur LĂ€nge nur 1: 2,17. 


Fusulina regularis nov. sp. 
Taf. XIX, Fig. 1—6. 

Da es nicht gelungen ist, einzelne Exemplare aus dem Gestein herauszulösen, ist man bei der 
Bestimmung der Àusseren Form auf die zahlreichen gut getroffenen LÀngsschnitte angewiesen. Dieselben 
ermöglichen es hier aber leicht, ein Bild von der Gestalt zu erlangen, da sie Àusserst gleichmÀssig aus- 
gebildet sind. Sie zeigen ĂŒberall eine ausserordentlich regelmĂ€ssige Form, die in dem VerhĂ€ltniss ihrer 
Dimensionen von den ersten UmgÀngen an ziemlich constant bleibt. Diese Form ist eine typisch spindel- 
förmige, in der Mitte hoch gewölbt und von da aus gleichmÀssig nach den schwach zugespitzten Seiten 
abfallend, deren Àusserste Enden durch ihre Eindrehung bei grossen Individuen ein wenig von der regel- 
mÀssigen Form abweichen. 

Das grösste Exemplar, welches sich messen liess, war 8 mm lang und 2,8 mm hoch, doch zeigten 
einzelne @Querschnitte und schrÀg getroffene LÀngsschnitte eine Höhe von 3,1 mm. 

Das VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge betrÀgt bei ausgewachsenen Exemplaren ca. 1: 2,8, die 


Anfangswindungen sind nur wenig höher, im 2. Umgange ist das VerhÀltniss etwa = 1:2,3. 
Die Spirale ist ziemlich eng gewunden und zeigt im medianen Querschnitt ein recht regelmÀssiges 
Aussehen, sie schwankt aber — ebenso wie die Grösse der Centralkammer — doch nicht so wenig in der 


Weite der Aufrollung, ich gebe daher die Windungshöhen zweier Exemplare wieder, die als Extreme 


gelten können. 


I. 1. 
Gentralkammer —= 0,22 mm, Centralkammer — 0,30 mm. 
im I. Umgang: = 0,36 „ | im I Umgang: = 0,57 
1. “ — 060,5 FETTE s — HNO 0 
II. R — 1,0 „ "00L, E — 1,33 „ 
IV. —E or > 1% & =. 1,90. 
ya — 220 „ | By 2 — 2,60 „ 
Die grösste Zahl der Windungen betrug 6. 
Die Centralkammer schwankte in ihrem Durchmesser zwischen 0,21 und 0,30 mm. 
Die Kammerwandungen sind in den ersten UmgĂ€ngen dĂŒnn, verstĂ€rken sich in den spĂ€teren Win- 


dungen sehr erheblich und erreichen im 4. Umgange einen Durchmesser von 0,09—0,1 mm. Sie sind von 


! M&moires du Comite G£olog., St. Petersbourg, vol. VI. 1888, p. 551, Taf. II, Fig. 2—6. 


Fusulina regularis nov. Sp. 9 


oO 
je 


Poren durchsetzt, deren Durchmesser auf der Innenseite des 4. Umgangs ca. 0,015 mm betrÀgt, wÀhrend 
die ZwischenrÀume etwa 0,010 mm stark sind. Die Poren sind in der NÀhe der Septen hÀufig stark 
gebogen (vgl. z. B. Taf. XIX, Fig. 4). 

Die Septen lassen hier besonders deutlich erkennen, dass sie durch einfache Umbiegung der Kammer- 
wÀnde entstehen, wie dies bei der Betrachtung der Gattung Fusulina dargestellt ist. Ebenso verdickt sich 
die grösste Zahl der Septen in der ebendort angegebenen Weise mehr oder weniger durch Ansatz von Kalk- 
substanz auf beiden Seiten des Septums. Die einzelnen Septen sind kurz und annÀhernd gerade. Sie sind 
auf den Seiten ziemlich regelmĂ€ssig und nicht sehr stark gefaltet, das „filet eloissonere“ ist mĂ€ssig entwickelt. 
Die Zahl der Septen betrÀgt im 2. bis 5. Umgang durchschnittlich 15, 17, 19, 24. 

Die Mundspalte rĂŒckt nur wenig zur Seite, sie ist sehr breit und nimmt zuweilen ein Viertel oder 
sogar fast ein Drittel der. ganzen SchalenlÀnge ein, was sich im Aussehen des LÀngsschnittes sehr bemerk- 
bar macht. 


Vorkommen: Fusulina regularis kommt vereinzelt in Schicht s am Auernig vor, massenhaft tritt 
sie in den gelblich-grauen GesteinsstĂŒcken der Uggowitzer Breccie auf, welche neben ihr in wenigen Exem- 
plaren Fusulina pusilla und Schwagerina princeps fĂŒhren, selten dagegen in den rothen StĂŒcken mit Schwa- 
gerina fusulinoides. Bei Neumarktl in Oberkrain findet sie sich in einem grauen Kalke, der einzelne gelbliche 
Parthien aufweist, recht hÀufig und zwar zusammen mit Fusulina complicata und Fus. tenwissima , ebenso 
in den meist etwas dunkleren Kalken mit der letztgenannten Form und der hier sehr hÀufigen Schwa- 
gerina princeps. 

Beziehungen. Fus. regularis ist characterisirt durch ihre regelmÀssige Form, durch die verhÀltniss- 
mÀssig grosse Dicke der Wandungen und Septa und durch die Bildungsweise und hÀufig eintretende Ver- 
diekung der letzteren. Unter den karnischen Fusulinen gehören Fus. ineisa und Fus. pusilla derselben 
Gruppe an, sie unterscheiden sich aber wesentlich durch die bei ihrer Beschreibung hervorgehobenen 
Merkmale. 

Anders verhĂ€lt es sich mit den Formen fremder Carbongebiete. Aus Russland hat MÖLLER eine 
Fusilina unter dem Namen Fus. prisca Eures. beschrieben‘, die nach der dort gegebenen Abbildung nicht 
mit der in Rede stehenden Art identificirt werden kann, wohl aber kommen an manchen von MörtER 
angegebenen Fundpunkten Formen vor, welche der Fus. regularis ausserordentlich Àhnlich und von ihr 
specifisch schwer zu trennen sind, wenn sie sich auch in mancher Hinsicht mehr der von Mörver abgebil- 
deten Fus. prisca nÀhern. Diese Formen stammen nach den beiliegenden Etiquetten von Bachtina im 
Gouvernement Wladimir und von Tzarew-Kurgan bei Samara. Wenn ich der vorliegenden Fusuline einen 
eigenen Namen gebe, so geschieht es, weil die immer sehr gleichartig ausgebildete karnische Fusuline sich 
von der von Möruer beschriebenen extremen Form weit entfernt und weil mir zu wenig russisches Material 
vorliegt, um den Zusammenhang beider Formen sicher festlegen zu können. 

In Amerika kommt in Jowa, Indiana und Nebraska eine Fusuline vor, welche von dort unter dem 
Namen Fus. eylindrica beschrieben ist und so wenig von Zus. regularis abweicht, dass sie wohl mit ihr 
wird vereinigt werden mĂŒssen. 


!]. c. p. 56, Taf. II, Fig. 1 und Taf. VI, Fig. 2. 


252 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Fusulina incisa nov. sp. 
Taf. XVIII, Fig. 5—9 und Taf. XXIL, Fig. 2. 


Kleine, gedrungene Form, deren Mitte nur schwach gewölbt ist, Seiten sehr wenig abfallend und 
an den deutlich eingedrehten Enden entweder stumpf zugespitzt oder abgerundet. 

OberflÀche mit tiefen Einschnitten versehen, welche dem Verlaufe der Septen entsprechen und 
namentlich an herausgewitterten Exemplaren auffallend hervortreten und die Form kennzeichnen. In ihrem 
Verlauf schlÀngeln sich diese Rinnen ein wenig hin und her und sind namentlich in der Mitte der Schale 
stets etwas nach vorn gebogen. 

Die Grösse der Form ist eine geringe, die meisten Exemplare waren ca. 6 mm lang und 1,3 mm 
hoch, das umfangreichste GehÀuse war 8,7 mm lang und 2,5 mm hoch. Das VerhÀltniss der Höhe zur 
LÀnge betrÀgt in den ersten Windungen nur 1:2, in den spÀteren UmgÀngen schwankt es von 1: 3,2 
bısıa73,9. 

Die Spirale ist etwas enger gewunden, als bei der vorher beschriebenen Art!. 

Die Centralkammer ist sehr klein, ihr Durchmesser ist anscheinend meist geringer als 0,2 mm, das 
grösste Maass war 0,23 mm. 

Die höchste Zahl von Windungen, die beobachtet wurde, war 6. 

Die Kammerwandungen sind im VerhÀltniss zu der geringen Höhe der Windungen ausserordentlich 
dick, sie erreichen bei den meisten Exemplaren im 4. Umgange die StÀrke von 0,1 mm. Sie werden von 
Poren durchsetzt, die ebenso wie ihre ZwischenrÀume auf der Innenseite der 4. Windung ca. 0,01 mm 
breit sind. 

Die Septen bilden sich meist durch eine allmÀhlige Umbiegung der KammerwÀnde, in andern FÀllen 
ist diese Umbiegung eine ziemlich plötzliche. Durch die allmÀhlige Biegung der Wand entsteht die gerundete 
Form, welche die meisten Kammern zeigen und ebenso entstehen dadurch die breiten Rinnen an der Aussen- 
flĂ€che, um so mehr, wenn die Wand der neuen Kammer wieder mit einer allmĂ€hligen KrĂŒmmung be- 
ginnt. Diese setzt oft ziemlich tief an dem letzten Septum an oder es kommt zur Ausbildung einer 
zweiten Septallamelle. Die kurzen anfangs nach vorn gebogenen Septen der Medianebene biegen sich in 


* Trotz der zahlreich vorliegenden Exemplare war es nicht möglich, einen ganz medianen Querschnitt herzustellen, 
ich kann daher hier nur die Windungshöhen, die bei den medianen LÀngsschnitten gemessen wurden, wiedergeben. Sıe waren 
bei vier Exemplaren fast gleich und betrugen im Durchschnitt: 


Centralkammer: — 0,17 mm, 
ims sl. Umcano-2—2.0:3082% 
„. I 5 — or 
SEITE = — Nas 
ev = Al 
Ein fĂŒnftes Exemplar mit relativ grosser Centralkammer wies folgende Maasse auf: 
Centralkammer: = 0,23 mm, 
im2 1.2 Umgang; =—20,3527, 
Sale e — 20:55, 
„ 0, s — a 
le. » = 133 „ 


Von = 180 „ 


Fusulina pusilla nov. sp. 


DD 
oa 
oo 


ihrem unteren Theile dann hĂ€ufig wieder ein wenig nach rĂŒckwĂ€rts. Die bei Zus. regularis ausfĂŒhrlich beschrie- 
benen Verdickungen der ScheidewÀnde kommen hier nicht ganz so oft vor, an den Seiten, wo die Septen 
den Boden erreichen, scheinen sie ganz zu fehlen. An einzelnen Stellen liess sich das Vorkommen von Poren 
in den Septen nachweisen ‘. Die Zahl der Septen betrug im 2. bis 5. Umgang durchschnittlich: 12, 15, 18, 
21. Die Einfaltung ist auch auf den Seiten keine sehr starke, das Netzwerk an den Enden weitmaschie. 

Die Mundspalte hat zumeist eine regelmÀssige Lage und nimmt etwa den sechsten Theil der 
SchalenlĂ€nge ein, die Septen beugen sich in ihrem Bereich nnr wenig ĂŒber die Mitte der Umgangshöhe herab. 

Vorkommen: Ganz vereinzelt in Schicht s des Auernig, sehr hÀufig dagegen und ohne Begleitung 
anderer Arten in den festen, tiefschwarzen Kalken des Rattendorfer Riegels; hier stets verkieselt und oft 
schön herausgewittert. 

Beziehungen. Fus. incisa zeichnet sich Àusserlich durch die tiefen Rinnen auf der OberflÀche 
aus, welche durch die allmÀhlige Umbiegung der KammerwÀnde hervorgerufen werden. Dieses VerhÀltniss 
ebenso wie die RĂŒckwĂ€rtsbiegung der Septen und die Dicke der KammerwĂ€nde lassen den Querschnitt 
gut erkennen. 

Unter den karnischen Fusulinen kann allein Fus. regularis zum Vergleich herangezogen werden, aber 
die in Rede stehende Form unterscheidet sich von ihr wohl durch die eben erwÀhnten characteristischen 
Merkmale und die unregelmÀssigere, gestrecktere Gestalt, die engere Aufrollung und die etwas geringere 
Zahl der Septen. 

Aus anderen Gebieten nÀhern sich unserer Form manche Abarten der Zus. Verneuili, die aber schon 
durch ihre Grösse und Art der Aufrollung abweicht, ebenso durch die Art der Septalfaltung, die bei Fus. 
ineisa am ehesten noch an diejenige der Fus. montipara EHRBG. erinnert. 


Fusulina pusilla nov. sp. 
Taf. XX, Fig. S—14. 

Die vorliegende Art ist die kleinste unter den karnischen Fusulinen. Ihr GehÀuse hat meist eine 
schlanke, leicht kenntliche Form, selten kommen in der Mitte gewölbte Schalen vor. Die typische Form 
ist in Fig. 8 dargestellt: eine fast regelmÀssige Walze mit kurz abgestumpften, sehr wenig zugespitzten 
Enden. Fig. 9 zeigt im wesentlichen denselben Character und ist nur in der Mitte ein wenig aufgetrieben. 
Fig. 10 zeigt die seltener vorkommende, in der Mitte gewölbte und nach den Seiten allmÀhlig abfallende 
Form. Die beiden abgebildeten LÀngsschnitte lassen dieselben VerhÀltnisse erkennen. 

Die OberflĂ€che ist mit flachen LĂ€ngsfurchen versehen, die entweder annĂ€hernd geradlinig ĂŒber die 
Schale verlaufen oder in der Mitte eine schwache VorwÀrtsbiegung zeigen. Die Àussersten Enden sind eingedreht. 

Die Grösse des GehÀuses ist ausserordentlich gering, die meisten Exemplare waren ca. 6 mm lang 
und 1,6 mm hoch, das VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge betrug durchschnittlich 1: 3,7. Dieses VerhÀltniss 
Àndert sich von den ersten beiden UmgÀngen, in denen es ca. 1:2 betrÀgt, bis zu 1:3,5 im 3. und 4. 


Umgange, bei manchen Individuen sogar schon hier bis zu 1: 4,2. Das grösste Exemplar war 7,6 mm lang 
und 1,99 mm hoch. 


‘ Vgl. den stark vergrösserten Querschnitt auf Taf. XXII, Fig. 2, bei welchem die Poren einige Septen quer durchsetzen. 
Ÿ Mötter, ]. c. Taf. VIII, Fig. 2. 


254 Einst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Die Spirale ist so eng gewunden wie bei keiner anderen mir bekannten Fusuline!, trotz der geringen 
Grösse beobachtet man meist 5—6 UmgĂ€nge, und wenn der ganz winzige (Querschnitt aus dem gelblich 
grauen Gestein der Uggowitzer Breceie (Taf. XX, Fig. 15) wirklich hierher gehört, so sind hier bei einer 
Dicke von 1,3 mm fast sieben UmgÀnge entwickelt. Durchschnittlich haben die Umgangshöhen folgende Maasse: 


im I. Umgang: — 0,35 mm, 
u a 7 
JUNE, ei, 
INT a or 
ESRRNS Rd N, 


Die grösste Anzahl der Windungen, die beobachtet wurde, war 6, nach der Beschaffenheit seitlicher 
Schnitte ist es aber wahrscheinlich, dass zuweilen noch ein 7. Umgang vorkommt. 

Die Anfangskammer weicht hÀufig von der kugeligen Gestalt ab und erscheint dann meist etwas in 
die LÀnge gezogen. Ihr Durchmesser betrÀgt ca. 0,18 bis 0,2 mm. 

Die Kammerwandungen sind von mÀssiger StÀrke, sie sind im 4. Umgang ca. 0,04 mm dick, im 5. 
steigt die Dicke bis auf 0,06 mm. Die Poren sind von unregelmÀssiger Breite und meist ziemlich schmal, 
sie erreichen jedoch zuweilen in den Àusseren UmgÀngen die Breite von 0,01 mm; die ZwischenrÀume 
bleiben in ihrem Durchmesser etwas hinter ihnen zurĂŒck. 

Die Septen sind in der Medianebene sehr kurz, sie erstrecken sich kaum bis zur Mitte der Kam- 
mern und sind stets ein wenig nach vorn geneigt. Sie haben einen betrÀchtlichen Durchmesser, dagegen 
sind die eingangs besprochenen Verdickungen bei ihnen verhÀltnissmÀssig selten und nie so stark entwickelt 
wie bei Fusulina regularis. Auch die seitlichen Schliffe zeigen die angegebene Beschaffenheit der Septen 
und lassen sich daher leicht von denen der anderen karnischen Fusulinen unterscheiden, bei denen die 
Septen auf den Seiten immer dĂŒnn sind ?”. Die Zahl der Septen schwankt etwas, sie betrug im Durchschnitt 
im 2. bis 6. Umgang: 15, 17, 20, 21, 23. Characteristisch fĂŒr die Art ist die geringe Zunahme der Zahl 
in den letzten UmgÀngen, in denen die Septen weit auseinander treten, wie bei dem abgebildeten medianen 
Querschnitt”. Die Einfaltung der Septen erfolgt in einer sehr gleichmĂ€ssigen Weise und da auch die 
Mundspalte ihre Lage in der Mitte fast immer streng elnhÀlt, so erhÀlt der LÀngsschnitt dadurch ein sehr 
regelmÀssiges GeprÀge. 

Die Mundspalte ist in Folge der KĂŒrze der Septen hoch und nimmt etwa den fĂŒnften Theil der 
LĂ€nge des entsprechenden Umganges ein. 

Vorkommen: In den schwarzen Kalken der Uggowitzer Breccie zusammen mit Schwagerina fusu- 
linoides, stets verkieselt. 

Beziehungen: Die unterscheidenden Merkmale unserer Form bestehen in der gestreckten walzen- 
förmigen Gestalt, der grossen Zahl der Windungen im VerhÀltniss zu der geringen Grösse des ganzen Ge- 
hÀuses, in dem langsamen Anwachsen der Septenzahl und in der regelmÀssigen Einfaltung derselben. 


! Abgesehen von der von Mörıer beschriebenen (Hemi-) Fusulina Bocki. 
: Vgl. den Seitenschliff von Fus. regularis, deren Septen in der Medianebene meist sehr dick sind. 


Âź Taf. XX, Fig. 13. Hier ist die Zahl der Septen im 5. und 6. Umgang eine besonders geringe, sogar geringer als 
im 4. Umgang. 


Fusulina tenuissima nov. sp. 955 


Unter den karnischen Fusulinen nÀhert sie sich am meisten der Fus. regularis und der Fus. incisa, 
aber die gleichmÀssige Ausbildung der eben erwÀhnten Merkmale machen sie leicht kenntlich; Uebergangs- 
formen sind mir nicht bekannt. 

Von den Fusulinen fremder Gebiete kommen unter den bekannten Formen nur diejenigen der Salt- 
Range in Frage. Es ist nicht zu leugnen, dass Fus. Kattaensis Scmwac.! und noch mehr die enger gewun- 
dene Fus. Pailensis? sowohl in der Àusseren Form wie vor Allem in der Septalbildung eine grosse Aehnlich- 
keit zeigen, aber neben der stets geringeren Grösse und engeren Aufrollung unterscheidet sich die karnische 
Fusuline auch durch die immer verhĂ€ltnissmĂ€ssig kĂŒrzere Form von den sehr lang gestreckten indischen 
Fusulinen, die sÀmmtlich eine extreme Ausbildung der Schale in dieser Richtung zeigen. 


Anhangsweise mag hier der mediane Querschnitt Taf. XX, Fig. 15 aus den gelblichgrauen Kalken der 
Uggowitzer Breccie besprochen werden. In den meisten Merkmalen gleicht dieser Schnitt der Fusulina pusilla, 
aber er zeigt trotz der erheblich geringeren Dimensionen fast 7 UmgÀnge. Die Höhen derselben betrugen: 


Centralkammer: = 0,15 mm, 
imsslalmsang:2— 090977, 
en Sal, & = VE 5 
„ 1005 5 —= 0,42 
allV. n = MH > 
UV. n = VM 
ONE a = 108 5 


Die Zahl der Septen ist auch etwas geringer, sie betrug im 2.—6. Umgang: 13, ler, Ale, NEL EL DU. 
Da nur dieser eine mediane Querschnitt vorliegt, muss es zweifelhaft bleiben, ob die in Rede 
stehende Form mit us. pusilla vereinigt werden darf. 


Fusulina tenuissima nov. sp. 
Taf. XX, Fig. 7—9. 


Vom Gestein befreite Exemplare liegen nicht vor, doch lÀsst sich die Gestalt der Art durch die 
zahlreichen LÀngsschnitte gut bestimmen. Sie ist ziemlich ungleichmÀssig (vgl. die im Folgenden angege- 
benen Maasse), stets langgestreckt, aber bei einem Theil der Formen nahezu eylindrisch, bei anderen in 
der Mitte aufgeblÀht, wie es bei dem abgebildeten LÀngsschnitt (Taf. XIX, Fig. 7) der Fall ist, Die 
Enden sind stumpf abgerundet. 

Die GehÀuse ausgewachsener Exemplare sind sehr gross, die betrÀchtlichste LÀnge zeigte ein Exem- 
plar, welches 12,2 mm lang, aber nur 2,7 mm hoch war, wÀhrend andere Exemplare bei einer LÀnge von 
1l mm eine Höhe von 3,3 mm erreichten. Im Durchschnitt ist das VerhÀltniss der Höhe zur LÀnge = 
1:4, in den Jugendwindungen ist die Schale, wie bei den meisten Fusulinen, verhĂ€ltnissmĂ€ssig kĂŒrzer, 

Die UmgÀnge nehmen in allen Richtungen einen ziemlich grossen Raum ein, obwohl die Höhen- 
zunahme namentlich in den spÀteren Windungen eine geringe ist; der Grund dieser Erscheinung lieet in der 


! Palaeontologia Indica Ser. XII, vol. I, S. 985, Taf. OXXVI, Fig. 1-11 und Taf. OXVIII, Fig. 4. 
? Ebenda, S. 987, Taf. CXXVII, Fig. 1—7. 


956 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


ganz abnormen Grösse der Centralkammer. Die Aufrollung erfolgt in einer ziemlich unregelmÀssigen Art und 
Weise, so dass die UmgÀnge, besonders im Anfang, beinahe eckig erscheinen. Die Umgangshöhen betrugen 


im Durchschnitt: im I. Umgang: 0,85 mm, 
ll er DE cn 
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” 


Die grösste Zahl der Windungen war 7. 

Die Centralkammer ist aussergewöhnlich gross, sie erreicht Dimensionen, die ich bei keiner andern 
Fusuline beobachtet habe. Ihr Durchmesser ist durchschnittlich lÀnger als 0,5 mm. Sie ist fast nie 
kugelig, sondern unregelmÀssig geformt und mehr oder weniger in die LÀnge gezogen; so ist beispielsweise 
die Centralkammer des abgebildeten Querschnitts 0,62 mm lang und 0,45 mm breit. 

Die Wandungen zeichnen sich durch ihre merkwĂŒrdig geringe StĂ€rke aus, welche von 0,02 mm in 
den ersten bis zu 0,03 mm in den letzten UmgÀngen schwankt; die Àusserste Dicke der Wand, die im 
6. Umgang eines sehr grossen Exemplares beobachtet wurde, betrug 0,04 mm. Die Poren sind schmal, in 
den letzten Windungen nur ca. 0,006 mm breit, die etwas breiteren ZwischenstĂŒcke erreichen einen Durch- 
messer von 0,008—0,009 mm. 

Die zahlreichen Septen, die auch in der Region der Mundspalte meist bis in das untere Drittel der 
Kammern hinabreichen, sind beinahe ebenso breit wie die Kammerwandungen und fast regelmÀssig auf den 
Seiten durch Kalkansatz verstÀrkt. Sie neigen sich in Àhnlicher Weise zu einander wie die Septen bei 
Fusul. multiseptata und Fus. complicata und verwachsen zuweilen schon in der Mitte der Kammer mit ein 
ander. Die Faltung ist eine krĂ€ftige, erfolgt aber in einer merkwĂŒrdig regelmĂ€ssigen Weise, so dass man 
im LÀngsschliff stets die gleichmÀssigen runden Oeffnungen der unten eingebogenen Septen erkennt. Das 
Netzwerk auf den Enden ist ein ziemlich dichtes. Die Zahl der Septen betrĂ€gt im 2.—6. Umgang ungefĂ€hr: 
3073436, 37040: 

Die Mundspalte ist niedrig und sehr schmal, sie tritt daher auf den LĂ€ngsschliffen fast gar nicht hervor. 

Vorkommen: Am hÀufigsten wurde Fus. tenwissima in den dunkeln Kalken mit Schwagerina prin- 
ceps beobachtet, die sich als Geröll im Bombaschgraben fanden. Vereinzelt fand sie sich im Geröll des 
Vogelbachgrabens mit Fusul. alpina var. fragelis, ferner in der Conocardienschicht der Krone und in einer 
andern Schicht desselben Profiles, deren Höhenlage mir aber nicht bekannt ist?. Bei Neumarktl kommt sie 
zusammen mit Fusulina regularis und Fus. complicata vor. 

Beziehungen: Fus. tenuissima ist mit so eigenthĂŒmlichen Merkmalen ausgestattet, dass auch seit- 
liche oder schrÀg getroffene Schnitte immer leicht zu erkennen sind. Dieselben bestehen in den ausser- 
ordentlich dĂŒnnen Kammerwandungen, ‚der grossen Centralkammer und den beinahe eckigen Windungen. 

Unter den karnischen Fusulinen steht Fus. tenuissima dadurch völlig isolirt da. 


1 Bei dem LĂ€ngsschnitt Taf. XIX, Fig. 7 ist die Centralkammer nicht median getroffen und erscheint daher relativ klein. 
Bei Fus. yranım avenae erreicht die Centralkammer auch erhebliche Dimensionen, bleibt aber doch hinter unserer Form zurĂŒck. 
2 Die betreffenden Exemplare stammen aus einem schwarzen, sehr festen Fusulinenkalk, den Herr Prof. Benecke an 


der Krone gesammelt hat. 


Schwagerina MÖöLtEr. 9% 


ou 
— 


In anderen Gegenden finden sich dagegen zwei Formen, die unter einander wenig Aehnlichkeit zu 
haben scheinen, aber beide sich der karnischen Fusuline nÀhern. Das ist Frs. ventricosa MEEX einerseits 
und Fus. granum avenae Röm. andererseits. Mit der ersteren hat Fus. tenwissima die dĂŒnnen Kammer- 
wÀnde und die regelmÀssige Septalfaltung gemeinsam, wÀhrend die immer kurze, hohe Form der amerika- 
nischen Fusuline sie scharf von ihr trennt. Die sumatranische us. granum avenae, die ihr wohl nÀher 
steht, zeigt in ihrer gesammten Erscheinung eine grosse Aehnlichkeit, aber sie besitzt etwas dickere WĂ€nde, 
welche die StĂ€rke von 0,0S—0,1 mm erreichen; sie ist nicht ganz so regelmĂ€ssig gefaltet und hat eine Central- 
kammer, welche zwar bis zu 0,4 mm Durchmesser aufweist, aber doch nicht die Dimensionen erreicht, die 
sie gewöhnlich bei Fus. temwissima hat‘. 


Schwagerina, MÖLLER. 


Wie schon bei der Besprechung von Fusulina hervorgehoben wurde, ist eine scharfe Scheidung 
zwischen der Gattung Fusulina und Schwagerina nicht durchfĂŒhrbar, da Zwischenformen vorhanden sind, 
welche die Merkmale beider Gattungen in sich vereinigen und nur nach dem Vorherrschen des einen oder 
des anderen Typus einer der beiden Gattungen zugewiesen werden können, die andererseits in den aus- 
geprÀgten Formen recht verschiedene Gestalten aufweisen. Ebenso wurde schon betont, dass sich innerhalb 
der Gattung Schwagerina wieder zwei sehr differente Formenkreise scheiden lassen, die aber auch durch 
UebergÀnge mit einander verbunden sind. Die karnischen Schwagerinen gehören dem ersten dieser beiden 
Formenkreise an, welcher sich von den echten Fusulinen dadurch unterscheidet, dass die Septen gerad- 
linig verlaufen oder — bei den Uebergangsformen zu Fusulina — nicht sehr stark und vor allem nur in 
ihrem unteren Theile hin- und hergebogen sind, wÀhrend andererseits das Basalskelet der zweiten Gruppe 
ihnen fehlt oder nur unvollkommen entwickelt ist?. Den Typus dieser Gruppe bildet Schwagerina princeps. 

Die Diagnose der Gattung ist von SCHWAGER in vortreftlicher Weise gegeben worden?, es bedarf 
daher nur einer Bemerkung ĂŒber die Bildungsweise der Septen. Begreift man unter dem Namen Schwage- 
rina die beiden oben erwÀhnten Gruppen (Schwagerina und Möllerina), so lassen sich drei verschiedene 
FĂ€lle der Septalbildung feststellen, die aber alle drei im Princip auf eine einfache Umbiegung der Kammer- 
wand wie bei den Fusulinen zurĂŒckzufĂŒhren sind. Der erste Fall stellt die einfache Umbiegung der Wand 
dar, die ebenso, wie bei den Fusulinen, bei der Gruppe der Schwagerina. princeps und Schw. fusulinoides 
die Regel bildet. Auch die besprochene Verdickung der Septen lÀsst sich des öfteren beobachten. Die 
von SCHWAGER ĂŒberall abgebildete Einkeilung der Septen entspricht auch hier keinesfalls der Regel*, da- 


“ Die Maassangaben bei Fus. granum avenae sind nach den zahlreichen Exemplaren gemacht worden, welche mir 
vorliegen. Erst wĂ€hrend des Druckes dieser Abhandlung erhielt ich die kĂŒrzlich erschienene ausfĂŒhrliche Beschreibung der 
Form (VERBEER u. FEnnema: Description geologique de Java et Madoura, Amsterdam 1896, S. 1131 ff.). Danach soll die StÀrke 
der Kammerwand sogar 0,10—0,15 mm erreichen, wĂ€hrend der Durchmesser der Centralkammer auf 0,35 mm im Maximum 
angegeben ist. 

° ScHwaAger deutet die untere Begrenzung der Mundspalte an den Seiten bei Schw. princeps als erste Anlage eines 
Basalskelets, jedoch wohl mit Unrecht, da diese Erscheinung nur durch die Biegung des Septums zu Stande kommt und sich 
bei vielen Fusulinen auch findet. 

? China Bd. IV, S. 129. 

* Ich wage auch bei den Schwagerinen nicht zu entscheiden, ob eine Einkeilung ĂŒberhaupt vorkommt. 

Palaeontographica. Bd. XLIY. 33 


358 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen FĂŒsulinenkalks. 


gegen tritt bei der Gruppe der Möllerina Verbeeki zuweilen ein zweiter Fal ein, der Àhnliche Bilder hervor- 
rufen kann und den wir schon bei Fusulina japonica kennen gelernt haben. Es tritt nÀmlich hÀufig eine 
Verdickung des Septums ein, ehe die neue Kammerwand gebildet wird, wodurch bei der geringen StÀrke des 
Septums leicht der Anschein erweckt werden kann, dass die Scheidewand eingekeilt wÀre. Diese Verdickung 
lest sich als ein dĂŒnner Belag ĂŒber das Septum, wie die untenstehende schematische Zeichnung (Fig. 7) darstellt. 

Den dritten Fall endlich bilden die mit starkem Basalskelet ver- 
sehenen Formen vom Typus der Möllerina lepida und Möllerina era- 
tieulifera. Auch hier bildet sich das Septum zunÀchst durch eine Um- 
biegung der Kammerwand, aber dann tritt eine Verdickung ein, welche 
sich mehr oder weniger keilförmig zwischen die beiden durch Umbiegung 
gebildeten und auseinander tretenden Septen einschiebt, wie die Abbildungen 

Fig. 7. bei SchwaGer, 1. c. Taf. XVII, Fig. 6, 11 und 13 gut erkennen lassen. 
An manchen Stellen erreichen aber auch hier die durch Umbiegung 
entstandenen Septen beinahe den Boden der Kammer. 

Schliesslich ist noch hinzuzufĂŒgen, dass sich auch hier bei manchen Septen eine poröse Beschaften- 
heit nachweisen liess, wie die lÀngs getroffenen Septen in dem LÀngsschnitt von Schwagerina princeps zeigen 
(Taf. XXIL, Fig. 4), bei welchen die Poren die Septalwand quer durchsetzen. Dieselbe Erscheinung trat bei 
vielen Schliffen von Schwag. fusulinoides und Schwag. princeps auf, wÀhrend andere Stellen völlig dicht zu 
sein schienen. 


Schwagerina princeps Eurgc. 
Taf. XXI, Fig. 5—7, 9 u. Taf. XXIL, Fig. 4—7. 
Fusulina Hoeferi Sracnz bei GĂŒmsgern: Kurze Anleitung zu geolog. Beobachtungen in den Alpen, S.. 103, Fig. 23, 
Nr. 10a und b. 


Weitere Synon. siehe bei SchwAGEr in RıcarHoren, China, Bd. IV, S. 132. ! 


Die karnischen Exemplare stimmen mit den von MÖLLER” und SchwAGer ? eingehend beschriebenen 
russischen und chinesischen Typen so gut ĂŒberein, dass eine ausfĂŒhrliche Beschreibung ĂŒberflĂŒssig erscheint. 
Wie die Abbildungen zeigen, schliesst sich namentlich die Form von Neumarktl der chinesischen so eng an, 
dass es unmöglich erscheint, beide auseinander zu halten, vor Allem ist der einen wie der andern das un- 
verhÀltnissmÀssig rasche Anwachsen der mittleren UmgÀnge eigen. Die Exemplare aus dem Bombaschgraben 
nÀhern sich hierin mehr der von Möuver beschriebenen Form, bei welcher das Wachsthum etwas gleich- 
mÀssiger erfolgt. Dagegen zeichnen sich die Individuen aus dem Bombaschgraben durch ihre bedeutende 
Grösse aus‘, da sie eine Höhe von 9,5 mm erreichen. Die Ă€ussere Gestalt ist meist kugelig, daneben 
kommen aber Exemplare vor, die deutlich in die LÀnge gezogen sind; hier betrÀgt das VerhÀltniss der 
Höhe zur LÀnge bei den extremsten Exemplaren etwa 1: 1,3. 


! Mörter fĂŒhrt irrthĂŒmlich auch Schwag. robust« Meek unter den Synonymen an. 

22]. ec. 8.71, Taf. V, Big, I und War. IX hie 

¼]. c. S. 132, Taf. XVI, Fig. 15 und 16, Taf. XVII, Fig. 1—8. 

* Bei der Abbildung Taf. XXI, Fig. 7 ist zu berĂŒcksichtigen, dass dieser Querschliff wegen seiner Grösse nur 
10 mal, nicht wie die ĂŒbrigen 20 mal vergrössert ist, ebenso der seitliche Querschliff Taf. XXII, Fig. 7. 


Schwagerina fusulinoides nov. sp. 959 


Vorkommen: Sehr hÀufig in grau-schwarzen Kalkgeröllen des Bombaschgrabens und in etwas 
helleren Kalken bei Neumarktl in Oberkrain, an beiden Fundorten zusammen mit Fusulina tenuissima, bei 
Neumarktl auch mit Fusulina regularis. Ausserdem vereinzelt in der rothen Uggowitzer Breccie, zusammen 
mit der letztgenannten Form. 


Schwagerina fusulinoides nov. sp. 
Taf. XXI, Fig. 1—4 und Fig. 8. 

Die vorliegende Form schliesst sich von allen bis jetzt bekannten Schwagerinen am engsten an die 
Fusulinen an. 

Gestalt spindelförmig, von der gewölbten Mitte gleichmÀssig nach den deutlich zugespitzten Seiten 
abfallend, welche mÀssig eingedreht sind. OberflÀche mit nicht sehr tiefen LÀngsfurchen versehen, die sich 
in der Mitte nach vorn biegen. 

Die Dimensionen der verschiedenen Individuen wechseln auch bei gleichen Altersstadien recht er- 
heblich, die meisten Exemplare sind ca. 5 mm hoch und 6 mm breit, es kommen aber auch Schaalen vor, 
welche eine Höhe von beinahe 4 mm und eine LÀnge von 9,5 mm erreichen. Das VerhÀltniss der Höhe 
zur LÀnge betrÀgt, wie die ersten Zahlen zeigen, in der Regel 1:2, es schwankt aber bei den gemessenen 
Individuen von 1:1, bis 1: 2,8. 

Die Spirale unserer Form wechselt ebenfalls in ihren Windungshöhen bei verschiedenen Schaalen 
sc, dass es zwecklos erscheint, die mittleren Umgangshöhen anzugeben, sie ist ebenso wie Schwagerina prin- 
ceps durch die enge Aufrollung der Anfangswindungen, das schnelle Anschwellen der mittleren Windungs- 
höhen und die geringe Zunahme derselben in den letzten UmgÀngen characterisirt, jedoch lÀngst nicht in 
dem Maasse, wie es namentlich die karnischen Exemplare von Schwag. princeps zeigen. 

Die Centralkammer ist regelmÀssig kugelig' und verhÀltnissmÀssig gross, sie erreicht einen Durch- 
messer von 0,25 mm. 

Die Septen, deren Bildung ebenso erfolgt, wie bei den Fusulinen, sind in den ersten UmgÀngen 
kurz und dick, dann werden sie so dĂŒnn wie bei Schwag. princeps, so dass sie etwa 0,02 mm stark 
erscheinen, wÀhrend sie in den letzten UmgÀngen wieder eine Dicke von ca. 0,07 mm aufweisen. Sie 
sind stets mehr oder weniger nach vorn gebogen. In der mittleren Parthie der Schaale erstrecken sie sich 
nie bis zum Boden. Verdickungen der Sepien treten namentlich in den letzten Windungen nicht selten auf. 
Die Zahl der Septen betrug durchschnittlich im 2. bis 6. Umgang: 14, 15, 16, 21,-25. Die Septen sind 
erheblich stÀrker hin und her gebogen, wie bei allen andern Schwagerinen, jedoch erreicht diese Einfaltung 
nicht den Grad wie bei den echten Fusulinen, namentlich reicht sie nicht so weit nach oben am Septum 
hinauf. Die Ausbildung des seitlichen Netzwerkes ist eine recht krÀftige. 

Die grösste Zahl von UmgÀngen, die beobachtet wurde, betrug 6 !),. 

Die StÀrke der Kammerwandungen schwankt weniger als bei Schwag. princeps, sie erreichte im 3. 


* Die Angabe von .Krorow, dass die Centralkammer der nahe verwandten Schwagerina fusiformis elliptisch wÀre 
(Memoires du Com. Geolog. St. P&tersbourg vol. VI, S. 439 des russischen Textes), beruht, wie die Abbildungen andeuten, wahr- 
scheinlich auf einer irrigen Beobachtung, ebenso wie die entsprechende Angabe Mörrter’s bei Schwagerina princeps, worauf 
schon ScHWAGER (China, Bd. IV, S. 133) hingewiesen hat. 


260 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Umgange etwa 0,05 mm, im 6. dagegen 0,11—0,12 mm. Die Poren sind ebenso ausgebildet wie bei 
Schwag. princeps. 

Die Mundspalte lÀsst sich namentlich an den Jugendwindungen gut erkennen, wÀhrend sie in den 
spÀteren UmgÀngen zuweilen undeutlich wird. Wo sie hier auftritt, ist sie breit und nimmt nahezu die 
HÀlfte der Umgangshöhe ein. 

Vorkommen: In der Uggowitzer Breccie, und zwar in den rothen und grauschwarzen StĂŒcken der- 
selben, zusammen mit Fusulina pusilla das Gestein ganz erfĂŒllend. 

Beziehungen: Schwagerina fusulinoides steht in den engsten Beziehungen zu Schwag. fusiformis 
Krorow. Leider sind die von Krorow gegebenen Abbildungen * nicht sehr deutlich und stellen auch keine 
medianen Schnitte dar, so dass ein Vergleich beider Formen daraufhin zu nicht ganz gesicherten Resultaten 
fĂŒhren muss; ebenso ist es recht wohl möglich, dass sich bald Exemplare finden, welche beweisen, dass der 
uralische Typus eine grössere VariationsfÀhigkeit besitzt, als das von Krorow bearbeitete Material erkennen 
lĂ€sst, und dass derselbe Formen einschliesst, welche die Aufstellung einer besonderen Art fĂŒr die karnische 
Schwagerina nicht mehr gerechtfertigt erscheinen lassen. Nach dem vorliegenden Materiale, das fĂŒr die 
karnische Form ein sehr reichliches ist, besteht ein durchgreifender Unterschied in den Dimensionen der 
Schaale: bei den von Krorow gemessenen Exemplaren von Schwag. fusiformis schwankt das VerhÀltniss der 
Höhe zur LÀnge zwischen 1:1,4 und 1:1,7, bei Schwagerina fusulinoides dagegen zwischen 1:1, und 
1:2,8, die Letztere ist also verhÀltnissmÀssig sehr viel lÀnger. Ein zweiter Unterschied beruht auf dem 
verschiedenen Verhalten in den Altersstadien: bei Schw. fusiformis erscheinen nach Krorow die jugendlichen 
Exemplare mehr in die LÀnge gezogen als die Àlteren, bei Schw. fusulinoides dagegen herrscht wie bei den 
echten Fusulinen das umgekehrte VerhĂ€ltniss, die Jugendwindungen sind relativ kĂŒrzer oder höchstens ebenso 
lÀnglich wie die spÀteren UmgÀnge. Jedenfalls haben wir in Schwagerina fusulinoides eine Form, welche 
sich als typische Zwischenform zwischen den Fusulinen und Schwagerinen darstellt und in noch engerer Be- 
ziehung zu den echten Fusulinen steht als die uralische Schw. fusiformis, die sich etwas mehr der fĂŒr die 
Gruppe typischen Schw. princeps nÀhert. Man kann bei der karnischen Form in der That schwanken, ob 
man sie den Fusulinen oder Schwagerinen zuweisen soll: die langgestreckte Gestalt, die grosse Central- 
kammer, die Hin- und Herbiegung der Septen, die in der Medianebene nie den Boden erreichen, sind Merk- 
male, welche den Fusulinen zukommen, wÀhrend die stark wechselnde Aufrollungsart, die theilweise sehr 
dĂŒnnen Septen und doch auch die Art der Septalfaltung, welche nicht den Grad wie bei den echten Fusu- 
linen erreicht, den Anschluss an die Untergattung Schwagerina bedingen. 


Fusulinella, Mörter. 


Nach MÖLLER zeigt das GehĂ€use der Gattung Fusulinella einen ausserordentlich complieirten Aufbau, 
der sich durch das Vorhandensein von doppelten Wandungen und „InterseptalrĂ€umen“ weit von den Fusu- 
linen entfernt. Ich halte es aber nach einer Durchsicht der Mörter’schen Originale fĂŒr wahrscheinlich, dass 
der Unterschied kein so einschneidender ist. Die von Mörver als InterseptalrÀume gedeuteten Stellen halte 
ich in den meisten FĂ€llen fĂŒr das eigentliche Skelett der Fusulinellen, d. h. fĂŒr die Kammerwand und die 


! Mem. d. Comite Geologique, St. Pötersbourg, Vol. VI, Taf. II, Fig. 13—15. 


Fusulinella laevis n. sp. 961 


aus ihr durch Umbiegung hervorgegangenen Septen. Die dunkleren Lagen, welche beide umgeben, sind 
dann auf Verdickungen zurĂŒckzufĂŒhren, wie sie bei den Fusulinen ausfĂŒhrlich beschrieben wurden, die aber 
hier viel stÀrker auftreten und ebenso die ganzen Kammern bekleiden, wie sie den Boden des vorhergehenden 
Umgangs bedecken. An gut erhaltenen Fusulinellen aus Asturien liess sich beobachten, dass scheinbare 
InterseptalrÀume auch durch den tiefen Ansatz des neuen Septums (vgl. S. 240 Fig. 3) hervorgernfen werden 
können, wĂ€hrend andererseits die ersten drei bis vier Windungen einfache — nicht verstĂ€rkte — Kammer- 
wÀnde zeigten, die sich ebenso in die Septen fortsetzten. 


Fusulinella laevis n. sp. 
Taf. XXIII, Fig. 1 und 2. 


Schaale klein und annÀhernd kugelig, jedoch immer mehr oder weniger seitlich comprimirt, wenn 
auch selten in dem Maasse, wie dies Fig. 2 der Taf. XXIII zeigt. 

Die OberflÀche ist bei gut erhaltenen GehÀusen völlig glatt, nur bei corrodirten Exemplaren treten 
die ScheidewĂ€nde zu Tage (Fig. 2), welche in gerader Linie quer ĂŒber den mittleren Theil der Schaale 
verlaufen. 

Die Grösse der Schaalen ist eine geringe. Da das VerhÀltniss der Höhe zur Breite bei den ver- 
schiedenen Exemplaren in ziemlich hohem Grade wechselt, gebe ich im Folgenden die Dimensionen mehrerer 
GehĂ€use wieder und fĂŒge, soweit die Messungen an Schliffen vorgenommen sind, die Zahl der UmgĂ€nge hinzu: 


Expl. Höhe Breite Zahl der UmgÀnge 
a 2,0 mm 1,5 mm _ 
b 1,6 mm — 6!» 
@ 1.5 mm 1,4 mm 5 
d 15 mm 1,0 mm — 
e 1,5 mm = B) 


Die Centralkammer ist in keinem Schliffe getroffen worden. 

Die Spirale ist eng und anscheinend sehr regelmÀssig gewunden, genauere Messungen konnten jedoch 
nicht ausgefĂŒhrt werden, da sĂ€mmtliche SchliffeÂź nicht ganz median getroffen waren. Die höchste Zahl der 
UmgÀnge, die beobachtet wurde, betrug 6'. 

Die Bildungsweise der Septen liess sich in Folge des nicht sehr gĂŒnstigen Erhaltungszustandes nicht 
mit Sicherheit feststellenŸ. Ihre Zahl war eine recht betrÀchtliche, sie betrug im sechsten Umgange 24. 

Das Schaalenmaterial war durchweg kieselig, schien aber erst durch spÀtere Umwandlung von 
kalkigen Schalen gebildet, da in dem betreffenden Gestein auch ein grosser Theil der Fusulinen verkieselt 
waren. Die GehĂ€use liessen sich durch verdĂŒnnte SalzsĂ€ure gut aus dem Gestein herausĂ€tzen, jedoch wurde 


" Expl. a und d sind ganze GehĂ€use, b und e LĂ€ngsschnitte, ce ein Querschnitt, wobei die AusdrĂŒcke lĂ€ngs und quer 
in dem von MÖLLER gebrauchten Sinne angewendet sind, der Querschnitt ist daher in der Richtung der Windungsachse gefĂŒhrt. 


Âź Diese Schlitfe wurden erst nach Fertigstellung der Tafeln angefertigt und konnten daher leider nicht mehr ab- 
sebildet werden. 


Âź Vgl. darĂŒber die Angaben bei der Diagnose der Gattung. 


262 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


dabei stets ein Theil der inneren Windungen zerstört, wÀhrend die Àusseren UmgÀnge vollkommen er- 
halten blieben. 

Vorkommen: Auernig Schicht s. 

Beziehungen. Fusulinella laevis unterscheidet sich von den verwandten Formen der Fus. sphae- 
roidea Eures. und Fus. sphaeroidea AgıcH* vor Allem durch ihre völlig glatte OberflÀche. 


Fusulinella sp. 


In DĂŒnnschliffen des rothen Gesteins der Uggowitzer Breceie fanden sich hĂ€ufig Schnitte durch eine 
kleine dĂŒnnwandige Fusulinella, die in ihrer Erscheinung sehr der Fusulinella Strwvei Möut. gleicht. Sie 
ist ebenso wie diese stark zusammengedrĂŒckt und mit einem deutlichen, aussen etwas gerundeten Kiel ver- 
sehen. Die Zahl der UmgĂ€nge betrug fĂŒnf. Da zwar gut getroffene LĂ€ngsschnitte vorliegen, aber kein 
einziger brauchbarer Querschnitt, ist eine specifische Bestimmung der Form unmöglich. 


Vorkommen: Nur in den rothen GesteinsstĂŒcken der Uggowitzer Breceie, zusammen mit Fusulina 
regularis und Schwagerina princeps. 


Endothyrinae. 


Endothyra, Purtuıps. 


Die karnischen Exemplare sind wenig geeignet, um Beobachtungen ĂŒber die Schaalenstruktur zu 
machen, da die Schaalen anscheinend stark verÀndert sind. Ein Theil besitzt dichte, aus feinen Körnern 
zusammengesetzte GehÀuse, wÀhrend andere aus einer Kalkmasse bestehen, die meist strahlig angeordnet 
und anscheinend von ziemlich unregelmÀssigen Poren durchzogen ist. Uebrigens liegen mir gut erhaltene 
Exemplare aus Russland und Amerika vor, welche die Anschauung Schwacer’s ? bestĂ€tigen, dass bei E’indo- 
thyra sowohl agglutinirende wie porös-kalkige GehÀuse vorkommen. 


Endothyra aff. Bowmani Par. 
Taf. XXI, Fig. 3 u. 4. 
Vgl. V. v. Möuter, 1. c. S. 96, Taf. IV, Fig. 3 und Taf. XII, Fig. 2. 


Grosse, dickschaalige GehÀuse, welche deutlich ungleichseitig sind. Aus dem Gestein losgelöste 
Exemplare liegen nicht vor, da die kalkigen Schaalen beim Aetzen mit SalzsÀure immer zerstört werden, 
dagegen eine Reihe von Schnitten, welche die Ă€ussere Gestalt genĂŒgend erkennen lassen. Dieselbe schliesst 
sich durch ihre relative Höhe und die geringe Symmetrie am ehesten der Endothyra Bowmani an, doch ist 
die Ungleichseitigkeit nicht so stark entwickelt wie bei der letzteren, so dass die karnische Form sich hierin 
ebenso wie in ihrer erheblichen Grösse wieder mehr der Endothyra crassa Mörn. nÀhert und eine Zwischen- 
stellung zwischen den beiden russischen Formen einnimmt. Sie erreicht eine Höhe von 1,35 mm und eine 


* Möuter, 1. c. S. 107 Taf. V, Fig. 4 und Taf. XV, Fig. 1 resp. S. 114, Taf. V, Fig. 6 und Taf. XV, Fig. 3. 
2 In Bronw’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs, Bd. I, S. 244. 


Endothyra cf. parva Mörr. 36 


os 


Breite von 1,12 mm, im Durchschnitt aber betrÀgt das VerhÀltniss der Breite zur Höhe etwa 1: 1,55. 
Die Schaalen sind anscheinend stark verĂ€ndert und erscheinen theilweise ganz dunkel, an anderen StĂŒcken 
erkennt man eine strahlige Anordnung, die möglicherweise durch das Vorhandensein von Poren hervor- 
gebracht ist, wenigstens glaube ich an dem abgebildeten Querschliff (Taf. XXIII, Fig. 3) dieselben deutlich 
unterscheiden zu können; es ist aber dabei zu bemerken, dass diese Poren dann bei den einzelnen Indivi- 
duen recht verschiedenartig ausgebildet sein mĂŒssen, da sie bei manchen Exemplaren nur eine mĂ€ssige StĂ€rke 
zeigen, wÀhrend sie bei anderen sehr grob sind, und noch mehr schwankt der Durchmesser der sie trennenden 
Kalkparthien. 

Vorkommen: In den harten dunkeln Fusulinenkalken der Krone und in Schicht s des Auernig, 
ĂŒberall nicht gerade hĂ€ufig. 


Endothyra cf. parva Mörr. 
Taf. XXIII, Eige. 5 u. 6. 
Vgl.: V. v. Mörter, ]. c. Nachtrag S. 18, Taf. I, Fig. 4 und Taf. V, Fig. 1. 


Eine sehr kleine Endothyra, die sich ziemlich hÀufig in den Schnitten beobachten liess, scheint mir 
am besten mit der von MÖLLER aus dem unteren Carbon beschriebenen E. parva ĂŒbereinzustimmen, vor 
Allem mit Exemplaren, die mir aus dem Kohlenkalk von Gerna bei Krakau! vorliegen. Abweichend von 
der russischen Form scheinen die karnischen GehÀuse etwas schmaler und höher und ebenso scheinen etwas 
weniger Septen bei ihnen vorhanden zu sein, dagegen stimmen sie in dem winzigen Maasse der Dimensionen 
völlig ĂŒberein. Die Mehrzahl der Schnitte zeigte eine Höhe von ca. 0,3 mm und eine Breite von 0,14 mm. 
Die Schaalenwandungen erscheinen völlig dicht und aus feinkörnig-agglutinirendem Material gebildet, wÀhrend 
die russischen Exemplare nach MÖLLER eine von Poren durchzogene Kalkschaale besitzen. 


Vorkommen: An der Krone, zusammen mit Znd. aff. Bowmani, bei Neumarktl mit Schwag. 
princeps, vereinzelt auch in Schicht s am Auernig. 


Stacheia, Brapy. 


Die von Brapy aufgestellte Gattung” umfasst unregelmĂ€ssig geformte Körper, die meist auf Fremd- 
körpern aufgewachsen und aus einer grossen Anzahl von kleinen Kammern aufgebaut sind. Es entsteht 
dadurch ein merkwĂŒrdiger Contrast zwischen der unregelmĂ€ssigen Ă€usseren Form, welche sich der Gestalt 
des Fremdkörpers anpasst und dem complieirten Aufbau des Innern, aber namentlich die Betrachtung der 
zahlreichen Durchschnitte in den karnischen Fusulinenkalken lÀsst es mir auch 'gar nicht so ganz sicher 
erscheinen, dass diese eigenthĂŒmlichen Formen wirklich den Foraminiferen angehören. Leider ist es mir 
nicht gelungen, einzelne Exemplare aus dem festen Gestein herauszulösen, aber die Schliffe zeigen, dass die 


i Die betreffenden Schliffe sind von Schwager angefertigt, ich verdanke sie, wie sehr viel anderes Vergleichsmaterial 
der GĂŒte des Herrn Geheimrath v. Zirter. 


2 Vergleiche dazu die Untersuchungen Steısmann’s (Zeitschr. d. d. geol. Ges. Bd. XXXI, S. 399) an End. Bowmani 
und End. crassa und seine Bemerkungen ĂŒber das Vorkommen agglutinirender resp.kalkiger GehĂ€use bei ein und derselben Form. 


3 A Monograph of Carboniferous and Permian Foraminifera. (Palaeontographical Society, Bd. XXX, S. 107 fi.) 


964 Ernst Schellwien. die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


in Rede stehenden Formen in mannigfaltigen Gestalten im karnischen Obercarbon vertreten sind. Diese 
verschiedenen Gestalten zu fixiren, erscheint unter den dargelegten VerhÀltnissen ebenso schwierig wie un- 
nöthig, umsomehr eine Uebereinstimmung mit den von Brapy abgebildeten Arten sich nur bei der unten 
genannten Form feststellen liess. 


Stacheia polytrematoides Brapy. 

Brıpr: 1. c. S. 118, Taf. IX. Fig. 10—13. 

Mehrere Schnitte meist auf Bryozoen oder Crinoiden festgewachsener Körper zeigen die ausgebrei- 
tete Gestalt der englischen Form und die zahlreichen meist sechseckigen Kammern, die immer in Reihen an- 
geordnet erschienen. 

Vorkommen: Auernig-Schicht s und in den etwas tieferen Fusulinenkalken der Krone, zusammen 
mit anderen Formen von Stacheia, die sich auch in den grauen Schwagerinenkalken von Neumarktl zeigten. 


II. Cornuspiridae. 


Ammodiscus, Russ. 


Der Umfang dieser Gattung hat seit ihrer BegrĂŒndung mancherlei VerĂ€nderungen erfahren. UrsprĂŒng- 
lich auf die sandschaaligen nicht gekammerten GehÀuse von der Form der Cornuspira angewendet, ging sie 
zu einer Zeit, in welcher man alle Formen vereinigte, zwischen denen sich UebergÀnge constatiren liessen, 
völlig in der umfangreichen Gattung Trochammina' auf. So finden wir sie auch bei Branpy in seiner schon 
mehrfach eitirten Monographie der carbonischen und permischen ForaminiferenÂź unter den Synonymen von 
Trochammina aufgefĂŒhrt, aber derselbe Autor stellte in seinem grossen Werke ĂŒber die Foraminiferen der 
Challenger-Expedition die Gattung wieder in ihrem ursprĂŒnglichen Umfange herÂź, d. h. er trennte unter 
dem Namen Ammodiscus die einfachen, nicht gelkammerten GehÀuse wieder von Trochammina, die aber 
immer noch eine Vereinigung von sehr heterogenen Formen bildete. 

Fassen wir die Gattung Ammodiscus in dem von Brapy gegebenen Sinne, so erkennen wir auch 
bei ihr recht verschiedenartige Gestalten, die sich ungezwungen in eine Reihe von Gruppen zerlegen lassen, 
unbeschadet der WĂŒrdigung des von HĂ€uster* stark betonten Umstandes, dass nicht nur die verschie- 
denen Formen der Gattung Ammodiscus untereinander durch UebergÀnge verbunden sind, sondern ebenso 
allmĂ€hlig in gekammerte Formen ĂŒbergehen, welche demnach zur Gattung Trochammina (resp. Agathammina 
NEUMAYR°’) gehören. 


I z. B. bei Parker & Jones. 

2 Palaeontogr. Society 1876, Bd. XXX, 

3 Report on the Sc. Results of the Voyage of H. M. S. Challenger, Zoology, vol. IX, S. 329. 

* U. a. in: Monographie der Foraminiferenfauna der schweizerischen Transversarius-Zone. (Abhandlungen der schweiz. 
pal. Ges., Bd. XVII, ZĂŒrich 1890.) 

5 Neumayr, Die natĂŒrlichen VerwandtschaftsverhĂ€ltnisse der schaalentragenden Foraminiferen. (Sitzungsber. der math. 
naturw. Classe der Akademie der Wiss. zu Wien, Bd. XCV, 1. Abth. 1887, S. 171 Fussnote.) 


Ammodiscus Reuss. 965 


Diese Gruppen, welche die Uebersicht ĂŒber die formenreiche Gattung erleichtern, sind: 


I. Gruppe des Amm. incertus d’Orsısny — Formen mit regelmĂ€ssig spiraler Aufrollung, zu- 
weilen etwas deformirt und dann meist elliptisch gestaltet —= Ammodiscus s. str. 


II. Gruppe des Amm. film Schmp = nur in den allerersten Windungen spiral eingerollte 
Formen ', sich spÀter streckend und in Gestalt einer einfachen Röhre weiterwachsend. 


III. Gruppe des Amm. inversus n. sp. —= Formen, welche Anfangs spiral aufgerollt sind, sich 
spÀter aber in unregelmÀssigen Windungen, jedoch stets im derselben Ebene, weiter- 
entwickeln. 


IV. Gruppe des Amm. carnicus n. sp. — GehĂ€use mit zahlreichen planospiralen UmgĂ€ngen 
(o) oO ’ 
welche erst im Alter unregelmÀssig werden und sich in mannigfachen Windungen 

ĂŒber der Scheibe der frĂŒheren UmgĂ€nge hin und her schlĂ€ngeln. 


V. Gruppe des Amm. gordialis Joxes & PARKER — Formen von unregelmĂ€ssig knĂ€uelförmiger 
Aufrollung, den Uebergang zu den milioliden Gestalten der Gattung Agathammina 
NEum. vermittelnd. 


VI. Gruppe des Amm. shoneanus SWALL — spiral aufgerollte Formen, die, Ă€hnlich den Win- 
; dungen einer Wendeltreppe, in die Höhe wachsen. 


Neuerdings hat nun Ruunsrer” die Ammodisciden in eine Reihe von Gattungen zerlegt, welche 
sich zum Theil mit den hier aufgestellten Gruppen decken; demnach gehören die Vertreter der zweiten 
Gruppe zur Gattung Zituotuba, diejenigen der fĂŒnften zu Gordiammina, wĂ€hrend die Angehörigen der 
sechsten Abtheilung den Namen Turitellopsis erhaltenŸ. Diese Eintheilung ermöglicht die Unterscheidung 
von deutlich erkennbaren Formenkreisen unter den vielgestaltigen, bisher als Ammodiscus bezeichneten 
Formen, aber ich glaube kaum, dass es bei einer so engen VerknĂŒpfung der verschiedenen Typen und den 
verhÀltnissmÀssig doch nicht so schwerwiegenden Unterschieden zweckmÀssig ist, diese eng zusammengehörigen 
Formen in verschiedene Gattungen zu trennen, welche denn doch zu wenig gleichwerthig den ĂŒbrigen Fora- 
miniferen-Gattungen gegenĂŒber stehen wĂŒrden. Dagegen lĂ€sst es sich wohl vertheidigen, wenn man zur 
Erleichterung der Uebersicht die Ruumkrer’schen Namen als Bezeichnung fĂŒr Untergattungen von Ammo- 
discus verwendet. Dann mĂŒssen aber auch die dritte und vierte der oben aufgefĂŒhrten Abtheilungen eine 
geeignete Bezeichnung erhalten: ich schlage daher fĂŒr die Gruppe des Amm. inversus das Subgenus Psam- 
mophis und fĂŒr die Gruppe des Amm. carnicus das Subgenus Hemidiscus vor. Zu der Untergattung 
Psammophis, deren typischste Gestalt durch den karnischen Psammophis inversus gebildet wird, mĂŒssen dann 
auch einzelne der bisher zu Amm. gordialis gerechneten Formen gezogen werden, wie beispielsweise das bei 


! Vgl. auch die von HĂ€uster, ]. c. Taf. IX, Fig. 48 abgebildete Form, welche ĂŒberhaupt nicht eingerollt ist, sondern 
von der Embryonalkammer an in Form einer ziemlich geraden Röhre gebaut erscheint. 

Âź Nachrichten von der Königl. Ges. der Wiss. zu Göttingen. Mathem.-physik. Classe, 1895: Entwurf eines natĂŒrlichen 
Systems der Foraminiferen. Vgl. dazu die Angaben am Schlusse dieser Abhandlung. 

Âź Die von RHumBLER ebenfalls hierher gerechnete Gattung Psammonyz DÖöDErLEıN entfernt sich ausser durch ihre 
abnorme Grösse durch die UnregelmÀssigkeit der Gestalt und die flache Form der Röhre weit von Ammodiscus und darf keines- 
falls in so enge Beziehungen zu diesem gebracht werden, wie die ĂŒbrigen hier erwĂ€hnten Formen. Leider lagen mir nur Bruch- 
stĂŒcke von Psammonyz vor. 

Palaeontographica. Bd, XLIV. 34 


266 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


HĂ€uster, l. c. Taf. IX, Fig. 27 abgebildete Exemplar aus den schweizerischen Transversarius-Schichten. 
Zu Hemidiscus ist ausser dem hier dargestellten Hemidiscus carnicus der von BrapyY beschriebene Amm. 
tenuis' zu rechnen. 

Die Schaale der alpinen Ammodisciden ist sehr dĂŒnn und, wie sich namentlich im polarisirten Licht 
deutlich erkennen lĂ€sst, aus kieseligen BruchstĂŒcken aufgebaut. Ihre GehĂ€use konnten daher leicht aus dem 
Gestein isolirt werden. 


Subgenus: Psammophis nov. subg. 


Psammophis inversus n. sp. 
Taf. XXIII, Fig. 10. 
Vgl.: Ammodiscus gordialis PARKER & Jones bei HĂ€vster: Monogr. der Foraminiferenfauna der schweiz. Trans- 
versarius-Zone, Taf. IX, Fig. 27.) 

Sehr kleine GehĂ€use mit 2—3 spiralen UmgĂ€ngen? und einer oder mehreren nicht-spiralen Win- 
dungen. Die letzteren biegen sich beim Verlassen der ursprĂŒnglichen Wachsthumsrichtung plötzlich um und 
wachsen in der entgegengesetzten Richtung weiter, indem sie sich dabei ebenso wie im spiralen Theil eng an 
die vorhergehenden UmgÀnge anlegen. Dieser spirale Theil ist meist von sehr viel geringerem Umfange 
als das spÀtere unregelmÀssige GehÀuse, so misst er bei dem abgebildeten Exemplar ca. 0,06 mm, wÀhrend 
die ganze Schale eine LÀnge von 0,28 mm erreicht; dies VerhÀltniss erklÀrt sich durch das schnelle An- 
wachsen des Durchmessers der Röhre, welcher von 0,01 mm in den ersten bis 0,08 in den letzten 
Windungen steigt. i 

Die OberflÀche ist bei manchen Exemplaren mit deutlichen Anwachsstreifen versehen, welche sehr 
dicht bei einander stehen und auf dem Àusseren Theil der Röhre nach vorn gebogen sind. 

Das Material der Schaale ist ein kieseliges, aus feinem TrĂŒmmermaterial gebildet, dessen Theile 
sich im polarisirten Licht scharf von einander abheben. 


Vorkommen: HĂ€ufig in der Schicht s des Auernigprofils. 


Subgenus: Hemidiscus nov. subg. 


Hemidiscus carnicus n. Sp. 
Taf. XXI, Fig. 7—9. 


Die vorliegende ebenfalls sehr kleine Form besitzt bis auf die letzte Windung ein sehr regelmÀssiges 
spirales GehÀuse. Diese Spirale besteht, wenn man von den innersten sehr undeutlichen und hÀufig ganz zer- 
störten Windungen absieht, aus 6—7 deutlich erkennbaren UmgĂ€ngen, die nur wenig an StĂ€rke zunehmen 
und in den Àussersten UmgÀngen ca. 0,05 mm Durchmesser haben. Die ganze Höhe des GehÀuses betrÀgt 


! Challenger-Bericht, S. 332, Taf. XXX VIII, Fig. 4—6. 
Âź Die innersten Windungen sind meist, so auch bei dem abgebildeten Exemplar, zerstört, vgl. darĂŒber: StEınuann, 
Die Foraminiferengattung Nummoloculina N. Jahrb. f. Min. etc. 1881, I, S. 38. 


Textularia DEFRANCE. 96 


— 


bei ausgewachsenen Exemplaren etwa 0,45—0,5 mm. Im Alter Ă€ndert sich die spirale Gestalt des GehĂ€uses; 
die letzte Windung schlingt sich in unregelmÀssigen Biegungen auf dem spiralen Theile hin und her. Leider 
fehlt diese Windung bei den isolirten Exemplaren ĂŒberall, da diese kleiner sind und nur 4—5 UmgĂ€nge 
aufweisen, dagegen tritt sie deutlich auf den Querschliffen der im Gestein liegenden Exemplare auf. Man 
beobachtet nÀmlich hier bei grösseren Exemplaren stets unregelmÀssig vertheilte AnhÀnge, welche offenbar 
den Durchschnitten dieser letzten Windung entsprechen (vgl. Taf. XXIII, Fig. S u. 9). Dieselben treten 
in verÀnderter Form bei allen Schnitten auf. 
Die Schalenstruktur ist dieselbe wie bei der vorbeschriebenen Art. 


Vorkommen: HĂ€ufig am Auernig, Schicht s, ausserdem in dem dunkeln Kalk der Krone, der eben- 
falls Fusulina alpina enthÀlt. 


Beziehungen. Die zahlreichen flach spiralen UmgÀnge nÀhern die karnische Form dem Ammo- 
discus incertus d’Ore., von dem sie andererseits das unregelmĂ€ssige Wachsthum der letzten Windung scheidet. 
Dagegen theilt sie dies Merkmal mit Ammod, (Hemidiscus) tenuis Brapy', der aber von Anfang an breitere 
UmgÀnge aufweist und eine viel erheblichere Grösse (etwa das 7fache) erreicht. Die Annahme, dass das 
Umschlagen des letzten Umgangs nur eine Alterserscheinung bildet und die karnische Form somit zu Amm. 
incertus zu stellen wĂ€re, mit dem sie im ĂŒbrigen ĂŒbereinstimmt, hat wenig Wahrscheinlichkeit fĂŒr sich, da 
aus jĂŒngeren — namentlich jurassischen — Schichten genug Exemplare dieser Art bekannt sind, die viel 
mehr UmgÀnge aufweisen als die alpine Form, ohne das erwÀhnte Merkmal zu zeigen. 


Il. Textularidae. 


Textularia DEFRANcE. 


Die hierher gehörigen palaeozoischen Typen bilden einen Theil der von Mörter als Oribrostomum ? 
bezeichneten Formen, wÀhrend Brapy die ihnen entsprechenden biformen Ÿ GehÀuse mit dem Namen Clima- 
cammina belegt hatte. Die von Textularia (vesp. Digenerina) abweichenden Merkmale sollten in der eigen- 
thĂŒmlichen Form der MĂŒndung, die aus einer siebartig durchlöcherten Platte gebildet wird, und der halb 
sandigen, halb kalkig-porösen Schaalenstructur bestehen. Nachdem aber bei den geologisch jĂŒngeren und 
den lebenden Textularien festgestellt ist, dass eine verschiedenartige Struktur der Schaale auch bei dem- 
selben Individuum hĂ€ufig auftritt und ebenso der Wechsel zwischen einer einfachen MĂŒndung und einer 
siebartig durchlöcherten Endplatte sich beobachten lĂ€sst‘, erscheint die Aufstellung einer besonderen Gattung 
fĂŒr die palaeozoischen Formen ungerechtfertigt und Brany fĂŒhrt daher im Challenger-Bericht mit Recht 
Oribrostomum und Olimacammina unter den Synonymen von Textularia und Bigenerina an. 


! Challenger Report S. 332, Taf. XXXVIII, Fig. 4—6. 5 

2]. c. S. 39, Die Gattung umfasst sowohl die hier als Textularia wie die als Bigenerina bezeichneten Formen. 

3 Vgl. Raumster: Nachr, der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, 1895, S. 63. 

* Challenger Report S. 371, Bigenerina rvobusta, Taf. XLV, Fig. 9—16. Bei den palaeozoischen Textulariden scheint 
die mit groben Poren versehene Endplatte die hĂ€ufigste Art der MĂŒndung zu sein, dagegen sind weiter unten auch karnische 
Typen (Textularia und Bigenerina) beschrieben, welche eine einfache MĂŒndung zeigen. 

5], c. S. 356, resp. 368, ĂŒbrigens ohne eine BesrĂŒnduug im Text. 


268 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Unter den alpinen Exemplaren der Gattung Textularia zeigt die eine die erwÀhnte doppelte Schalen- 
structur, die andere dagegen besitzt nur eine agglutinirende kieselige Schaale ohne inneren Kalkansatz und 
ohne Poren. 


Textularia cf. Bradyi MöLt. sp. 
Taf. XXIII, Fig. 14. 

Vgl. V. v. Möuter: ]. c. S. 53, Taf. III, Fig. 1, Taf. VI, Fig. 1 und Textfiguren. 

Es liegt ausser schrÀg getroffenen Schnitten nur ein einziger grosser LÀngsschliff dieser Form vor, 
welche daher specifisch nicht mit völliger Sicherheit bestimmt werden kann, wÀhrend die bis zum Schluss 
wechselstÀndig angeordneten Kammern die Zutheilung zur Gattung Textularia sichern. Das GehÀuse ist 
schlank und gleicht in hohem Grade der Tewtulara Bradyi Mörr., mit der es auch das Fehlen der inneren 
porösen Kalkschicht gemein hat. Dagegen kann ich das Vorhandensein von Poren nicht beobachten, die 
agglutinirende Schaalenwand enthÀlt zwar hellere und dunklere Partieen, die ich aber nicht als Poren zu 
erkennen vermag. Obwohl das GehÀuse aus sechszehn (auf jeder Seite S) Kammern besteht, ist von einem 
durchlöcherten Aperturschilde nichts zu sehen, die MĂŒndung ist eine einfache. Die Höhe des erwĂ€hnten 
Schnittes betrÀgt 0,95 mm, die grösste Breite 0,35. mm. 

Bemerkenswerth ist die Aehnlichkeit unserer Form, bezw. der Textularia Bradyi Mörz. mit der 
tertiĂ€ren und lebenden Text. agglutinans d’ORB." 

Vorkommen: Neumarktl in Oberkrain, zusammen mit Fusulina maultiseptata. 


Textularia textulariformis MöLL. sp. 
196, ZOO ale ler 

Cribrostomum textulariforme V. v. MÖLLER: 1. c. 8. 62, Taf. III, Fig. 5, Taf. VI Fig. 5 und Textfigur. 

Textularia gibbosa (d’Ore.) Brapr: 1. c. S. 131, Taf. X, Fig. 26. 

Zwei vom Gestein befreite Exemplare zeigen ĂŒbereinstimmend ein seitlich stark zusammengedrĂŒcktes 
GehÀuse und einen sehr weiten Scheitelwinkel. Die Anfangskammern sind bei beiden abgebrochen, das 
GehÀuse beginnt mit der zweiten bezw. dritten Kammer. Die Zahl derjenigen, welche beobachtet werden 
konnten, betrug bei dem einen Exemplar 9, bei dem andern 8 (abgebildet auf Taf. XXIH, Fig. 11). Die 
Dimensionen des grösseren Individuums betrugen: Höhe 0,5 mm, Breite 1,0 mm, diejenigen des kleineren: 
Höhe 0,6 mm, Breite 0,6 mm. Die einzelnen Kammern sind durch tiefe NÀhte von einander getrennt und 
mit einer ziemlich deutlichen LĂ€ngsskulptur versehen. Die MĂŒndung ist bei beiden eine einfache und wird 
durch eine Schalenverdickung begrenzt, wie es auf Taf. XXIII, Fig. 11a dargestellt ist. Die Àussere Schalen- 
struetur ist sandig, ob eine innere poröse Kalkschicht vorhanden ist, lÀsst sich nicht feststellen. 


Vorkommen: Auernig, Schicht s. 


Beziehungen: Die vorliegende Form stimmt völlig mit der unter den Synonymen aufgefĂŒhrten 
Textularia gibbosa d’Orz. des englischen Untercarbons in der Brany’schen Darstellung ĂŒberein. Leider war 


! Brapy, Challenger-Bericht, S. 363, Taf. XLII, Fig. 1—5. 


Bigenerina d’Orz. 269 


mir das Werk d’Orsıcny’s, in welchem die Art aufgestellt ist, nicht zugĂ€nglich, und so muss ich mich auf 
die Angabe Mörter’s verlassen, welcher die Gruppe der carbonischen Textularien so grĂŒndlich untersucht 
hat und nach dem die Form des englischen Carbons wesentlich von Textularia gibbosa d’OrB. abweicht. 
Mörver hat daher bei der Beschreibung der russischen Textularien der in Rede stehenden Art einen neuen 
Namen gegeben, Oribrostomum textulariforme, und sieht die Brany’schen Exemplare als Jugendstadien seiner 
Art an. Und in der That sind ebenso wie die englischen auch die karnischen Exemplare von den Jugend- 
windungen des Orib. textulariforme in ihrer Àusseren Gestalt nicht zu unterscheiden, es bleibt nur die 
Schwierigkeit, dass dies letztere in den untersuchten ausgewachsenen Individuen stets ein poröses Apertur- 
schild besitzt, wĂ€hrend die — allerdings viel kleineren — englischen und karnischen Exemplare eine einfache 
röhrenförmige MĂŒndung besitzen!; wenn man daher mit Mörser die fraglichen Formen fĂŒr jugendliche 
Windungen von Chrib. textulariforme ansieht, ist man zu der Annahme gezwungen, dass die Gestalt der 
MĂŒndung im Laufe der individuellen Entwicklung wechseln kann. 


Bigenerina d’Orr. 


Diese Gattung unterscheidet sich von der vorhergehenden nur durch eine andere Anordnung der 
Endkammern: wÀhrend bei Textularia die sÀmmtlichen Kammern zweireihig angeordnet sind, ist dies bei 
Bigenerina nur im Àlteren Theile der Schaale der Fall; in dem spÀter gebildeten liegen die Kammern wie 
bei Nodosinella in einer Reihe ĂŒbereinander. Die MĂŒndung wird in diesem Theile bei den palaeozoischen 
Typen gewöhnlich 2 durch ein siebartig durchlöchertes Aperturschild gebildet, bei den geologisch jĂŒngeren 
Formen zeigen dagegen nur sehr wenige diese Erscheinung, die Mehrzahl ist mit einer einfachen, gewöhnlich 
schlitzförmigen MĂŒndung versehen. Die Schaalenstructur ist dieselbe wie bei den palaeozoischen Textularien. 


Hiernach umfasst die Gattung Bigenerina sowohl die Branr’sche Olimacammina” wie die mit Nodo- 
sinellen-Ă€hnlichem Endtheil versehenen Formen von Cribrostomum MÖLLER. 


Zwei von den drei karnischen Arten liegen sowohl in isolirten Exemplaren wie in Schliffen vor und 
zeigen eine vortreffliche Erhaltung. Was ein besonderes Interesse bei ihnen bietet, ist die Structur der 
Schaale. Dieselbe entspricht vollkommen der Mörver’schen Darstellung: ein Ă€usseres sandiges GehĂ€use, das 
ĂŒbrigens, nach der WiderstandsfĂ€higkeit gegen SalzsĂ€ure zu urtheilen, aus kieseligem* Material besteht und 
eine innere kalkige, von feinen Poren durchzogene Schicht. Diese kalkige Schicht ist nun nach den An- 
schauungen SchwAcer’s die ursprĂŒngliche: „Gerade bei diesen Formen tritt ausserdem meist besonders 
deutlich die Trennung der anfÀnglich rein kalkig abgesetzten fein- und dichtporigen Schaale auf, welche 


1 Dieselbe kann, wie die Abbildung Taf. XXIII, Fie. 11a zeigt, in diesem Falle nicht durch Schwund des Apertur- 
schildes entstanden- sein. (Vgl. Mörter ]. c. S. 42.) 

2 Die einzigen abweichenden Formen, die bis jetzt bekannt sind, sind die beiden weiter unten beschriebenen neuen Arten. 

3 Brapy, Monogr. Carb. and Perm. Foram. $. 67. Im Challenger-Bericht findet sich Climacammina, wie schon bei 
Textularia hervorgehoben wurde, richtig unter den Synonymen von Bigenerina, dagegen ist weiter unten (S. 369), bei der Fest- 
stellung des geologischen Alters, wohl durch ein Versehen angegeben, dass Bigenerina erst vom EocÀn an auftritt. 

4 Nach MöLter ist bei den russischen Exemplaren auch die Ă€ussere Schicht vorwiegend aus kalkigem TrĂŒmmer- 
material aufgebaut. 


Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


[Ss] 
— 
oO 


erst bei der spÀteren Verdickung sandige Bestandtheile aufnimmt und damit einen agglutinirten, von weit 
weniger Poren durchsetzten Ueberzug erhĂ€lt‘.“ Mörver ” hebt im Gegensatz hierzu die bestĂ€ndigere Ent- 
wicklung der sandigen Schicht hervor, welche sich nach ihm „etwas spĂ€ter“ entwickelte Âź. Die letztere 
Ansicht wird durch den im Folgenden dargestellten Aufbau der karnischen Bigenerinen-Schalen bestÀtigt. 
Bei den zahlreichen Schnitten, welche untersucht wurden, zeigte sich nĂ€mlich ĂŒberall die gleiche Er- 
scheinung: wÀhrend die StÀrke der sandigen Aussenwand im Wesentlichen die gleiche blieb, traten bei 
der kalkigen inneren Lage sehr wesentliche VerÀnderungen in der Entwicklung auf und zwar liess sich deut- 
lich eine gewisse RegelmĂ€ssigkeit dabei beobachten. Man erkennt ĂŒberall, dass die allerersten Kammern 
entweder ganz der kalkigen Schicht entbehren oder doch nur einen ganz schwachen Ueberzug aufweisen, 
der erst in den spÀteren Kammern dicker und dicker wird, um schliesslich in den Endkammern wieder 
abzunehmen und in der letzten wieder wie am Anfang nur als dĂŒnner Ueberzug zu erscheinen oder gar 
ganz zu verschwinden‘. Diese Thatsache lĂ€sst sich wohl kaum anders als in dem angedeuteten Sinne aus- 
legen: Das Thier baut sich zuerst durch Aufnahme von sandigem oder kalkigem TrĂŒmmermaterial ein agglu- 
tinirendes GehÀuse auf, welches bei fortschreitendem Wachsthum dnrch Abscheidung von Kalksubstanz von 
innen verstĂ€rkt wird. DafĂŒr spricht das Fehlen der Kalkschicht in den ersten Kammern, vor Allem aber 
der noch unfertige Bau der Endkammern. Mag auch bei lebenden Formen eine Àusserliche Aufnahme von 
sandigen Partikeln in die kalkige Schale festgestellt sein, bei den palaeozoischen GehÀusen haben wir es 
mit einer fortschreitenden Entwicklung zu thun, mit einer Umbildung der agglutinirenden Sandschaale in 
eine von Poren durchzogene Kalkschaale. 


Bigenerina elegans MÖLLER Sp. 
Taf. XXIV, Fig. 1—4. 


Cribrostomum elegans Möuter: M&m,. de l’Acad. Imp. St. Petersbourg, VII. Ser., Tome XXVII, Nr. V, S. 64, Taf. IV, 
Fig. 2—5 und Textfigur. 

Das GehÀuse besteht aus einem kurzen, gedrungenen zweireihigen Theile und dem sehr langen 
eylindrisch geformten Endtheile, welcher durch die einreihig angeordneten Kammern gebildet wird. 

Die OberflÀche ist an einigen Exemplaren mit deutlichen LÀngsstreifen versehen. 

Die Zahl der wechselstĂ€ndigen Kammern betrĂ€gt jederseits 4—5, diejenige der einfachen bei sehr 
grossen Individuen 6. 

Die gesammte Höhe des GehÀuses betrug bei den grössten Exemplaren 3,5 mm, wovon etwa zwei 
Drittel auf den zweiten Abschnitt der Schaale entfallen. Die Breite der letzten Kammer steigt bis auf 1,5 mm. 

Die Septen sind in dem zweireihigen GehÀuse ziemlich lang und erstrecken sich ungefÀhr bis zur 
Mitte der Schaale, in dem einfachen Abschnitt sind sie sehr kurz und nach unten zu umgebogen. 

Die Aperturschilder treten mit dem Beginn dieses Schaalentheiles auf, sie sind in den Àlteren , 


! In Rıca#tHoren, China, Bd. IV, S. 150. 

271..0.21879,,8.748: 

3 Ebenda, S. 45. 

* Vgl. Taf. XXIV, Fig. 1a. Uebrigens lÀsst sich das gleiche, wenn auch nicht mit solcher Deutlichkeit an den 
betr. Abbildungen von Mörter erkennen, s. z. B. Taf. VI, Fig. 2 und 5. 


Bigenerina Geyeri n. sp. 971 


Kammern desselben mit verhÀltnissmÀssig wenigen (vgl. Taf. XXIV, Fig. 1a), sehr unregelmÀssig gestal- 
teten und ebenso vertheilten Oeffnungen versehen, in den jĂŒngeren steigt dagegen ihre Zahl erheblich 
Auch bei den Aperturschildern nimmt die kalkige Schicht an dem Aufbau wesentlichen Antheil, wie sich 
namentlich deutlich an einem Durchschnitt eines solchen Schildes aus den hellrothen Kalken des Trogkofel- 
Massivs beobachten liess. 

Die Dicke der Schaalenwand ist bei der sandigen Schicht eine sehr geringe und Àndert sich im 
Laufe der individuellen Entwicklung nur wenig, wohingegen dies bei der kalkigen Lage, wie schon hervor- 
gehoben, in hohem Maasse der Fall ist. WÀhrend die sandige Schicht eine StÀrke von höchstens 0,03 mm 
erreicht, wird die letztere ĂŒber 0,1 mm dick. 

Die Poren sind von sehr geringem Durchmesser. 


Vorkommen: Schicht s des Auernigprofils. Ausserdem in den Geröllen des hellrothen Kalkes der 
Trogkofelmasse, die in der NĂ€he der Rattendorfer Alm gesammelt wurden. 


Beziehungen. Die vorliegende Form stimmt, wie die Beschreibung und die Abbildungen zeigen, 
völlig mit dem Mörter’schen Oribrostomum elegans ĂŒberein, dagegen ist es mir nicht ganz sicher, ob nicht 
auch die von Brapy beschriebene Climacammina antigua” derselben Art angehört, in welchem Falle dem 
Brapy’schen Namen als dem Ă€lteren der Vorzug zu geben wĂ€re. Doch weicht die Ă€ussere Gestalt der eng- 
lischen Foraminifere etwas ab und die Darstellung des Schaaleninneren bei Brapy ist zu ungenau, um eine 
Identifieirung vornehmen zu können. 


Bigenerina Geyeri n. sp. 
Taf. XXIII, Fig. 12 und 13. 


Ausser BruchstĂŒcken besitze ich von dieser Art nur ein Exemplar, dessen vortreffliche Erhaltung 
aber eine genaue Bestimmung ebenso ermöglicht, wie der eigentliche Aufbau des GehÀuses. 

Dieses GehÀuse besteht in seinem unteren zweireihigen Theile aus der rundlichen Anfangskammer 
und etwa 6 weiteren Kammern auf jeder Seite, darĂŒber folgen bei unserem Exemplar noch vier einreihige 
Endkammern. Die Àussere Gestalt entspricht also dem Aufbau der meisten palaeozoischen Bigenerinen, von 
denen die karnische Form sich jedoch durch ein anderes Merkmal entfernt. WÀhrend nÀmlich bei allen bis 
Jetzt bekannten Bigenerinen des Palaeozoicums die MĂŒndung — zum Mindesten im einreihigen Theil — durch 
ein perforirtes Aperturschild gebildet wirdÂź, stellt die MĂŒndung unserer Form* eine einfache runde Oeff- 
nung dar, welche sich von der ersten bis zur letzten Kammer verfolgen lĂ€sst’. 

Das schlanke GehÀuse des abgebildeten Exemplares hat eine Höhe von 2,4 mm und eine Breite 
von 0,5 mm. 

Die Schaale besteht aus den beiden besprochenen Schaalenschichten, von welchen die innere poröse 
meist stÀrker entwickelt ist. 


! Vgl. dagegen MöLtER, 1. c. S. 48. 

l. ce. S. 68, Taf. II, Fig. 1—9. Mötter bestreitet die IdentitĂ€t der russischen und der englischen Art, 

Âź Nach Mörrer ĂŒberall schon von der 4. oder 5. Kammer an, soll aber in den Ă€lteren Kammern spĂ€ter aufgelöst werden. 
* Vgl. auch die nÀchstbeschriebene, specifisch nicht nÀher bestimmte Form. 

° Vgl. die Abbildung einer Endkammer, Taf. XXI, Fig. 13. 


to 


[50] 
— 
[50] 


Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Vorkommen: Selten in Schicht s am Auernig. 

Beziehungen. In der Àusseren Gestalt der Schaale und in der starken Entwicklung des Textu- 
larien-Theiles nÀhert sich unsere Form dem Cribrostomum gracile Möruer!, aber neben anderem trennt 
sie die auch im ausgewachsenen Stadium einfache runde Mundöffnung von dieser Art ebenso wie von den 
ĂŒbrigen Ă€hnlich geformten palaeozoischen Bigenerinen ? und stellt sie an die Seite der tertiĂ€ren und recenten 
Formen vom Aufbau der Dig. nodosaria d’ORB. 


Bigenerina sp. 
Taf XXI Biel. 


Der einzige LÀngsschnitt, welcher vorliegt, ermöglicht eine specifische Bestimmung nicht, der Aufbau 
ist im Wesentlichen derselbe wie bei der vorigen Art, jedoch sind die Dimensionen geringere: ebenso betrÀgt 
die Anzahl der zweireihigen Kammern nur vier jederseits und schliesslich ist auch die Schaalenwandung eine 
viel dĂŒnnere. Sie enthĂ€lt die beiden vorerwĂ€hnten Schichten, die im mittleren Theile etwa gleich stark 
entwickelt sind. Ob diese Form daher als Abart der vorigen aufgefasst werden darf, ist zweifelhaft. Ich 
erwĂ€hne sie hauptsĂ€chlich wegen der eigenthĂŒmlichen Ausbildung der MĂŒndung, welche die Abbildung auf 
Taf. XXIIL, Fig. 15 gut erkennen lĂ€sst. Diese MĂŒndung besteht in einer kurzen, oben verengten Röhre, welche 
sich auf der centralen Oeffnung aufbaut, Àhnlich wie bei manchen Nodosariden; eine Erscheinung, welche 
bisher nur bei jĂŒngeren Textilariden beobachtet ist?. 

Die Höhe des GehÀuses betrug 1,24 mm, die Breite 0,48 mm bis 0,52 mm. 

Vorkommen: Geröll des Bombaschgrabens, in emem Gestein, das vorwiegend Fusulina tenwissima 
und Schwagerina princeps enthielt. 


Tetrataxis EHrgre. 


Die von EHRENBERG aufgestellte Gattung wird von Brapy entsprechend seiner frĂŒher dargelegten 
Ansicht* auch in seinem letzten grossen Werke ĂŒber die Foraminiferen der Challenger-Expedition nicht 
als selbststÀndige Formengruppe aufgefasst, sondern bei der umfangreichen Gattung Valvulina untergebracht, 
obwohl MÖLLER? inzwischen die hierher gehörigen Formen vortrefflich dargestellt und ihre Trennung von 
Valvulina ausfĂŒhrlich begrĂŒndet hatte. Wenn noch irgend ein Zweifel daran sein kann, dass wir es hier 
mit einer sehr eigenthĂŒmlichen, von Valvulina leicht zu scheidenden Formengruppe zu thun haben, welche 
anscheinend auf das Palaeozoicum beschrÀnkt ist, so wird es durch die Betrachtung der alpinen Typen gÀnzlich 
beseitigt; die weiter unten beschriebenen Formen ergÀnzen das Bild der Gattung Tetrataxis wesentlich und 
rechtfertigen ihre Trennung von der monströsen Gattung Valvulina völlig, eine Scheidung, welche ĂŒbrigens 


!]. c. S. 59, Taf, III, Fig. 4 und Textfigur. 

Ÿ Auch von der sonst sehr Àhnlichen lebenden Big. obusta Brapy, die ebenfalls ein durchlöchertes Aperturschild besitzt. 
Âź Vgl. aber die MĂŒndung der karnischen Text. textulariformis. 

* Palaeont. Society 1876, S. S1 ff. 

° Mem. St. Petersbourg 1879, S. 68 ff. 


Tetrataxis EHRBs. 973 


schon durch die ausgezeichnete Gattungsdiagnose Mörrer’s zur GenĂŒge begrĂŒndet war. Diese Diagnose ist 
auch nur in einem Punkte abzuĂ€ndern, resp. zu ergĂ€nzen. Das EigenthĂŒmliche in dem Aufbau von Tetra- 
taxwis besteht darin, dass die einzelnen, spiral angeordneten Kammern oder Segmente sich gegen einander 
völlig abschliessen, dagegen alle durch eine innere Oeffnung mit einem centralen Hohlraume in Verbindung 
stehen. ScHwAGER bestreitet zwar, dass stets ein solcher Centralraum vorhanden sei, ohne jedoch diese 
Behauptung irgendwie zu belegen‘; das Vorhandensein eines solchen Raumes erscheint auch nothwendig 
bedingt, wenn man nicht zu der merkwĂŒrdigen Annahme greifen will, dass nur die letzte Kammer des 
GehĂ€uses mit Sarkode erfĂŒllt war, denn bei dem Fehlen eines centralen Hohlraumes wĂŒrde die Sarkode- 
masse der frĂŒheren Kammern völlig abgeschnĂŒrt werden, da diese bis auf die inneren ÖOeffnungen ganz 
abgeschlossen sind, eine Communication durch Poren aber ist wenigstens bei den ausgewachsenen Exem- 
plaren in Folge der starken Aufnahme von Sandkörnern unwahrscheinlich. Ein Austreten von Pseudopodien 
durch die Àussere Schaalenwand ist vollends unmöglich, da diese bei grösseren Individuen durch Sandauf- 
nahme ganz der Poren verlustig gehen. Dass der centrale Hohlraum von der aus den Kammern austretenden 
Sarkode (zeitweilig) erfĂŒllt war, dafĂŒr spricht ĂŒbrigens auch der Umstand, dass sich bei Ă€lteren Individuen 
hĂ€ufig am Boden desselben? ĂŒber den ersten Kammern ein blasiges Gewebe von Kammern beobachten lĂ€sst, 
welches vermuthlich nach einer im spÀteren Lebensstadium eintretenden Aufgabe der Anfangskammern aus- 
geschieden wurde. 

Die erwĂ€hnte ErgĂ€nzung der Möuter’schen Diagnose betrifft die Zahl der Segmente eines spiralen 
Umganges. Die Zahl dieser Segmente betrÀgt nÀmlich bei manchen Formen nicht 4 oder höchstens 5, wie 
MörtErR angiebt, sondern sie steigt in den letzten UmgÀngen bis auf 12. So wenig das GehÀuse in seiner 
Àusseren Erscheinung durch diese Vermehrung der Segmente geÀndert wird, so Àndert sich dadurch doch 
der Aufbau der Form erheblich, wie namentlich die Fig. 6 und 10 der Taf. XXIV erkennen lassen. 

Die Schaalenstructur ist nach MöLLer eine porös-kalkige, durch Aufnahme von Sand wird aber 
eine zweite innere Sandschicht in den Kammern abgelagert, so dass zwei deutlich getrennte Lagen vorhanden 
sind, wÀhrend die nach aussen gekehrten Theile der Kammerwand hÀufig völlig mit Sand imprÀgnirt werden, 
so dass die Poren ganz verloren gehen. Dies stimmt im Wesentlichen mit den Beobachtungen an den 
karnischen Exemplaren ĂŒberein, jedenfalls darin, dass die Ă€usseren KammerwĂ€nde bei grösseren Individuen 
immer ganz dicht und sandig erschienen, bei den inneren Wandungen liessen sich zum Theil beide Schaalen- 
schichten beobachten, bei anderen dagegen erschienen diese WĂ€nde ganz durchsichtig und von Poren 
durchzogen‘. 

Auf manchen Exemplaren lÀsst sich eine zarte Radialsculptur auf der AussenflÀche beobachten. 


1 China, Bd. IV, S. 147: „GlĂŒcklich getroffene Durchschnitte haben mir gerade bei dieser Art gezeigt, wie die oben 
angefĂŒhrte Central- oder, wie ich es nennen möchte, Nabelhöhlung, welche dadurch zu Stande kommt, dass die Kammern an 
der Unterseite nicht bis zum Centrum reichen, hier oft sehr stark entwickelt vorkommt, so dass die letzten Kammern nicht 
selten kaum zwei Dritttheile der LÀnge des Radius erreichen; doch ebenso gut scheint diese Höhlung auch ganz fehlen zu 
können, was jedenfalls gegen die systematische Verwendbarkeit dieses Merkmals spricht.“ 

2 Ich orientire hier das GehĂ€use ebenso, wie man es bei den ĂŒbrigen Textulariden gewohnt ist, d. h. mit der MĂŒndung 
nach oben. 

3 Z.B. bei dem abgebildeten Exemplar Taf. XXIV, Fig. 5. Die Poren sind meist sehr undeutlich, an manchen Stellen 
in den jĂŒngeren Kammern erscheinen sie als rundliche, ziemlich unregelmĂ€ssige Oeffinungen in der Kammerwand. Wenn dies 
wirklich Poren sind, mĂŒssen sie demnach hier in schrĂ€ger Richtung verlaufen. 

Palaeontographica. Bd. XLIY. 35 


974 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Nach der Ansicht Schuwacer’s! kommen Vertreter von Tefrataxis zwar in weiter Verbreitung, aber 
immer nur in geringer Individuenzahl vor, im karnischen Carbon sind sie dagegen so zahlreich vertreten, 
dass sich aus einem einzigen GesteinsstĂŒck ĂŒber hundert Exemplare herauslösen liessen. 


Tetrataxis maxima nov. sp. 
Taf. XXIV, Fig. 5—10. 


Die jugendlichen Schaalen dieser Art gleichen in ihrer Àusseren Erscheinung völlig der bekannten 
Tetrataxis conica FHRBRG., wĂ€hrend ausgewachsene Individuen sich leicht von der EHRENBERG@’schen Art 
trennen lassen. Aber auch die Jugendform ist unschwer von ihr zu unterscheiden, wenn man einen medianen 
LÀngsschnitt derselben betrachtet: er enthÀlt auf dem gleichen Raume sehr viel weniger Kammern als Tef. 
conica, wie sich durch Vergleichung einiger Exemplare, die hier als Beispiele angefĂŒhrt seinmögen, leicht ergiebt. 


Tetrataxis conica : 


Zahl der Kammern an einer Seite 


Durchmesser Bone (ohne die Anfangskammer) 
152 0,5 mm 0,37 mm 6 bezw. 7 
2. Ve OA 6 bezw. 7. 
38 LT. IL) 13 

Tetrataxis mazıma: 
Durchmesser Höhe Zahl der Kammern an einer Seite, 
(ohne die Anfangsskammer) 

ige 1.04 mm 0,72 mm Da 
2 Io ME 4 bezw. 5 
3 DET 1.0°,22,, 10 


Wie sich schon aus der geringen Zahl der in einer Reihe ĂŒbereinander liegenden Kammern ergiebt, 
sind die einzelnen UmgÀnge verhÀltnissmÀssig hoch. Trotzdem haben die Kammern auch in den letzten 
Windungen keinen wesentlich grösseren Rauminhalt als bei 7et. conica, da jeder Umgang in eine viel 
grössere Anzahl von Kammern abgetheilt wird. Diese Vermehrung der Kammern tritt etwa mit dem 5. bis 
6. Umgange ein, vorher sind ebenso wie bei Tef. conica meist 4 Kammern in jeder Windung vorhanden, 
dann aber steigt ihre Zahl allmÀhlig bis auf 12. Diese Kammern treten in den spÀteren Stadien weit aus- 
einander und lassen einen breiten centralen Hohlraum frei, in welchen die kurzen verengten MĂŒndungen der 
Kammern von allen Seiten hineinragen. An den auf Taf. XXIV abgebildeten ganzen Exemplaren erkennt man 
bei den Ă€lteren Individuen leicht mehrere ĂŒbereinander liegende Reihen von solchen MĂŒndungen. Ebenso 


{ In RıcuTHoren, China, Bd. IV, S. 146. 
* Russische Exemplare. 

> Untercarbon von Cerna bei Krakau. 
Bombaschgraben. 

° Auernig, Schicht s. 


4 


Tetrataxis maxima var. depressa, 275 


lÀsst sich hier wie an dem Durchschnitt Fig. 5 beobachten, dass die Kammern der ersten Gewinde im Alter 
hÀufig von neu ausgeschiedenen, unregelmÀssigen Zellen bedeckt werden. 

Der Scheitelwinkel schwankt bei den einzelnen Individuen sehr erheblich, etwa zwischen S0° und 
115°, allmĂ€blig zu der als var. depressa bezeichneten Abart hinĂŒberleitend. 

Betreffs der Schaalenstructur gilt das oben bei Besprechung der Gattung Gesaste. 

Die Dimensionen der ausgewachsenen Exemplare sind sehr erheblich und gehen weit ĂŒber das Maass 
der ĂŒbrigen Tetrataxis-Arten hinaus, sie erreichen einen Durchmesser von 3.3 mm und eine Höhe von 
1,5 mm. 

Manche Exemplare lassen die erwÀhnte feine Radialsculptur deutlich erkennen. 

Vorkommen: Sehr hÀufig in Schicht s des Auernigprofils, ausserdem nur vereinzelt in den Geröllen 
des Bombaschgrabens mit Fusulina tenuissima und Schwagerina princeps. 

Beziehungen. Die Beziehungen der alpinen Form ergeben sich leicht aus dem oben durch- 
gefĂŒhrten Vergleich mit Tetr. conica. Es lassen sich hiernach bei Tetrataxis zwei Entwicklungsrichtungen 
erkennen: die eine, bei welcher die Tendenz hervortritt, zahlreiche Windungen zu bilden, und eine zweite, 
bei welcher die Zahl der Windungen trotz der Grösse der Formen gering bleibt, dagegen eine viel inten- 
sivere Segmentirung der Windungen eintritt. Der Typus der ersteren Gruppe wird durch Zetr. conica ! 
dargestellt und dahin gehören allem Anscheine nach die von Brapy beschriebenen Arten des englischen 
Untercarbons?, die zweite Gruppe dagegen findet ihre Vertreter bis jetzt nur in der alpinen Tetrataxis 
maxima und der mit ihr zusammen vorkommenden flachen VarietÀt. Uebrigens kommen vereinzelt auch 
seitlich verdrĂŒckte Individuen vor, wie sie ebenso bei Zefr. conica beobachtet und von Brapy als var. 
compressa beschrieben wurden, von MÖLLER aber mit Recht als verdrĂŒckte Exemplare gedeutet sind. 


Tetrataxis maxima var. depressa. 
1a SON, 19 Il. 


Extreme Formen dieser VarietÀt werden ganz flach, aber immer erkennt man, dass die allerersten 
UmgĂ€nge sich in der Form eines Kegels ĂŒber der schwach geneigten oder ganz flachen Schaale erheben. 
Diese VarietĂ€t, welche ĂŒbrigens durch zahlreiche Mittelglieder mit der Hauptform verbunden ist, unter- 
scheidet sich daher von dieser nur durch die verschiedenartige Richtung, in welcher die spÀteren UmgÀnge 
sich an die frĂŒheren anlegen. In den ĂŒbrigen Merkmalen, vor Allem in der Zahl der Kammern. stimmt 
unsere VarietĂ€t völlig mit der typischen Tetratawis maxima ĂŒberein. 

Vorkommen: zusammen mit der vorbeschriebenen Form. 

Beziehungen. Derartige flache Abarten scheinen bei der Gattung Tetrataxis öfter vorzukommen, 
wenigstens beschreibt Brapy unter dem Namen Valvulina decurrens? eine Tetratweis, welche zu Tetr. conica 
in demselben VerhÀltniss steht, wie unsere VarietÀt zu Tetr. mazxima. 


‘ In der Mörver’schen Auffassung, vgl. namentlich den Durchschnitt auf Taf. VII, Fig. 1 der citirten MÖöLLERr’- 
schen Arbeit. 

Ÿ Von der in SecundÀrkammern getheilten Yalv. Young: und der von Mörzer ebenfalls zu Teetrataxis gezogenen 
Valv. plicata sehe ich hier ganz ab. 

Âź 1. ce. S. 87, Taf. III, Fig. 17 und 18. 


9276 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Die verticale Verbreitung der Foraminiferen im karnischen Obercarbon; die 
Entwicklung und systematische Stellung der Fusulinen. 


Die Fauna des karnischen Obercarbons! enthĂ€lt nach den obigen Beschreibungen fĂŒnfundzwanzig 
Foraminiferen-Formen, die nebenstehend noch einmal nach ihren Fundpunkten zusammengestellt sein mögen: 


Tl] n 
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— complicata n. Sp. | — — | —-—|ı-|—- | —- | —- | 2 |9 
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aan el ea. il || — 
— EEE YUSIUORD SD ES a. | ie I-Il-|—-|+|- | — I 
— ben UiSSUM EN Sp Er a | +1-| | +|-|-—- — || — 
Schwagerina fusulinoides n. BP. » » » 2 2... —|-|-| - | -|- | -| -| - |) +) +|— 
_ DrINGenSDEHRBG EN: Zelle | oje ||| se| ar) = | 
. . | | | | | | 
Husulimellanlaevisuna Sy-RE re | + +!1!-|-— I" | | — 
_ SEE N I RUE: -|-|-| -— |\-\- | - | - | - | —- | +|—-|— 
Endothyra af. Bowmani Pau. . . . 2... | - + +1 -|-|-— | Zi Ziele | )|- 
— ef para Möun a een ne Eee En ee 
Stacheia polytrematoides BRADY . . . 2... — | | + I Ste | | — | —-ı+ 
IEsammophiskinvyersusunvasp Pr -|- | +J- | -|- | -|- | - | — — | 
ang h | | | | 
Hemidiscus carnicus n. SP. © » 2. 2.0. —\ı-|\+|J+\|—- | - | —- ||| — | | | 
Textularia ct. Bradyi MöLL. sp 2: | al ala er a er ee ee + | = 
_ textulariformis MöLL, pP. . -» ... | +7 | |. 
Bigenerinw.elegans MöLL. sp 2 ne ul ar > + -|-|- | 
| | 
= GEYER V AD SP —-|-ı +1 -ı--|\-|-|- | | — —- || 
| | 
., ’o 377 er wa ILL Er N Er En 1 h Sen Se 7 ES I zer N a} en 
TetrataxisEmaLtIm ann. Sp er + | IS | | | 
= ZEVarfdenness an | -I|+!|-|-|-ı1+1|1-|-|- |- |. 


Aus den hier angefĂŒhrten Fundpunkten ergiebt sich zum Theil von selbst der Horizont, in welchem 
die betreffende Form innerhalb der Schichtenfolge des karnischen Obercarbons vorkommt, zum andern Theile 
aber stammen die Exemplare aus Geröllen, so dass wir nur durch Vergleichung mit anstehendem Gestein 
hier einen Anhalt ĂŒber das genauere geologische Alter der betreffenden Form erhalten können. Wenn wir 
versuchen, die verschiedenen Niveaux genauer zu bestimmen, stossen wir bei einigen der oben angegebenen 
Fundorte auf Schwierigkeiten, welche die Einreihung einstweilen unmöglich machen, dahin gehören die 


! Einschliesslich der gleichalterigen Schichten von Neumarktl in Oberkrain. 


Die verticale Verbreitung der Foraminiferen im karnischen Obercarbon. 


[So] 
| 
| 


Gerölle des Vogelbachgrabens und die losen GesteinsstĂŒcke vom Rattendorfer Riegel, die allein Fusulina 
ineisa enthielten, ferner die schwarzen KalkstĂŒcke aus der Uggowitzer Breccie mit Schwagerina fusulinoides 
und Fusulina pusilla‘ und schliesslich die Gesteine von Neumarktl, in welchen Fusulina complicata und 
Fus. tenuissima vorherrschen, Schwagerina princeps aber fehlt. Dagegen lĂ€sst sich bei den ĂŒbrigen Fora- 
miniferen-fĂŒhrenden Gesteinen das gegenseitige AltersverhĂ€ltniss mit ziemlicher Sicherheit festlegen. Am 
einfachsten ergiebt sich dies bei den Schichten des Auernig- und Kronenprofils, deren Altersbeziehungen 
schon im ersten Theil dieser Arbeit? dargelegt wurden, und ebenso dĂŒrfen wir die an der Rudniker Alm 
anstehenden hellrothen Kalke nach den Untersuchungen von GEYER Ÿ ohne Weiteres in ein höheres Niveau 
stellen. Ebenso ist es nach den Arbeiten GevYEr’s in hohem Grade wahrscheinlich, dass die Uggowitzer 
Breceie ein Aequivalent der von ihm am Trogkofel beobachteten hochcarbonischen Breccie* ist und die in 
ihr enthaltenen StĂŒcke heller oder dunkler gefĂ€rbten röthlichen Kalkes mit Fusulinen und Schwagerinen 
können wohl nur aus den unterlagernden, ebenso ausgebildeten Schichten entstammen, die ebenfalls jenem 
höchsten Niveau des karnischen Obercarbons angehören. Hierher dĂŒrfen wir wohl demnach mit einiger 
Sicherheit unsere röthlichen GesteinsstĂŒcke aus der Uggowitzer Breccie rechnen. 

Aus dem Liegenden der eben genannten höchsten Schichten des Trogkofels erwÀhnte GEYEr fernerhin 
„diekbankige, graue, weissgeaderte Schwagerinenkalke“¼. Ich glaube kaum falsch zu gehen, wenn ich diese 
Schichten als Ursprungsort der weiter unten im Geröll des Bombaschgraben von mir gesammelten Kalke 
mit Schwagerina princeps ansehe, da sie genau den angegebenen Habitus zeigen und sich im ganzen Pon- 
tafler Theile der karnischen Alpen kein Àhnliches Gestein mit Schwagerina princeps gefunden hat. Ob die 
ebenso ausgebildeten Gesteine von Neumarktl, welche ebenfalls Schwagerina princeps fĂŒhren, demselben 
Horizont angehören, mag zweifelhaft bleiben, da in ihnen die in den Geröllen des Bombaschgrabens so 
hÀufige Fusulina temuissima zu fehlen scheint. 

Wir werden hiernach, wenn wir die Entwicklung der Foraminiferen-Fauna betrachten wollen, zweck- 
mÀssig vier verschiedene Niveaux unterscheiden und zwar: 


1) Die tiefstenÂź Fusulinen-fĂŒhrenden Schichten, welche die BĂ€nke 9g—n” des Auernigprofils und 
die ihnen entsprechenden gesammten Schichten des Kronenprofils, die hier in Betracht kommen 
können, umfassen Ÿ. 


! Die betreffenden StĂŒcke wurden von Herın Professor BENECKE gesammelt. 

Âź Palaeontographica Bd. XXXIX, S. 16. 

” G. Geyer, Ueber die geologischen VerhĂ€ltnisse im Pontafler Abschnitt der karnischen Alpen. Jahrb. der k. k. geolog. 
Reichsanstalt 1896, Bd. 46, S. 127. Derselbe: Ueber die marinen Aequivalente der Permformation zwischen dem Gailthal und 
dem Kanalthal in KĂ€rnten. Verhandlgn. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1895, S. 3. 

*] c. Jahrbuch der Reichsanstalt, Bd. 46, S. 153. — ¼ Ebenda, S. 151. 

° In der geologischen Einleitung zu dem ersten Theile dieser Abhandlung (Palaentogr. Bd. XXXIX, S. 10) wird eine 
Schichtenfolge erwÀhnt, welche nach Geyer (Jahrbuch der k. k. Reichsanstalt, Bd. 46, S. 164) das Liegende des Kronenprofils 
darstellt. Hier wird von mir auch eine Bank von Fusulinenkalk angefĂŒhrt, doch scheint die Bezeichnung eine irrige zu sein, 
da ich in den mitgebrachten StĂŒcken keine Fusulinen habe constatiren können und auch Geyer anscheinend keine Fusulinen 
darin gefunden hat. — ? Aus Schicht p liegt Material nicht vor. 

Âź Bei den Foraminiferen des Kronenprofils fehlt ausser bei den StĂŒcken aus der Conocardienschicht leider die 
genauere Fundortsbezeichnung, daher wurden die Horizonte g—n des Auernig hier mit den entsprechenden Kronenschichten, 
12—23, unter der obigen Bezeichnung zusammengefasst, bei der Betrachtung der Entwicklung der Fus. alpina wurden dagegen 
die Schichten des Auernig auseinandergehalten, da hier nach Schichten gesammeltes Material vorlag, und die Kronenschichten 
unberĂŒcksichtigt gelassen. 


278 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


2) Die Hauptfusulinenschicht, welche durch die fast nur aus Fusulinen und kleineren Foramini- 
feren bestehende Schicht s des Auernigprofils reprÀsentirt wird. 
3) Die dunkeln Schwagerinen-Kalke des Bombaschgrabens. 


4) Die höchsten Schichten des karnischen Carbons, welchen die röthlichen Kalke des Trogkofels ! 
und die ihnen entsprechenden StĂŒcke der Uggowitzer Breccie angehören. 


Auf diese vier Niveaux vertheilen sich die beschriebenen Foraminiferen folgendermassen : 
1) Tiefste Fusulinen-fĂŒhrende Schichten: 

Fusulina alpina n. sp. var. antiqua”. 
— _ — var commumis. 
— tenuissima n. SP. 

Fusulinella laevis n. Sp. 

Endothyra aff. Bowmani PsiıtL. 
— cf. parva MöLn. 

Stacheia polytrematoides BRADY 

z Hemidiscus carnicus n. Sg. n. Sp. 


2) Haupt-Fusulinenschicht: 


Fusulina alpina n. sp. var. fragilis. 
— En — var. commumis. 
— multiseptata n. Sp. 
—  regularis n. Sp. 
— incisa n. SP. 
Fusulinella laevis n. Sp. 
Endothyra af. Bowmani BRADY 
— ef. parva MÖLL. 
Stacheia polytrematoides BRADY. 
Psammophis inversus n. Sg. n. Sp. 
Hemidiscus carnicus n. Sg. n. SP. 
Textularia textulariformis MöLL. Sp. 
Bigenerina elegans MÖLL. Sp. 
— Geyeri n. Sp. 
Tetrataxis mazxima n. Sp. 
— — — var. depressa. 


3) Dunkle Schwagerinen-Kalke: 


Fusulina alpina n. Sp. var. communis. 
— multiseptata n. Sp. 


' Hierher gehört auch der in der Tabelle angegebene Fundort: Rudniker Alm. 
? In Schicht g des Auernig findet sich nur diese Form. 


Die verticale Verbreitung der Foraminiferen im karnischen Obercarbon. 979 


- Fusulina tenwissima n. Sp. 
Schwagerina princeps EHRBG. 
Bigenerina sp. 
Tetratazxis maxima n. Sp. 
—_ —— — var. depressa. 


4) Höchste Schichten (= obere Troskofelschichten): 


Fusulina alpina n. sp. var. commumis ? 
—  regularis n. Sp. 
Schwagerina fusulinoides n. sp. 
— princeps EHRBG. 
Fusulinella sp. 
Bigenerina elegans MöLL. Sp. 


Wenn wir hiernach zunÀchst die Entwicklung der Fusulinen in den aufeinander folgenden Niveaux 
in's Auge fassen, so können wir nur bei einer Gruppe diese Entwicklung verfolgen, nÀmlich bei Fus. alpina 
mit ihren VarietÀten, und der ihr nahestehenden Fus. multiseptata; auch Fus. complicata lÀsst sich wohl 
trotz des unsicheren Horizontes bier anfĂŒgen. Dagegen stehen Aus. regularis, Fus. ineisa, Fus. pusilla und 
noch mehr die eigenartige Fus. tenuissima ganz isolirt da und können nach dem vorliegenden Material 
weder unter sich, noch mit der Gruppe der Fus. alpina verbunden werden. Bei dieser letzteren hingegen 
finden wir schon in der tiefsten Fusulinenlage, der Schicht 9 des Auernig, eine Form, welche alle characte- 
ristischen Merkmale der Gruppe aufweist, Fusulina alpina var. antigua. Diese Merkmale bestehen im 
Wesentlichen in einer ausserordentlich weiten Aufrollung der Spirale und der sehr geringen StÀrke der 
Septen. Die erwÀhnte Form tritt in der Schicht g als einziger Vertreter der Gruppe auf, aber schon in Schicht 7 
und den gleichalterigen Lagen der Krone findet sich die Abart, welche in der Hauptfusulinenschicht zur 
herrschenden wird, Fus. alpina var. commumis. Die letztere VarietÀt zeigt den einen Typus der Gruppe in noch 
stÀrkerer Entwicklung: die Spirale ist noch weiter gewunden als bei der geologisch Àlteren Form. Daneben 
findet sich aber ebenfalls in der Hauptfusulinenschicht eine zweite Abart, us. alpina var. fragilis, welche 
den andern Typus der Gruppe in der stÀrksten Entfaltung zeigt: die geringe StÀrke der Septen, die hier 
so dĂŒnn werden, dass sie bei der Mehrzahl der Exemplare nur in mehr oder weniger zertrĂŒmmertem Zustande 
vorhanden sind, wohingegen die Einrollung dieser Abart ein wenig enger ist. Die hier angefĂŒhrten geoloeisch 
JĂŒngeren VarietĂ€ten, von welchen wir die var. commumis bis in die dunkeln Schwagerinenkalke und vielleicht 
(vgl. 8. 246) sogar bis in die höchsten Lagen, die hellen Trogkofelkalke, verfolgen können, sind durch Ueber- 
gangsformen in Schicht / bis s, die sich mehr der Stammform anschliessen, eng mit dieser verbunden. Bei 
einer andern Art der Hauptfusulinenschicht wird die Spirale etwas enger und es tritt eine starke Vermehrung 
der Septen ein, aber auch diese, Fus. multiseptata, trĂ€gt im ĂŒbrigen so sehr den Character der Gruppe, 
dass sie ebenfalls als ein jĂŒngeres Glied derselben anzusehen ist. Eine geschlossene Reihe von Mittelformen 
lÀsst sich zwar nicht nachweisen, immerhin aber kommen bei Fus. alpina Formen vor, bei welchen die Septen 
in grösserer Zahl auftreten, als bei den typischen Exemplaren. us. multiseptata geht bis in die dunkeln 
Schwagerinenkalke hinauf. Die letzte Art, welche in enger Beziehung zu der Gruppe der Fus. alpina und 
vor Allem zu Fus. multiseptata steht, ist die durch die starke Einfaltung ihrer Septen characterisirte Fus. 


2380 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


complicata, leider ist aber einstweilen nicht möglich, diese Beziehungen nĂ€her zu ergrĂŒnden, da das geo- 
logische Alter der Fus. complicata nicht genĂŒgend festgestellt ist. 

So lÀsst sich die Entwicklung der Fusulinen innerhalb des karnischen Schichtencomplexes wenigstens 
theilweise verfolgen, viel schwieriger und einstweilen ganz unmöglich wird es dagegen, wenn wir versuchen 
wollen, die verwandtschaftlichen VerhÀltnisse zu den Formen anderer Gebiete festzulegen und womöglich 
daraus einen RĂŒckschluss auf das Alter der karnischen Carbonserie zu machen. Zwei Momente sind es 
vorwiegend, welche hier hindernd eingreifen. Das erstere beruht auf einer Erscheinung, welche bei den 
Fusulinen in viel stÀrkerem Maasse auftritt, als man es sonst bei den Foraminiferen gewohnt ist. WÀhrend 
die Mehrzahl der Foraminiferen-Arten, auch im Carbon, durch eine sehr weite horizontale Verbreitung ausge- 
zeichnet ist!, lÀsst sich bei den Fusulinen das Gegentheil beobachten. Die Verbreitung der Arten scheint auf 
einen verhÀltnissmÀssig kleinen Raum beschrÀnkt und die locale oder wohl richtiger provinzielle Ausbildung 
der Formen erreicht einen wesentlichen Einfluss auf den Character der Fusulinen-Fauna. Das beste Beispiel 
bieten die indischen Formen aus der Salt-Range, die sĂ€mmtlich den gleichen Character tragen: merkwĂŒrdig 
langgestreckte GehÀuse mit kurzen Septen, Àhnlich der russischen Zus. longissima, die zwar selbst dem 
indischen Carbon fehlt?, aber doch die nÀchste Verwandte derselben darstellt. Ebenso deutlich lÀsst sich 
diese provinzielle Ausbildung bei den amerikanischen Fusulinen erkennenŸ und Àhnlich steht es mit den 
japanischen und chinesischen Typen, die sich allerdings ziemlich eng an die Sumatraner Formen anzu- 
schliessen scheinen. In Russland und den karnischen Alpen trÀgt die Fauna einen etwas mannigfaltigeren 
Character, aber auch hier ist es nicht gelungen, irgend welche Àchte Fusulinen der beiden Gebiete mit- 
einander zu identificiren. Ganz anders liegen die VerhÀltnisse, wenn wir uns der Untergattung Schwagerina 
zuwenden: die mit deutlichem Basalskelett versehenen Formen, die gewöhnlich hierher gerechnet werden 
(vgl. 8. 238), sind allerdings bisher ebenfalls nur in dem erwÀhnten Gebiete von Japan und China 
resp. Sumatra nachgewiesen, aber andererseits bietet sich uns gerade unter den typischen Vertretern 
der Untergattung in Schwagerina princeps eine Form, welche sich mit kaum merklichen AbÀnderungen in 
Russland, den karnischen Alpen, in China und, wenn auch nicht mit völliger Sicherheit, auch in Persien * 
gefunden hat. 

Bei den Àchten Fusulinen spielt dagegen die provinzielle Entwicklung eine wichtige Rolle und diese 
Thatsache erklÀrt es auch, dass unter den hier beschriebenen sieben Arten keine einzige mit einer aus 
anderen Gebieten beschriebenen identifieirt werden konnte. 


Man darf aber hierbei ein zweites Moment nicht ausser Acht lassen, dass nÀmlich gerade von den 
Fusulinen bis jetzt doch nur ein kleiner Theil der erhaltenen Typen genĂŒgend bekannt ist; so sind z. B. 
die ganzen Fusulinen des amerikanischen Carbons so gut wie unbekannt und selbst unter den verhÀltniss- 


1 Vgl. beispielsweise die Arten von Fusulinella, Endothyra, Tewtularia u. Ss. W. 

¼ Durch Vergleich der Scuwager’schen Originale mit der russischen Fus. longissima ergiebt sich eine ausgesprochene 
Verschiedenheit beider Formen. 

3 Die so oft citirte Fus. eylindrica kommt aller Wahrscheinlichkeit nach in Amerika gar nicht vor, die mir vorliegen- 
den Àchten Fusulinen aus Jowa, Illinois, Indiana, Missouri und Nebraska gehören alle ein und derselben Gruppe an, doch 
stellen diese Formen nur einen kleinen Theil der amerikanischen Fusulinen dar. 

% Nach MÖLLER, Jahrb. der k. k. geolog. Reichsanstalt 1880, Bd. XXX, S. 577. 


Die verticale Verbreitung der Foraminiferen im karnischen Obercarbon. 981 


mÀssig so genau untersuchten russischen Formen sind, wie das mir vorliegende Material zeigt, nur einige 
besonders markante Typen als Arten herausgehoben worden". 

WĂ€hrend so der Vergleich der kleineren Formenkreise zu keinem sicheren Resultate fĂŒhrt, tritt 
doch die Entwicklung der grossen Gruppen deutlich heraus: die drei Untergattungen, welche wir eingangs 
unterschieden hatten, bilden eine deutlich erkennbare Entwicklungsreihe: von Fusulina s. str. leitet die 
hier aufgestellte Schwag. fusulinoides und weiterhin Schwag. fusiformis Kror. zu den typischen Schwagerinen 
hinĂŒber, wĂ€hrend andererseits die Sumatraform zu den mit deutlichem Basalskelett versehenen chinesischen 
und japanischen Formen (Möllerina) die BrĂŒcke bildet. 

Es bedarf noch einer kurzen Rechtfertigung der systematischen Eintheilung, welche zu Grunde gelegt 
wurde. Auch hier betrifft der wesentlichste Punkt die Fusulinen. Dieselben wurden den Zndothyridae 
zugewiesen, bei welchen zwei Unterfamilien, die Frusulininae und die Endothyrinae zu unterscheiden waren. 
Diese Eintheilung ist im Princip schon von Neumayr” befĂŒrwortet worden, aber wie die systematische Zu- 
sammenstellung am Schlusse seiner Arbeit zeigt, nicht weiter durchgefĂŒhrt, was sich zur GenĂŒge aus der 
herrschenden irrigen Auffassung ĂŒber den Bau des GehĂ€uses der Fusulinen erklĂ€rt, die sich theils durch 
die Einkeilung der Septen (Fusulina, Schwagerina), theils durch das Vorhandensein von KanÀlen (Hemi- 
fusulina, Fusulinella) von Endothyra weit entfernen sollten. Dagegen hat neuerdings REUMBLER in einem von 
ihm vorgeschlagenen System die oben angegebene EintheilungÂź angewendet, welche in Uebereinstimmung mit 
der von NEUMAYR ausgesprochenen Vermuthung auf einer Abstammung der Fusulinen von Endothyra beruht. 
Neue GrĂŒnde fĂŒr diese Ableitung und die darauf basirte systematische Eintheilung giebt Ruumsrer nicht 
an; ebenso sind Uebergangsformen zwischen beiden Gruppen noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen. Wenn 
ich trotzdem die in Rede stehende Eintheilung zu Grunde lege, so geschieht es, weil die hier dargelegten 
OrganisationsverhĂ€ltnisse der Fusulininen sie der Gattung Endothyra erheblich nĂ€her rĂŒcken. 

Von den in Frage kommenden Einzelheiten im Schalenaufbau der Fusulininen seien hier noch einmal 
kurz die wichtigsten Punkte hervorgehoben. 

1) Die Septalbildung der Fusulinen erfolgt nicht durch Einkeilung, sondern ebenso wie bei Fusu- 
linella und Endothyra durch eine einfache Umbiegung der Kammerwand. 

2) KanÀle kommen bei den Fusulinen nicht vor; was Möuuer und andere bei Fusulinella und Hemi- 
fusulina als solche angesehen haben, bildet in der That den eigentlichen Körper des durch Umbiegung ent- 
standenen Septums (vgl. S. 260). Die Gattung Hemifusulina, welche sich durch nichts von Fusulina unter- 
scheidet, ist daher zu streichen‘. 


! Der Vergleich wird ĂŒbrigens auch dadurch erschwert, dass bei der sonst so vortrefflichen Mörzer’schen Arbeit einige 
sehr erhebliche IrrthĂŒmer vorgekommen sind, so ergab sich z. B. bei der Durchsicht der Originale im Petersburger Bersinstitut, 
dass sowohl bei Fus. Vernewli wie bei Fus. montipara je 2 Septen als eins gezeichnet sind, so dass die Zahl derselben zu 
verdoppeln ist, wodurch natĂŒrlich eine ganz andere Form entsteht. 

Ÿ StÀmme des Thierreichs, S. 192, vgl. dazu die Tabelle S. 198, sodann: Sitzungsber. der Acad. der Wiss. Wien, 
math.-naturw. Classe, 1887, Bd. XCV, Abth. I, S. 186. 

3 Die betreffende Arbeit von RuuusgLer (Nachrichten der k. Ges. der Wiss., Göttingen 1395, Heft I) kam mir erst 
zu Gesicht, als ich die erwÀhnte Eintheilung, genau in der gleichen Form, schon niedergeschrieben hatte. 

* Bei der Untersuchung der Mörrter’schen Originale ergab sich hier dasselbe Resultat wie bei Fusulinella, die als 
KanÀle gedeuteten Stellen entsprachen den eigentlichen Septen, welche allerdings an manchen Stellen zerstört zu sein schienen, 
wÀhrend die dunkleren als Septen gezeichneten Parthien sich als Verdickungen herausstellten, in anderen FÀllen wurde der Anschein, 
dass KanÀle zwischen den Septen vorhanden seien, durch den tiefen Ansatz des neuen Septums hervorgerufen, wobei die RÀnder 
etwas dunkler erscheinen. 

Palaeontographica. Bd. XLIV. 36 


282 Ernst Schellwien, die Fauna des karnischen Fusulinenkalks. 


Im ĂŒbrigen entspricht die hier angewendete Eintheilung den yon Neumayr zuerst aufgestellten 
GrundsÀtzen, bezw. dem von RHUMBLER vorgeschlagenen System. Die Arbeiten NeumAarr's auf diesem 
Gebiete! sind von den Palaeontogen fast gar nicht berĂŒcksichtigt worden und haben beispielsweise auf die 
Darstellung der Foraminiferen in den palaeontologischen LehrbĂŒchern gar keinen Einfluss ausgeĂŒbt. Dagegen 
haben die Nrumayr’schen Anschauungen bei den Zoologen viel mehr Anerkennung gefunden. Das beweisen 
vor Allem die ausgezeichneten Abhandlungen von RuumBLer?, der durch eigene Beobachtungen im 
Wesentlichen auf denselben Weg gefĂŒhrt wurde, den NEUMAYR vor ihm eingeschlagen. Und dieser Weg 
fĂŒhrt uns zu weit befriedigenderen Resultaten, als die in der Palaeontologie ĂŒbliche Eintheilung nach der 
Schaalenstructur oder die von Brany vorgeschlagene Zerlegung in eine Reihe von theilweise recht heterogen 
zusammengesetzten Familien, welche in keine Beziehungen zu einander gebracht werden. Die Bedeutung 
der beiden mehrfach ceitirten NeumAyr'schen Arbeiten beruht aber keineswegs bloss in dem meisterhaften 
Ueberblick ĂŒber die vielgestaltige Abtheilung der Foraminiferen, sondern ebenso in der grĂŒndlichen Unter- 
suchung einzelner Formen, deren Resultate in jenen Abhandlungen niedergelegt sind. Dies tritt besonders 
bei den palaeozoischen Typen zu Tage, bei deren weiterer Untersuchung die zahlreichen Beobachtungen 
und Anregungen Neumayr's ein wichtiges Material bilden mĂŒssen. 


! Die natĂŒrlichen VerwandtschaftsverhĂ€ltnisse der schaalentragenden Foraminiferen. Sitzungsber. der Acad. der Wiss. 
Wien, math.-phys. Classe, Bd. XCV, I, 1887, S. 156 und: Die StÀmme des Thierreichs, I, 1889, S. 158. 

” Ausser in kleineren Mittheilungen und Referaten besonders in: Entwurf eines natĂŒrlichen Systems der Thalamo- 
phoren. Nachrichten der k. Ges. der Wiss. zu Göttingen, mathem.-phys. Classe, 1895, Heft I, S. 15. 


Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


Von 


Dr. Franz Bauer. 


Einleitung. 


Das palaeontologische Staatsmuseum in MĂŒnchen besitzt ein im Jahr 1894 im lithographischen 
Schiefer Solnhofens aufgefundenes Exemplar eines Ichthyosauriers, sowie eine prachtvolle Schwanzflosse 
derselben Art, die mir von Herrn Geheimrath Dr. v. ZırteL zur Bearbeitung anvertraut wurden. 

Da diese StĂŒcke ganz unerwartete osteologisch und systematisch wichtige Details darbieten und 
andererseits in engster Beziehung zu den bereits vorhandenen und von Wagner beschriebenen Funden 
stehen, und da ferner, wie bereits Fraas bemerkte, die Systematik der Weissjura-Ichthyosaurier eine sehr 
verworrene ist, so ergab es sich von selbst, dass bei der ungenauen und vielfach unrichtigen Beschreibung 
der frĂŒheren Funde durch A. WAGNER die Arbeit sich auch auf diese ausdehnen musste. 

E. Fraas war es, der auf die Verwandtschaft der bayrischen Arten mit Ophthalmosaurus SEELEY 
hinwies und als entscheidendes Merkmal hiefĂŒr die Beschaffenheit des clavicularen GĂŒrtels und der Flossen 
bezeichnete; ebenso hatte LYDERKER bereits eine theilweise Synonymie englischer und Kelheimer Arten 
konstatirt. 

Aus diesen GrĂŒnden mussten auch diese Beziehungen nĂ€her untersucht und erörtert werden. 

Zweck und Aufgabe der vorliegenden Arbeit musste es demnach sein: 

I. die Beschreibungen A. Wacner’s richtig zu stellen und zu ergĂ€nzen (pag. 284—300); 
II. die neuen Funde einer eingehenden Untersuchung zu unterstellen, da sie gerade in den wichtig- 
sten Punkten werthvolle AufschlĂŒsse bieten (pag. 300—317); 
III. durch Vergleichung des gesammten bayrischen Materials mit den gleichalterigen englischen und 
französischen Funden die Beziehungen der aufgestellten Arten zu prĂŒfen und ihre systematische 
Stellung klarzulegen (pag. 317—327). 

Es drÀngt mich, an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimrath v. ZITTEL, 
meinen Dank auszusprechen nicht nur fĂŒr die gĂŒtige Ueberlassung des Materials, sondern mehr noch fĂŒr 
die anregenden Winke, die er mir gerade in Deutung der wichtigsten Skelettheile in so zuvorkommender 
und liebenswĂŒrdiger Weise zu Theil werden liess. 

Als Resultat meiner Arbeit glaube ich das erwiesen zu haben, was schon im Handbuche der Palaeon- 
tologie ausgesprochen ist, nÀmlich dass die bisherigen Funde von Ichthyosauriern aus dem weissen Jura 
sich unter das alte Genus Ichthyosaurus unterbringen lassen und dass die Aufstellung neuer mit Möxosaurus 
Baur und Ichthyosaurus‘ KoenıG gleichwerthiger Genera nicht aufrecht zu halten ist. 


984 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


Die erste ErwÀhnung des Vorkommens von Ichthyosauriern im weissen Jura finden wir bei QuEx- 
stepr (Petrefaktenkunde 1852 pag. 129), welcher ein Fossil „mit Polygonalknochen in den Finnen und 
damenbrettförmigen Wirbelkörpern“ auffĂŒhrt, das sich in der Sammlung des Landarztes HÄBERLEIN zu 
Pappenheim befinde. 

Desselben StĂŒckes gedenkt er ferner in einem Aufsatze â€žĂŒber Gaviale und Ichthyosauren des 
schwĂ€bischen Jura“ (Neues Jahrbuch fĂŒr Mineralogie ete. 1855 pag. 428). 

Durch Quexstepr’s Bemerkungen ward auch A. WaAcner auf das HÀÄpertein’sche Exemplar auf- 
merksam und machte davon in einem Vortrage in der Sitzung der kgl. bayrischen Akademie der Wissen- 
schaften vorĂŒbergehend Mitteilung, ohne indess eine nĂ€here Beschreibung zu geben (Gelehrte Anzeigen 
XXXVI Nr. 3). 

ErwĂ€hnt wird dasselbe noch in seiner 1858 erschienenen „Geschichte der Urwelt“ (Bd. II. pag. 450), 
beschrieben aber erst 1861 in den Abhandlungen der bayrischen Akademie der Wissenschaften, math.- 
physik. Classe (Bd. IX. pag. 119 und tab. VD). Daselbst wurden abgebildet der Abdruck eines Wirbels, 
ein Theil des Skleroticaringes, 7 ZÀhne, die beiden SchulterblÀtter mit dem Rabenschnabelbein, sowie der 
Oberarm und einige Rippenfragmente. Die beiden letzteren deutete er indess irrigerweise als Basisphenoid 
und dessen schwertförmigen Fortsatz als Praesphenoid; ausserdem sind noch gegen hundert Polygonal- 
tÀfelchen der Vorderflosse wiedergegeben. Fast sÀmmtliche Abbildungen sind jedoch ungenau, so dass sie 
kein gutes Bild des Originals zu geben vermögen, wie dies H. v. Meyer schon, namentlich mit Bezug auf 
die ZĂ€hne, erklĂ€rte (Palaeontographica Bd. XI. pag. 223). Von spĂ€teren Bemerkungen ĂŒber das gedachte 
Exemplar, welches von WAGNER zu der von ihm 1852 aufgestellten Art „Ichthyosaurus leptospondylus“ ge- 
stellt wurde, sei noch erwÀhnt: 

Zırten, Handbuch der Palaeontologie, Bd. III. pag. 471, sowie der bezĂŒgliche Abschnitt bei Fraas, 
die Ichthyosaurier der sĂŒddeutschen Trias und Juraablagerungen, 1891, pag. 74. Es befindet sich gegen- 
wĂ€rtig in der MĂŒnchener palaeontologischen Staatssammlung. 

Im nĂ€mlichen Jahre, da Quenstepr das HĂ€gertein’sche Exemplar erwĂ€hnte, beschrieb A. WAGNER 
einen Zahn aus dem Diceraskalke von Kelheim und begrĂŒndete auf demselben die Species „Ichthyosaurus 
posthumus“. Die Beschreibung findet sich in den Abhandlungen der bayrischen Akademie der Wissen- 
schaften 1850—1852. Bd. VI. pag. 702 und tab. IV. Fig. 4 und 5. cf. Zırren, ]. c. III. pag. 470 und 
Fraas, ]. c. pag. 73. Das Original befindet sich ebenfalls in der MĂŒnchener Staatssam mlung. 

1852 gab A. Wagner Nachricht von Ichthyosaurierresten aus dem lithographischen Schiefer von 
Kehlheim, dem sog. ÖBERNDORFER’schen Exemplar, und begrĂŒndete darauf die Species des „Ichthyosaurus 
leptospondylus WAGNER“ (Gelehrte Anzeigen XXXVI, Nr. 3. pag. 25). 

Er beschreibt einige SchĂ€delbruchstĂŒcke, sechs ZĂ€hne, ein Schulterblatt, einige Wirbel und Rippen. 
Die Beschreibung umfasst zwar die vorhandenen Knochenreste in ziemlicher VollstÀndigkeit; gleichwohl sind 
— wie spĂ€ter gezeigt werden soll — ein paar Beobachtungsfehler gemacht worden; auch dĂŒrfte die Ein- 
lÀsslichkeit ziemlich vermisst werden. 

Abbildungen wurden hiezu nicht gegeben; nur zwei ZĂ€hne werden anderenorts abgebildet (Abhand- 
lungen der bayr. Akademie der Wissenschaften, Bd. VII. pag. 264 und tab. Ill. Fig. 14 und 15). 


Qu 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 28 


E. Fraas stellt dieses StĂŒck, auf welchem — wie erwĂ€hnt — die Species „Ichthyosaurus lepto- 
spondylus“ errichtet wurde, zu Ichthyosaurus posthumus auf Grund der ZĂ€hne. 

Das Exemplar befindet sich gleichfalls in der MĂŒnchener Staatssammlung. 

Ebenda findet sich noch ein Zahn aus dem weissen Jura von Mörnsheim (Fraas, l. c. tab. XI. 
Fig. 18), sowie zwei ZĂ€hne aus dem oberen weissen Jura von Kelheim, welche von Frass ebenfalls zu 
Ichthyosaurus posthumus gestellt werden. 

1863 beschrieb Hermann v. Meyer (Palaeontographica Bd. XI. pag. 222 und tab. XXIII) ein 
SchĂ€delbruchstĂŒck aus dem lithographischen Schiefer von EichstĂ€tt und stellte es — allerdings wegen Un- 
genauigkeit der Wagxer’schen Abbildungen fraglicherweise — zu Ichthyosaurus leptospondylus Wacn. ?; 
er gab von dem SchÀdel sowohl als von den ZÀhnen genaue Abbildungen. 

Fraas rechnet auch diesen Fund auf Grund der ZĂ€hne zu Ichthyosaurus posthumus, so dass fĂŒr die 
Species Ichthyosaurus leptospondylus nur das eine, 1861 von Wagner beschriebene und aus der HÄBERLEIN- 
schen Sammlung stammende Exemplar ĂŒbrig bleibt. 

Das H. v. Meyer’sche Exemplar befindet sich im British Museum zu London (Catalogue of the 
fossil Reptilia and Amphibia in the British Museum, part II. by R. Lyverker. London 1889. pag. 31). 

Zu den bisher aufgefĂŒhrten Funden kommt noch das 1594 auf dem Maxbruch bei Solnhofen auf- 
gefundene Exemplar, das als das best erhaltene bezeichnet werden muss, weniger mit Bezug auf den all- 
gemeinen Habitus, als vielmehr wegen der Menge genauer osteologischer Einzelheiten, die es bietet, so dass 
auf Grund dieses neuen Beobachtungsmaterials die frĂŒheren Beschreibungen ergĂ€nzt werden können und eine 
sichere specifische Umgrenzung der Weissjura-Ichthyosaurier ermöglicht wird. 

Es erscheint dies um so mehr wĂŒnschenswerth, als die Wagxer’schen Arbeiten vielfache Ungenauig- 
keiten in Beschreibung und Abbildungen und manche Fehler in der Deutung der einzelnen Theile — wie 
die Folge zeigen wird — aufweisen. Sodann liegt aber auch der Gedanke nahe, die neuen Aufstellungen 
FraAs’ an der Hand des reichlich vermehrten Materials zu berĂŒcksichtigen. 

Kommt der letztgenannte Forscher doch selbst zu dem Resultate, dass sich „aus den bisherigen 
dĂŒrftigen Ueberresten keine sicheren SchlĂŒsse ĂŒber die systematische Stellung der Weissjura-Ichthyosaurier 
ziehen lassen“ (l. c. pag. 74). 

Um eine Uebersicht ĂŒber vorstehend kurz erwĂ€hnte Funde und deren Systematisirung zu geben, 
mögen dieselben tabellarisch unter BerĂŒcksichtigung der zeitlichen Aufeinanderfolge kurz aufgefĂŒhrt werden. 
Dabei sollen keine BerĂŒcksichtigung zwei dĂŒnne Schieferplatten finden, welche in der hiesigen Staatssamm- 
lung aufbewahrt werden, aber keinerlei Interesse verdienen, indem die eine derselben — aus dem litho- 
graphischen Schiefer von Kelheim stammend — Rippenfragmente und zerbrochene Wirbel aufweist, die 
andere — von Solnhofen — PolygonaltĂ€felchen in buntem, regellosem Durcheinander enthĂ€lt, ohne dass 
eine von beiden irgend welche wichtigere AufschlĂŒsse zu bieten geeignet wĂ€re. 


1852  Ichthyosaurus posthumus WAGNER. 
Zahn aus dem Diceraskalk Kelheims. 

1853 Ichthyosaurus leptospondylus WAGNER. — I. posthumus Fraas. 
ÖBERNDORFER’Sches Exemplar. 

1861 ZI. leptospondylus WAGNER. 
HÀÄBErtEıIn’sches Exemplar- 


2386 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


1863 1. leptospondylus WAGNER ?. — I. posthumus FrRaAas. 
H. v. Meyer’sches Exemplar. 
1894 I. posthumus WAGNER. 
Neuer Fund. 
? fi I. posthumus Fraas. 
ZÀhne von Mörnsheim und Kelheim. 


Wie aus vorstehender Zusammenstellung ersichtlich ist, stellt E. Fraas alles, was sich an Ichthyo- 
saurierresten im lithographischen Schiefer von Kelheim, Solnhofen und EichstÀtt bis jetzt vorfand, zur 
Species des Ichthyosaurus posthumus, mit einziger Ausnahme des HÄBERLEIN’'schen Exemplares. Da seine 
BegrĂŒndung lediglich auf Form und Ausbildung der ZĂ€hne basiert, so sind vor Allem die Angaben hierĂŒber 
zusammenzustellen und sodann zu untersuchen, inwieweit die Species Ichthyosaurus leptospondylus auszu- 
dehnen bezw. einzuschrĂ€nken ist, oder ob sie ĂŒberhaupt aufrecht erhalten werden kann. 


Wagner gibt von dem Ichthyosaurus posthumus folgende Beschreibung: „Der Zahn ist, zumal gegen 
die Spitze hin, gekrĂŒmmt; die eigentliche Krone stellt einen sehr kurzen, merklich gekrĂŒmmten, im Umfange 
rundlichen, schwarzgefÀrbten Kegel dar, der seiner LÀnge nach mit ziemlich feinen, geraden, sehr zahlreichen 
LĂ€ngsrippen besetzt ist. Die gerippte Krone setzt plötzlich ab und legt sich mit ihrem unteren Rande ĂŒber 
den glatten, glĂ€nzenden Ring, der sie vom Wurzeltheile trennt, ĂŒber welchen letzterer mit seinem unteren 
Ende hinĂŒbergreift. Schon an ihm wird der seitliche Durchmesser von aussen nach innen grösser, als der 
von vorn nach hinten d. h. nach der Richtung der ZahnkrĂŒmmung gehende. Noch mehr ist dies am Wurzel- 
theile der Fall, der unterhalb des Ringes in seiner Breite schnell anschwillt, dann in dieser fast bis zum 
Ende anhÀlt, wÀhrend er an Dicke abwÀrts immer mehr abnimmt. Seine ganze OberflÀche ist der LÀnge 
nach unregelmÀssig und fein gefurcht. Seine VorderflÀche von der hinteren durch eine stumpfe LÀngs- 
kante geschieden.“ (Abhandlungen der bayr. Akademie der Wissensch. 1852. Bd. VI. pag. 703.) 


Vom ÖBERNDORFER’schen Exemplare sagt er: „Der mit Schmelz belegte Kronentheil ist der LĂ€nge 
nach regelmÀssig und deutlich gefurcht. Der Wurzeltheil ist durch unregelmÀssige und unterbrochene LÀngs- 
furchen mehr grubig ausgehöhlt.“ (Gelehrte Anzeigen Bd. XXXVI. 1851. pag. 29.) 

H. v. Meyer hebt hervor, dass „die rund kegelförmige, schwach gekrĂŒmmte, gut beschmelzte Krone 
gewöhnlich deutlich gestreift ist, aber auch ganz glatt sein kann.“ (Palaeontographica Bd. XI. pag. 225.) 

Von den ZĂ€hnen des HÄgerzem’schen Exemplares bemerkt WAGNER, dass sie „von geringer Grösse, 
höchstens 61/2” lang, dabei etwas gekrĂŒmmt, am Wurzeltheile stark gefurcht, an der Krone fast ganz glatt, 
nur einige mit sehr feinen LĂ€ngsstreifen“ versehen seien. (Abhandl. der bayr. Akademie der Wissensch. 
Bd. IX. pag. 120.) 

Dagegen notirt Fraas: „Die ZĂ€hne sind klein, scharf gekrĂŒmmt und mit grosser, aber vollstĂ€ndig 
glatter Zahnkrone versehen; die Zahnwurzel, wie der ganze Zahn, ist bedeutend schlanker als bei Ichthyo- 
saurus posthumus“ (l. ec. pag. 74). 

Eine Vergleichung der Angaben Wacner’s ĂŒber den isolirten Zahn aus den Diceraskalken und die 
ZĂ€hne des ÖBERNDORFER’schen Exemplares zeigt, dass die Beschreibung des letzteren ungenau ist, dass aber 
die angegebenen Merkmale nichts weniger als eine Artverschiedenheit zu begrĂŒnden vermögen, im Gegen- 
theile in der Hauptsache vollkommen im Einklang stehen. Unbedenklich wĂŒrden wir dasselbe auch mit 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 987 


Bezug auf die H. v. Meyer’schen Exemplare zu sagen berechtigt sein, wĂŒrden nicht seine Angaben ĂŒber 
das Vorhandensein auch ganz glatter Zahnkronen eine gewisse ZurĂŒckhaltung des Urtheils nahe legen. 

HĂ€lt man aber die zuletzt aufgefĂŒhrten Bemerkungen ĂŒber ein und dasselbe HÄBErreım’sche Exem- 
plar einander gegenĂŒber, so springt sofort in die Augen, dass bei widersprechender Beschreibung von einer 
Seite Beobachtungsfehler gemacht sein mĂŒssen. Fraas spricht von „vollstĂ€ndig glatten Zahnkronen“, wĂ€hrend 
WAGNER „einige ZĂ€hne mit feinen LĂ€ngsstreifen versehen“ sein lĂ€sst und damit das Exemplar dem von 
H. v. Mxryer beschriebenen nahe rĂŒckt. 

Da weiterhin aus dem Gesagten feststeht, dass bei ein und demselben Exemplare (H. v. Merer’- 
schen nach dessen Angaben und Abbildungen; HĂ€BErreın’schen nach Combination der Wacner’schen und 
Fraas’schen Notizen) gerippte bezw. gestreifte Kronentheile sowohl als ganz glatte zu beobachten sind, so 
ist vor allem diese Thatsache nÀher zu beleuchten. 

KiIPrRIJAnoFF, welcher ĂŒber ZĂ€hne und deren Structur und BildungsverhĂ€ltnisse die ausgedehntesten 
Untersuchungen gemacht hat, stellt die Behauptung auf, „dass bei jungen ZĂ€hnen die Krone aus Dentin- 
schichten bestehe, die mit Schmelzschichten bedeckt sind, deren Rippen noch nicht vollstĂ€ndig ausgebildet“. 
Diese auf reiches empirisches Beweismaterial gestĂŒtzte Aufstellung findet denn auch ihre BestĂ€tigung durch 
die Beschaffenheit der ZĂ€hne an dem HĂ€gerreis’schen Exemplare, das wir nach den GesammtgrössenverhĂ€lt- 
nissen als ein junges Tier zu bezeichnen genöthigt sind, und ist im Stande, die, trotz des nicht umfang- 
reichen Materials, in der Literatur entstandene Verwirrung zu heben. 

Denn nach dem Vergleiche mit dem Original sind die Angaben Wacner’s und Fra4As’ miteinander 
zu combiniren, indem die Kronen bei einigen ZĂ€hnen glatt, bei anderen dagegen mit deutlichen LĂ€ngs- 
streifen versehen sind, ganz so wie es H. v. Meyer angibt. Zwei von mir angefertigte Querschliffe lassen 
die Furchen bei ganz kleinen Exemplaren bereits 0,003 bezw. 0,002 m unter der Spitze deutlichst erkennen. 


Wo dies — wie an einem 0,008 m langen Zahne — Ă€usserlich noch nicht hervortritt, heben sich die Rippen- 
anlagen doch schon durch dunkle, brÀunliche Tönung von den dazwischen gelegenen Furchenfeldern ab. 
„Ging ja — nach Kıpkisanorr ]. c. pag. 60 — die Bildung der Schmelzschicht von dem schwachen Cement 


aus, und zwar in Form von Rippen, die sich allmÀhlig von oben herabsenkten, wÀhrend die Furchen zwischen 
denselben spĂ€ter durch neu entstandene Schmelztheile ausgefĂŒllt wurden.“ 

Diese Zusammengehörigkeit erscheint noch mehr begrĂŒndet, wenn man die GrössenverhĂ€ltnisse ins 
Auge fasst. Das HĂ€gerrein’sche Exemplar erreichte eine LĂ€nge von ungefĂ€hr 1,50 m, wĂ€hrend das zu dem 
Zahne aus den Diceraskalken gehörige Thier wohl 3—4 mal so lang war. Dass bei einer so gewaltigen 
Grössendifferenz dieselben Merkmale und Eigenschaften in ihrer bezĂŒglichen Ausbildung innerhalb gewisser 
Grenzen auch Abweichungen aufweisen werden, ist wohl selbstverstÀndlich. LÀsst man aber diese Thatsache 
der verschiedenartigen Gestaltung je nach den verschiedenen Altersstufen völlig unberĂŒcksichtigt, so sieht 
man sich wohl genöthigt, junge und alte Thiere derselben Species auseinander zu reissen und unter ganz 
verschiedene Arten zu subsumiren. 

Dasselbe ist man gezwungen zu thun, falls man in Anbetracht des raschen Zahnwechsels gerade bei 
unseren Thieren die verschiedenen simultan auftretenden Entwickelungsphasen ausser Acht lÀsst, indem ganz 
junge und halbausgebildete in bunter Abwechslung mit alten vorhanden sein können, ja wo selbst nach der 
Stellung im Kiefer die Maass- und EntwickelungsverhÀltnisse von Krone und Wurzel die manniefaltigste 
Abwechslung aufweisen. 


288 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura, 


Unter BerĂŒcksichtigung alles dessen muss wohl vom HĂ€gervem’'schen Exemplar dasselbe gelten, 
was H. v. Meyer von den ZĂ€hnen des von ihm beschriebenen und mit Recht von Fraas zu Ichthyosaurus 
posthumus gestellten Exemplare sagt: „dass die gut beschmelzte Krone gewöhnlich deutlich gestreift, aber 
auch ganz glatt sein kann.“ (Palaeontographica Bd. XI. pag. 225.) 

Immerhin steht soviel fest, dass ein mehr oder weniger in der Ausbildung eines Merkmals keinen 
specifischen, haltbaren Unterschied zu begrĂŒnden im Stande ist — Plus vel minus non specificat! 


Nach dem Vorgange Fraas’ stelle ich daher nicht nur das OBErNnDorFEr’sche Exemplar zur Art 
des Ichthyosaurus posthumus, das ihm nach Grösse und Ausbildung am nÀchsten steht, sondern auf Grund 
der eben geschilderten VerhĂ€ltnisse auch das HÄperreiv’sche. 

H. v. Meyer hat â€žĂŒber die IdentitĂ€t der Species wegen Ungenauigkeit der Abbildungen bei WAGNER“ 
nichts sicheres — wie er selbst sagt — entnehmen können und desshalb die Richtigkeit seiner Bestimmung 
offen gelassen. Fraas hat denn auch mit vollem Rechte das fragliche Exemplar zu Ichthyosaurus posthumus 
gestellt und hĂ€tte konsequenterweise dasselbe auch mit dem HĂ€gerzeiv’schen StĂŒcke thun mĂŒssen. 


FĂŒgen wir dem noch hinzu, dass das neu aufgefundene und unten nĂ€her zu beschreibende Exemplar 
ebenfalls die Merkmale der Art des Ichthyosaurus posthumus in Bezug auf die ZĂ€hne aufweist, so dĂŒrfte 
als feststehend anzunehmen sein, dass sÀmmtliche bisher im weissen Jura Bayerns aufgefundenen Ichthyo- 
saurierreste unter einer Species zu begreifen sind, welcher unter Wahrung der PrioritÀt der Name 


Ichthyosaurus posthumus WAGNER 


beizulegen ist und die — wie sich am Schlusse der Arbeit zeigen wird — als synonym mit Ichthyo- 
saurus trigonus OwEN zu betrachten ist. Im Anschlusse hieran mögen die mikroskopisch-anatomischen 
VerhÀltnisse der ZÀhne eingehender erörtert werden, wÀhrend in Bezug auf GrössenverhÀltnisse, Stellung 
der ZĂ€hne in den Kieferknochen und Zahnwechsel auf das im Vorhergehenden Gesagte, sowie auf die bezĂŒg- 
lichen Angaben bei Beschreibung der einzelnen Theile verwiesen sein mag. 

Der Zahn zerfÀllt im ausgewachsenen Zustande in deutlich unterschiedene drei Theile: Krone, Hals 
und Wurzel. 


An der Bildung derselben nehmen gleichfalls drei verschiedenartige und leicht zu trennende Sub- 
stanzen Theil: Schmelz, Dentin und Cement oder Osteodentin. 


Von einem Kronencement, wie ihn R. Owen und PAnper (De dentium structura. Dissertat. inaug. 
St. Petersburg 1856) angeben, konnte ich gleich Fraas an meinen PrÀparaten nichts wahrnehmen; die 
Angaben Kırrisanorr’s hierĂŒber sollen weiter unten BerĂŒcksichtigung finden. 


Der Schmelz legt sich von der Spitze des Zahnes aus ĂŒber das Dentin und besteht aus doppelt- 
brechender Substanz, welche aus einzelnen Prismen gebildet wird, deren LĂ€ngsachsen senkrecht zur Zahn- 
oberflÀche gestellt sind. Nach aussen und innen ist er in scharfen Linien abgegrenzt. 

In unregelmÀssiger Weise ist er von geradlinig verlaufenden Querrissen durchsetzt, welche sich zum 
Theil bis ins Dentin erstrecken. Sie sind rein mechanischen Ursprungs, theilweise hohl, zum Theil aber 


von dem spĂ€ter eingedrungenen Nebengestein ausgefĂŒllt worden, das an einigen Stellen meiner Querschliffe 
Ă€usserlich noch angelagert ist. 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 989 


Seine bedeutendste Dicke erreicht der Zahnschmelz an der Spitze, wo er eine glatte OberflÀche 
besitzt, die indess bald regelmÀssige Faltung zeigt, indem sie sich der Faltung des darunter gelegenen 
Dentins anschliesst. 

Als eine Alterserscheinung muss es angesehen werden, was Koken von Ichthyosaurus hildesiensis 
anfĂŒhrt, dass nĂ€mlich die stĂ€rkeren Rippen ihrerseits 2—4 unregelmĂ€ssige LĂ€ngsstreifen tragen, die durch 
ihre dunklere FĂ€rbung im Relief gar nicht oder kaum merklich hervortreten, sowie dass der ganze Schmelz 
— mit Ausnahme der Spitze — fein höckerig granuliert sei. Diese Erscheinungen treten an dem Ă€ltesten 
Zahne von Ichthyosaurus posthumus aus dem Diceraskalke Kelheims deutlich hervor. (Siehe Zeitschrift der 
deutschen geolog. Gesellschaft 1883. Bd. 35. pag. 773.) 

Die Schmelzrippen sind gegen den meist etwas eingeschnĂŒrten Halstheil scharf abgesetzt, indem an 
dieser Stelle auch die darunter liegenden Dentinfalten in kurzen AuslÀufen endigen. 

KıIPrIJANoFF gibt nun an, dass „der Zahnhals d. h. derjenige Theil, durch welchen der Zahn im 
Gaumen befestigt ist, nie mit Schmelz ĂŒberzogen sei, sondern ganz aus Dentin bestehe, welches von einer 
dĂŒnnen Cementschicht bedeckt sei, in der jedoch keine Knochenzellen vorhanden sein sollen“. 1. ec. pag. 47 u. 54. 

Im Gegensatze hiezu setzt an Ichthyosaurus posthumus der Schmelz sich auch ĂŒber den Zahnhals 
fort, wobei er eine glatte OberflÀche besitzt. Beim Beginne der Wurzel wird er vom Cemente bedeckt, 
unter welchem er dem Verlaufe des Zahnbeines oder Dentins folgend sich allmÀhlig und unregelmÀssig aus- 
keilt. Diese VerhÀltnisse treten an einer Serie von PrÀparaten deutlich zu Tage, wobei der Schmelz wegen 
des Vermögens der Doppeltbrechung in seinem Verlaufe leicht nachgewiesen werden konnte. 

Unterhalb der dicken Schmelzlage der Zahnspitze beginnt das Dentin, welches sich bald in ober- 
flÀchlich verlaufende Falten legt und damit auch die Rippung und Furchung des Schmelzes verursacht. Die 
Dentinrippen verschwinden kurz nach Beginn des glatten Zahnhalses. Im Innern des Dentins liegt die 
ziemlich grosse Pulpahöhle, welche sich in einem dĂŒnnen KanĂ€lchen bis nahe an die Zahnspitze fortsetzt. 

Nach unten wird es vom Cemente aufgenommen und erreicht somit nicht jenen Umfang, wie wir 
ihn an liassischen Arten wahrnehmen; auch fehlt hier die dort durch Einfaltung des Dentins erzielte eigen- 
thĂŒmliche labyrinthische Structur. 

Das Dentin setzt sich aus feinen radial verlaufenden dĂŒnnwandigen KanĂ€lchen zusammen, welche 
sich nach aussen mehrfach verzweigen, dabei immer enger werden und schliesslich in einer körnig aussehenden 
Interglobularsubstanz endigen. Ein Eindringen dieser KanÀlchen in den Schmelz konnte ich nicht beöbachten. 
Das Dentin zeigt — auch am Schmelze tritt dies, wenn auch weniger deutlich, hervor — concentrisch 
schaalige Anwachsstreifen, 

Die dritte an der Zusammensetzung des Zahnes betheiligte Substanz ist das Cement, welches die 
Wurzel der Hauptsache nach bildet und aufbaut. Es beginnt, wie wir oben gesehen haben, am unteren 
Ende des glatten Halses und erweitert sich von da an rasch nach unten, indem es bauchig anschwillt, jedoch 
verlÀuft es nicht gleichmÀssig, sondern wird von aussen nach innen zu etwas eingeengt, so dass die Form 
der Wurzel subquadratisch wird. 

An der Aussenseite ist es glatt, an seiner unteren Endigung dagegen besitzt es eine rauhe Ober- 
flĂ€che — ein Umstand, der vielleicht auf eine synostotische Verbindung mit der Zahnrinne hinweist. 


Nach innen springt das Wurzelcement unregelmÀssig kegelförmig in die Pulpahöhle vor und endigt 
Palaeontographica. Bd. XLIYV. 37 


390 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


nicht, wie Fraas angibt — 1. c. tab. XI. Fig. 22 — bei Beginn derselben. Ueberhaupt gibt diese Abbildung 
ein unrichtiges Bild von der Vertheilung des Cements und Dentins, da es von einem nach unten noch nicht 
geschlossenen Zahne genommen ist. Auch Hurke gibt von Ichthyosaurus enthekiodon dieses Vorspringen 
des Cements in die Pulpahöhle an (The base of the .cavity contains a small plug of osteodentin. Quart. 
Journal 1871. Bd. 27. pag. 440.). (Siehe Taf. XXVI. Fig. 27.) 

Nach PAnper ist an dem Àusseren Rande des Schmelzes eine Schicht regelmÀssig verbundener Zellen 
sichtbar, welche sich an der Cementbildung betheiligen. Kıprısanorr nimmt nun an, dass diese „Kronen- 
cement“ genannte Substanz durch die Querrisse des Schmelzes in das Dentin eindringt und dasselbe zerstört, 
wobei die von ihm abgebildeten, stark schematisirten VerÀstelungen im Dentin entstehen sollen. (cf. Kıprı- 
JANOFF, ]. c. pag. 5l und tab. IV. Fig. 2—5 und 10.) 

Nun wurde aber bereits hervorgehoben, dass an unseren ZĂ€hnen von einem Kronencement nichts 
beobachtet wird, wÀhrend andererseits u. d. M. bei schwacher Vergrösserung dieselben dendritischen Bil- 
dungen beobachtet werden. Andererseits bieten meine Querschliffe durch den Hals eines Zahnes, welche 
von Voısr und HocHszsang in Göttingen angefertigt wurden, u. d. M. bei starker Vergrösserung dasselbe 
Bild, welches Kıprısanorr (Th. I. tab. V. Fig. 1 und 2) gibt. Wir sehen den Verlauf der DentinkanÀlchen 
mit ihren feinen Endigungen, die Interglobularsubstanz und eine kleine Parthie von Zahnschmelz. Der ĂŒbrige 
Theil des Schmelzes fehlt; seine Stelle wird eingenommen von theils im Querschnitte, theils im LĂ€ngsschnitte 
getroffenen breiten wurmförmig verlaufenden KanÀlen, deren Durchmesser bedeutend grösser ist als jener der 
DentinkanĂ€lchen. KiPrRIsAnorrF bezeichnet sie als „Reihen verlĂ€ngerter primĂ€rer Zellen, die in KanĂ€lchen 
und Kalk- oder Dentinröhrchen ĂŒbergehen, wo auch ihre Wandungen und ihr kalkiger Inhalt zu sehen ist“. 


Dementsprechend lÀsst er in den erwÀhnten Abbildungen einen Theil dieser wurmförmigen Röhren 
in die viel engeren zarten DentinkanÀlchen verlaufen, wÀhrend ein anderer Theil blind endigt, wieder andere 
im Querschnitt getroffen sind. Letztere spricht er theils als Haversische KanÀle, theils als Odonto- bezw. 
Östeoblasten an. 

Diese Deutungen, sowie die darauf gegrĂŒndeten AusfĂŒhrungen ĂŒber die Entstehung der ZĂ€hne mĂŒssen 
jedoch als unrichtig bezeichnet werden; denn wir haben es hier nicht mit primÀren Bildungen zu thun, 
sondern mit secundÀren Krankheitserscheinungen, welche das Produkt kalkfressender Algen sind. 

Dass dem wirklich so ist, geht aus meinen Schliffen deutlich hervor (Taf. XXVI. Fig. 25—31), wo 
diese wurmförmigen Durchbohrungen des Schmelzes und Dentins nicht nur an der Grenze des Schmelzes, 
sondern von der Spitze bis zum Wurzelcement beobachtet werden. An manchen Stellen ist der Schmelz 
dadurch vollstÀndig zerstört, wÀhrend er an anderen erhalten geblieben ist. Daraus ferner, dass an den 
Kiprisanorr' schen PrÀparaten diese Algen besonders in der Gegend des Zahnhalses auftreten, erklÀrt sich 
auch die Angabe, der Halstheil entbehre des Schmelzes. Denn die Th. I. Taf. V. Fig. 1 und 2 abge- 
bildeten Schliffe gehen durch den Th. I. Taf. II. Fig. 4 a und b abgebildeten Zahn bezw. den Hals desselben. 

Aehnliche Gebilde wurden namentlich in den Schaalen von Acephalen und Gastropoden von WEDL, 
LAGERHEIM u. a. nachgewiesen und auf parasitische, den Conferven angehörige Algen zurĂŒckgefĂŒhrt (WEDL); 
LAGERHEIM begrĂŒndete darauf ein neues Genus „Mastigocoleus“, welches er in die Ordnung der Phycochro- 
maceen stellte. 


Roux beobachtete dieselben Erscheinungen in Knochen und Knorpeln von Fischen und Sauriern der 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 991 


verschiedensten Formationen (Muschelkalk-Pliocaen) und erklÀrte sie als MycelfÀden von Pilzen, welchen er 
den Namen „Miycelites ossifragus“ beilegte. 

Es liegt indess nicht im Sinne dieser Arbeit, diesen Fragen nĂ€her zu treten, und es mag genĂŒgen, 
hier auf ihre Gleichartigkeit mit den eben erwÀhnten Bildungen hingewiesen zu haben. !) 


Nachdem wir durch Betrachtung der ZĂ€hne bereits eines der „wichtigsten Kennzeichen zur Species- 
bestimmung“ als bei sĂ€mmtlichen Exemplaren ĂŒbereinstimmend gefunden haben, wird es nunmehr Aufgabe 
des Folgenden sein, sowohl durch eingehende Untersuchung des alten, aber vielfach mangelhaft bearbeiteten 
Materials, als durch Beschreibung des neuen Fundes die Art des Ichthyosaurus posthumus genau zu um- 
grenzen. „Sind ja, wie THEoDoRL richtig bemerkt, zur Unterscheidung der Species die bemerkbaren Unter- 
schiede eines einzelnen Theiles nicht von solcher Wichtigkeit wie eine Anzahl solcher in Verbindung stehender 
Unterschiede, zumal da bisweilen ganze SchÀdel und ZÀhne zu einer solchen Bestimmung nicht hinreichend 
sind.“ (Bei KIPRIJANorFF, ]. c. pag. 6.) 

. Am besten mag auch hierin die historische Reihenfolge eingehalten werden, wobei zuerst das OBERN- 
DORFER’Sche und HÄBErtEIN sche Exemplar zu betrachten und schliesslich zur Beschreibung des neuen Soln- 
hofer StĂŒckes ĂŒberzugehen ist. _ 

Das H. v. Meyer’sche Exemplar kann hiebei fĂŒglich ĂŒbergangen werden, da es einerseits nur wenige 
Details zeigt und andererseits bereits eingehendst beschrieben wurde. Wenden wir uns zunÀchst zur Betrach- 
tung des von A. Wagner (Gelehrte Anzeigen Bd. XXXVI, Nr. 3 pag. 25. cf. Abhandlungen der bayr. Akad. 
der Wissenschaften Bd. VII. pag. 264 und tab. III. Fig. 14 und 15) im Jahre 1852 beschriebenen 


Oberndorfer’schen Exemplares. 


Es wurde bereits in der Einleitung hervorgehoben, dass auf diesem Funde aus dem lithographischen 
Schiefer von Kelheim die Species „Ichthyosaurus leptospondylus“ errichtet wurde. Diese Aufstellung wurde 
bereits von Eb. Fraas (l. ce. pag. 73) umgestossen, und WaGner konnte sich lediglich durch die Grössen- 
unterschiede der ZĂ€hne dazu verleiten lassen, eine neue Art auf diesem Funde zu basiren. 

Von den SchÀdelknochen macht WAsner eine kurze ErwÀhnung, ohne sie indess nÀher zu beschreiben, 
wesswegen dies hier, soweit es der Erhaltungszustand gestattet, geschehen soll. 

Das Intermaxillare (Taf. XXV. Fig. 1) ist in einer LĂ€nge von 0,144 m erhalten und hat eine 
Breite von 0,0155—0,019 m. Dabei steht die hintere Alveolarseite um 0,0040—0,0057 m ĂŒber die vordere 
vor und zeigt deutlich elliptisch grubige Einbuchtungen, zur Aufnahme der einzelnen ZĂ€hne beziehungsweise 
Zahnwurzeln. 


1) Vergl. Zeitschrift fĂŒr wissenschaftl. Zoologie 1887. Bd. 45. (W. Roux, Ueber eine im Knochen 
lebende Gruppe von Fadenpilzen — Mycelites ossifragus.) Notarisia, commentarium phycologicum. Anno 
1. Aprile 1886. Nr. 2. G. Lacerneım, Note sur le Mastigocoleus, nouveau genre des algues marines 
de l’ordre des Phycochromacees. 

Sitzungsberichte der kais. Akad. der Wiss., math.-naturwiss. Classe. 1858. Bd. 33. Nr. 28. 
Prof. Dr. C. Wepr, Ueber die Bedeutung der in den Schaalen von manchen Acephalen und 
Gasteropoden vorkommenden KanÀle. 


292 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


Da nur der vordere Theil dieser vorspringenden Leiste erhalten ist, lassen sich nur sechs solcher 
Einsenkungen wahrnehmen, welche regelmÀssig aufeinander folgen und auf eine gedrÀngt stehende Bezahnung 
schliessen lassen. 

Korn (Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft Bd. 35. 1883. pag. 739) hat dieses Vor- 
stehen der inneren Zahnleisten am rechten Unterkieferaste von „Ichthyosaurus polyptychodon n. sp.“ beob- 
achtet, wenn auch nicht in der typischen Weise, wie an vorliegendem StĂŒcke. 

KIPRIJANOFF (]. c. pag. 62 und Th. I. tab. VI. Fig. 1A, 2A und, 4A) gibt auch das Vorhandensein 
von Alveolen bezw. dazwischenliegenden Septen an, die jedoch am Oberkiefer „kaum zu unterscheiden sind“, 
wÀhrend sie am Unterkiefer deutlicher hervortreten. 

Die von hinten nach vorne verlaufende GefĂ€sslĂ€ngsrinne setzt sich nach vorne (nach KIPRIJANOFF’S 
Angaben zwischen dem 13. und 12. Zahne, cf. 1. ec. Fig. 1 B und 2 B) in spaltenförmigen bezw. grubigen 
Eintiefungen fort. 

Unter dieser linken Praemaxilla ragt die rechte zerbrochene vor. Vom Unterkiefer sind zwei 
Bestandtheile erhalten geblieben in einer LĂ€nge von 0,15 m. 

Nach Copz (on the homologies of some of the cranial bones of the reptilia ete. Natural history 
pag. 194 und Abb. pag. 200) sind sie als Angulare und Supraangulare zu deuten. 

Das Angulare (Taf. XXV. Fig. 2) ist ein starker, krÀftig gebauter Rinnenknochen, der nach hinten 
sich etwas verbreitert und sich ĂŒber das (darunterliegende) Supraangulare legt. UngefĂ€hr 0,055 m vor 
seiner hinteren Endigung greift er mit einem dĂŒnnen Knochenblatte ĂŒber das Supraangulare ĂŒber. 

Auf der Innenseite sendet das Winkelbein einen dinnen 0,013 m hohen Fortsatz nach oben. In 
die hiedurch sich bildende Vertiefung wird das Ueberwinkelbein aufgenommen, welches in seinem Verlaufe 
an Breite zunimmt und an seinem hinteren Ende sich schuppenförmig auskeilt. 

Auf der Aussenseite sind zwei GefÀssöffnungen, deren vordere in eine kurze (0,02 m), breite 
(0,005 m) Rinne ausgezogen ist. Die von Kıprısanorr (l.c. Th. 1. tab. IX. Fig. 1) gegebene Reconstruction 
gibt auf den Querschnitten 2—5 den inneren Fortsatz des Winkelbeins, der an unserem natĂŒrlichen Quer- 
schnitte beobachtet wird, nicht an. Gerade durch das Ineinandergreifen der beiden krÀftigen Knochen aber 
wurde eine grosse Festigkeit des Unterkiefers erzeugt und seine WiderstandsfÀhigkeit bei den gewaltigen 
Kaubewegungen des Thieres um ein Bedeutendes gesteigert. 

Unterhalb des Kieferastes liegt noch ein dĂŒnner lamellarer Knochen, der ein deutliches Ossifications- 
centrum besitzt. Er erreicht, den Abdruck des abgebrochenen StĂŒckes miteinbezogen, eine LĂ€nge von ca. 
0,095 m, eine vordere Breite von 0,015 m, eine mittlere von 0,024 m und eine hintere von 0,011 m. 
WAGner macht davon — wie auch von Angulare und Supraangulare — keinerlei ErwĂ€hnung. Die Deutung 
desselben bietet aber seiner isolirten Lage halber einige Schwierigkeiten. Zwei Dinge erleichtern indess 
diese Aufgabe — einesmals der Umstand, dass er nach den bisher an Ichthyosauriern zu beobachtenden 
Formen lediglich dem Unterkiefer angehören kann, und zweitens, dass er auf der Innenseite desselben 
befestigt gewesen sein muss. Unterkiefer und Oberkiefer sind nÀmlich bei der Fossilisation gewaltsam aus- 
einandergerissen worden und haben eine Drehung von 90 ° von innen nach aussen erfahren, wobei ein so 
dĂŒnner plattiger Knochen wie der vorliegende nach Auflösung der ligamentösen Theile leicht weggespĂŒlt 
werden konnte. 

Da aber von den Unterkiefenknochen nur Spleniale Owzx (Opereulaire Cuvıer) und Complementare 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 393 


CuvIer (Coronoid Owen) in Frage kommen, andererseits das Spleniale — wie wir am HĂ€gerrrıv’schen Exem- 
plare sehen werden — ein dĂŒnner langgestreckter Knochen ist, muss das fragliche StĂŒck wohl als Com- 
plementare oder Schliessbein (Taf. XXV. Fig. 3) bezw. Coronoid angesprochen werden. 

Hawsıns und Cuvier geben in ihren Abbildungen das Aequivalent des Knochens an und bringen 
ihn zu Dentale, Spleniale und Supraangulare in Beziehung. !) 

WAGNER erwÀhnt ferner noch das eine Postorbitale, welches eine Höhe von 0,06 m hat und einen 
Schluss auf die nicht unbedeutende Grösse des Auges gestattet. 


Von den Skleroticaplatten haben sich mehrere erhalten; sie haben die gewöhnliche Form und 
erreichen eine Höhe von 0,035 m. 


Besonderes Interesse beansprucht ein SchÀdelknochen, welchen WAcxer richtig als Quadratbein 
(Taf. XXV. Fig. 4) deutete und mit Ichthyosaurus tenwirostris in Verbindung bringt. Es ist ein flacher, ohr- 
förmig gestalteter Knochen, 0,055 m hoch; an der Stelle der grössten Breite misst er ca. 0,040 m, an der 
Stelle der EinschnĂŒrung 0,028 m. Ebenda zeigt er eine bedeutende Verdickung, hinter welcher sich eine 
grubenförmige Eintiefung befindet. Von den an Ichthyosaurus quadriscissus (Fraas 1. c. tab. V. Fig. 5), 
crassicostatus (MĂŒnchener Sammlung) und tenwirostris (Banzer, Localsammlung) beobachteten unterscheidet 
sich unser Exemplar durch die weniger verdickte untere GelenkflÀche, die weniger tief eingeschnittene Bucht 
fĂŒr das ovale Foramen opticum, sowie die breitere Entwickelung des oberen Theiles. 

Dadurch gewinnen wir ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal gegenĂŒber den liassischen Arten. 


Von ZĂ€hnen haben sich sechs erhalten; von zweien derselben hat WAGNER sehr schlechte Ab- 
bildungen gegeben (Abhandlungen der bayr. Akad. der Wissensch. Bd. VII. tab. II. Fig. 14 u. 15). Er 
findet sie fĂŒr klein im VerhĂ€ltniss zur StĂ€rke und Breite der Kinnladen. Dieses anscheinende MissverhĂ€lt- 
niss erklĂ€rt sich jedoch daraus, dass WAGNER das gequetschte und vorstehende StĂŒck der rechten Praemaxilla 
noch als zur Zahnrinne der linken OberkieferhÀlfte gehörig betrachtete, was jedoch nach unserer oben 
gegebenen Auseinandersetzung falsch ist. Ueberdem stimmen die Breiten der Alveolen genau mit der Breite 
der darunter gelegenen ZĂ€hne. 


Ihre Grösse schwankt zwischen 0,012 und 0,019 m. Durch den Gesteinsdruck sind sie sehr gepresst 
worden, wodurch auch die an ein paar gut erhaltenen StĂŒcken deutlich zu sehende KrĂŒmmung etwas gelitten 
hat; ein Umstand, der A. WAcner mit veranlasst haben mag, sie von Ichthyosaurus posthumus zu trennen. 
Die Zahnkrone ist 0,004—0,01 m lang, deutlich gekrĂŒmmt und krĂ€ftig berippt. Die Schmelzrippen ver- 
laufen unregelmÀssig gegen die glatte Spitze hin, wÀhrend sie gegen den Zahnhals scharf absetzen bezw. 
unter das Dentin des Halses tauchen. 

Die LÀnge desselben schwankt zwischen 0,003 und 0,006 m; er ist glÀnzend und an den nicht 
gedrĂŒckten Exemplaren in der Mitte etwas aufgewölbt bezw. oben und unten eingeschnĂŒrt. Auch die an 
Ichthyosaurus posthumus auftretenden Farbentönungen lassen sich beobachten. 

Der Wurzeltheil ist nach unten zu konisch erweitert; er zeigt keinerlei Rippung und Furchung, 


1) cf. Anatom. Anzeiger 1895. Bd. XI. Nr. 13. G. Baur, Ueber die Morphologie des Unterkiefers 
der Reptilien, pag. 410 ft. 
Cuvıer, Recherches sur les ossements fossiles. Atlas II. Paris 1836. Pl. 257. Fig. 15 u. 16. 
Hawxıns, Memoirs of Ichthyosauri and Plesiosauri. London 1834. Plate 2. Fig. 1. 


294 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


sondern ist glatt. Da jedoch das Cementgewebe der Wurzel lockerer und spongiöser ist als am Halse, so 
erscheint dieselbe mit schwammigen, unregelmÀssigen Rissen bedeckt. 

Nach unten zu schliesst die Wurzel nicht glatt ab, sondern zeigt eine unregelmÀssige EndflÀche, mit 
der sie zweifellos in Verbindung mit dem Zahnbeine stand und zwar nicht bloss hÀutig, sondern synostotisch. 

Der Querschnitt bietet nichts wesentlich Neues: er zeigt die starke Beschmelzung, sowie die sich 
ihm anschliessende Furchung des Dentins. Die Pulpahöhle ist rundlich und reicht, in einer dĂŒnnen Röhre 
sich fortsetzend, bis nahe unter die Spitze. An einem von mir angefertigten PrÀparate hat diese Rinne 
elliptische Gestalt, was als Folge der starken Pressung zu bezeichnen ist, da der Zahn nahezu plattgedrĂŒckt 
war. Dementsprechend sind auch die Anwachszonen des Dentins elliptisch ausgebildet. Hier ist, auch bereits 
an dem kleinsten Zahne eine Aushöhlung bemerkbar, welche von dem Eindringen des Ersatzzahnes herrĂŒhrt. 
Krone, Hals und Wurzel zeigen hier ĂŒberdies ungefĂ€hr die gleiche LĂ€ngenerstreckung. 

Die Wirbelkörper (Taf. XXV. Fig. 5) zeigen eine flach-scheibenförmige Gestalt, deren Höhe zwischen 
0,025—0,029 m, deren Dicke bezw. LĂ€nge zwischen 0,006—0,011 m schwankt. Die Form der Wirbel- 
körper ist rundlich oval und oben durch den sehr breiten Neuralkanal abgeplattet. Die Diapophysen sind 
von den Ansatzstellen fĂŒr die Neuralbogen noch nicht abgetrennt, sondern mit ihm zu einem kuppigen 
Vorsprunge vereinigt. Durch eine seitliche Einbuchtung von ihnen getrennt liegen die Parapophysen, welche, 
soweit es sich beobachten lÀsst, randstÀndig liegen. 

Die Wirbel, von denen nur einer diese Contouren deutlich zeist, nÀhern sich dadurch sehr den von 
SEELEY zu dem Genus Ophthalmosaurus gestellten (cf. LYDERKER, Catalogue of the fossil reptilia and am- 
phibia ete. part. II. Fig. 7). 

Die Rippen zeigen deutliche LĂ€ngsfurchen, sowie Capitulum und Tuberceulum zur gelenkigen Ver- 
bindung mit Di- und Parapophyse der Wirbelkörper. Wasser scheint diese EigenthĂŒmlichkeit ĂŒbersehen 
zu haben. 

Von dem ExtremitĂ€tengĂŒrtel ist lediglich das Schulterblatt (Scapula) erhalten geblieben, dessen 
oberer und unterer Theil jedoch verletzt ist. Das StĂŒck zeigt die typischen Formen — ein beiderseits 
verbreiterter Knochen, der gegen die Mitte zu sich verjĂŒngt, auf der einen Seite geradlinig, auf der anderen 
dagegen etwas gebogen verlÀuft. LÀnge, sowie proximale und distale Breite können leider nicht an- 
gegeben werden. 

Ausser einigen FlossentĂ€felchen und mehreren Bauchrippen ist an dem StĂŒcke weiter nichts zu beobachten. 

So gering diese Reste auch sind, so sind sie doch im Stande, uns ein Bild des Thieres in groben 
Umrissen zu geben. 

Vor allem fĂ€llt die vorwiegend krĂ€ftige Ausbildung des Unterkiefers gegenĂŒber dem Intermaxillare 
auf. Diese Theile, sowie die nahe bei einander liegenden Alveolenvertiefungen weisen auf ein Thier mit 
starker, langgezogener, reich bezahnter Schnauze hin. 

Die Grösse der Skleroticaplatten, sowie des Postorbitale lassen einen hohen, ziemlich steil ansteigen- 
den GesichtsschĂ€del vermuthen, dessen Augenhöhlen fast ganz mit dem Skleroticapflaster erfĂŒllt waren. 

Das gut erhaltene hohe Quadratbein deutet einen gewaltigen HinterschÀdel an. 

Wirbel und Rippen legen ferner nahe, dass wir es mit einem mittelgrossen, nicht alten Thiere zu 
thun haben, das wohl etwas grösser wie das HĂ€sBeruerw’sche Exemplar gewesen sein mag, zu dessen 
Beschreibung ich jetzt ĂŒbergehen will. 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 395 


Zuvor möge hier noch kurze ErwĂ€hnung finden eine dĂŒnne Platte aus dem Kelheimer litho- 
graphischen Schiefer, welche ein buntes Durcheinander von Knochenresten aufweist. Zum grossen Theile 
besteht es aus Àchten und Bauch-Rippen. Ebenso befindet sich auf der Platte etwa ein Dutzend Wirbel von 
der Form am ÖBERDORFF’schen Exemplare, sowie zahlreiche BruchstĂŒcke der oberen Bogen und Dorn- 
fortsĂ€tze, welch letztere mit den am HĂ€gerveiv’schen Exemplare beobachteten in seitlicher Ansicht sowohl 
wie im Querschnitte ĂŒbereinstimmen; namentlich ist das an den DornfortsĂ€tzen der Fall. 

Trotz dieser DĂŒrftigkeit des Fundes ist das StĂŒck von Interesse, insoferne es uns zeigt, dass das 
Vorkommen von Ichthyosaurierresten ein nicht gerade so seltenes ist, wie man es im lithographischen 
Schiefer anzunehmen gewöhnt ist. 

Wacner scheint davon keine Kenntniss besessen zu haben. 


HĂ€berlein’sches Exemplar. ') 


Dieser Àlteste Fund von Ichthyosaurierresten im lithographischen Schiefer Bayerns wurde 1861 von 
A. WAGNER zu der von ihm aufgestellten Art Ichthyosaurus leptospondylus gestellt, da er „nach Vergleichung 
mit dem Kehlheimer Exemplar fand, dass sich sowohl nach Form als MaassverhÀltnissen eine vollstÀndige 
Uebereinstimmung ergebe“. 

Fraas dagegen erkannte diese Uebereinstimmung nicht an und hielt fĂŒr das HÄBErLeın’sche Exem- 
plar die Species Ichthyosaurus leptospondylus aufrecht und zwar hauptsÀchlich auf Grund der Verschiedenheit 
der ZĂ€hne. 

Nach genauer Untersuchung derselben wurde jedoch Eingangs festgestellt, dass eine specifische 
Differenz zwischen beiden Exemplaren nicht vorhanden sei und der oben citirten Behauptung WAGNEr’s von 
„einer vollstĂ€ndigen Uebereinstimmung nach Form und MaassverhĂ€ltnissen“ stattgegeben werden mĂŒsse. 

Da die Beschreibung WAsnxer’s von diesem StĂŒcke ziemlich vollstĂ€ndig ist, möge nur dasjenige hier 
BerĂŒcksichtigung finden, was er entweder ĂŒbergangen oder falsch gedeutet hat. 

Die GesammtlÀnge des Exemplares, welches bis hinter das Becken erhalten ist, betrÀgt ungefÀhr 
0,90 m, wovon ca. 0,35 m auf den SchÀdel entfallen. Genaue Maasszahlen anzugeben, ist leider der stark 
gestörten LagerungsverhÀltnisse halber nicht möglich. 

„Der SchĂ€del ist mit seiner oberen Parthie in das Gestein eingesenkt, so dass nur die Aeste des 
Unterkiefers deutlich hervortreten“, und von den ĂŒbrigen Knochen ausser der Praemaxilla nichts zu bestimmen 
möglich ist. 

Die beiden UnterkieferÀste sind an ihrer langgezogenen Form, sowie an der nach hinten zu- 
nehmenden Verbreiterung leicht zu erkennen. Am rechten lassen sich sogar — WAGNER scheinen diese 
osteologischen Details entgangen zu sein — sehr deutlich die Grenzlinien der Knochen erkennen, die an 
seiner Zusammensetzung betheiligt sind. ‘) 

Das langgestreckte (0,26 m), nach hinten und oben zulaufende Zahnbein zeigt eine tiefe, nach 
rĂŒckwĂ€rts sich verlierende Rinne, welche dem Verlaufe von GefĂ€ssen diente. 


1) cf. Cuvıer, 1. c. Planche 257. Fig. 15 u. 16; Kıpkısanorr, l.c. Th. I. Taf. IX. Fig. 1; Anatom. 
Anzeiger 1895. Bd. XI. Nr. 13. pag. 410; A. A. A. S. Vol. XIX. Core, on the homology of some of 
the cranial bones of the reptilia etc. pag. 194 ff. 


296 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


An dasselbe legt sich an der Unterseite ein spangenförmiger Knochen an — das Gaumenbein 
(Operculare Cuvıer; Spleniale Owen und Baur), welches Zahnbein und Winkelbein miteinander verbindet. 
Es ist nach vorne und hinten zugespitzt und in der Mitte verbreitert; seine LĂ€nge ist ca. 0,11 m; indess 
hindert die theilweise Ueberdeckung durch den linken Unterkieferast die Angabe genauer Maasszahlen. Auf 
dasselbe legt sich, von vorne nach hinten sich verbreiternd, das Angulare (0,145 m. lang), welches die 
blattförmige Anschwellung zeigt, wie sie am ÖBERNDORFER’schen Exemplare beobachtet wurde. Dass diese 
schuppenförmige Fortsetzung sehr dĂŒnn war, zeigt der Umstand, dass es von dem massiveren Theile des 
Knochens ab- und eingesunken ist. 

Theilweise bedeckt davon ist das Ueberwinkelbein, welches sich zwischen Dentale und Angulare 
mit einem langen Fortsatze einkeilt und nach hinten unter das Gestein sinkt, so dass die Umgrenzungs- 
linien hier fehlen. 

Die Breite des Unterkieferastes kann nicht genau angegeben werden, da er nicht in gerader, sondern 
etwas gewundener Lage eingebettet ist. 

Der linke Unterkiefer liest unterhalb des eben beschriebenen, ist in seiner Mitte gebrochen und 
gewaltsam gedreht worden, so dass er mit der Innenseite nach aussen gekehrt vor uns ist. Freilich sind 
dadurch auch die Lagebeziehungen der einzelnen Theile vielfach gestört worden. 

Erkennbar sind Dentale, Angulare und Supraangulare; an letzterem tritt der Kronenfortsatz, 
sowie die GefĂ€sshöhlung, die wir auch am OBERNDORFER’schen Exemplare beobachteten, deutlich hervor. 
Ferner findet sich hier die BestÀtigung des an letztgenanntem Exemplare gegebenen Querschnittes, indem 
das Angulare nach innen und aufwÀrts wie dort einen rinnenförmigen Fortsatz entsendet. 

Nach hinten zu ist der Unterkiefer sanft aufgerundet und erinnert hier an die von Fraas (l. c. 
tab. VI. Fig. 5) abgebildete Form, wenn gleich dort die Linien weniger fein verlaufen, wie ĂŒberhaupt der 
allgemeine Bau der Knochen ein massiverer zu sein scheint. 

Von dem am ÖBERNDORFER’schen Exemplare beobachteten Complementare lĂ€sst sich — wie bei der 
gestörten Lagerung zu erwarten war — nichts bemerken. 

Unterhalb des SchÀdels liegt der von WAcxer beschriebene Augenring mit sehr schön erhaltenen 
Skleroticaplatten. Aus den erhaltenen BruchstĂŒcken desselben lĂ€sst sich ein Schluss ziehen auf die namhafte 
Grösse des Auges bezw. der Augenhöhle; aus dem Umstande ferner, dass die Skleroticaplatten ganz enge 
an die Orbitalknochen angepasst sind, darf wohl nicht ohne Grund gefolgert werden, dass die Augenhöhle 
randlich fast ganz von ihnen bedeckt gewesen ist. 

Der eigenthĂŒmliche Erhaltungszustand, sowie die Thatsache, dass die Platten in zwei concentrischen 
Reihen ĂŒbereinander liegen, lĂ€sst vielleicht vermuthen, dass nicht nur eine, sondern zwei Reihen der Sklero- 
ticaplatten an der Bildung des Augenhöhlenpanzers sich betheiligten. Es wĂŒrde dadurch die Ansicht Fraas’ 
eine neue BestĂ€tigung finden, wonach „sich in seltenen FĂ€llen ausser dem Sklerotica-Ring auch noch Spuren 
eines Skleroticapflasters, bestehend aus kleinen rundlichen Schuppen, beobachten lassen, welche sich an den 
Aussenrand des Ringes anlegen“. (l. c. pag. 10.) Dass wir eine Ă€hnliche Erscheinung wenigstens an unserem 
StĂŒcke haben, scheint auch das OBErnDorFER’sche Exemplar nahe zu legen, wo dieselbe doppelt-concentrische 
Anlagerung der Platten bemerkt wird. 

A. WAGNER erwĂ€hnt ferner einen unterhalb der Augenhöhle liegenden Knochen, „der aus einem 
keilförmig abgestutzten Theile und zwei langen stabförmigen Knochen bestehe“, und deutet denselben 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 397 


als Zungenbein mit seinen beiden Hörnern. Es wĂ€re ja gewiss interessant, ĂŒber diesen Theil des 
Skeletes etwas Sicheres erfahren zu können, allein die gestörte Erhaltung des SchÀdels macht dies schon 
von vornherein höchst unwahrscheinlich. In der That ist die Beschreibung WAGxer’s derartig ungenau, dass 
es unmöglich erscheint festzustellen, welche Theile er mit seinen Angaben getroffen wissen wollte. Die 
Maasse, welche er fĂŒr den Körper des Zungenbeins angibt, können nur auf zwei StĂŒcke in der NĂ€he des 
Augenringes bezogen werden: das eine davon ist ein etwas verdrĂŒckter Aptychus, das andere aber eine 


Skleroticaplatte. 
In der NÀhe des letzteren liegen die beiden problematischen Zungenbeinhörner weichen jedoch 
in ihrer Gestalt wesentlich von einander ab. Der lĂ€ngere (0,07 m — 2“ 11° [2'/s“ WAsnEr]) hat das 


typische Aussehen der Interclavicula (Taf. XXV. Fig. 6); der andere 0,023 m (1°) lange Knochen ist als 
BruchstĂŒck nicht mit Sicherheit zu deuten. 

Abgesehen davon, dass demnach die Wacxer’schen Angaben gĂ€nzlich falsch sind, wĂŒrde ja ohnehin 
die Form der fraglichen Theile in keiner Weise mit den bei anderen Arten beobachteten VerhÀltnissen im 
Einklang stehen (Fraas, 1. c. tab. VI. Fig. 3 und tab. X. Fig. 1). 

Die ZĂ€hne liegen in grosser Anzahl regellos durcheinander; nur wenige finden sich in natĂŒrlicher 
Lage. Wacner beschreibt sie als „von geringer Grösse bis zu 6'/s‘ lang (0,012 m), etwas gekrĂŒmmt, am 
Wurzelteile stark gefurcht, an der Krone fast ganz glatt, nur einige mit sehr feinen LĂ€ngsstreifen“. (Abhand- 
lungen der bayr. Akad. der Wissensch. Bd. IX. pag. 121.) 

Wie bereits einleitungsweise ausfĂŒhrlicher erörtert wurde, zeigen dieselben den Typus von Ichthyo- 
saurus posthumus in jugendlicher Ausbildung: der Schmelz beginnt eben erst sich in Falten zu legen, die 
an ganz kleinen Exemplaren kaum bemerkbar sind, an mittelgrossen als tiefbrÀunliche Streifen bis zu dem 
kaum differeneirten Zahnhalse ziehen, zum Theil aber bereits als Furchen ausgebildet sind, die namentlich 
auf Querschnitten deutlich zu Tage treten. Ein Beweis dafĂŒr, dass die Furchungszone auch an den kleinsten 
ZĂ€hnen bereits angelegt ist, ist die Thatsache, dass die Krone immer deutlich bemerkbar gegen den voll- 
stÀndig glatten Hals abgesetzt erscheint. 

Die Zahnwurzel ist bauchig erweitert und zeigt eine von der Knochenstructur herrĂŒhrende unregel- 
mÀssige Furchung. Die Pulpa ist gut entwickelt und reicht bis in die Krone; von ihrer Endigung aus ent- 
sendet sie einen feinen runden Kanal fast bis zur Spitze. An der Basis der Zahnhöhlung tritt das Cement- 
gewebe in Form eines unregelmÀssig gestalteten, niederen Kegels in dieselbe vor. 

Die Wirbelkörper sind in grosser Anzahl zwar vorhanden, aber alle in so schlechtem Zustande, 
dass es schwer ist, genaue Maasse anzugeben. Nur in der Beckengegend ist dies einigermassen möglich, 
und man erhÀlt hier einen wenig genauen Durchmesser von 0,025 m und eine Dicke bezw. LÀnge von 
0,09 m, welche Maasse den Wirbeln in der vorderen RĂŒckengegend am OBERNDORFER’schen Exemplare ent- 
sprechen, das im VerhĂ€ltniss zu dem vorliegenden StĂŒcke ein Ă€lteres genannt werden muss. WAGNER hat 
einen der besterhaltenen WirbelabdrĂŒcke abgebildet; man kann jedoch daraus nur folgern, dass ihre Form 
eine stark amphicoele gewesen sein muss. 

Ein guter Querschnitt eines oberen Bogens gibt die VerhÀltnisse wieder, wie wir sie an unserem 
neuen Exemplare finden werden. Aus dem Abstande der beiden Neuralbögen kann die Breite des Neural- 
kanals auf ca. 0,015 m berechnet werden. Die Höhe der Processus spinosi nahm nach hinten zu an Grösse ab. 

Die Rippen sind schlank, je nach Lage und LĂ€nge geschweift und am vorderen Ende deutlich 


Palaeontographica,. Bd, XLIV. =s 


298 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


zweiköpfig, entsprechend den beiden Gelenkhöckern am Wirbelkörper. Wie alle Rippen der Ichthyosaurier 
aus dem lithographischen Schiefer zeigen sie eine wohlentwickelte LÀngsfurche, die offenbar ein primÀres 
Merkmal genannt werden muss und nicht etwa nur als Folge des Gebirgsdruckes — wie WAGNER annahm 
— betrachtet werden kann. 

Bauchrippen waren wohl vorhanden, lassen sich aber nicht sicher erkennen. 

Vom SchultergĂŒrtel beschreibt WAGxErR ein Coracoid und zwei Scapulae, welche in der NĂ€he des 
SchÀdels liegen. 

Vom Rabenschnabelbein ist indess so wenig erhalten, und was vorhanden ist, derartig gestört, 
dass es wohl unmöglich sein dĂŒrfte, aus den ĂŒberlieferten BruchstĂŒcken — wie FrAas und vor ihm WAGNER 
gethan haben — SchlĂŒsse auf die ursprĂŒngliche Form zu machen, ohne fĂŒrchten zu mĂŒssen, durch spĂ€tere 
Funde korrigirt zu werden. 

WAGNER sagt, dass es „an seinem Ă€usseren Rande nur eine geringe Ausschweifung und an seinem 
oberen Rande keinen Ausschnitt zeige“. Fraas beschreibt die Coracoide als „klein, abgerundet quadratisch, 
ohne ausgesprochene vordere und hintere Bucht“. 

Diese Angaben sind jedoch zu sehr Conjeeturen, als dass ihnen wirkliche Genauigkeit beigemessen 
werden könnte. Denn einerseits ist kaum die hintere HÀlfte des flachen Knochens vorhanden, andererseits 
ist auch von diesem wenigen noch ein Theil von dem Humerus verdeckt, so dass es in gleicher Weise un- 
begrĂŒndet erscheint — wie WAGNER es thut — von dem Vorhandensein oder Fehlen von Scissen zu reden, 
oder wie Fraas Angaben ĂŒber Form und Ausbildung zu machen. 

In Ă€hnlicher Weise berĂŒcksichtigen auch die Angaben ĂŒber die Scapulae nicht den Erhaltungs- 
zustand. „Die Scapula, schreibt Fraas, ist schlank gebaut und unten in zwei FlĂŒgel ausgezogen“, wĂ€hrend 
WAGNER sie „am unteren Ende stark erweitert sein lĂ€sst“. Die Angabe FraAas’ ist richtig, wenn statt 
„ausgezogen“ „ausgefressen“ gesetzt d. h. die nunmehr vorliegende Form nicht als die ursprĂŒngliche 
betrachtet wird, sondern als durch theilweise Zerstörung entstanden. 

Die messbare LÀnge betrÀgt 0,069 m; die proximale Breite d. i. an den Gelenkungen 0,035 m, 
an den GelenkflĂ€chen 0,026 m und 0,019 m; gegen die Mitte wird der Knochen dĂŒnner (0,0127 m), um 
sich distal wieder auf ungefÀhr 0,02 m zu erweitern. ; 

Die Ausbildung der beiden GelenkflÀchen am proximalen Ende, zur Verbindung mit Coracoid und 
Humerus, lÀsst sich am Exemplare, das nach rechts und vorn gelegen ist, mit Hilfe des Abdruckes im 
Gestein ziemlich gut erkennen. Der Verlauf der LĂ€ngslinien ist der typische d. h. auf der einen Seite 
geradlinig, auf der anderen dagegen schwach bogenförmig geschweift. An dem einen StĂŒcke findet sich 
eine GefÀssdurchtrittsstelle. 

Von der Clavicula ist nichts erhalten geblieben; dagegen ist das von WAGner als Zungenbeinhorn 
gedeutete 0,07 m lange KnochenstĂŒck als Interelavicula hieher zu beziehen. Von dem oberen Ende ab 
schnĂŒrt sie sich ein wenig ein, um rasch in die Dicke zu wachsen und sich dann keilförmig zuzuspitzen. 
(Siehe Taf. XXV. Fig. 6.) 

Neben den soeben aufgefĂŒhrten clavicularen Theilen liegt ein Knochen, den A. Wacker als Basis- 
phenoid (Taf. XXV. Fig. 7) oder Keilbein mit einem schwertförmigen Fortsatz beschrieb und abbildete, 
freilich sehr schlecht und unrichtig. 

Dass er in Deutung derselben entschieden das Unrichtige getroffen hat, macht ein Blick auf den 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 399 


angeblichen Fortsatz klar, der nichts anderes ist als ein BĂŒndel von Rippenfragmenten, die deutliche 
Furchung zeigen, aber keineswegs eine basale Ansatzstelle erkennen lassen — wie die Wacner’sche Ab- 
bildung supponirt — und ausserdem oberhalb der vermeintlichen Basisphenoide ihre natĂŒrliche Fort- 
setzung finden. 

Dass auch das letztere nicht das ist, wofĂŒr es gehalten wurde, legt ein Vergleich mit gut erhal- 
tenen Exemplaren nahe. Das Keilbein zeigt stets symmetrische Ausbildung und ist natĂŒrlich frei von 
GelenkflÀchen. Beide Merkmale fehlen. 

Der Knochen ist kurz und stÀmmig gebaut, mit einem kleinen vorspringenden Trochanter, distal 
deutlich gelenkig ausgebildet in ungefÀhrem Winkel von 131°, wÀhrend der proximale Theil kuppig auf- 
gewölbt ist — unzweifelhafte Kennzeichen des Humerus. Die Höhe betrĂ€gt 0,032 m (die Gelenk- 
wölbung mit inbegriffen 0,038 m); die distale Breite 0,032 m, die proximale 0,024; an den beiden Gelenk- 
flÀchen erhalten wir 0,016 bezw. 0,020 m. In der Mitte ist der Knochen nur mÀssig eingeengt. 

Ist bereits bei Betrachtung des OBERNDORFER’schen Exemplars eine Aehnlichkeit aufgefallen mit 
Ophthalmosaurus SEELEY in Bezug auf die Ausbildung der Diapophysen, so bietet auch der vorliegende 
Humerus eine solche Beziehung in Anbetracht der Gelenkungen dar. Neben den beiden grossen Gelenk- 
flÀchen sehen wir nÀmlich eine dritte, wenige Millimeter grosse nach aufwÀrts abbiegen, welche wohl mit 
einer pisiformalen Reihe der PolygonaltÀfelchen in Verbindung gebracht werden darf. Jedoch bieten unsere 
VerhÀltnisse weniger Aehnlichkeit mit Ophthalmosaurus cantabrigiensis LYDERKER als vielmehr mit Ophthal- 
mosaurus icenicus SBELEY.!) 

Die PolygonaltÀfelchen der Vorderflosse liegen in grosser Anzahl zerstreut umher und zeigen die 
gewöhnlichen runden bezw. polygonalen Formen, deren Durchmesser zwischen 0,003—0,015 m wechselt. Die 
gÀnzliche Regellosigkeit der Anordnung gestattet leider keinen Schluss auf Form und Ausbildung der 
Gesammtiflosse. 

Vom Becken gibt Wacner keinerlei Nachricht, wĂ€hrend Fraas einen „langen Knochen von der 
Gestalt des Os pubis“ erwĂ€hnt. Der als Schambein angesprochene Knochen hat eine LĂ€nge von 0,035 m 
und eine grösste distale Breite von 0,01 m. 

Der Knochen ist paarig vorhanden: einmal fast vollstÀndig (der fehlende Theil wird durch den 
Abdruck im Gesteine ergĂ€nzt), sodann etwas nach unten ein vollstĂ€ndiger Abdruck im Gestein — die Maasse 
sind bei beiden die oben angegebenen. (Taf. XXV. Fig. 8.) 

Die Vergleichung des Knochens mit dem vollstÀndigen Becken des neuen Solnhofer Exemplares 
ergibt fĂŒr die Deutung, dass wir es nicht mit einem Pubis, sondern mit dem Heum oder Darmbein zu thun. 

Von den sonstigen Bestandtheilen des BeckengĂŒrtels ist nichts erhalten geblieben. 

Ziemlich weit abgerĂŒckt von der Gesammtknochenmasse ist noch der bisher unerwĂ€hnte, deutliche 
Abdruck eines Femur leicht erkenntlich. Er hat eine kurze gedrungene Form, ist 0,019 m hoch, proxi- 
mal 0,01 m breit, distal 0,015 m; diese letztere Breite vertheilt sich auf die GelenkflÀchen im VerhÀltnisse 
von 0,009 und 0,007 m. Seine geringe Grösse, bezogen auf die bedeutend stÀrkere Ausbildung des Humerus, 


1) cf. Lyperker, Catalogue of the fossil reptilia and amphibia ete. part. II. pag. 9 u. Abbildung 6; 
sowie SEELEY, On the pectoral arch and Fore-Limb of Ophthalmosaurus, a new Ichthyosaurian genus 
from the Oxford Clay, — Quarterly journal of the geologieal Society of London. 30. 1874. pag. 696 ft. 
u. Pl. 46 Fig. 3. 


300 Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 


gestattet einen sicheren und wichtigen Schluss auf die fast minimal zu nennende und stark reduzirte Form 
der hinteren ExtremitÀt bei den oberjurassischen Ichthyosauriern. (Taf. XXV. Fig. 9.) 

Sonst ist von den Elementen der Hinterflosse nichts vorhanden. 

AnzufĂŒhren ist hier noch eine Platte aus dem lithographischen Schiefer von Solnhofen, 
welche eine grosse Anzahl von PolygonaltĂ€felchen enthĂ€lt und fĂŒr die Bestimmung der systematischen 
Stellung der Weiss-Jura-Ichthyosaurier von Belang zu sein scheint. 

Wenn nĂ€mlich FraAs aus der grossen Anzahl von FlossentĂ€felchen am HÄBErLEIN’schen Exemplare 
folgern zu dĂŒrfen glaubt, dass wir in demselben einen Vertreter der latipinnaten Formen vor uns haben, so 
kann diese Aufstellung durch das Vorhandensein dieser Platte nur gewinnen. Sind nÀmlich diese einzelnen 
TĂ€felchen auch nicht in ursprĂŒnglicher und ungestörter Lagerung nebeneinander, so lĂ€sst sich doch eine 
gewisse RegelmĂ€ssigkeit der Anlagerung nicht verkennen — ein Umstand, der zu dem Schlusse berechtigt, 
dass wir wenigstens vier primĂ€re Strahlen — radiale, ulnare, intermediĂ€re und pisiformale Reihe — vor 
uns haben d. h. in der That den Vertreter einer latipinnaten Form. 

Hat schon die Voruntersuchung ĂŒber die ZĂ€hne ergeben, dass die bisherigen Funde alle zur Species 
Ichthyosaurus posthumus gehören, und haben die bisherigen Beschreibungen eine FĂŒlle neuer, sich ergĂ€nzender 
Merkmale geboten, so geschieht dies doch noch mehr und in vollstÀndigerer Weise durch das neu auf- 
gefundene 


Solnhofener Exemplar, 


welches in ganz besonderer Weise dazu geeignet ist, die bisherigen LĂŒcken auszufĂŒllen, weil gerade an ihm 
Brust und BeckengĂŒrtel in so schöner und selten guter Erhaltung vor uns liegen, dass dadurch genĂŒgendes 
Material zu einer genauen und umfassenden ArtbegrĂŒndung geboten zu sein scheint. 

Der Erhaltungszustand entspricht, unerachtet vieler Störungen namentlich im Verlaufe der RĂŒcken- 
linie, noch ziemlich der regelmĂ€ssigen und natĂŒrlichen Lagebeziehung der einzelnen Theile. 

Die zu beobachtende GesammtlĂ€nge betrĂ€gt ungefĂ€hr 1,45 m, wobei ein BruchstĂŒck der Wirbel- 
sÀule, sowie die Schwanzregion, als fehlend, nicht mit inbegriffen sind, so dass unter Hinzurechnung der 
Maasse dieser Theile eine LĂ€nge des Thieres von 2—2,5 m sich ergeben dĂŒrfte, 

0,41 m derselben entfallen auf den nach vorne spitz zulaufenden SchÀdel, welcher seitlich zusammen- 
gedrĂŒckt erscheint, so dass nur die eine HĂ€lfte sichtbar ist; die linke Seite des GesichtsschĂ€dels liegt nach 
oben, wÀhrend die rechte in den harten Kalkstein eingebettet ist. 

Die Knochen, welche die Unterseite des SchÀdels zusammensetzen, sowie die linke UnterkieferhÀlfte 
erscheinen seitlich und nach unten herausgepresst und ĂŒberdecken sich gegenseitig, so dass ihre Umgrenz- 
ungen schwer zu erkennen sind. 

Fast unmittelbar an die verworrene Maasse der Hinterhaupttheile schliesst sich der BrustgĂŒrtel mit 
wenigen Resten der vorderen linken ExtremitĂ€t. Die vorderen Wirbel sind grossentheils aus ihrem natĂŒr- 
lichen Verbande losgerissen; doch lĂ€sst sich die stark gebogene RĂŒckenlinie ziemlich gut erkennen. Von 
der Beckengegend ab liegen die Wirbelkörper einander an, sind aber stark zerfressen und lassen nichts 
(Genaues ĂŒber Maass- und FormverhĂ€ltnisse erkennen. Von den Schwanzwirbeln und der hinteren ExtremitĂ€t 
ist nichts erhalten. 

Unter den DurchbrĂŒchen auf der Oberseite des SchĂ€dels fĂ€llt zunĂ€chst die linke Augenhöhle auf 


Dr. Franz Bauer. Die Ichthyosaurier des oberen weissen Jura. 301 


mit einem ungefÀhren Durchmesser von 0,07 m; die Skleroticaplatten scheinen dieselbe ziemlich vollstÀndig 
erfĂŒllt zu haben: ihre Höhe betrĂ€gt 0,035 m, ihre Breite 0,015 bezw. 0,029 m. Ein Theil derselben ist 
ausserhalb der Augenhöhle zerstreut. 

Die Umgrenzungslinien des linken Nasenloches sind nach hinten durch eingestreute ZĂ€hne ziemlich 
verwischt: immerhin aber lÀsst sich aus der ihren Verlauf bezeichnenden Eintiefung erkennen, dass sich das- 
selbe nach hinten stark erweiterte, nach vorne dagegen schmĂ€ler wurde und sich spitz auskeilte — die- 
selben VerhÀltnisse, welche H. v. Meyer am Exemplar des British Museum beschrieben und abgebildet hat. 
(cf. Palaeontographica Bd. XI. pag. 224 u. tab. XXXIIL.) 

Von den SchlÀfenlöchern ist nichts zu sehen, da die Oberseite des HinterschÀdels unter dem 
starken seitlichen Drucke derart gelitten hat, dass hier die Knochen zu einer unentwirrbaren mehligen 
Maasse zusammengedrĂŒckt wurden. 

Bevor ich an die Beschreibung der einzelnen KnochenstĂŒcke gehe, möchte ich ein Situationsbild 
der langen SchĂ€delknochen entwerfen. Die auf der Vorderseite deutlich erkennbaren StĂŒcke sind die 
linke Praemaxilla, welche in situ erhalten ist; unter ihr liegt die rechte, welche eine Verschiebung nach 
unten und eine starke Drehung erfahren hat. Sie setzt mit dem Maxillare und Jugale unter dem linken 
Zwischenkiefer durch und erscheint in der Augenhöhle als kantiger Knochen nach aussen, auf der entgegen- 
gesetzten Gesteinsseite als stark nach innen ausgebuchtet. 

Nach unten schliesst an die Praemaxilla ein BruchstĂŒck des Dentale an, von welchem in spitzem 
Winkel der ĂŒbrige Theil des linken Unterkieferastes abbiegt und seiner ganzen Breite nach flach gedrĂŒckt ist. 
Der rechte Unterkiefer ist bei der Fossilisation ebenfalls gedreht worden, doch ist er seiner typi- 
schen Form halber leicht zu erkennen. Nach vorne ist er aufwÀrts gebogen und legt sich an die rechte 
Praemaxilla, dieselbe umfassend vom Nasale aus an. 

Auf den BruchstĂŒcken des nach vorn gelegenen linken Unterkieferastes liegen theilweise die Knochen 
der Unterseite des SchÀdels (Pterygoidea, Os. transversum, sphenoideum). 

Aus dem Gesagten ist ersichtlich, dass der Fossilisationsprozess ein sehr bewegter war — trotzdem 
aber lassen uns die erhaltenen Reste den allgemeinen Habitus des stark zugespitzten, in seiner hinteren 
Parthie steil ansteigenden SchÀdels erkennen und sind sogar im Stande, mehrere werthvolle Details zu bieten. 

Das Intermaxillare ist ein schmaler, lang ausgezogener Knochen; an seinem vorderen Ende ist 
er abgebrochen, am hinteren Ende leider etwas mit Gesteinsmasse und ZĂ€hnen bedeckt, so dass die LĂ€nge 
von 0,24 m nur als approximative angegeben werden kann. 

Typische Merkmale sind die grössere Breite der inneren Alveolarwand und der Verlauf einer deut- 
lichen GefÀssrinne. 

Die Höhe betrÀgt im Mittel 0,0167 (bezw. 0,0142) m und wÀchst bis zu 0,0198 m an, um von dem 
Eintreten der Nasalia an nach hinten langsam abzunehmen, indem es oben vom Nasenbein, unten von dem 
bereits hier beginnenden Maxillare eingeengt wird. V